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Staatsschutz

Aktueller Skandal 2017:
Illegale Datensammlung über Linke bei der Göttinger Polizei

Überwachung von AKW-Gegner*innen
Polizeiliche Spitzel in der Anti-AKW-Bewegung

Staatsschutz gegen goest 2009
>Anlass: goest-Artikel über Fremdenfeindlichkeit im Blümchenviertel 2009
Staatsschutz gegen goest
2009
Erklärung der GOEST-Redaktion 27.9.09
Solidaritätserklärung von "Schöner Leben" 9.10.09
Solidaritätserklärung von Gerd Nier 17.9.09

> Offener Brief zu den Praktiken des Staatschutzes in Göttingen 2009
> goest-Themenseite "Polizei"

>> Staatsschutz verschickt Drohbriefe an Linke 2001

Im März 1982 veröffentlichte die Alternative-Grüne-Initiativen-Liste AGIL, AG Demokartie und Recht, c/o Grünes Zentrum, Geiststr. 1 nebenstehende Broschüre, die sich mit der damaligen Gründung von SPUDOK und Sondereinsatz-Kommandos beschäftigte. Im Titel bezeichnete sie diese als "Geheime Stadtpolizei". Wegen der Assoziation "Geheime Staatspolizei" gab es damals mächtig Wirbel. Die AGIL war Vorläuferorganisation der GRÜNEN in Göttingen, Fraktionsassistent damals: Jürgen Trittin.

siehe auch >> Spurendokumentationssystem "Spudok" (Rolf Gössner 1999)

Politisch motivierte Kriminalität (PMK) bei der Göttinger Polizei
Nimmt man die Definition von Politisch motivierte Kriminalität (PMK) des Verfassungsschutzes (>>Bericht von 2008, S. 138), dann kann die Erstellung der illegalen Datensammlung der Göttinger Polizei selbst als "politisch motivierte Kriminalität" bezeichnet werden. "Der PMK werden Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten, durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, oder sich gegen eine Person, insbesondere aufgrund ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung oder Herkunft richten und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht."

 

Staatsschutzabteilung : Irrläufer

Fortsetzung der Illegalen Datensammelei des Staatsschutzes "irrtümlich" offengelegt

In einer Presssemitteilung hat Rechtsanwalt Sven Adam am 19.11.18 über die illegale Offensichtlich kann die Polizei eine Person zur Beobachtung bundesweit ausschreiben. Wenn diese Person bei irgendeinem Anlass an einem beliebigen Ort von der Polizei erfasst wird, dann wird das der Stelle gemeldet, die die Beobachtung veranlaßt hat. Dies geht jedenfalls aus einem Schreiben hervor, dass von der Polizeidirektion Görlitz in Sachsen an die Staatsschutzabteilung der Göttinger Polizei gehen sollte. Dieses Schreiben wurde merkwürdigerweise an den Göttinger Anwalt Sven Adam geschickt. Damit wurde die "bundesweite polizeiliche Beobachtung eines linken Fotojournalisten offenbart."
Mit der Meldung sollte der Göttinger Staatsschutz über die Anwesenheit eines 28jährigen Göttinger Foto-Journalisten am 3.11.2018 in Ostritz informiert werden. Auf dem Schreiben war darüberhinaus eine polizeiliche Vorgangsnummer aus dem Jahr 2012 vermerkt, "was nahelegt, dass die bundesweite Beobachtung seit mehr als 6 Jahren ohne Kenntnis des Betroffenen durchgeführt wird." (Sven Adam) Der Fotojournalist hatte am 18.8.18 eine Auskunft über die bei der Polizei gespeicherten personenbezogenen Daten angefordert. In der Antwort der Polizei darauf war kein Hinweis auf Daten aus der bundesweiten Beobachtung enthalten. Die gegen die Unrechtmäßigkeit dieser Vorgänge wird nun in einer Klage beim Verwaltungsgericht vorgegangen.

Auszüge aus dem anonymisierten Schreiben, das irrtümlich an die Anwaltskanzlei Sven Adam adressiert, verschickt wurde

 

 

Illegale Datensammlung über Linke bei der Göttinger Polizei

Das 4. Fachkommissariat des Zentralen Kriminaldienstes der Polizeiinspektion Göttingen (Leiter:) ist zuständig für Betrugs- und Wirtschaftskriminalität, Korruptions- und Falschgelddelikte, unerlaubtes Glücksspiel, Schleusung, Verstöße gegen das AusLG, Staatsschutzdelikte und politisch motivierte Straftaten. Dessen Leiter ist EKHK Thomßen (EKHK = Erster Kriminalhauptkommissar, der höchste Dienstgrad für Beamte im gehobenen Dienst.) . In dieser Abteilung, landläufig als "Staatsschutz" bezeichnet, wird nach Mitteilung des Hamburger Rechtsanwalt Christian Woldmann und der Göttinger Anwaltskanzlei Sven Adam offenbar eine Datensammlung über hunderte Linke in Göttingen geführt. Dagegen haben 8 Betroffene Verwaltungsklage erhoben.

Das Vorgehen des Göttinger Staatsschutzes mußte auch die goest-Redaktion 2009 am eigenen Leibe erfahren als in einem goest-Artikel darauf hingewiesen wordenn war, dass eine Einwohnerin im Blümchenviertel einen rassistischen Brief geschrieben habe. Deswegen ermittelte dann der Staatsschutz absurderweise wegen Beleidigung (= "politisch motivierte Straftat") obwohl niemand mit Namen genannt worden war. Unserer Einschätzung nach erfolgte das völlig haltlose Vorgehen einzig und allein zum Zwecke willkürlicher Ermittlungen gegen goest mit dem Ziel Informationen zu sammeln. (mehr dazu siehe weiter unten).

