Startseite

Suche / Sitemap

  Impressum


Die redaktionelle Aktualisierung und Neu-Berichterstattung von goest wurde nach 20 Jahren 2019 stark reduziert.
Besonders häufig abgerufene Archivseiten erhalten gelegentlich ein update; zu besonders wichtigen Themen werden auch weiterhin aktuelle Artikel verfasst, siehe Titelseite / Start


Infos zu "goest"

Gut gelaufen aber es reicht 2020

Kurzdarstellung von goest 2017

Interview mit goest Herausgeber 2012

Entstehung, Struktur, Perspektiven 2011

Vorläuferdiskussionen:
> politische Rolle des Internets
> Konzept der "Digitalen Stadt"
> Infodienst Computer&Medien
> Rechtstreit um "Stadtinfo"

> Erklärung der GOEST-Redaktion zu den absurden Aktivitäten des "Staatsschutzes" gegen GOEST


2020
Gut gelaufen, aber es reicht!

Goest begann 1999 als Pilotprojekt und startete unter der Domain goest.de 2001. Mit dem handgemachten Veranstaltungskalender war 2004 begonnen worden. Dann lief die Arbeit kontinuierlich mit steigenden Zugriffszahlen und beachtlicher Reich- und Wirkungsweite.

Ab 2019 wurde die Arbeit an goest reduziert. Die Gründe für die Beendigung der arbeitsintensiven Phase der goest-Redaktion lagen ausschließlich in persönlichen Bereichen und lassen sich zusammenfassen mit den Worten: "Das Projekt goest ist gut gelaufen - aber 20 Jahre sind auch mal genug. Jetzt kann die Arbeit mal etwas reduziert werden ."

Zunächst ging es dem wirklich arbeitsaufwändigen Veranstaltungskalender an den Kragen. Als kostenlose, werbefreie Dienstleistung- und Servicefunktion erfordert der Veranstaltungskalender einfach ungeheuer viel Arbeit (machte aber auch Spaß). Übrig blieb dann nur noch eine Liste mit Links zu Veranstaltern, damit sich die Leser*innen selbst einige Veranstaltungen zusammenstellen konnten.

Später wurden dem Gesamtprojekt einige umfangreichere neuere Texte, ältere Arbeiten, Dokus (Siehe Titelseite) sowie das Archiv der Zeitschrift Computer & Medien zugefügt. In C&M wurde die Digitalisierungsdiskussion geführt BEVOR es das Internet gab und als damals die Leute noch irritiert fragten: "Was haben Computer denn mit Medien zu tun?"

Nun stehen die bis früher und die neueren erstellten einzelnen thematischen Seiten im Netz und stellen so ein Online-Archiv mit einigen aktuellen Seiten dar. Gegenwärtig betrifft die Archvierung insgesamt ca. 5.700 Webseiten und ca. 20.000 Bilddateien (gerne zurückblickend auch auf die Reihe Bilder der Woche )

Auch 3 Jahre nach dem "Runterfahren" der Redaktionsarbeit zeigt sich noch ein beachtliches Interesse an goest, das sich in den Besucher*innen- und Seitenzugriffszahlen spiegelt wie sie im Folgenden durch die Grafiken von 2018 und 2022 dargestellt sind.

Täglich abgerufene Themen- / Artikel-Seiten von goest.de/ .... im Januar 2022


Tägliche Zahl der Seitenaufrufe Dez 2018:

 

2017
Kurzdarstellung von GOEST

Das Goettinger Stadtinfo www.goest.de ist ein nichtkommerzielles Online-Magazin in der Tradition der alternativen Stadtzeitungen. Es umfasst aktuelle Veranstaltungen, Verzeichnisse von Musikgruppen, Lokalen und Kleinanzeigen sowie aktuelle Berichte aus Kultur und Politik.

Mit "Kultur und Politik" sind nicht allein die institutionelle Politik als vielmehr das Engagement in Initiativen und unabhängigen Gruppen und low-cost-Projekte gemeint.

GOEST hat aufgrund des umfangreichen Contents inzwischen eine gewisse Bedeutung als Präsentation von Göttingen im Internet erlangt, was sich in zahlreichen überregionalen Verlinkungen bemerkbar macht. GOEST zeigt den "etwas anderen Blick auf die Stadt" in voller Breite und Differenzierung des städtischen Lebens wie auch deren zeitlichen Veränderungen, erfüllt inzwischen also auch eine Art Archiv-Funktion.

 

2011
Entstehung, Struktur und Perspektiven von goest

Entstehungsgeschichte
Gegenwärtiger Status
Aufbau der Internetseiten
Organisatorische Ziele
Perspektiven

Goest versteht sich als Versuch, eine Nachfolge bereits eingestellter (Göttinger Stadtzeitung, Göttinger Woche, Pampa, Göttinger Wochenzeitung) bzw. eine Ergänzung bzw. Fortsetzung bestehender alternativer, lokaler Printmedien (Göttinger Betriebsexpress, etc.)  im Internet zu organisieren.

