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Neujahrsreden

Rolf-Georg Köhler 2014/2015

zum Jahresende 2014 und Einladung zum Neujahrsempfang Januar 2015

(vermutlich wird zum Neujahrsempfang am 6.1.15 noch eine weitere Ansprache erfolgen)

Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger,

unsere Welt 2014: Kriege, Bürgerkriege, kriegerische Unruhen in Afrika, in Asien, in Europa, dazu Verfolgung ethnischer und religiöser Minderheiten. Umso mehr müssen wir in Göttingen eine Stadt bleiben, in der Gewalt, in der politischer Extremismus, Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus keinen Platz finden.
Unsere Welt 2014 heißt de facto auch: Stillstand beim internationalen Klimaschutz. Das darf uns nicht hindern, mit unseren Anstrengungen zur Erreichung unserer ehrgeizigen kommunalen Klimaschutzziele fortzufahren, nämlich ein klimaneutrales Göttingen 2050. Und schließlich: Auch im Dezember 2014 ist ein Ende der europäischen Finanz- und Wirtschaftskrise längst nicht absehbar.

Wir müssen also unsere solide Haushaltspolitik mit dem Ziel fortsetzen, unsere Infrastruktur in ihrer ganzen Vielfalt nicht zu gefährden, sondern nach Möglichkeit sogar auszubauen. Das heißt beispielhaft für 2015: Mehr tun für die Schaffung bezahlbaren Wohnraums, das heißt: weiterhin Förderung umweltschonender Mobilität, das heißt auch: Ja zum neuen Kunstquartier.[Hervorhebung dieser ungewöhnlichen Schwerpunktsetzung durch die goest-Redaktion] Das neue Jahr verbindet sich also mit vielen, interessanten Aufgaben.

(....) Viele von Ihnen sind im Ehrenamt engagiert und setzen sich in Vereinen, Initiativen oder in ihrer Nachbarschaft ein. Für diese gesellschaftliche Arbeit bedanke ich mich sehr gern im Namen unserer Stadt. Ohne diese Arbeit kommen wir nicht aus - zum Beispiel auch nicht bei der Betreuung der Menschen, die vor Krieg und Verfolgung in ihrer Heimat fliehen und in Europa und Deutschland Schutz und Hilfe suchen.
Ich freue mich, dass sich so viele Göttingerinnen und Göttinger dieser gemeinsamen Aufgabe stellen und die Flüchtlinge aus aller Welt bei uns willkommen heißen. Für mich persönlich waren 2014 die Wahl zum Oberbürgermeister meiner Heimatstadt und mein Amtsantritt vor wenigen Wochen die herausragenden Ereignisse. Ich stecke bereits mitten in einer erfüllenden Arbeit und freue mich auf 2015 - mein erstes volles Arbeitsjahr als Oberbürgermeister. Das soll nach meinen Vorstellungen geprägt sein von erweiterten Angeboten für noch mehr öffentliche Beteiligung am planerischen und kommunalpolitischen Geschehen in Göttingen.
An Themen mangelt es gewiss nicht in einer Stadt, die zu Recht stolz ist auf ihre Kultur von Diskussion und Dialog. Die Möglichkeiten dazu möchte ich gern und aus Überzeugung vergrößern, ohne damit Rat und Verwaltung aus ihrer Verantwortung zu lassen, zum Wohle unserer Stadt zu handeln und zu entscheiden. Miteinander reden - damit können wir im neuen Jahr bereits am 6. Januar beginnen. Ich lade Sie herzlich ein, zum Neujahrsempfang unserer Stadt zu kommen, der um 19.00 Uhr in der Stadthalle am Albaniplatz beginnt und traditionell ein großer, offener Gesprächskreis ist. Bis dahin wünsche ich Ihnen allen einen guten Rutsch in das neue Jahr, persönliches Wohlergehen und Glück wie Zufriedenheit, Gesundheit und Erfolg in 2015.


Neujahrsrede des Oberbürgermeisters Meyer 2014

1) Persiflage auf die Schönrederei des Entschuldungsvertrags in der Neujahrsrede 2014

Da Familie Mustermann (M.) jedes Jahr 40.000 Euro braucht und nur 30.000 zur Verfügung hatte, fehlten ihr in 10 Jahren 100.000 Euro. Die glich sie jedes Jahr mit Krediten aus. Dafür mußte sie dann auch noch Zinsen zahlen, die sie auch nur über Kredite finanzieren konnte. Weil sie allein für die existenziellen Ausgaben 40.000 benötigte war sie mit 30.000 "strukturell unterfinanziert".