16.6.2017 Nach Mitteilung des Hamburger Rechtsanwalt Christian Woldmann und der Göttinger Anwaltskanzlei Sven Adam
Das 4. Fachkommissariat (Staatsschutz) der Polizeiinspektion (PI) Göttingen verfügt(e) mindestens bis ins Jahr 2015 über fünf offensichtlich ungesetzlich angelegte Aktenordner mit personenbezogenen Daten über Linke in Göttingen. In der verdeckt angelegten Datensammlung sind Namen, Adressen, körperliche Merkmale, Religionszugehörigkeit, Arbeitsplätze, Informationen über SocialMedia-Profile, Gruppenzugehörigkeiten und Fotos von hunderten Betroffenen enthalten. Ein Zusammenhang der Daten zu laufenden Ermittlungen gegen die Betroffenen oder bestimmten Ereignissen bestand offenbar nicht. Die Nachweise über die Existenz dieser Datensammlung sind Gegenstand der Akte eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Göttingen. Diese ermittelt allerdings nicht gegen die Beamten des 4. FK wegen der rechtswidrig erhobenen Daten, sondern gegen einen indes pensionierten Beamten des 4. FK, der seit Jahren gegen die Datenerhebung behördenintern protestierte und Fotos der Aktenordner sowie Kopien einiger Inhalte zu Beweiszwecken angefertigt hat. Dem 63-jährigen Ex-Polizisten wird versuchte Erpressung, versuchte Nötigung und Verwahrbruch vorgeworfen, weil er die Beweise zu eigenen Zwecken nutzen und die Polizeiinspektion damit habe unter Druck setzen wollen. Der Hamburger Strafverteidiger Christian Woldmann, der zusammen mit dem Göttinger Kollegen Sven Adam die Verteidigung des pensionierten Beamten übernommen hat, hält die Vorwürfe für absurd. „Das Anfertigen von Kopien und Fotos zur Beweissicherung erfüllt keinen Straftatbestand“ so Woldmann. Dass der Polizeibeamte zwei Jahre nach seiner Pensionierung einen Erpressungsversuch gestartet haben soll, ist schon nach Aktenlage blanker Unsinn. Er hat stets und bis heute lediglich intern gegen eine offenkundig rechtswidrige Praxis der Datensammlung protestiert.“ Es liegt daher nahe, dass das Ermittlungsverfahren den Beamten diskreditieren und von den massenweise rechtswidrig erhobenen Daten ablenken sollte. Denn die Größe der Datensammlung übertrifft sogar diejenige der in der 80ern rechtswidrig erhobenen, angeblich vernichteten und in den 90ern wieder aufgetauchten sog. Spudok-Dateien. „Für eine Datensammlung in dieser Größe und Tiefe gibt es im Niedersächsischen Gefahrenabwehrrecht keine Rechtsgrundlage und kann es auch nicht geben. Diese Datenerfassung ist mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung schlicht nicht vereinbar“, stellt RA Sven Adam fest. Er hat deshalb für zunächst acht Betroffene am vergangenen Mittwoch auch Klagen gegen die Polizeidirektion Göttingen beim Verwaltungsgericht Göttingen (z.B. Az.: 1 A 169/17, 1 A 17017, 1 A 171/17 etc.) eingereicht, die Beschlagnahme der Aktenordner beantragt und volle Akteneinsicht verlangt.
Die Polizeidirektion Göttingen ist zwar verfahrensrechtlich zuständig, dürfte von der Datensammlung des 4. FK der Polizeiinspektion Göttingen selbst aber keine Kenntnis gehabt haben. „In Antworten der Polizeidirektion auf Auskunftsersuchen werden diese Daten nicht erwähnt. Dass die Datensammlung entgegen der sonstigen Praxis nicht digital geführt wird, belegt, dass diese Datenerfassung für den Rest der Polizei unbekannt bleiben sollte. Das 4. FK scheint insoweit ein Eigenleben entwickelt zu haben“ vermutet Adam zunächst abschließend und vorbehaltlich anderer Erkenntnisse aus der zu erwartenden Akteneinsicht.

* * *

Die Basisdemokratische Linke Göttingen (BL) erklärte, dass auch Mitglieder ihrer Gruppe zu den Betroffenen gehören und fordert "die Auflösung" des 4. Fachkommissariats; "Zudem sollen alle Daten an die Betroffenen herausgegeben und anschließend aus sämtlichen Archiven gelöscht werden!“ Es sei „schockierend, dass über Jahre hinweg mehrere hundert Linke (...) bis tief ins Privatleben ausspioniert werden. (...) Ins Fadenkreuz des Staatsschutzes fiel demnach jede Person, die sich an öffentlichen Protesten – wie beispielsweise gegen den extrem rechten „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“ – beteiligte. Die BL sieht darin einen weiteren Beleg dafür, "Dass die Polizei auch in Göttingen kein neutraler Akteur ist, sondern politische Ziele verfolgt"

* * *

Von der Überwachung betroffen ist auch ein Mitglied der Grünen Jugend (GJ), gleichzeitig Mitglied des Kreisvorstandes von Bündnis 90/DieGrünen Göttingen. Der Betroffene hat Klage gegen seine Überwachung erhoben. In einer Erklärung der GJ heisst es "Ein großes Foto des GJ-Mitgliedes habe mit "Namen und Adresse an einer Pinnwand bei der Göttinger Polizei" gehangen. Der Betroffene wird zitiert mit "Mir ist schleierhaft aus welchem Grund die Polizei mich in meinem Privatleben und auch auf Facebook verfolgt. Ich engagiere mich ehrenamtlich in der psychologischen Beratung für Geflüchtete, setze mich gegen Rassismus ein und nehme an politischen Versammlungen in Göttingen teil". Polizeipräsident Lührig habe 2014/15 zu einem "vertrauensvollen und offenen Dialogprozess" eingeladen an dem auch die GJ teilgenommen habe. Das Vertrauen, so die Stellungnahme der GJ sei nunmehr erschüttert.

* * *

Die Antifaschistische Linke International ALI schreibt, das Ordnersystem "LIMO" sei "durch einen ehemaligen Polizeibeamten, den die Göttinger Polizei im Gegenzug mit einer Hausdurchsuchung und einer Klage wegen angeblicher Erpressung überzogen hat."
Durch das Auffliegen von "LIMO" werde deutlich: "Die Polizei nutzte unter anderem die zahlreichen Kundgebungen und Demonstrationen gegen Rechts, um GegendemonstrantInnen systematisch zu erfassen und anschließend zu überwachen. " Dies reihe sich ein "in die systematische Hilfestellung der Polizei gegenüber Neonazistrukturen in den letzten Jahren."
Die in der LIMO-Sammlung erfassten Personen, so die ALI, seien in der Mehrzahl straffrei, die Staatsschützer aber führten diese Personen in ihrer rechtswidrig angelegten Datensammlung als "Straftäter".

"Es gibt eine Tradition illegaler Methoden bei der Göttinger Polizei. Wer diese Tradition beenden will muss nicht nur ein Ende von "LIMO", sondern wirkliche Konsequenzen fordern. Das FK4 muss aufgelöst werden." Die Antifaschistische Linke International geht davon aus, dass das illegale Agieren des Göttinger Staatsschutzes auch geografisch kein Einzelfall ist, sondern auch in anderen Städten zur normalen Praxis der Polizei gehört. Im Zuge des für die Behörden unglücklichen Auffliegens des "NSU" und in Erwartung des anstehenden G20-Gipfels in Hamburg, werden die Mittel und Befugnisse von Polizei und Geheimdiensten derzeit massiv ausgebaut. "Der deutsche Staat konzentriert immer mehr Befugnisse und Machtmittel in den Händen von Behörden, die sich wiederholt als Terrorunterstützer und Demokratiefeinde erwiesen haben. Dieses Vorgehen ist kein Fehler, sondern die konsequente Vorbereitung, um Kritik am krisengebäutelten Kapitalismus notfalls mit aller Gewalt und durch massive Einschränkung von Freiheitsrechten zu unterdrücken."