Entstehungsgeschichte des Internetprojektes "Goettinger Stadtinfo" goest

Die Idee war schon seit 1995 da: Mit den Möglichkeiten des Internet sollte ein kritisches, nicht-kommerzielles Internet-Magazin in Göttingen die Tradition des alternativen Magazins "Göttinger Stadtzeitung" fortgesetzt werden.

Erste Versuche dazu wurden im Rahmen des Mailboxprojektes LINK-GOE mit den Zielen der Bürgervernetzung diskutiert. In diesem Zusammenhang entstanden Überlegungen zum Konzept der "Digitalen Stadt", die in der Broschüre "Die Digitale Stadt - Internet und virtuelle Gemeinschaften im kommunalen Raum" Dezember 1996 zusammengefasst wurden (In der SUB ausleihbar). Abschließende gab es eine politische Diskussion im T-Keller über Sinn und Zweck der der neuen Medien. Ergebnis: ein politisches Medium möglichst nur zur Informationsverteilung aufbauen, da eine Kommunikations-Community nur Objekt genauer Überwachung würde.

Ein weiterer Impuls zur Entstehung von goest kam vom Zusammenschluß von mehr als 54 Göttinger sozialen , politischen Organisationen, Selbsthilfegruppen, Arbeitslosengruppen, DPWV, Gewerkschaften) im Bündnis gegen Sozialabbau Anfang 1997. Für dieses Bündnis wurde ein gedrucktes Stadtinfo erstellt. Im Rahmen der Koordinations- und Organisationsarbeit für dieses Bündnis wurde auch ein Verteiler über Fax und E-Mails laufen lassen und Infos per Mail verteilt. Nun drängte sich immer mehr die Idee eines kontinuierlich existierenden online-Informationsmediums auf.

Seit August 1999 wurden schrittweise Internet-Seiten produziert mit dem Ziel, einen Fundus zur Darstellung der Stadt aus alternativer Sicht zu schaffen. Der nächste Schritt bestand in der Anschaffung einer Digitalkamera (damals war die Olympus mit 1,3 Megapixel das modernste) und der Erstellung eines Bilderfundus. Von August 99 bis Anfang 2001 lief goest trotz erheblichen Arbeitsaufwandes lediglich unter dem Titel einer Homepage bei einem lokalen Provider als Test. Es wurde nur im internen Kreis von Interessierten bekannt gemacht und um Rückmeldung und Kritik gebeten.

Erst als weitere Personen Interesse an der Mitarbeit erklärten wurde der Name "goest" für eine eigene Domain kreiert. Den Titel "Stadtinfo" hatte jemand anders nach einem gemeinsamen Gespräch über das Medienprojekt ohne Absprache auf seinen Namen als Domain eintragen lassen - sein Projekt, das ihm fortan alleine überlassen blieb - scheiterte aber sang und klanglos. Ab Februar 2001 wurde mit Flugblättern auf goest aufmerksam gemacht . goest bestand zu diesem Zeitpunkt bereits aus 248 Text-Seiten und mehr als 800 Fotos. Die Folge der Bekanntmachung war ein rasanter Anstieg der Zugriffszahlen. In der folgenden Zeit kam es zu Immer mehr Verlinkungen auf goest durch Verbände, Gruppen und Organisationen sowie Privatpersonen.

Gegenwärtiger Status des Projektes           

Die Zugriffszahlen sind stetig weiter gestiegen und liegen inzwischen bei durchschnittlich 2300 eindeutigen BesucherInnen pro Tag und 4800 Seitenzugriffen (nach der Zählmethode von 1&1 im Jahre 2012). Goest ist inzwischen im Bekanntheitsgrad gestiegen und wird durch eine starke Berücksichtigung in Google sehr häufig angewählt.

Die Link-Liste und die Liste der Musikgruppen erfreuen sich lebhaften Zuspruchs. So gibt es etliche Musikgruppen, die darum gebeten haben, dass zusätzliche Informationen auf die Liste der Musikgruppen aufgenommen werden.
Ebenso fand die Idee einer Litfaßsäule große Zustimmung, bei der alle entdeckten Plakate abfotografiert und in einer Tabelle abgebildet werden unter Plakate des Monats xy. Dies wurde inzwischen eingestellt und sämtliche Plakate zur präventiven Vermeidung urheberrechtlicher Klagen entfernt. Ebenso wurden Gästebuch und Forum aus rechtlichen Gründen stillgelegt, weil hier beständig Aufmerksamkeit erforderlich ist, will man verhindern, dass dort Eintragungen vorgenommen werden, die zu rechtlichen Folgen beim Herausgeber von goest führen. Die gesamten entstehenden Kostenalso auch evtl. Gerichts- und Anwaltskosten würden zu privaten finanziellen Belastungen führen.