Nun kam der böse Wolff mit Herrn Scheuermann daher und und sagte zu Herrn M.: ich zahl dir alle Schulden, wenn du dich strengstens verpflichtest, in Zukunft nur noch 30.000 Euro pro Jahr auszugeben. Da zeterten die Familienmitglieder und riefen, "Wie sollen wir denn da leben? Die Miete, die Stromkosten, das Gas, das Wasser, Benzin, die Kleidung für die Kinder und Lebensmittel - alles wird doch eher teurer". Herr M. versprach, dass er sich die Bedenken der Familienmitglieder zu Herzen zu nehmen werde, aber das Wehklagen ging ihm ins eine Ohr hinein und am anderen wieder hinaus, ohne dass etwas hängenblieb.

Obwohl er selbst immer wieder diese "strukturelle Unterfinanzierung" beklagt hatte, grübelte Herr M. nun, wie in der Familie gespart werden könne. Er sah nur noch die Tilgung seiner Schulden winken und willigte deshalb schließlich in den Vertrag ein. Aber eigentlich wußter er nicht genau, ob die Sparmaßnahmen wirklich über Jahre durchgehalten werden könnten. Denn wie soll man sparen, wenn man schon am Limit ist. Da schaute er sich um, was er verkaufen könnte z.B. ein Plattenalbum mit Konzerten der Voigtschule, ein bißchen Tafelsilber von der Oma und er würde kaum noch Trinkgelder geben, da die ja freiwillig sind und leicht eingespart werden können.

OK, also er machte den Vertrag und schwupp die wupp zahlten die Landessteuergeldersammler die Schulden. Auf einmal waren die Konten ausgeglichen. Nun jubelt Herr M. denn es sah so aus, als hätte er es geschafft alle Schulden der Familie loszuwerden. Er erzählt allen "Juchhuh ich bin schuldenfrei" und wollte dafür gelobt werden. Das mit der strukturellen Unterfinanzierung hatte er schlicht aus seinem Bewußtsein verdrängt.

Dann aber kamen die harten Jahre - denn die Familie mußte ja unter dem Limit leben. Im ersten Jahr hatte er alles mögliche verkauft. Deshalb kam die Familie mit 30.000 im ersten Jahr über die Runden und Herr M. jubelt wieder: wir schaffen das mit dem Sparen. Deshalb hielt er auch denen, die ihn gewarnt hatten entgegen: "Seht wir haben einerseits keine Schulden mehr und andererseits ist das mit den Sparmaßnahmen auch nicht so schlimm." Dann aber begann der schlechte Teil des Vertrags zu wirken: Zahllose Sparmaßnahmen schränkten die Familie ein. Z.B. bekamen die Kinder nur noch die Hälfte des Schulbrotes eingepackt, und ins Kino gehen, daran war gar nicht zu denken. In den Folgejahren mußte immer weiter von der Substanz gespart werden. Es gab irgendwann keine Sachen mehr zu verkaufen. Das verkaufte Tafelsilber lässt sich ja nicht zweimal verkaufen. Die Familienmitglieder ächzten Jahr um Jahr wurden dünner und kränklicher, weil viele Sachen nicht mehr bezahlt werden konnten, weil an Heizung und am Essen gespart gespart werden mußte. Aber nach einem Jahr, da hatte Herr M. dann die Familie schon längst verlassen. **

( Wie könnte man das noch kürzer fassen? Vielleicht so: Einem Verhungernden wird angeboten, dass seine Vorratskammer aufgefüllt wird wenn er verspricht, dass er in Zukunft weniger ißt als er zum Überleben braucht. - Oder gibt es vielleicht die "strukturelle Unterfinanzierung" gar nicht?)

** 2014 ist das letzte Dienstjahr von OB Meyer

2) Auszüge aus der Neujahrsrede des Oberbürgermeisters 2014

Auszüge aus der Rede von OB Wolfgang Meyer auf dem Neujahrsempfang am 7.1.2014 in der Stadthalle.