 

IIllegale Datensammlungen haben Tradition bei der Göttinger Polizei
1999: Ehrenbürgerin in illegalen Verdächtigtenlisten

Unter anderen wurde sogra Else Bräutigam, Göttinger Ehrenbürgerin und Rollstuhlfahrerin in illegalen Verdächtigungslisten der Polizei geführt. Siehe auch die Webseite von Cilip über >> Spudok

Aus: Goettinger Drucksache vom 17.9.99
,,Die GAL/ Die Grünen-Ratsfraktion will eine Erklärung zur ,Ehrenrettung der Ehrenbürgerin Else Bräutigam sowie aller Göttinger Dauerverdächtigen' (in der Spudok-Datei) verabschieden" Der mit diesem Thema überschriebene Punkt 8 der Ratssitzungs-Tagesordnung vom 11. September, überraschte ob der sonst drögen Sachverhalte, die am vergangenen Donnerstag im neuen Rathaus verhandelt wurden. Beim Vortragen des Antrags seiner Fraktion holte Helmhard Ungerer von GAL/Die Grünen etwas länger aus. Er schilderte den (bekannten) Sachverhalt bezüglich des Anschlags auf das Göttinger Arbeitsamt 1997 und der sich anschließenden Ermittlungen der SoKo 413 des Landeskriminalamtes (LKA) und landete schließlich bei den Listen von 59 aktuellen und 105 der in Vergangenheit ,,der autonomen Szene zuzuordnenden Aktivisten" und Aktivistinnen. Obwohl das LKA dementiert hatte, weder die Spudok-Kartei Nr.74 noch deren alte Ausdrucke benutzt zu haben, seien ,,auffällige Parallelen" zu eben dieser als ,,Handkartei" bezeichneten Liste der seit Anfang der 80er Jahre Göttinger Dauerverdächtigen festzustellen, so Ungerer. Sie aber sei inzwischen ,,ein Spiegelbild der damaligen studentischen Linken auf dem Marsch durch die Institutionen", so Ungerer und als dieses veraltet und zu vernichten.
Schließlich stünden auf dieser Liste auch honorige Persönlichkeiten wie ÄrztInnen, Journalisten, Rechtsanwälte uva.

Ebenfalls auf dieser Liste befindet sich die Göttinger Ehrenbürgerin Else Bräutigam, anfang der 80iger Ratsfrau für die Alternativ-Grüne-Initiativen-Liste (AGIL), seit ihrem dritten Lebensjahr behindert und an den Rollstuhl gefesselt. Gerade ihre Rehabilitierung liege Bräutigam und seiner Fraktion "sehr am Herzen", so Ungerer, der forderte, die Liste endgültig zu schließen und zu vernichten. Dem mochte sich Andre Utermöhlen (SPD) nicht vorbehaltsios anschließen: seine Fraktion hatte einen Ersatzantrag erarbeitet, der den niedersächsischen Landtag zwar auffordert, die Liste zu vernichten, die Hand ins Feuer legen möchte die SPD-Fraktion aber nur für die ,,Ehre" der verdächtigten Else Bräutigam. Wie zu erwarten, sahen Werner Freiberg, Vorsitzender der CDU-Fraktion, und Robert Wand von der Freien Wähler-Gemeinschaft (EWG) das ganz anders. Solange Bundesgerichtshof (BGH) und der Generalbundesanwalt (GBA) in Karlsruhe das Verfahren als ,,ernsthafte wichtige Angelegenheit" nicht einstellten, sei der Rat der Stadt Göttingen nicht zuständig. Daher könnten CDU und FWG auch nicht der Forderung nach der Rehabilitierung der ,,engagierten Ratsfrau" Bräutigam zustimmen. Nach einem erstaunlich couragiertem Statement des juristisch versierteren Rainer Kallmann zogen GAL/Die Grünen ihren Antrag zurück, womit alleine der SPD-Entwurf zur Disposition stand. Der wurde erwartungsgemäß mit Enthaltungen von FDP, CDU und FWG in dieser Form angenommen und fordert die Vernichtung der Liste und die Rehabilitierung von Else Bräutigam.

Ehre? Wessen Ehre? Die Stadt Göttingen befindet sich in der Klemme: eine der EhrenbürgerInnen, die als Portrait im großen Saal des Neuen Rathauses bei den Ratssitzungen präsent ist, steht auf der Liste derjenigen, die verdächtigt werden, in der Vergangenneit dem linksautonomen Spektrum der Göttinger Szene angehört zuhaben. Und die Ehrenbürgerin Bräutigam war zudem Anfang der 8Oiger Jahre auch noch Ratsfrau - eine ehemalige Kollegin sozusagen. Wäre sie das alles nicht, wäre es wahrscheinlich auch dem Rat der Stadt Göttingen völlig egal, wie die Liste der Göttiger Dauerverdächtigen zustande kam und wie weiterhin mit ihr gearbeitet werden wird. Bei der Fraktion von GAL/Die Grünen weckt es vielleicht ein wenig Erinnerung an ,,alte Zeiten", als auch Mitglieder der jetzigen Partei in der Spudok-Kartei Nr.74 geführt wurden. Doch zuerst muß man sich in vorauseilendem Gehorsam abgrenzen gegenüber denjenigen, die den Anschlag aufs Arbeitsamt verübt haben, obwohl die ,,Autonomen Göttingen" mit der Liste nichts zu tun haben. Was mit der Möglichkeit, ehemalige Spudok-Kartei-Registrierte würden in aktuellen Verfahren weiterhin verdächtigt, öffentlichkeitswirksam durch die Medien geisterte, wird sich ähnlich auch bei zukünftigen Verfahren fortsetzen. Denn nicht zuletzt befinden sich auch die "der redaktionellen Herstellung der göttinger Drucksache" Verdächtigten auf dieser Ermittlungs-Liste. So schnell kann man von eingestellten Verfahren wegen ,,öffentlicher Aufforderung zu Straftaten" und ,Verstoß gegen das nds. Pressegesetz" zu Verdächtigen in 129-Verfahren werden. dass z.B. diese ,,üblichen Verdächtigen" und die 94 Anderen der Fraktion von GAL/Die Grünen scheißegal sind, haben sie dadurch bewiesen, dass sie ihre ursprüngliche Erklärung zugunsten des sozialdemokratisch noch mehr verwässerten Antrages zurückgezogen haben. Denn die ,,Ehre", die hier angeblich gerettet werden sollte, ist die der Stadt Göttingen. Den 104 anderen Personen kann das gleichgültig sein für sie wird sich auch weiterhin nichts ändern."