Immer wieder wird an uns herangetragen, doch bitte das Layout mal auf den neuesten Stand zu bringen. Aber allein der Versuch die Seite ständig aktuell zu halten nimmt alle Arbeitskapazitäten in Anspruch. Daher werden die technischen Verbesserungen ständig weiter hinausgeschoben.

Struktur der Internetseiten            

Zunächst ist goest eine Mischung aus Serviceseiten, aktuellen Seiten und Archiv. Die Serviceseiten umfassen Veranstaltungskalender, Link-Liste für Göttingens alternativen Bereich, Kneipen/Gaststättenverzeichnis. Der aktuelle Veranstaltungskalender berücksichtigt besonders all jene Veranstaltungen, die anderswo immer "vergessen" werden; die Link-Liste verweist auf eine besondere Auswahl von mehr als 80 Göttinger Internetseiten.
Die Aktuellen Seiten werden - soweit es sich ergibt - von einem Bild der Woche angeführt. goest will eine andere Sichtweise auf das Alltägliche üben. Im Bild der Woche werden dazu skurille, witzige, denkwürdige oder einfach schöne Schnappschüsse präsentiert.
Bei den aktuellen Seiten wird über ausgewählte Ereignisse berichtet und die Zuarbeit von Gruppen genutzt. Dabei beachtet goest all jene Bereiche stärker, die durch die Tageszeitung oder kommerziell orientierte Medien im Internet vernachlässigt werden. (...) So entsteht auch eine Art illustriertes Online-Stadtarchiv. (...)

Organisatorische Ziele            

Ziel ist die Einbindung und Vernetzung von Gruppen und Initiativen, so wie dies bereits früher in den Mailboxprojekten und Bürgernetzen angedacht war. goest ist Teil eines diffusen nicht-formalisierten Netzwerkes. Dies funktioniert über die Schaffung einer Servicefunktion, nämlich Öffentlichkeit für diese Gruppen schaffen, Forum für diese Gruppen schaffen, ohne ihnen selbst diese Arbeit alleine zu überlassen, sondern für sie tätig zu werden, ihre Flugblätter, Infos, Aktionen in einer lokalen Webseite zu präsentieren.
Gleichzeitig soll eine Vernetzung der alternativen lokalen Medien erreicht werden. Artikel aus kleinen Printmedien werden in goest veröffentlicht - damit wird der Inhalt weiter transportiert und für diese Printmedien geworben, andererseits wird goest zu einem Sammelbecken verschiedener Artikel aus unterschiedlichen kleinen Blättern.

Perspektiven

Wenn das Projekt mittelfristig Erfolg hat, dann sollte das Projekt goest durch einen Verein übernommen werden, damit eine andere Geschäftsgrundlage geschaffen wird. Dieser Übergang sollte erfolgen, wenn goest täglich von 1000 Personen in Göttingen quasi als Tagesmedium genutzt wird. Also täglich 1000 Zugriffe auf die Seite über die Einstiegsseite kommen - was so etwas wie "AbonnentInnenstatus" bedeutet. Gegenwärtig gibt es zwar schon im Durchschnit 2300 BesucherInnen, aber viele davon kommen über Suchmaschinen direkt auf einzelne Seiten von goest Die "Abonnentenzahl" liegt noch bei mindestens 380 , zusammen mit jenen aus Göttingen die nicht den Frame laden schätzungsweise 600 täglich. Da kann man von GöttingerInnen ausgehen. Diese Zahl liegt leicht über der Zahl der verkauften Exemplare z.B. von Zeitungsprojekten wie der "Göttinger Woche" .

Goest könnte bei einem weiter fortdauernden Erfolg überregional als Modell eines Basismediums im Internet fungieren wenn es gelingt, einige Arbeiten und Büroraum zu bezahlen. Wie dies gelingen soll, dazu ist angesichts der absolut strikten Entscheidung keine Werbung und keinerlei Abhängigkeiten zuzulassen, noch keine Lösung gefunden - aber wir hoffen auf Ideen. Bis jetzt jedenfalls hat es sehr viel Spass gemacht. Das hat sich auch ausgedrückt in der goest-Party, mit Super-Buffet, Band, Djs und einem 20 minütigen Wahnsinns-Feuerwerk.

zum Anfang

 

2012

Interview mit dem Herausgeber von goest
Veröffentlicht in CONTRASTE Nr. 330 (März 2012, Seite 11)