Zugrunde lag das Redemanuskript, woraus auch die wörtlichen Zitate stammen.

In seiner Neujahrsrede 2014 gab OB Meyer einen Überblick zu aktuellen kommunalpolitischen Themen Göttingens aus seiner Sicht:


Foto: OB Meyer

Zur Diskussion um die Zukunft der Stadthalle befürwortet der OB "eine Modernisierung der Stadthalle bei gleichzeitiger Einbeziehung des Albani-Parkplatzes und des Stadthallenumfeldes im Süden und Osten. Dann käme das Blech unter die Erde, wir könnten die Walllücke schließen und Teile des Platzes städtebaulich angemessen überbauen."

Den Plan der Landesregierung zur Förderung Südniedersachsens kommentierte er mit dem Hinweis "Erfolg kann dieser Plan nur haben, wenn sich die Region und ihr Oberzentrum Göttingen auf ein gemeinsames Zukunftsmodell verständigen (...) Ein kleinkarierter Verteilungskampf ums Geld, der Dauerstreit zwischen Region, Mittelzentren und Oberzentrum bringt uns nicht weiter,..."

Im Rückblick auf das vergangene Jahr verbuchte er es als Erfolg, dass die Stadt Göttingen durch die Entschuldungshilfe erstmal weniger Schulden ("Kassenkredite") hat. Von 202,9 Mio im Jahre 2006 sind die Kassenkredite der Stand jetzt auf 15 Mio runtergegangen (In der Weihnachtsansprache Dez. 2013 hatte er von nur 7 Mio geschrieben). Als Eigenleistung bei Sparmaßnahmen hob er Personalabbau und Mehreinnahmen hervor. In der Weihnachtsansprache hatte er bereits geschrieben: "Jetzt geht es darum, in den Folgejahren das einzulösen, was wir zugesagt haben, nämlich ausgeglichene Haushalte in den Folgejahren. Für 2013 ist das gelungen, ..."

Zur Diskussion um die Ausstattung der Innenstadt mit (Sitz-)Bänken : "Das Wohl und Weh einer Stadt hängt nicht von den Bänken in der Fußgängerzone ab." Eine Ausschreibung für Bänke, mit 9.500,- pro Bank habe er gestoppt und er fügte hinzu "das mache ich nicht mit. Wir gehen erneut auf die Suche nach einer geeigneten und bezahlbaren Bank".

Wie in einem Tätigkeitsbericht listete der OB Tätigkeiten der Verwaltung aus 2013 auf (Verlinkung von den Stichworten auf goest-Seiten zum jeweiligen Thema) :
-- Überarbeitung des Flächennutzungsplans,
-- Aktualisierung des Nahverkehrsplans (was gesetzlich vorgeschrieben ist)
-- Lärmaktionsplan sei begonnen worden
-- Sanierungsprozesse für die Nordstadt und die südliche Innenstadt vorbereitett.
Weststadt Beginn der Bauarbeiten für ein Familien- und Quartierzentrums
-- "Masterplan 100 Prozent Klimaschutz"
-- Umbau der Fußgängerzone ist so gut wie abgeschlossen.
– Neues Logistikzentrum am Siekanger (GVZ II)
-- Sanierung der Königsallee saniert,
-- Güterverkehrszentrum und den Lutteranger neu erschlossen.
-- Gebäude für das neue Fraunhofer Institut (Ossietzkystr.) ist so gut wie fertig.
– Erster Teil des eRadschnellweges ist fertig.
-- E.ON Mitte AG, wieder voll in kommunale Hände geführt"Das war ein wahrer Kraftakt, ein höchst kompliziertes Geschäft, aber die Re-Kommunalisierung der Stromnetze der E.ON Mitte AG ist ein Meilenstein bei der Sicherung und beim Ausbau des kommunalen Einflusses auf den Netzbetrieb als Bestandteil von Infrastruktur und öffentlicher Daseinsvorsorge. Jetzt kann ein Schlüsselunternehmen entstehen, das wir im Rahmen der Energiewende zum verstärkten Ausbau regionaler Energiekreisläufe in Kooperation mit den örtlichen und regionalen Energieunternehmen gut brauchen."