* * *

Nachtrag der goest-Redaktion
else_grab.JPG (23825 Byte)
foto: goest

 

Else Bräutigam ist 2001 gestorben und liegt neben Werner Heisenberg und Otto Hahn als Ehrenbürgerin begraben auf dem Bereich EhrenbürgerInnen des Friedhofes in der Kasseler Landstr./Göttingen

 

Polizeiliche Spitzel in der Anti-AKW-Bewegung

13.2.14 /(...) 2001 war das AntiAtomPlenum in Göttingen selbst von einer Spitzelüberwachung betroffen. Die Staatsmacht wollte mit allen Mitteln wissen, was die Antiatomszene so trieb. Der verdeckte Ermittler Axel Brinker (alias "Axel John Phillips") war ein gutes Jahr bei Treffen und Aktionen aktiv dabei, bis er enttarnt wurde. (...) " wird berichtet, er habe dem Antiatomplenum seinen Wagen und seine Kamera zur Verfügung gestellt.
Die mögliche Unterwanderung von Strukturen, Gruppen und Freundschaften zerstört Vertrauen, sorgt für Misstrauen und Verdächtigungen und sabotiert so soziale Bewegungen.
(...) Dabei nehmen sie und ihre Vorgesetzten größte Verletzungen der Privatsphäre in Kauf, ja verursachen sie erst! (...) Unsere Solidarität gehört darum voll und ganz den Betroffenen von Spitzelobservationen! (...) Wir wünschen den Betroffenen, dass sie gestärkt aus dem Spitzelfall hervorgehen und ihre politische Arbeit fortsetzen, ohne sich einschüchtern zu lassen.(...)"
[Auszüge aus derErklärung des AAP Göttingen, 13.2.14 ]

*** In der >>Dokumentation über den Fall Axel Brinker (alias "Axel John Phillips") heisst es u.a. "In Göttingen ist Mitte der 90er Jahre ebenfalls eine Sonderkommission des LKA zum Bereich Anti-Atom eingesetzt worden, und es kann davon ausgegangen werden, dass die Arbeit kontinuierlich fortgesetzt wird."

"Ende 2013 wurde in Braunschweig der Spitzel >>Ralf Gross enttarnt, der seit eineinhalb Jahren lokale linke Strukturen, vor allem aus der Tierbefreiungsbewegung, ausforschte. Neben dem teilweise militanten Widerstand gegen Schlachtfabriken war er auch an Antiatom-, Antifa- und Antirepressionsstrukturen interessiert. Inzwischen scheint sicher zu sein, dass das LKA Niedersachsen ihn als inoffizieller Mitarbeiter beauftragt hatte.

2006: Verfassungsschutz sucht Spitzel für Göttinger Anti-Atom-Szene
Erklärung des Anti-Atomplenum Göttingen vom 4.5.2006 :

"Verfassungsschutz sucht Mitarbeiter in Göttinger Anti-Atom-Szene

Zum wiederholten Mal ist die Göttinger Anti-Atom-Bewegung Ziel äußerst fragwürdiger staatlicher Überwachungsmaßnahmen.
Ein 22jähriger Medizinstudent erhielt am 23.Februar 2006 einen Anruf vom Niedersächsischen Landesamt für Verfassungsschutz. Der VS-Beamte unterbreitete dem völlig überraschten Studenten ein ungewöhnliches Jobangebot mit monatlichem Gehalt und "Aufstiegschancen". Einzige Aufgabe: Er solle "den extremen Flügel des Göttinger Anti-AKW-Spektrums" ausspionieren. Um welchen Personenkreis es sich konkret handele, wollte der Verfassungsschutzbeamte bei einem Vier-Augen-Gespräch erläutern. Dazu kam es nicht. Der Medizinstudent lehnte das unmoralische Angebot ab.
Aufmerksam geworden war der Verfassungsschutz auf den 22Jährigen, weil dieser sich zuvor über eine private Arbeitsvermittlungsagentur um einen Ferienjob beim AKW Krümmel bewarb. Die Bewerbungsunterlagen waren zwecks Sicherheitsüberprüfung ans Niedersächsische Landeskriminalamt weitergeleitet worden und offenbar von dort ans Landesamt für Verfassungsschutz gelangt.
Ein "extremer Flügel des AKW-Spektrums" ist in Göttingen nicht bekannt. Die einzige offizielle Gruppe, die in Göttingen seit 11 Jahren Anti-Atom-Politik betreibt, ist das sich öffentlich treffende AntiAtomPlenum (AAP). Es war in den letzten Jahren mehrfach im Visier des Staatsschutzes:- 2000 bis 2001 hatte ein LKA-Beamter aus Hannover unter falschem Namen und mit falschen Papieren ein Jahr lang bei AntiAtomPlenum mitgearbeitet. Polizeilich verwertbares Material war offenbar nicht daraus hervorgegangen.*2
- Unregelmäßig beobachten auch zivile Göttinger Polizisten Treffen und Veranstaltungen des AAP, zuletzt bemerkt am 28.2005. *3
-Besonderes öffentliches Aufsehen erregt hat der Observationsskandal von Nov.2004. Zwei Wochen lang wurde ein 25-jähriger Physikstudent und Atomkraftgegner auf Schritt und Tritt vom LKA observiert und sein Telefon abgehört, ohne dass ein konkreter Verdacht gegen ihn vorlag. Zumindest die Abhörmaßnahmen waren rechtswidrig, wie das Landgericht Göttingen feststellte. Weitere Klagen gegen die Observation sind noch gerichtsanhängig und werden evtl. in diesem Jahr auch noch das Bundesverfassungsgericht beschäftigen.*4
- Dass sich auch der Verfassungsschutz bereits seit Jahren mit der Göttinger Anti-Atom-Szene beschäftigt, belegt eine Anfrage eines Atomkraftgegners : Gesammelt wurden über ihn Daten über Teilnahmen an Vortragsveranstaltungen und Kundgebungen, sowie über seine Kandidatur zum Studierendenparlament.*5 Dem VS geht es also um die komplette Überwachung politisch unliebsamer Personen und keineswegs nur um
extremistische Aktivitäten. - Daten gleicher "Qualität" (Teilnahme an Versammlungen und Vorträgen, Anmeldung von Infoständen) sind über Atomkraftgegner auch bei der Polizeidirektion Göttingen bekannt. *6
Das AntiAtomPlenum ist über den neuerliche Anwerbeversuch des VS empört:"Wenn ein ahnungsloser Arbeitssuchender unvermutet so ein Angebot erhält, ist das eine massive psychologische Belastung für ihn - immerhin fordert ihn der Staat dazu auf, in seinem eigenen Freundes- oder Bekanntenkreis herumzuspionieren. Er begibt sich außerdem in ein heikles Abhängigkeitsverhältnis, aus dem er nicht so ohne Weiteres wieder aussteigen kann. Wir können nur Jedem dringend raten, sich auch in einer finanziellen Notlage nicht zum Informellen Mitarbeiter zwielichtiger Organisationen machen zu lassen.Eine psychologische Belastung ist das Vorgehen des VS auch für jeden politisch kritisch denkenden Menschen. Ihm soll suggeriert werden, Niemandem in seinem Bekanntenkreis mehr trauen zu können. Es drängt sich der Verdacht auf, dass der jüngste Anwerbeversuch nur die Spitze des Eisberges staatlicher Überwachung ist."