GÖTTINGER STADTMAGAZIN GOEST ERREICHT MEHR LESERINNEN UND LESER ALS FRÜHERE PRINTORGANE

Vitales Online-Magazin erfreut sich bester Gesundheit

Seit elf Jahren berichtet und kommentiert in Göttingen das Online-Magazin »goettinger stadtinfo« (goest) das lokale Geschehen. Goest gehört zum aktiven Kern der ehemals sehr umtriebigen Alternativ-Medien in Göttingen. Daneben gibt es noch das ehemals wöchentliche Print-Stadtinfo »Göttinger Drucksache«, von dem seit Januar 1991 über 700 Ausgaben erschienen sind. In Ausgabe 706 verkünden die BuchstabenpiratInnen der Drucksache, dass sie vorerst nur noch monatlich erscheinen werden. Weitere aktuelle Alternativmedien sind das monatliche Print-Kulturmagazin »Pony«, das Straßenmagazin »Tagessatz«, von dem jährlich zehn Ausgaben erscheinen, sowie das Online-Magazin für Pop-und Subkultur, »Monsters of Göttingen«. Kai Böhne sprach für CONTRASTE mit einem der goest-Aktivisten, Günter Schäfer, der in den 1980er-Jahren auch an der alternativen »Göttinger Stadtzeitung« mitgearbeitet hat, über das Online-Stadtinfo im Kontext der linken Göttinger Medienlandschaft.

CONTRASTE: Wie entstand das Online-Stadtmagazin goest?

Günter Schäfer: Der offizielle Start von goest fand im Februar 2001 statt. Die Idee dazu bestand schon seit 1995. Seit August 1999 wurden schrittweise Internet-Seiten produziert mit dem Ziel, einen Fundus zur Darstellung der Stadt aus alternativer Sicht zu schaffen. Der nächste Schritt bestand in der Anschaffung einer Digitalkamera und der Erstellung eines Bilderfundus. Von August 1999 bis Anfang 2001 lief goest trotz erheblichen Arbeitsaufwandes lediglich als Test. Erst 2001 wurde der Name »goest« für eine eigene Domain kreiert. Goest bestand zu diesem Zeitpunkt bereits aus 248 Text-Seiten und mehr als 800 Fotos. Ab Februar 2001 wurde mit Flugblättern auf goest aufmerksam gemacht. Nach Bekanntmachung gab es einen rasanten Anstieg von Zugriffszahlen.

CONTRASTE: Was war der Auslöser zur Gründung des Online-Magazins? Welche Ansprüche und Ziele hatte goest bei der Gründung?

Günter Schäfer: Mit den Möglichkeiten des Internet sollte ein kritisches, nicht-kommerzielles Internet-Magazin in Göttingen die Tradition des alternativen Magazins »Göttinger Stadtzeitung« fortsetzen. Erste Versuche dazu wurden im Rahmen des Mailboxprojektes LINK-GOE mit den Zielen der Bürgervernetzung diskutiert. Das waren die Leute, die schon emails verschickten und Rechner vernetzten als es noch kein Internet gab – über Telefonleitungen mit Akustik-Koppler. Zu dieser Zeit war ich im Gespräch mit den Leuten von der LINK-GOE. Um einige Vorstellungen einmal systematisch niederzulegen verfasste ich 1996 eine Broschüre mit dem Titel: »Die Digitale Stadt – Internet und virtuelle Gemeinschaften im kommunalen Raum«. In dieser Broschüre wurde eine Übertragung des Konzepts »Digitale Stadt« der Gruppe Xs4all in Amsterdam auf Göttingen beschrieben.

1996 fand eine politische Diskussionsveranstaltung in der Kneipe T-Keller über Sinn und Zweck der neuen Medien statt. Der Titel lautete »Das Netz: Kybernokratische Goldgrube oder Datenmüll«. Die Teilnehmer kamen zu dem Ergebnis: Ein politisches Medium solle möglichst nur zur Informationsverteilung aufgebaut werden, da Kommunikationsplattformen nur Objekt genauer Überwachung würden und die Kommunikation stärker dem direkten persönlichen Bereich vorbehalten bleiben sollte.

Ein weiterer Impuls zur Entstehung von goest kam aus dem Bündnis gegen Sozialabbau, das war Anfang 1997 ein Zusammenschluss von mehr als 54 sozialen und politischen Göttinger Organisationen (Selbsthilfegruppen aus dem Gesundheitsbereich, Arbeitslosengruppen, dem DPWV, Gewerkschaften). Da die Proteste gegen Sozialabbau in den Medien nicht ausreichend dargestellt wurden, dachten wir im Kreis der OrganisatorInnen, warum schaffen wir uns eigentlich kein eigenes Medium?

CONTRASTE: Gab es Alternativen? Was wurde sonst noch diskutiert?