Zukünftig, so der OB, stellen sich u.a. folgende weitere Fragen:

-- Wie soll es mit dem Museum weitergehen?
-- Ausweisung von Flächen zur Windenergienutzung
-- Wo wird die neue Gesamtschule entstehen?
-- Wo sollen neue Wohngebiete für bezahlbaren Wohnraum. entstehen?
-- "Wir müssen zusätzlich Menschen mit Wohnraum versorgen, die wegen Krieg oder Verfolgung ihre Heimat verlassen mussten. Wir wollen ihnen gute Gastgeber sein und sie in unsere städtische Gemeinschaft aufnehmen >Flüchtlinge/Asyl

Wolfgang Meyer wird dieses Jahr aus dem Amt als OB ausscheiden.

 

2010

Auszüge aus der Rede von OB Wolfgang Meyer auf dem Neujahrsempfang am 5.1.2010 . Zugrunde lag das Redemanuskript.

Haushaltsdefizit
Angesichts der bundesweit dramatischen Meldungen über die finanzielle Situation der Kommunen nahm sich die Rede des OB durchaus noch optimistisch aus. Zunächst sprach auch er von zweistelligen Millionendefiziten im kommunalen Budget, die bereits 2009 vorhanden waren aber auch für 2010 und die folgenden Jahre erwartet werden müssen.

Zur Gesamtwirtschaft Göttingens
"Entlassungen drohen. Einer solchen Entwicklung müssen wir ins Auge schauen. Dass der Göttinger Beschäftigungsmarkt durch Tausende von Arbeitsplätzen in Forschung und Lehre geprägt ist, das hilft uns in dieser Lage. (...) "Alle Göttinger Max-Planck-Institute wachsen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt entwickelt sich am Standort Göttingen prächtig. Das Deutsche Primatenzentrum ist eines der führenden Institute in der Leibniz-Gemeinschaft."

Standortmarketing
Aber um die Stadt als Standort für Wissenschaft attraktiv zu halten in der überregionalen Standortkonkurrenz müsse man "alle Anstrengungen unternehmen, um die hervorragende Infrastruktur unserer Stadt zu erhalten. Damit meine ich unsere Anstrengungen als kinder- und familienfreundliche Stadt, die mit ihren Betreuungsangeboten nach wie vor einen Spitzenplatz im Land einnimmt. Damit meine ich ausreichende Mittel und Investitionen für Bildung und Ausbildung. Wir erweitern das Ganztagsangebot in den Schulen, bauen Mensen und Sporthallen und bieten zusammen mit unseren Gesellschaften möglichst vielen jungen Menschen einen Ausbildungsplatz. Ich meine die kommunale Kulturförderung, die ein attraktives und breites Kulturangebot ermöglicht, das unsere Stadt auszeichnet, um das uns andere Städte beneiden. Und ich meine genauso alle umwelt- und verkehrspolitischen Aktivitäten im Interesse des Klimaschutzes."

Schulden und Sparen in der Verwaltung
"Das heißt natürlich nicht: Augen zu und weiter machen!
Das bedeutet vielmehr vorübergehend eine höhere Verschuldung mit Augenmaß zu verantworten. Und das erfordert vor allem natürlich weiterhin höchste Sparsamkeit beim Umgang mit öffentlichen Mitteln. Wir drehen in der eigenen Verwaltung jeden Euro drei mal um, bevor wir ihn ausgeben. Wir sparen bei den Sach- und Personalkosten, ohne das Angebot für die Bürgerinnen und Bürger einzuschränken. Das bedeutet aber auch eine weitere Arbeitsverdichtung für meine Beschäftigten. (...) "

Nutzung des Konjunkturprogramms
Für ca. 6 Millionen Euro eine neue
Godehardhalle.
Weende erhält ein neues Mehrzweckgebäude

Medienausstattung an unseren Schulen.
Das ehemalige Stadtbadareal wird bebaut.
Modernisierung und Vergrößerung der Fußgängerzone.
Sanierung des Museums.
Vorarbeiten für den nachhaltigen Ausbau des Logistik-Standorts Göttingen.

Programm zur energetischen Sanierung öffentlicher Gebäude: Energiemanagement stadteigener Gebäude hat zur CO2 – Einsparung von 14 Prozent geführt. "Wir stellen Investoren Dächer stadteigener Gebäude zum Bau von Photovoltaik-Anlagen zur Verfügung. 19 sind es zurzeit mit einer Gesamtleistung von 1.000 kW. Ende 2009 ist auf den Dächern des städtischen Kompostwerkes eine große Anlage mit ca. 370 kw ans Netz gegangen. Die städtische Wohnungsbau verhandelt mit einem Investor, der alle Dächer des Holtenser Berges mit Photovoltaikanlagen ausrüsten will."