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*1 Dem AAP sind Namen und Anschrift des Betroffenen bekannt. Er steht für weitere Nachfragen zur Verfügung. Ein detailliertes Gedächtnisprotokoll des Anwerbeversuchs kann eingesehen werden.
*2 (Richtiger) Name des verdeckten LKA-Ermittlers ist bekannt.
Für weitere Details steht das AAP zur Verfügung
*3 Namen und Dienstgrad mehrerer Beamter sind dem AAP bekannt.
*4 Für weitere Details zu den laufenden Beschwerdeverfahren steht das AAP zur Verfügung
*5 Die schriftliche Mitteilung über gespeicherte Daten des Niedersächsischen Verfassungsschutzes können auf Anfrage eingesehen werden
*6 Die Mitteilungen der Göttinger Polizei über gespeicherte Daten können auf Anfrage eingesehen werden.
-- AntiAtomPlenum Göttingen c/o Buchladen "Rote Straße" Nikolaikirchhof 7,

2007 Atomkraftgegner aus geringem Anlass umfassend überwacht

28.9.07 / Die Klage eines Göttinger Atomkraftgegners gegen eine Polizeiobservation wird erstmalig am 2. Oktober um 9:30 Uhr vor dem Verwaltungsgericht Göttingen verhandelt.

LKA-Beamte hatten den Göttinger Physikstudenten Daniel H. (27) im Vorfeld des Castortransports 2004 zwei Wochen lang auf Schritt und Tritt verfolgt, dabei auch Informationen über die mit ihm in Kontakt stehenden Personen gesammelt, Videoaufnahmen gemacht und am Auto eines Bekannten einen Peilsender angebracht.
Schon 2005 hatte der betroffene Student mit Erfolg gegen das polizeiliche Abhören seines Telefons geklagt – das Bundesverfassungsgericht hatte den zugrunde liegenden Paragrafen des niedersächsischen Polizeigesetzes für rechtswidrig erklärt. (§33a Nds. SOG, Az. 1 BvR 668/04) Die nun zu verhandelnde Klage betrifft zwei weitere Stellen des Gesetzes, das die vorbeugende längerfristige Observation regelt. (§§34 und 35 Nds. SOG) In diesem Fall wurde die verdeckte Observation damit begründet, dass sie die einzige Möglichkeit wäre, angeblich geplanten militanten Castor-Blockaden auf die Schliche zu kommen. Weder Observation noch Telefonüberwachung erbrachten allerdings Erkenntnisse in dieser Richtung. Bei der Klage geht es nicht nur um die unangemessene Anwendung des Polizeigesetzes, vielmehr wird das umstrittene Gesetz selbst zum Gegenstand der Verhandlung.

Anwalt Johannes Hentschel attestiert dem Gesetzestext Beliebigkeit, Unverhältnismäßigkeit sowie mangelnde Normenklarheit und -bestimmtheit. Darüber hinaus überschreite das Gesetz die Kompetenz des Landes und sei somit rechtswidrig. Der sehr vage formulierte Paragraf 34 Nds. SOG ermöglicht die Vorfeldüberwachung von Personen, bei denen „Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden“, also noch kein konkreter Verdacht besteht. In seiner Unbestimmtheit ermöglicht das Gesetz im Grunde die Überwachung jedes Menschen.
(...) Die Überwachung von Verdächtigen und deren Kontaktpersonen berührt den Kernbereich privater Lebensgestaltung und beeinträchtigt die unbefangene Meinungsäußerung und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die vage „Annahme, jemand könne in Zukunft eine Schienen-Blockade beabsichtigen“, rechtfertigt den Einsatz einer langfristigen Observation nicht! (...)
Die Polizeidirektion Göttingen gibt als Begründung der Observation an, der Verdächtige habe als Mitglied des Göttinger AntiAtomPlenums zu militanten Castor-Blockaden aufgerufen. Außerdem wird er – entgegen anders lautendem Gerichtsentscheid – bezichtigt, 2003 Urheber einer Castor-Schienenblockade aus Regenschirmen gewesen zu sein. (Das „Regenschirm-Verfahren“ wurde auf Betreiben von Staatsanwaltschaft und Gericht nach §153 StPO eingestellt, da er mit der Barrikade nicht in Verbindung gebracht werden konnte.) (...) Der Erörterungstermin am 2. Oktober um 9:30 Uhr im Verwaltungsgericht könnte der Auftakt zu einem langwierigen Prozess werden und mit einem Verfassungsgerichtsurteil enden. Deutliche Tendenzen können jedoch schon am diesem 1. Verhandlungstag sichtbar werden.