Günter Schäfer: Nachdem es goest schon über fünf Jahre gab, entwickelte sich parallel dazu – einige Monate im Jahr 2006 – das alternative Printmedium »Göttinger Wochenzeitung«. Bereits in der Vorbereitungsphase wurden die Schwächen des Finanzkonzeptes dieses Projektes deutlich. Die zentralen Akteure waren gegenüber der Warnung taub, dass das Finanzkonzept nur den Startprozess, nicht aber die Kalkulation der laufenden Kosten richtig einschätze. Und prompt ging das Projekt nach der Startphase in die Insolvenz.

CONTRASTE: In den 80er Jahren hatte jede Großstadt mit studentischem oder alternativem Milieu ihr eigenes Volksblatt oder ihre monatliche Stadtzeitung. Was hat sich heute geändert?

Günter Schäfer: Viele Alternativzeitungen sind entweder im Werbesumpf versunken oder ganz über die Wupper gegangen. Die Alternativzeitungen waren allein mit den Erlösen aus dem Verkauf nicht zu finanzieren, ihre politischen Positionen und ihre Radikalität verhinderte große Einnahmemöglichkeiten im Bereich Sponsoring und Anzeigen.

Die Druckkosten standen zu jedem Veröffentlichungstermin an und mussten notdürftig über den Verkauf abgedeckt werden. Von den Zeitungsmachern hat selten jemand etwas Geld für seine Arbeit bekommen.

Zur Verdeutlichung der finanziellen Zwänge alternativer Printmedien fällt mir ein Beispiel aus der Zeit der »Göttinger Stadtzeitung« ein. Dort wurde oftmals auf ein Foto verzichtet, weil das bei der Druckerei gleich 30 Mark extra gekostet hätte. Mir fällt das ein, wenn ich auf die Liste von über 3.000 Fotos in goest schaue, deren Veröffentlichung nichts, jedenfalls nichts extra gekostet hat.

Neben den finanziellen Zwängen hat natürlich auch eine Rolle gespielt, dass die politisch-kulturelle Bewegung – von der die Alternativzeitungen getragen wurden – einen Niedergang verzeichnete. Die Parlamentarisierung der außerparlamentarischen Bewegung durch die Grünen bekam ihr mediales Flaggschiff mit der taz. Die Basisarbeit von Stadtteilgruppen, die ihre Anliegen in Stadtzeitungen kommunizierten, ging immer weiter zurück. Mit dem Rückgang der stadtbezogenen, politischen Basisbewegung ging bei vielen auch die Motivation zurück, sich dem permanenten Arbeitsstress und Kostendruck auszusetzen, denn es gab zum Ausgleich nicht mehr die gesellschaftliche Anerkennung in der politischen Subkultur.

CONTRASTE: Sind alternative Printorgane nicht mehr auf der Höhe der Zeit? Haben sie sich überlebt? Oder sind sie am Markt gescheitert?

Günter Schäfer: Printzeitungen haben nur eine Chance, sich durch Verkaufserlöse, Sponsoring und Anzeigen zu finanzieren, wenn sie auch gekauft und gelesen werden und wenn sie das Publikum erreichen, das den Anzeigenkunden und Sponsoren wichtig ist. Wenn sie diese Bedingungen optimal erfüllen wollen, müssen sie Kompromisse eingehen– und dann sind sie nicht mehr unabhängig im eigentlichen Sinn. Die Idee ein Printmedium im Monatsturnus– oder gar als Wochenzeitung nicht-kommerziell– herausgeben zu wollen, ist mehrfach gescheitert.

Die einzige Möglichkeit ein Printmedium mit Basisanbindung kontinuierlich herauszugeben ist die small & beautiful-Variante der »Göttinger Drucksache«. Das bedeutet: Die Druckkosten sollten gering gehalten werden – also ein gefalztes DIN A3-Blatt, sodass vier DIN A4-Seiten entstehen. Beim Inhalt sollte sorgfältig vorgegangen werden: kein Nachdruck von Flugblättern. Eine klare verständliche Sprache, neue Gedanken und Anregungen, die sonst von niemandem verbreitet werden, wären wünschenswert. Wöchentliches Erscheinen wäre schön, da so Informationen und Termine zeitnah weitergegeben werden können. Wie an den letzten Äußerungen der Drucksachen-Redaktion abzulesen ist, erfordert das kontinuierliche Erscheinen viel Engagement. Das Projekt schleppt sich in den letzten Jahren leider etwas zäh dahin. Alternative Printmedien hätten schon noch eine Chance, aber sie können nicht mehr so gemacht werden, wie alternative Stadtzeitungen vor 20 Jahren. Am ehesten hätte wahrscheinlich eine absolut freche Satirezeitschrift auch auf kommunaler Ebene eine Chance. Aber mögliche Anwaltskosten sollten schon vorab mit einkalkuliert werden.