Verkehrspolitik.
"Beim Verkehrsaufkommen in der Stadt entfallen nach ganz aktuellen Erhebungsergebnissen 13 Prozent auf den öffentlichen Personennahverkehr, 27 Prozent auf den Radverkehr. Das sind überdurchschnittlich gute Werte. Der Anteil des Kfz-Verkehrs ist deutlich zurückgegangen. Nach der anstehenden Aktualisierung unseres Gesamtverkehrsplans werden wir auf diesem Weg weitermachen. Also weiter in den Ausbau des Radwegenetzes investieren, z. B. Fahrradstraßen einrichten. Auch wenn sich viele Bürgerinnen und Bürger über manchmal rücksichtslose Radfahrer ärgern, ist unsere Stadt mit den kurzen Entfernungen und 26 TS Studierenden eine Fahrradstadt. Unser Ziel, das sich Göttingen bereits 1991 gesetzt hat, lautet immer noch: Minderung der CO2-Emissionen bis 2030 um 50 Prozent."

Südspange.
"
Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90 / Die Grünen wollen dazu eine Bürgerbefragung durchführen lassen. Einen entsprechenden Antrag haben sie bereits öffentlich angekündigt. Eine solche Bürgerbefragung sieht die Niedersächsische Gemeindeordnung ausdrücklich vor. Für Göttingen wird das eine Premiere. Ich muss mich in der Frage inhaltlich nicht neu positionieren. Mein Ja zur Südspange ist hinlänglich bekannt. Das Votum über dieses Projekt in die Hände der Bürgerinnen und Bürger, der Wählerinnen und Wähler zu legen, ist ur-demokratisch. Daran ist also nichts auszusetzen. Was mir wichtig ist: Die beiden Fraktionen sind gut beraten, sich an das Votum der Wählerinnen und Wähler auch gebunden zu fühlen. So oder so. Die Bürgerbefragung muss de facto ein Bürgerentscheid werden. Sonst droht der Verlust von Glaubwürdigkeit. Und zweitens: Die Festlegungen in der kommunalen Satzung, die dazu noch beschlossen werden muss, sollten so getroffen werden, dass sie jeden Verdacht auf ein von vornherein beeinflusstes Ergebnis ausschließen. Das wird dann ein wirklicher demokratischer Akt, der so gar nichts mit Wahlbetrug zu tun hat, wie manche übereifrig behauptet haben. Wie sollten sich Wählerinnen und Wähler betrogen fühlen, wenn doch die Entscheidung bei Ihnen liegt? "

 

2008

Grußwort von Oberbürgermeister Wolfgang Meyer
Neujahrsempfang der Stadt am 8. Januar 2008 mit ca. 500 Gästen

Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich freue mich sehr, dass Sie alle in so großer Zahl meiner öffentlichen Einladung gefolgt sind, und heiße Sie sehr herzlich auf dem Neujahrsempfang 2008 unserer Stadt willkommen – heute im Foyer der Stadthalle. Ich hatte im letzten Jahr im Neuen Rathaus angekündigt, ein schöneres Raumangebot mit mehr Atmosphäre für den Neujahrsempfang zu finden. Mit unserer guten alten Stadthalle, die Herr Sterr und seine Helfer entsprechend hergerichtet haben, scheint mir das doch der bessere Rahmen für die Begegnung möglichst vieler Göttingerinnen und Göttinger zu sein, für Gespräche zum Auftakt des neuen Jahres. Noch schöner wäre es im Alten Rathaus, in dem zwar der Lions Club seinen Neujahrsempfang machen darf, der Oberbürgermeister aber nicht. Für dieses neue Jahr wünsche ich Ihnen im Namen von Rat und Verwaltung, aber natürlich auch ganz persönlich alles erdenklich Gute. Ich wünsche Ihnen Glück, Zufriedenheit und Gesundheit.

