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Politische Nutzung des Internet

Das Netz: Kybernokratische Goldgrube oder Datenmüll
Politische Verortung des Internet

> Infodienst COMPUTER&MEDIEN
> Bündnis gegen Sozialabbau
> Diskussion über "Die Digitale Stadt"

 

Göttingen Facebookfreie Zone?

8.2.13 / Drucksache-Artikel: "Schließt Eure Facebook-Accounts"
1996 haben wir bei einer Diskussion im T-Keller (siehe zwei >Berichte von damals) über die Nutzung von Computernetzen festgestellt, dass die Verwendung als Organisationsmittel und Diskussionsplattform problematisch ist, weil dadurch Kenntnisse über personelle Strukturen und persönliche Eigenarten viel leichter, d.h. mit weniger Arbeitsaufwand von den Feinden freier politischer Betätigung zentral erfasst und ausgewertet werden können.
2013 schreiben die AutorInnen des >>Artikels "Plötzlich plappern Anna und Arthur" auf nadir.org - und in der Göttinger Drucksache: "Wir fordern mit allem Nachdruck alle auf: Schließt Eure Facebook-Accounts! Ihr gefährdet andere!". Im Text heisst es u.a.: "Mit der Benutzung von Facebook machen Linke nicht nur ihre eigene Kommunikation, Meinung, „Likes“ usw. transparent und prozessierbar. Sondern, und dies halten wir für weit folgenreicher, es werden linke Strukturen und Einzelpersonen, die selbst mit Facebook wenig oder gar nichts zu tun haben, aufgedeckt. Die Mächtigkeit Facebooks, das Netz nach Relationen, Ähnlichkeiten usw. zu durchsuchen, ist für Laien kaum vorstellbar: Mit dem Plappern auf Facebook werden für Behörden und Konzerne politische Strukturen reproduziert. Diese können dann bequem nach bestimmten Fragen durchsucht, geordnet und aggregiert werden, um präzise Aussagen nicht nur über soziale Relationen, wichtige Personen in der Mitte usw. zu produzieren, sondern auch auf der Zeitachse bestimmte Prognosen treffen zu können, die sich aus Regelmäßigkeiten ableiten lassen. Facebook ist die subtilste, billigste und beste Überwachungstechnologie neben Handys!" (>>nadir.org)
Das Problem heutzutage ist jedoch leider: wer z.B. als Schüler/in aus Facebook aussteigt, der/die ist von der wichtigsten Kommunikationwelt der Schule und SchülerInnenwelt abgeschnitten. Man kann auch sagen, dass sich sie beim Ausstieg aus Facebook praktisch nicht mehr existieren im sozialen Leben! Vielleicht ist es in einer mittleren Perspektive sinnvoll Kampagnen zur Beschränkung der Facebookanwendungen, Schulungen in der Anwendung von PGP Verschlüsselungen und Datenschutzanwendungen im Internet- und E-Mail-Verkehr zu entwickeln.
Siehe auch >goest-Seite zum Datenschutz: Vortragsreihe "Sicherheit im Netz" die auf Anfrage sicher gerne vom CCC-Göttingen wiederholt wird.

21.2.13 Software zur Auswertung großer Datenmengen in social media
Für die systematische Auswertung großer Datenmengen aus social media hat die US-Rüstungselektronikfirma Raytheon eine Software namens RIOT entwickelt, die alle "nebenbei" anfallenden Daten wie Standort und Zeit, Fotodaten, usw. auswertet. Das fällt dort in den Geschäftsbereich "Homeland Security" . Bericht des >>Guardian

21.3.13 Gefunden
"Twitter oder Facebook? Aus Gründen des Datenschutzes und der Sicherheit verzichtet Hintergrund ganz bewusst auf das Angebot sozialer Netzwerke.Von Facebook wissen wir, dass es seine Nutzer aktiv ausspäht." >>Hintergrund (Netzzeitung)

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1996: Diskussion im T-Keller über die Netznutzung

Im Folgenden zwei Berichte über eine Diskussionsveranstaltung am 2.9.96 im T-Keller die ebenso wie der Infodienst COMPUTER&MEDIEN, wie die Informationsprojekte im Bündnis gegen Sozialabbau und wie die Diskussion über "Die Digitale Stadt" zur Entstehungsgeschichte von GOEST gehören.

Veranstaltungsbericht
"Das Netz: Kybernokratische Goldgrube oder Datenmüll"

Zur Diskussionsveranstaltung die schließlich den Titel "Das Netz: Kybernokratische Goldgrube oder Datenmüll" bekam und  1996 im T-Keller stattfand, kamen ca. 70 TeilnehmerInnen.

In der Einleitung wurde von den Veranstaltern zunächst einmal auf vergangene Diskussionen der 80er Jahre zurückgeblickt . Damals gab es ausgehend von den Kampagnen gegen Volkszählung und maschinenlesbaren Personalausweis in Göttingen eine Technikdiskussion die von der Position der Technikblockade geprägt war. Z.B. die 1983 von Göttingen ausgehende Kampagne zum exemplarischen Boykott des BTX-Systems betonte die Rationalisierungsfolgen der telekommunikativen Vernetzung (DFÜ), die BTX-BoykottlerInnen prognostizierten 3,5 Millionen Arbeitslose (was niemand glaubte) und Kommerzialisierung jeglicher Kommunikation.