CONTRASTE: Haben die alternativen Online-Portale die Printorgane abgelöst?

Günter Schäfer: Die Entwicklung geht aus den beschriebenen Gründen in diese Richtung. In Göttingen gibt es kaum noch ein nichtkommerzielles politisches Print-Medien-Magazin. Sieht man vom »Göttinger Betriebsexpress«– der seit etwa einem Jahr nicht mehr erschienen ist – und der »Göttinger Drucksache« einmal ab.

CONTRASTE: Was sind die Vor- und Nachteile von Online- und Printorganen?

Günter Schäfer: Online lassen sich Fotos, Texte, Filme praktisch ohne Sachmittelkosten produzieren. Die Distribution kostet auch so gut wie nichts und zwar unabhängig von der Zahl der LeserInnen. Es entsteht kein Termindruck, es kann fortlaufend aktualisiert werden.

Printprojekte wie die »Göttinger Wochenzeitung« hingegen sind trotz Vorhandenseins von Anzeigengeschäft und Verkaufspreis sowie Genossenschaftsgeldern kaputt gegangen. Der Vorteil von Printmedien war bis vor kurzem der, dass sie irgendwie als Medium ernster genommen werden. Nach dem Motto: Zeitung das ist richtige Presse, das ist auf Papier, das kann man in die Hand nehmen. Internet, naja das ist sowas anderes, so etwas Flüchtiges, das hat nicht so viel Einfluss. So war die »Göttinger Wochenzeitung« in den Augen der traditionell denkenden Alternativlinken eine »richtige Zeitung« und von der erwartete man, dass sie etwas bewirken könne.

Goest wurde von den Printmedienleuten damals nicht gerade mit Kooperationsangeboten überschüttet. Nun ja, die »Göttinger Wochenzeitung« ist eingegangen, goest hingegen hat sein 10-jähriges Jubiläum hinter sich. Nachdem über 30 Jahre hinweg die Projekte »Stadtzeitung«, «Göttinger Woche«, »Revue Regional«, »Pampa«, »Göttinger Wochenzeitung« und »Neue Göttinger Wochenzeitung« allesamt gescheitert sind, beginnen einige der eingefleischten Papierzeitungsfanatiker doch auch den Wert eines Online-Magazins schätzen zu lernen.

CONTRASTE: Du hast früher auch für alternative Printmedien gearbeitet. Was sind die Unterschiede im Alltag?

Günter Schäfer: Damals war der Stress in der Phase kurz vor der Veröffentlichung der nächsten Nummer besonders groß. Heute ist die goest-Redaktion rund um die Uhr geöffnet.

(TEIL 2)

 

Veröffentlicht in CONTRASTE Nr. 331 (April 2012, Seite 6)

GÖTTINGER STADTMAGAZIN GOEST ERREICHT MEHR LESERINNEN ALS FRÜHERE PRINTORGANE

Mit Bettelskandal-Berichterstattung löste goest eine Lawine aus

In der März-Ausgabe sprach Kai Böhne mit Günter Schäfer, dem verantwortlichen Redakteur, einem der Aktivisten des Online-Magazins »goettinger stadtinfo« (goest.de), über Veränderungen bei den Alternativmedien. In dieser Ausgabe setzen wir das Interview fort.

Contraste: Verfügt heute jede Großstadt mit früherer Stadtzeitung über ein alternatives Online-Magazin? Oder nimmt Göttingen eine Sonderstellung ein?

Günter Schäfer: Lokal orientierte Onlinemagazine gibt es inzwischen in vielen Städten, die meisten sind reine Veranstaltungsankündigungsmagazine ohne politisch-kritische Zielrichtung. Wenn ein redaktioneller Teil dabei ist, erreicht dieser selten ein Niveau über dem von Anzeigenblättern. Einige Online-Portale sind sogar aus ehemaligen alternativen Stadtzeitungen hervorgegangen" ich glaube beim Schädelspalter in Hannover war das wohl so, ursprünglich ein Stadtmagazin mit Alternativtouch, später ein Magazin. Es wurde kürzlich kritisiert, weil darin das Leben von Verbindungsstudenten verherrlicht wurde. Der Pflasterstrand in Frankfurt ist auch schon früh den Weg in die Werbebranche gegangen. Nur bei sehr wenigen dieser Onlineprojekte sind politische und kulturell-kritische Artikel mit einer Art Zeitungscharakter zu finden.

Contraste: Gibt es in anderen Städten eigenständige, mit goest vergleichbare Online-Magazine?