Presserklärung AntiAtomPlenum 6.10.05
Rechtswidrige Überwachungsmaßnahmen wurden fortgesetzt

Ungeachtet des Skandals um die Observation des Physikstudenten Daniel H. setzt die Göttinger Polizei ihre Überwachungsmaßnahmen gegen die lokale Anti-Atom-Szene fort. Wie eine Anfrage bei der Datenschutzstelle der Polizeidirektion Göttingen ergab, war der im November 2004 betroffene Daniel H. auch noch Monate nach der inzwischen als rechtswidrig eingestuften Maßnahme im Visier verdeckter Ermittler. So sind seine Daten z.B. bei drei nicht näher genannten Versammlungen im Januar, April und Mai 2005 gespeichert worden, ohne dass er dies mitbekommen hatte. Am 2.Mai war er zudem als Besucher einer "Veranstaltung" registriert worden. Auch das Göttinger Anti-Atom-Plenum (AAP)ist wieder von Bespitzelung betroffen. Teilnehmer der wöchentlichen Sitzungen des AAP identifizierten am 28.Sept. mindestens zwei zivile Polizeibeamte, die aus 50 bzw. 100 Meter Entfernung den Eingang zum Versammlungsort eine halbe Stunde lang beobachteten. Schon im Zusammenhang mit der Observation 2004 war das öffentliche Treffen regelmäßig unter Beobachtung. über jeden mutmaßlichen Teilnehmer wurde in der Polizeiakte eine Personenbeschreibung erstellt. Das AAP wurde damals von Polizei und Amtsgericht als militant eingestuft wegen eines Party-Plakates, auf dem Autoreifen und Regenschirme abgebildet waren und wegen der Ankündigung, der Castor möge "im Göttinger Widerstandsdschungel gnadenlos stecken bleiben". Das Anti-Atom-Plenum fühlt sich von der penetranten Bespitzelung langsam genervt und belästigt. "Die Göttinger Polizei sollte sich daran gewöhnen, dass sich im Anti-Atom-Plenum seit zehn Jahren ganz legal und öffentlich AtomkraftgegnerInnen treffen und dass Protest gegen die Nutzung der Atomenergie legitim und notwendig ist. Wir fordern eine Offenlegung, in welchem Umfang und auf welcher Grundlage gegen das Anti-Atom-Plenum Ermittlungen laufen!


Mit GPS-Sendern und Lauschangriff gegen Castor-Gegner
14.7.05 / "Bei der Informationsveranstaltung am 14.7.05 im DGB-Haus Göttingen schilderte ein Atomkraftgegner, wie er 2 Wochen lang vom LKA observiert und abgehört wurde. Teilgenommen hatten außerdem sein Anwalt Johannes Hentschel, ein Sprecher des AntiAtomPlenums Göttingen, eine Vertreterin der Roten Hilfe sowie des Komitees für Grundrechte und Demokratie (Köln). Der Physikstudent wurde laut Observationsakte verfolgt, sein Telefon wurde abgehört und am Auto eines Bekannten wurde ein GPS-Sender angebracht. Da wird mit den fadenscheinigsten Begründungen eine Erlaubnis zum Abhören erreicht Auch recht weit hergeholt sei die Begründung für die Überwachung gewesen. So habe im Wesentlichen ein einhellig eingestelltes Ermittlungsverfahren, die vermutete Mitgliedschaft im AntiAtomPlenum und ein ihm zugeschriebenes Party-Plakat für diesen schweren Eingriff in die Privatsphäre gereicht. Der Rechtsanwalt des Betroffenen zeigte sich zuversichtlich, dass das am Landgericht Göttingen eingereichte Beschwerdeverfahren gegen die Telekommunikationsüberwachung Erfolg haben werde. Außerdem sei bereits eine von diesem Fall unabhängige Klage gegen den hier angewandten Paragrafen §33a Nds. SOG am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anhängig, die vermutlich auch gewonnen werde. Dieser Paragraf erlaube es, präventiv und ohne konkreten Verdacht Personen auszuforschen und in ihren privaten Lebensbereich einzudringen. Die Vertreterin des Komitees für Grundrechte und Demokratie verwies auf die seit dem 11.9.2001 fortschreitende Verlagerung der Polizeikompetenzen weg von Strafverfolgungen hin zu präventiven Maßnahmen. Die dadurch immer weiter anschwellenden Datensammlungen beruhten meist nur auf einer "falschen" Gesinnung oder Gruppenzugehörigkeit. Die ehemals rechtsstaatliche Unschuldsvermutung werde umgekehrt - jeder ist solange verdächtig bis seine Unschuld bewiesen ist. Die Rote Hilfe wertete das 2003 in Niedersachsen geänderte neue Polizeigesetz vor allem als willkürliches Ordnungsmittel gegen unliebsame Personen und linkspolitische Gruppen."
(Quelle: http://www.graswurzel.net/news/atom-goe.shtml)

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Staatsschutz gegen goest

Vorab danken wir allen, die uns gezeigt haben, dass sie es für wert erachten, goest gegen die Nerverei mit dieser "Staatsschutzsache" zu unterstützen.

Das absurde Verfahren wurde eingestellt .....aber .... es diente auch nur zum Sammeln von Informationen

9.11.2009 / Das Ermittlungsverfahren gegen GOEST, so wurde vom zuständigen Staatsanwalt Heimgärtner ohne weitere Erklärung mitgeteilt, sei eingestellt worden. Jede andere Entscheidung wäre aber auch ein weiterer Skandal gewesen.

Der erste Skandal war, dass die Schreiberin eines rassistisch aufgeladenen Briefes nicht wegen übler Nachrede angezeigt wurde, obwohl der Brief einem Kriminaloberkommissar (KOK) Frey, Staatsanwalt Heimgärtner, den Bundestagsabgeordneten Hartwig Fischer, Thomas Oppermann und Jürgen Trittin sowie Oberbürgermeister Meyer bekannt gemacht worden war. Stattdessen wurde von KOK Frey gegen den Verantwortlichen von GOEST, G. Schäfer ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Als Grund dafür wurde genannt: GOEST habe darauf hingewiesen, dass ein Brief mit rassistisch aufgeladenem Inhalt den Konflikt im Blümchenviertel anheizen könnte. Der Name der Briefeschreiberin war von goest nicht erwähnt worden - wer also sollte beleidigt worden sein?

Nun ist also das Verfahren gegen GOEST nach § 170 Abs. 2 STPO eingestellt worden. Aber das Hauptproblem, das an diesem ganzen Fall wieder einmal sichtbar wird, bleibt weiterhin bestehen: es ist die Existenz einer Polizeiabteilung, die speziell für das systematische Sammeln von Daten "politisch Verdächtiger" zuständig ist.

1981 wurde in Göttingen die Existenz des Spurendokumentationssystems SPUDOK bekannt. Ein Dateinesystem in dem alle möglichen zufällig und zielgerichtetet erhobenen Daten zum Zwecke der Durchleuchtung der politischen Szene und einzelner Personen gespeichert wurden. Dazu meinte Prof. Benda, der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichtes: SPUDOK, als eine "Sammlung von Daten auf Vorrat, nur in der Hoffnung, man könne sie möglicherweise in Zukunft irgendwie einmal für nützliche Zwecke verwenden" ist unzulässig (> Quelle: Bundestag).

Der Polizeiliche Staatsschutz in Göttingen darf also (eigentlich) nicht wahllos Daten über Personen sammeln. Nur fragt sich, wie das kontrolliert werden kann. Hier müßten im Niedersächsischen Polizeigesetz Schranken und Kontrollen vorgeschrieben werden, worauf man aber kaum hoffen sollte, man braucht sich nur das z.Zt. gültige >>Landespolizeigesetz anzuschauen. Als einzige Maßnahme bleibt jeweils eine Verfassungsklage, um die aus der Spur gelaufene Polizei zurückzupfeifen.