(...) Bevor ich auf das vor uns liegende neue Jahr eingehe, ein kurzer Blick zurück auf 2007. Für mich war es das erste Jahr als Oberbürgermeister, arbeitsreich und spannend zugleich. Wir haben einiges neu sortiert, verbessert und vorbereitet, wofür wir jetzt in 2008 die Ernte einfahren wollen. Den Blick zurück auf 2007 beherrscht für mich ein zentrales Ereignis: Der Erfolg unserer Georg – August – Universität mit ihrem Zukunftsprojekt im Rahmen der Exzellenzinitiative. Das hat für uns alle herausragende Bedeutung, für den Hochschul- und Wissenschaftsstandort Göttingen, für die ganze Stadt. Das löst erhebliche Investitionen aus. Das führt neue Forscherinnen und Wissenschaftler aus aller Welt nach Göttingen. Das stärkt die Attraktivität Göttingens als Studienort. Das merken wir schon jetzt. Die Studierendenzahlen ziehen an. Und das ist auch gut so. Denn die jungen Menschen beleben nicht nur die Stadt, ihr kulturelles Leben, ihre Sport- und Freizeitangebote und immer wieder auch die politische Kultur. Sie steigern auch die Nachfrage auf vielen lokalen Märkten und schaffen damit Kaufkraft. Und das sichert Arbeitsplätze und kann vielleicht sogar für neue Beschäftigungsverhältnisse sorgen. Und davon können wir gar nicht genug haben.

Eine immer noch überdurchschnittlich hohe Arbeitslosenquote von 12 % im Bereich der Hauptagentur Göttingen ist und bleibt unerträglich, meine Damen und Herren. Das lässt mich nicht ruhen. Eine solche Zahl kann niemanden untätig lassen, der in unserer Region politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Verantwortung trägt. 12 % sind erst recht nicht akzeptabel, wenn wir wissen, dass die Quote landesweit bei 10,2 % liegt und z.B. in Northeim 7,8 % beträgt. In drei Tagen kommt es deshalb zu einem Spitzengespräch mit der Leitung der Göttinger Agentur für Arbeit. Wir wollen sehen, wo wir gemeinsam hilfreiche Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit besser koordinieren können und auf welchen Feldern wir vielleicht noch nicht aktiv genug waren. Ich werfe zweitens die Frage auf, ob wir - also ob Stadt und Landkreis – die Mittel aus dem sogenannten Integrationsbudget für die Eingliederung arbeitsloser und arbeitsuchender Menschen in den ersten oder zweiten Arbeitsmarkt nicht erhöhen können.

Wir haben zur Zeit einen Verwaltungskostenanteil, der bei Stadt und Landkreis Göttingen jeweils deutlich über 50 % liegt. Wir geben deutlich mehr als die Hälfte des Geldes für die Integration in den Arbeitsmarkt für den Verwaltungsapparat aus, bevor der kleinere Rest bei den arbeitslosen Menschen ankommt. Und das sind im Bereich der Hauptagentur Göttingen rund 10.500 Personen, von denen knapp 8.000 Personen Hartz IV Leistungen beziehen. Diesen meist Langzeitarbeitslosen müssen wir helfen, da darf kein Euro zuviel im Apparat hängen bleiben. Die Stadt, vor allem aber auch der Landkreis Göttingen sind gefordert, ihre Verwaltungskosten zu reduzieren. Und wir müssen drittens natürlich nach wie vor nichts unversucht lassen, um über klassische Wirtschaftsförderung mehr Beschäftigung in Stadt und Region zu generieren.

Die Ansiedlung eines großen Logistikunternehmens verbunden mit der Schaffung von mehreren hundert neuen Arbeitsplätzen am Siekanger wäre dabei ein wirklicher Durchbruch und ein Signal für 2008. Wir wollen uns diese große Chance nicht entgehen lassen, für diese Ansiedlung setze ich mich mit ganzer Kraft ein. Auch wenn wir die Arbeitslosigkeit 2007 noch nicht in den Griff bekommen haben, andere Probleme dagegen haben wir fast gelöst oder wir sind auf einem guten Weg zu ihrer Lösung.