Günter Schäfer: Ja, in Freiburg, da gibt es jetzt noch das fudder.de, das Service für die Stadtkultur aber auch kritische Artikel gebracht hat. Nicht zufällig in einer Stadt, die mit Göttingen vergleichbar ist. Aber nicht alle ähnlichen Städte "mittelgroß/große Uni" haben ein solches Onlinemagazin. Heidelberg hat es nicht, obwohl die Stadt von Größe und Struktur mit Göttingen vergleichbar wäre. Jedenfalls findet man per Suchmaschine mit »göttingen online magazin« ziemlich schnell an zweiter Stelle goest. Wenn man in Heidelberg sucht, kommt nichts Vergleichbares. Die Heidelberger-Site die-stadtredaktion.de ist eher ein Verlautbarungsmagazin mit Pressemeldungen von Parteien und Institutionen.

Im Umfeld der Auseinandersetzungen um den Hauptbahnhof ist in Stuttgart ein interessantes Projekt entstanden: www.kontextwochenzeitung.de ist ein unabhängiges Onlineportal, das sich um solide recherchierte Hintergrundberichte bemüht. Um professionelle Redaktionsarbeit kümmern sich hauptberuflich fünf erfahrene Journalisten. Wöchentlich erscheint eine Printausgabe als Zeitung.

Contraste: Ist das Modell goest auf andere Städte übertragbar?

Günter Schäfer: Das würde mich reizen. Es war einmal angedacht, sich zu vernetzen, mit Hilfe des ID Frankfurt, Zentrum für alternative Medien (ID = ehemals Informationsdienst zur Verbreitung unterdrückter Nachrichten). Sicherlich ist goest auf andere Städte übertragbar, vor allem wenn sie eine vergleichbare Größe und kulturellpolitische Event-Intensität haben. Allerdings wäre ab einer bestimmten Größe und Komplexität in Städten wie Berlin, Hamburg, München oder Köln eine Aufteilung nach Stadtteilen sinnvoll, die dann mit getrennten Redaktionen bearbeitet werden müssten und anschließend zusammenwachsen könnten.

Contraste: Wie sieht sich goest im Kontext anderer Göttinger Lokalmedien?

Günter Schäfer: Goest ist wesentlich kleiner als das Göttinger Tageblatt (GT), aber frecher und kann allen auf die Füße treten, weil es nicht auf Anzeigenkunden, PolitikerInnen und Verwaltungen oder Organisationen Rücksicht nehmen muss.

Im Veranstaltungskalender von goest stehen viele Termine politischer Initiativen, die nie im GT auftauchen. Die Leute wissen, dass goest Basisinitiativen unterstützt und das GT sich vor allem mit der offiziellen Politik beschäftigt. Wir bekommen öfter mal Leserbriefe geschickt, die wir veröffentlichen sollen, weil das GT dies abgelehnt hat.

Wenn durch goest eine Diskussion angestoßen wird, kann sich manchmal auch das GT nicht mehr entziehen. Bei dem Skandal mit dem Bettler, dem das Sozialamt das eingesammelte Geld von der Sozialhilfe abziehen wollte" auch den Tagessatzverkäufern (Tagessatz = Straßenmagazin für Göttingen und Kassel) sollte ihr karges Entgelt angerechnet werden " hat goest eine Initialfunktion gehabt. Der goest-Redaktion waren die entsprechenden Infos zum Bettlerskandal anonym zugespielt worden. Wir waren ziemlich baff als plötzlich die Anfrage aus der Wirtschaftsredaktion von einer überregionalen Tageszeitung bei goest eintraf. Die ganze Sache kochte hoch zu einer riesigen Medienwelle mit Fernsehberichten und Artikeln in überregionalen Tageszeitungen. Schließlich endete das Ganze mit einem Rückzieher des Göttinger Sozialamtes in Sachen Betteleinkünfte. Ein anderes aktuelles Beispiel ist der ausführlich recherchierte goest-Artikel mit dem Vorschlag die Sparkassengewinne stärker an die kommunalen Träger abzuführen. Erst belächelt und ignoriert gewinnt der Vorschlag inzwischen immer mehr AnhängerInnen. [ Nachtrag 2015: in einer von der Stadtverwaltung öffentlichen Internetbefragung, wie denn der Finanznot der Gemeinde zu begegnen sei, landete der Vorschlag mehr aus dem Gewinn der Sparkasse an die Stadt abzuführen bei den Bewertungen durch die Bürger_innen auf Platz 1. Die Stadtverwaltung ignorierte dies eiskalt und zeigte, dass sie gar kein Interessen an der Beteiligung der Bürger_innen gehabt hatte. ]

Zum nichtkommerziellen Kontext gehört auch das Stadtradio: Mit dem Stadtradio böte sich eigentlich eine engere Kooperation der nichtkommerziellen Medien an, kommt aber irgendwie nicht in die Gänge. Goest veröffentlicht im Veranstaltungskalender die Sendungen des Stadtradios. Das Stadtradio verweist in seinen Links auf goest. Aber das wars schon.