Wegen des Verbots von Vorratsdatensammlungen ist dem polizeilichen Staatsschutz eine Anzeige stets willkommen, weil dann Daten im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gesammelt werden können. Deshalb sind selbst die absurdesten Anzeigen für die Staatsschutz-Abteilung hilfreich. Denn wenn sie auch keinerlei Aussicht auf die Eröffnung eines Verfahrens oder eine Verurteilung haben, so können sie doch als Rechtfertigung für ein Ermittlungsverfahren dienen, in dessen Rahmen dann Daten gesammelt werden. Dieses Hintertürchen zur Legitimation der Vorratsdatensammlung muß geschlossen werden. Es darf nicht sein, dass innerhalb der Polizei Instanzen entstehen, die ganz nach Belieben geringste, meist unhaltbare Anlässe benutzen, um politisch unliebsame Personen auszuspähen, abzuhören, auszuforschen und über lange Zeit hinweg Daten über diese Personen zu sammeln. (Einige Fälle der jüngsten Vergangenheit sind z.B. die Observation eines Atomkraftgegners oder die >Hausdurchsuchungen in der Geismar Landstr.)

Wenn eine absurde Beleidigungsanzeige gegen GOEST zum Anlass für ein Ermittlungsverfahren genommen wurde, war möglicherweise die Gelegenheit gerne wahrgenommen worden, im Bereich eines unbequemen Internetmagazins Hintergründe auszuforschen. Ob es dabei zu einem Strafverfahren käme oder nicht mag für die Ermittler nur zweitrangig gewesen sein, denn während der Ermittlung fallen auf jeden Fall Daten an, die ja vielleicht irgendwann mal interessant sein könnten.

Nach der Einstellung des Verfahrens gibt es offensichtlich keine reale Chance, die Polizei zur Offenlegung ihrer Ermittlungsmethoden und Ergebnisse, sowie zur Löschung der erhobenen Daten zu zwingen. Ja es gibt nicht einmal die Gewissheit, dass die Polizei die Ermittlungen einstellt, nachdem das Verfahren seitens der Staatsanwaltschaft eingestellt worden ist. (Siehe dazu den Artikel über die Weiterermittlung gegen einen Atomkraftgegner nach Einstellung des Verfahrens)

Mit geheimen polizeilichen Instanzen, die Datensammlungen über politische Dissidenten anhäufen sind in der Deutschen Geschichte üble Erfahrungen gemacht worden. Ein Staatsschutz, der seine Aktivitäten beliebig in einem kaum kontrollierten Bereich ausweiten kann, ist wohl eher selbst eine Gefahr. Man müßte Meinungs- und Pressefreiheit vor diesem "Staatsschutz" schützen.

Erklärung der GOEST-Redaktion 27.9.09

Liebe Leserinnen und Leser !

Vor einer Beleidigungsanzeige ist man in der Medienarbeit nicht gefeit. In den 10 Jahren des Bestehens von GOEST ist es bislang nicht vorgekommen. Nun aber liegt eine Anzeige wegen Beleidigung gegen den presserechtlich Verantwortlichen von GOEST vor. Es geht um den Artikel über Fremdenfeindlichkeit im Blümchenviertel. In diesem Artikel steht u.a. , dass ein Beschwerdebrief "rassistisch aufgeladen" gewesen sei. Wie inzwischen zu erfahren war erfolgte die Anzeige wegen dieses Satzes. Soweit zur Beleidigungsanzeige, die ohne Diskussion juristisch hätte abgewickelt werden können.

Anders verhält es sich mit der Tatsache, dass die Ermittlung in dieser Angelegenheit von der >>Abteilung Staatsschutz (!) der Göttinger Kriminalpolizei übernommen wurde. Dadurch wird der Vorgang "Beleidigungsvorwurf" mit dem Etikett "Staatsschutzdelikt" und "politisch motivierte Straftat" versehen.

Staatsschutz: "Die Staatsschutzabteilung der Polizei beschäftigt sich mit "politisch motivierten Straftaten" , durch politisch motivierte Straftaten werden nicht nur regelmäßig Rechtsgüter von höchstem Wert verletzt, sondern auch die demokratischen Grundlagen des Gemeinwesens bedroht." und "Höchsten Stellenwert misst die Bundesregierung der Bekämpfung des Extremismus zu. Sie setzt hier einen wesentlichen innenpolitischen Schwerpunkt, weil Intoleranz, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit das innere Gleichgewicht einer demokratischen Gesellschaft stören." (Zitat Bundesinnenministerium)

Wir gingen bisher davon aus, dass die grundgesetzlich garantierte Presse- und Meinungsfreiheit ein kritisches Internetmagazin wie GOEST vor der Einordnung unter "politische Straftat" schützt; auch und gerade dann, wenn es kritisch über ein Thema wie "Fremdenfeindlichkeit" berichtet. Anscheinend kann die Polizei hier jedoch willkürlich einordnen. Wir meinen: Der Polizei darf es nicht überlassen werden, in beliebiger Weise "Staatsgegner" zu definieren, um sie dann eventuell als Staatsfeinde zu behandeln.

Wenn eine Beleidigungsanzeige ausreicht, damit der Staatsschutz tätig wird, was kann dann noch alles zur Staatsschutzsache erklärt werden? Reicht es aus, wenn der Staatsschutz eine mißliebige politische Einstellung vermutet? Demokratie wäre das nicht mehr!

27.9.09

Am 14.10. erhielten wir eine Solidaritätserklärung von >> "Schöner Leben" für die sich die GOEST-Redaktion herzlich bedankt und die wir im folgenden dokumentieren:

Solidaritätserklärung für www.goest.de
Kritische Medien schützen
– Schluss mit den Zensurversuchen durch die Polizei

Wo die Argumente nicht reichen, sollen immer häufiger polizeiliche Kriminalisierung und Anzeigen von Privatleuten kritische Stimmen zum Schweigen bringen. Besonders engagiert in der Verfolgung vermeintlich Andersdenkender ist naturgemäß das Staatschutzkommissariat der Göttinger Polizei. Jetzt haben die Schlapphüte auch das nichtkommerzielle Online-Magazin Göttinger Stadtinfo (www.goest.de) ins Visier genommen. Ihre papierdünne Handlungsgrundlage ist die Beleidigungsanzeige einer Göttingerin.