Und dabei gewinne ich immer wieder den Eindruck, man müsse den Menschen in Göttingen mehr als einmal mit Nachdruck vermitteln, dass sie ruhig stolz sein dürfen auf ihre Heimatstadt. Beispiel Betreuung. Hier sind wir landesweit Spitze. Um unseren Versorgungsgrad beim Angebot von Krippenplätzen beneiden uns andere Kommunen, die unsere aktuelle Quote von mehr als 30 Prozent oft erst für das nächste Jahrzehnt anstreben. Das Betreuungsangebot ist auch im Bereich Kita- und Hortplätze vorbildlich und Kennzeichen der familienfreundlichen Stadt Göttingen.

Beispiel Bildung: Zum zweiten Mal hintereinander waren es 2007 Göttinger Schulen, die landesweit die besten Abiturergebnisse erzielt haben. Solche Erfolge dürfte es nach dem Urteil der ewigen Kritiker unserer Schulpolitik eigentlich gar nicht geben. Denn angeblich ist Klasse bei Masse nicht möglich, und Gesamtschulen sollen das Leistungsniveau nach unten ziehen. Wir beweisen unseren Kritikern Jahr für Jahr das Gegenteil. Deshalb werden wir fortfahren beim Ausbau der Ganztagsschulangebote, mit der Internationalisierung unserer Schullandschaft. Wir werden uns weiter ins Zeug legen für unsere jungen und jüngsten Mitbürgerinnen und Mitbürger durch den weiteren Ausbau der Kita – Kapazitäten und durch die Steigerung der Betreuungsqualität. Nur eine Zahl in diesem Zusammenhang: Wir unterstützen die freien Kita – Träger in diesem Jahr mit sage und schreibe 11,3 Millionen Euro.

Ich werde allerdings auch nicht müde – und weiß mich da der Unterstützung Vieler sicher – gegenüber dem Land unverdrossen die Einrichtung einer dritten Gesamtschule in Göttingen einzufordern. Aus hinreichenden schulpolitischen Gründen und aus Respekt gegenüber dem Elternwillen, der seit Jahren durch überbordende Anmeldungen für die beiden Gesamtschulen in der Stadt manifest wird. Das Land bleibt im übrigen auch Adressat für die Forderung nach einer unbürokratischen und auskömmlichen Lösung bei der Finanzierung der Mittagsverpflegung, die eine warme Mahlzeit am Tag für möglichst jedes Kind an unseren Schulen ermöglichen muss. Es ist schlimm genug, dass wir eine so hohe Kinderarmut in unserer Stadt haben. Aber es ist ganz schlimm, wenn diese Kinder aus finanziellen Gründen nicht einmal am gemeinsamen Schulmittagessen teilnehmen können.

Meine Damen und Herren, was in der Stadt bisher nicht angemessen registriert wurde, ist die Tatsache, dass wir auch in 2007 erneut deutliche Erfolge bei der Entschuldung unserer Stadt erzielt haben. Die können sich durchaus sehen lassen. Ich weiß, dass der Kämmerer jetzt sorgenvoll die Augenbrauen hochzieht, weil er kraft Amtes zur Schwarzmalerei verpflichtet ist. Ich meine dagegen, wir müssen unabhängig von konjunkturbedingten Mehreinnahmen mit dem Ergebnis unserer eigenen Anstrengungen nicht hinter’m Berg halten. Denn nur wer auch den Erfolg seiner Bemühungen sieht, wird motiviert genug sein, mit der Haushaltskonsolidierung aus Überzeugung fortzufahren. Das wir das müssen, steht außer Frage. Aber können wir uns nicht ein bisschen freuen über die Senkung unserer Kassenkredite auf nur noch 167 Mio. Euro, immer noch 167 Mio. Euro, die aber noch vor drei Jahren bei 220 Millionen Euro angesiedelt waren? Dürfen wir nicht ein wenig stolz sein auf nur noch 16,5 Millionen Euro langfristiger Verbindlichkeiten, denen zudem noch eine mit 44 Millionen gut gefüllte Rücklage aus Verkaufserlösen gegenübersteht? Langfristige Kredite in Höhe von 71 Millionen Euro haben wir seit 2002 getilgt. Man muss kein besonders begeisterter Anhänger des Jahres der Mathematik sein, das wir 2008 feiern, um schnell nachzurechnen: Unsere Stadt hat in den letzten Jahren deutlich mehr als 100 Millionen Euro Schulden abgebaut. Das nenne ich Haushaltspolitik, die sich der Verantwortung für die nächsten Generationen bewusst ist. Da man aus benachbarten Großstädten derlei Kunde nicht hört und da man in Göttingen solche erfreulichen Nachrichten eher kommentarlos zur Kenntnis nimmt, wollte ich das heute Abend nicht unerwähnt lassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in meiner letztjährigen Neujahrsrede hatte ich für 2007 einige Initiativen angekündigt. Ich will Ihnen gern berichten, was davon auf den Weg gebracht werden konnte. Das Energiereferat kümmert sich konsequent um die Erreichung unserer klima- und umweltpolitischen Ziele. Die regionale Energieagentur ist in Vorbereitung. Grundlegende energetische Sanierungsprogramme werden durch die Stadt und ihrer Gesellschaften 2008 begonnen, fortgeführt oder vorbereitet. Wir wollen Energiekosten sparen und zugleich einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Das neue Büro für Wirtschaft und Wissenschaft wirkt als erfolgreicher Lotse bei Nachfragen von Investoren. Die Nachfragen nach dessen Dienstleistungen nehmen zu.