Im Falle der Stadtradiosendungen zu den Castor-Transporten" eine Bürgerfunksendung berichtete non-stop" gab es jedoch ein recht gutes Zusammenspiel. Goest sammelte und bewertete Internetmeldungen, der Bürgerfunk brachte O-Töne und Interviews. Das Printmedium »Pony« bringt ganz nette Artikel zu Musik, Literatur und Veranstaltungen und möchte sich als Orientierungshilfe für das anbieten, was gerade hip ist. Allerdings wird dabei auch die politische Szene bedient, was für die politische Orientierung der Redaktion spricht. Pony strebt eine Brückenfunktion zwischen Musik-, (Sub)-kultur- und linker Szene an.

Ähnliches gilt für das Online-Magazin »Monsters of Göttingen«, das sich im Untertitel »Magazin für Pop- und Subkultur« nennt. Dieses Magazin ist aber stärker auf die reine Politszene und die studentische LeserInnenschaft hin orientiert. Eigentlich wäre es schön, wenn goest mit einem Studi- und Uni-Magazin kooperieren könnte. Genauso wie es schön wäre für einige Bereiche wie zum Beispiel Sport eine eigene goest-Redaktionssparte eröffnen zu können.

Zum Abschluss Deiner Frage: Mit den Werbe-Heften und Anzeigenblättchen, den Hochglanz-Foto-Werbeästhetik-Blättern und sonstigen Lifestyle-Erzeugnissen sehen wir keine Verbindung zu unserer Arbeit" das ist eine andere Welt in der Inhalte und Moral hinter der Warenästhetik und Geschäftsinteressen rangieren.

Contraste: Erhaltet Ihr auch ein Feedback der LeserInnen und Nutzer?

Günter Schäfer: Im Schnitt werden monatlich bei goest 50.000 Besuche registriert, die im Januar 2012 180.000 Seiten und im Februar 154.000 Seiten aufgerufen haben. Bei besonderen Ereignissen sind es deutlich mehr. Die Tendenz geht zu mehr Seitenabfragen pro Besuch, derzeit 3,23 Seiten pro Besuch.

An dieser Stelle möchte ich mit einem Beispiel von vielen kurz auf Suchmaschinen als besonderen Machtfaktor hinweisen. Eine Göttinger Messebau-Firma war auf kritikwürdige Weise ins Schlingern gekommen, darüber hatte goest berichtet. Irgendwann erreichte uns eine Mail der Firma, wir mögen doch bitte etwas ändern, denn wenn jemand die Firma googelt, würde er als erstes auf diesen kritischen Artikel geleitet. Wir antworteten: Ja, überarbeiten wir gern, wenn uns der Betriebsrat der Firma bestätigt, dass die Dinge im Betrieb jetzt in Ordnung sind. Daraufhin hörten wir nichts mehr.

Contraste: Welche Möglichkeiten der Mitarbeit bestehen bei goest?

Günter Schäfer: Die Mitarbeit ist ganz einfach: Je nachdem in welchem Bereich eine Person Interessen, Kenntnisse oder Fähigkeiten hat, werden ihr pro Woche bestimmte Ereignisse, Veranstaltungen oder längerfristige Artikelthemen vorgeschlagen. Interessierte können auch Pressekonferenzen zu ihren Interessenschwerpunkten besuchen. Die Beiträge, die später per email an die Endredaktion geschickt werden, kommen nach Überarbeitung ins Netz.

Die Erarbeitung eines ExpertInnenstatus für ein bestimmtes Thema kann auch in die Übernahme eines Ressorts münden. Solche Ressorts können im Bereich Uni, Medizin, Sport oder Kunst entstehen.

Jugendliche könnten eine spezielle Veranstaltungsseite für ihre Altersgruppe machen. Ferner wären muttersprachliche Seiten für die großen MigrantInnengruppen vorstellbar.

Auch eine gelegentliche Zuarbeit durch Kurzberichte oder die Zusendung eines informativen Dokumentes oder Fotos sind jederzeit willkommen.

Contraste: Was ist für die Zukunft geplant?

Günter Schäfer: Wir würden gern eine Diskussionsveranstaltung mit persönlich geladenen Gästen durchführen, um über stabile Arbeitsgrundlagen für die Zukunft von goest nachzudenken. Experten, die uns in den Bereichen Technik und Recht unterstützen, wären sehr hilfreich. Und natürlich könnte mal das 10 Jahre alte Design abgelöst werden" obwohl wir uns total dran gewöhnt haben.

Bei der täglichen Berichterstattung treten häufig juristische Fragen auf. Deren Klärung würde für die Mitarbeiter Rechtssicherheit bei heiklen Recherchen bedeuten. Auch über die Gründung eines Fördervereins könnte man nachdenken.