Was ist passiert: Goest macht nach einem anonymen Hinweis publik, dass die Stadt – angeregt durch einen Beschwerdebrief – im Blümchenviertel zu einem "Bürgergespräch" einlädt. Es soll über den Umgang mit den dort untergebrachten Roma verhandelt werden. Auf dem Podium vertreten sind die Sozialdezernentin Schlapeit-Beck, städtische Bedienstete, die Polizei, der Zoll und ein privater Sicherheitsdienst. Nicht geladen sind hingegen die Betroffenen und der Integrationsbeauftragte der Stadt. Durch die Nachricht bei Goest informiert, findet sich auch eine Gruppe ein, die die rassistische Ausgrenzungslogik skandalisiert. Weil der Geräuschpegel schnell anschwillt, wird die Veranstaltung nach kurzer Zeit beendet. In der Folge tritt die Autorin des Beschwerdebriefs mit einer Beleidigungsanzeige nach, angeblich weil ihr Brief von Goest als "rassistisch aufgeladen" bezeichnet wird. Bei der Polizei landet die Anzeige nicht in dem sonst üblichen Fachkommissariat, sondern der Staatsschutz (4. Fachkommissariat) zieht die Ermittlungen an sich. Offenbar freut man sich dort über die Gelegenheit, das kritische Online-Magazin mit seiner beachtlichen Leserschaft unter Druck setzen und auskundschaften zu können. Denn bei Goest geht es nicht nur um Kultur, Stadtleben und lokale Politik – auch über außerparlamentarische Bewegungen und die Aktivitäten der linken Szene wird berichtet.

Es ist nicht zu fassen, dass sich die Weststädterin gleich zwei Mal – gegen die NachbarInnen und gegen Goest – für die denunziatorische Anrufung der Obrigkeit entscheidet, statt eine Auseinandersetzung auf Augenhöhe zu suchen. Der Beleidigungsvorwurf entbehrt jeder Grundlage, weil es in dem Goest-Artikel nicht um die Autorin geht, sondern um den Inhalt ihres Briefes. Solche Äußerungen nach eigener Einschätzung zu beurteilen und dies auch kund zu tun, ist eine elementare politische Freiheit. Die Göttinger Polizei will von den stets propagierten demokratischen Freiheiten allerdings einmal mehr nichts wissen und versucht Kritik zu verbieten und Pressefreiheit einzuschränken.

Mit den Ermittlungen kann die Behörde pikanterweise auch ein ganz eigenes Interesse verfolgen. Denn die Polizei steckt mit ihren "Maßnahmen" tief im rassistischen Sumpf der deutschen Gesellschaft und will sich dem Protest dagegen gerne entledigen. Die Polizei ist es, die plant demnächst hunderte Menschen aus Göttingen – eben jene in dem Brief denunzierten BürgerInnen im Blümchenviertel – in Abschiebehaft zu nehmen. Um die Verhaftungen durchzuführen, werden die BeamtInnen im Morgengrauen im Kampfanzug in Wohnungen eindringen, Gewalt androhen und anwenden, alle Verzweiflung ignorieren, Kinder in Haft nehmen und Familien trennen. Die Mitgenommenen werden in Armut, Elend und ohne Lebensgrundlage an einem ihnen unbekannten Ort ausgesetzt. So etwas passiert täglich. Wen es treffen kann, entscheidet alleine der Pass. Es ist offensichtlich, dass solche Abschiebungen eine legale Form des Rassismus sind, Freiheit und Menschlichkeit werden mit Füßen getreten. Für die Polizeiführung und die beteiligten PolizistInnen stehen aber Befehlshörigkeit und Dienstbeflissenheit über allem. Deshalb nutzt sie Anzeigen von Privatleuten oder regen sie immer öfter selbst an. Kritische Öffentlichkeit soll kriminalisiert oder zumindest eingeschüchtert werden. Der Ermittlungseifer ist in diesem Fall ebenso wenig Zufall wie in vielen anderen Fällen politischer Repression, bei denen aus läppischen Vorgängen anzeigefähige Straftaten konstruiert werden. Das Ermittlungsverfahren gegen Goest zeigt, was der Staatsschutz wirklich schützen will. Es ist weder die Anzeigende noch eine freie Gesellschaft.

Keine Ermittlungen gegen Goest!
Gegen Zensur und Polizeigewalt!
Abschiebungen stoppen, Rassismus markieren!

Schöner Leben Göttingen, 9. Oktober 2009
Kontakt: post@schoener-leben-goettingen.de
Adresse: c/o Buchladen Rote Straße Nikolaikirchhof 7 37073 Göttingen E-Mail: post@schoener-leben-goettingen.de Internet: www.schoener-leben-goettingen.de

Pressemitteilung von Gerd Nier
(Bundestagskandidat der Partei DieLinke) am 17.9.09
Zur Strafanzeige gegen einen Göttinger Journalisten und der Eingruppierung als Delikt für den Staatsschutz

"So langsam wird es unerträglich. Wofür soll unsere Justiz denn noch missbraucht werden? Mit Erschrecken musste ich von der Strafanzeige gegen einen Göttinger Journalisten Kenntnis nehmen, der kritisch über eine Veranstaltung im Rosenwinkel mit Asylbewerberfamilien und Anwohner/innenberichtet hat. Mehr noch verwundert und empört mich die Tatsache, dass diese Anzeige anscheinend vom Kommissariat 4 behandelt wird, das allgemein als Kommissariat für Staatsschutzangelegenheiten bekannt ist. Dieser Vorgang sollte m.E. nicht einfach übergangen werden. Man darf sich nicht daran gewöhnen. Auch wenn es schon fast zum Normalzustand geworden ist, dass der Landtagsabgeordnete der LINKEN Patrick Humke-Focks ins Zielfeuer von Polizei und Justizbehörden geraten ist und mit immer neuen Verfahren überhäuft wird, muss man sich die aus meiner Sicht teilweise absurden Vorwürfe und vorgeschobenen Anlässe immer wieder verdeutlichen. Dass sich jetzt aber auch das Fachkommissariat 4 (zuständig für Staatsschutzdelikte und politisch motivierte Straftaten) einer Strafanzeige gegen einen Journalisten wegen angeblicher Beleidigung und übler Nachrede annimmt, macht mehr als bedenklich. Ein Bericht des Online Magazins goest (Göttinger Stadtinfo) über deutlich rassistische Äußerungen während einer Versammlung von Asylbewerberfamilien und Anwohner/innen im Rosenwinkel genügt anscheinend schon, für eine Eingruppierung als mögliches "Staatschutzdelikt". Das kann doch nicht ernsthaft im Interesse unserer freiheitlichen Grundordnung, der Pressefreiheit und selbst den vermeintlichen Anliegen des Staatschutzes liegen."