Das Büro für Integration hat ebenfalls seine Arbeit aufgenommen. Das neue Göttinger Integrationskonzept ist auf dem Weg. Das stärkt die traditionelle Internationalität unserer Stadt, in der auch in Zukunft Zeit und Raum für einen Dialog der Kulturen sein werden. Wir wollen auch im neuen Jahr herzliche, aufgeschlossene Gastgeber sein – für die vielen Studierenden, für die vielen Menschen aus aller Welt, die uns besuchen, die hier leben und arbeiten wollen. Ich wünsche mir auch für 2008 ein Klima der guten Nachbarschaft. Die neuen Einrichtungen haben im übrigen kein zusätzliches Personal erfordert, wir haben andere Arbeitsschwerpunkte gesetzt.

Nur die Baukräne, die ich auf dem Gelände des ehemaligen Stadtbades sehen wollte, die habe ich genauso wenig entdecken können wie Sie. Die Wirklichkeit hat mit meinem Optimismus nicht Schritt halten können. Und dennoch sind wir vorangekommen. Die politische Meinungsbildung über die grundsätzliche städtebauliche Entwicklung im Norden der Innenstadt ist abgeschlossen. Die Blockade ist beseitigt. In den nächsten Wochen werden wir über den Weg zu entscheiden haben, auf dem Investoren für ein Engagement an diesem Standort gewonnen werden sollen. Im Jahr 2008 werden wir auch das Leitbild für unsere City überarbeiten. Wir werden den politischen Gremien den Entwurf eines Sanierungsgebietes Innenstadt Nord vorstellen. Wir werden Fördermittel für dieses neue Sanierungsgebiet und für die Sanierung von Teilen der Fußgängerzone beantragen. Wir werden neue Anbieter in der Innenstadt haben, verbunden damit werden Gebäude saniert und umgebaut werden. Es tut sich was in der Innenstadt, und das ist gut so. Die Innenstadt ist und bleibt zentraler Ort für Handel und Gewerbe, aber vor allem auch der wichtigste Kommunikationsort für unsere Bevölkerung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich wollte Sie nicht zu sehr strapazieren und habe deswegen nur einige ausgewählte Themen der Stadtpolitik angesprochen. Ich könnte noch etwas zu Mindestlöhnen, zu Jugendgewalt oder gar zur Sparkasse Hann. Münden sagen. Ich lasse es. Ich hoffe, ich habe Ihnen deutlich machen können, dass wir im Rathaus, die Führungsspitze und alle meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur ein gemeinsames Ziel haben: Diese Stadt voranzubringen und den Bürgerinnen und Bürgern erstklassigen Service zu bieten. Daran arbeiten wir hart und werden hoffentlich immer besser. Ich wünsch mir, dass Sie uns bei dieser Arbeit unterstützen und die Entwicklung unserer Stadt selbstbewusst und mit Stolz verfolgen. Ich wünsche uns allen wie im letzten Jahr mehr Frieden, mehr Freiheit und Gerechtigkeit auf der Welt. Ihnen und Ihren Familien ein Jahr voller Gesundheit, Glück und Zufriedenheit. Und zum Abschluss möchte ich mit Ihnen, meine sehr geehrte Damen und Herren, auf das Wohl unserer Stadt anstoßen.

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