"Business
Improvement Districts" (BIDs) Die Innenstadt gehört allen! Ein Plädoyer gegen die Privatisierung öffentlichen Raumes
Es gibt eine Verwaltungsvorlage des OB für die Ratssitzung am 14.3.14 zum Thema "Business Improvement Districts (BIDs) . Ziel ist die Einrichtung eines BID in der Göttinger Innenstadt Dieses BID , so heisst es in der Vorlage, ermögliche "es, in einem räumlich klar definierten Bereich unter bestimmten Voraussetzungen (z.B. Zustimmung von x-Prozent der Immobilienbesitzer) Anlieger zur Beteiligung an gemeinschaftlich festgelegten Maßnahmen zur Aufwertung des Quartiers zu verpflichten. Die benötigten finanziellen Mittel werden dabei durch eine Abgabe aufgebracht, deren Höhe und Dauer von den Beteiligten selbst bestimmt wird." Mit "Aufwertung des Quartiers" ist "Attraktivitätssteigerung der Einzelhandelslagen in der Innenstadt" gemeint. Durch Mehrheitsbeschluß würden dann alle Immobilienbesitzer dazu verpflichtet, die von der BID-Verwaltung bzw. von Procity beschlossenen Maßnahmen zu akzeptieren und mitzufinanzieren! Ob das durchsetzbar ist, bleibt abzuwarten. Darüberhinaus ist es bedenklich, dass die Innenstadtgestaltung mit dieser Maßnahme nur Immobilien besitzenden Bürgern überlassen werden soll. Unseres Wissens nach ist das preussische „Dreiklassenwahlrecht“ vor mehr als 100 Jahren abgeschafft worden, das Hausbesitzer und Reichen bevorzugt hatte. Die Privatisierung öffentlichen Raumes muß gestoppt werden.
Der Versuch eine lupenreine Kosumatmosphäre zu schaffen, tendiert auch zur Law and Order-Kontrolle, sowie Diskriminierung von Non-Profit-Personen. Welche Einstellung bei einigen Innenstadtgeschäfts-InhaberInnen z.B. gegenüber BettlerInnen und Obdachlosen vorherrscht, das haben die abfälligen Äußerungen seitens Cron&Lanz gezeigt (>siehe Bericht hierzu).
Und natürlich gehört auch "zeitnahe Entfernung von Graffitis" dazu, wie es in der Verwaltungsvorlage des Oberbürgermeisters mit der Forderung nach Einrichtung BID versprochen wird.(Deshalb dokumentieren wir die ja auch für goest auf den >Graffitiseiten) Auch Spielgeräte, wie z.B. die Lokomotive vor einem Schmuckgeschäft, so war schon zu hören, hätten anliegende Geschäftsleute gerne sofort wieder weggehabt - ja wo ist die Lokomotive eigentlich geblieben? Meist merken die Marketing-ManagerInnen nach Jahren mit Scheuklappenblick irgendwann, dass alles etwas öde wird. Dann erinnern sie sich an "weiche Standortfaktoren". Bei dem Versuch ein "Flair der Innenstadt" herzustellen wird es besonders schlimm. Dann wird "Kultur" gemacht, die zum Kaufen animiert . In aller Regel landen solche Versuche bei einer Pseudokultur und in Extremfällen als ausgesprochen doofe Ballermann-Animationen, vielleicht in Form von "Göttingen sucht den Superkonsument" oder "Wahl des Gänseliesel-Bräutigams." Auch wenn andernorts Geschäftsleute sowie Industrie und Handelskammern die PolitikerInnen mit ihrer Begeisterung für BIDs mit ins Boot genommen haben: Bei einigen kritischen Geistern Göttingens (im Rat und außerhalb) regt sich inzwischen die Skepsis, ob damit nicht die Privatisierungen in noch größerem Umfang vorbereitet werden. Als da wären die großen PrivatePublicPartnerships, die Privatisierungen und das Outsourcing von Dienstleistungen bis hin zur Übernahme großer Teile der Kommunalverwaltung durch Dienstleister wie der Firma ARVATO (Bertelsmann). (Dieses wie z.B. die drohende Kommerzialisierung der Wasserversorgung muß als gesondertes Thema behandelt werden). Business Improvement Districts
(BIDs) – der Name sagt es schon: es geht um Verbesserung der Geschäfte
in einem abgegrenzten Stadtbereich. Lassen wir unserer Phantasie mal freien
Lauf, wo das enden kann, was so scheinbar harmlos anfängt, entwerfen
wir den Science Fictionfilm "BID-Area 2050": Also Mauer rum
um den District, Securitiy-Sheriffs an den Eingängen und auf Patrouille.
Rein dürfen die Leute nur noch ordentlich gekleidet mit Geld in der
Tasche – raus dürfen sie nur, wenn sie ordentlich eingekauft haben.
Und damit sie in Einkaufsstimmung kommen werden Stimulanzpräsentationen
eingeplant: leicht bekleidete Tänzer/innen vor den Bekleidungsgeschäften
plaziert (übertrieben ? siehe >>Bild1)
und >>Bild2,
Disneyfilme vor Kinderboutiquen, usw. . Zwecks Sicherheit und Beobachtung
des Konsumentenverhaltens überall >Kameras.
Wer die detaillierten Regeln nicht einhält bekommt einen Platzverweis.
Es gibt Dinge, die lassen sich nicht kaufen lassen: "Flair" z.B. entsteht vorwiegen durch freie Betätigung aus einem positiven Lebensgefühl heraus. Kunst und Ästhetik, (sowieso eine Mangelstelle in Göttingen) benötigen zur Entstehung eine komplexe soziale, kulturelle Umwelt. Wo bliebe in unserer Zukunftsvision von BID-2050 das freie Erleben, ohne dass sich jemand mit einem Verkaufsinteresse dazwischen schiebt. Wir betrachten eine Blume auf der Erde und es schiebt jemand ein Schild vor unsere Augen: "Diese Blume wurde gepflanzt mit den Mitteln von Procity - nächster Blumenladen 35 Meter um die Ecke". Wo ist der "District" in dem anderes als Geld und Geschäft Priorität hat, als da sind Freude an Miteinander, Zuneigung, Hilfe, Kommunikation, Spiel, Kunst, Kultur – die aus freier (!) Betätigung entstehen – der >Tanz auf öffentlichen Plätzen, >Jonglieren auf dem Marktplatz, das Zusammenströmen von Massen am Gänseliesel, wenn irgendetwas in der Welt passiert was die Leute aufbringt: Es geht nicht immer nur um Geschäftemacherei – es geht vielen Menschen auch um Erlebnisse und Gefühle, die sich nicht mit Geld kaufen lassen. Und auch dafür muß es einen Ort in der Innenstadt geben.
Zu den oben angeschnittenen
Themen wurde bereits vielfach in goest berichtet. Im Folgenden eine aktionstag.htm
marktplatz.htm aktion_saubere_stadt.htm stadtplanung_innenstadt.htm cron_lanz.htm stadtkontrollen.htm#verweis innenstadtaktion.htm fahrrad.htm nacht_der_kultur.htm kommunale_sicherheit.htm |