Technikverweigerer an PCs
Inzwischen sitzen viele der ehemaligen Technikverweigerer an privaten PCs, haben Computerjobs oder nutzen die Netze. Der Übergang zu diesem Zustand blieb sprachlos. Da wir, wie damals durchaus erwartet, von der Ausbreitung dieser Techniken in den letzten Jahren überrollt worden sind, stellt sich heute die Frage der Technikverweigerung eher nur noch akademisch, fundamentalistisch aber ohne relevante Breitenwirkung.Terminals und Netze sind Teil dieser Gesellschaft und des Alltags geworden in dem wir leben und sind damit auch eine der Bedingungen unter denen heute politisches Handeln stattfindet. Diese Bedingung kann nicht einfach ignoriert werden, sondern erfordert eine Auseinandersetzung. Die Auseinandersetzung mit der Tatsache der Netze wiederum erfordert eine Kenntnis der technischen Gegebenheiten.

Demokratisches Potential der Technik?
An dieser Stelle wird nun der Rückgriff auf eine Position zwischen Verweigerung und Bejahung aus der damaligen Diskussion möglich. Diese mittlere Position ging davon aus, dass Informations- und Kommunikationsnetze "demokratische Potentiale" in sich tragen, die es zu entfalten gelte. Deshalb sollte an diesem Abend nicht in das starre Gegeneinander der ehemaligen Pro und Contrapositionen verfallen werden, sondern gemeinsam eine politische Verortung des Internet versucht werden.
Die Position Geert Lovinks und Pit Schultz ist geprägt von der Hauptforderung nach dem freien Zugang aller zum Netz und die Freiheit der Betätigung im Netz. Sowohl das von ihm mit ins Leben gerufene Projekt der Digitalen Stadt Amsterdam (DDS) als auch das Projekt der Internationalen Stadt Berlin von Pit Schultz oder das Projekt Mediencafe in Kassel, sowie die Göttinger Mailbox LINK-GOE folgen dem Ideal der herrschaftsfreien Kommunikation.

Politik der Überwachung und Kontrolle begrenzt die Möglichkeiten
Und Geert Lovink blickt vom liberalen Holland auf die deutschen Verhältnisse und gab zusammen mit Pit Schultz seiner Sorge Ausdruck, dass alles was jetzt noch frei und offen im Netz ist, auf deutsche Art unter Kontrolle gebracht werden solle. Inzwischen könne man in Europa Angst bekommen, dass das deutsche Multimediagesetz mit seinem deutschen Ordnungs- und Kontrolldenken zum Vorreiter in Europa und Vorbild für die Staaten Osteuropas werden könnte. In den Niederlanden würde man ja immer wieder gerne dabei helfen, die in Deutschland verbotenen Netzinhalte auf das niederländische Netz zu verlegen, aber es wäre schon traurig, dass die deutsche Öffentlichkeit das in der Vergangenheit nicht selbst geschafft habe. Dabei spielte er auch auf den Fall "radikal" an, wo das Verbot der Zeitschrift "radikal" durch eine Übernahme auf den niederländischen Server Xs4all (access for all) zum politischen Fall im Internet wurde und schließlich international 50 weitere Server die Zeitschrift in ihr Angebot aufnahmen, um damit gegen die Freiheitsbeschränkung im Netz zu protestieren. Außerdem wundere er sich, dass die Leute in Deutschland den Skandal der zu hohen Gebühren für Telefon- und damit Internet-Online-Nutzung so einfach schlucken, statt einen Proteststurm mit Boykott gegen die Telekom zu entfachen. [Im Jahr 2013 kann sich niemand mehr so recht vorstellen wie kostspielig es war, mit einem Modem über die Telefonleitung mit Ferngesprächsgebühren Datenübertragung zu betreiben]

Vorbehalte gegen die Verwendung der Computernetze
Widerspruch gegen die politische Einschätzung des Netzes wurde hinsichtlich seiner Verwendung als Organisationsmittel und seiner besonderen politischen Wirksamkeit als Informationsmittel laut. Gegen die Behauptung, dass es während des Golfkrieges eine andere internationale Reaktion gegeben hätte, wenn das Internet damals bereits umfangreich genutzt worden wäre, wurde eingewandt: Mehr Information beim Golfkrieg, was hätte das gebracht? Die Leute kriegen ihren Hintern auch mit Information nicht hoch, die Information allein reicht nicht aus. - Mag sein, aber Information ist immerhin ein wichtiger Faktor auch wenn sich daraus nicht zwingend politisch handelnde Menschen ergeben.
Als darauf hingewiesen wurde, dass das Netz auch als Organisationsmedium dienen könne und als Beispiel eine lokale Aktion mit 50 Mitgliedsgruppen (Bündnis gegen Sozialabbau / Montagsdemos) erwähnt wurde, wurde dagegen eingewandt, dass man sich auch gegenseitig informieren könne, indem man zueinander hin gehe. Wenn die Leute laufen und sich begegneten, fände auch noch etwas anderes statt als nur Infoaustausch.Die Bedeutung der direkten menschlichen Kommunikation in der persönlichen Begegnung wurde mehrfach betont und als essentieller Bestandteil einer politischen Organisation angesehen.
Man konnte sich leicht darauf einigen, dass eigentlich die Verschränkung der sozialen Strukturen und der Netzkommunikation erforderlich sei. Allerdings wurde auch darauf hingewiesen, dass einige überregionalen oder gar internationalen politischen Organisierungsprozesse gar nicht in dieser idealen Weise das virtuelle und das reale Miteinander verzahnen können, weil die Leute einfach geographisch zu weit auseinander sind und dennoch politisch kooperieren.

Informationsmedium ja - Organisationsmittel nein?
Die Kritik wurde aber auf den Bereich der Verwendung des Netzes als Organisationshilfsmittel beschränkt, denn beim Einsatz als Informationsmedium sieht das anders aus: Es wird ja auch nicht bei der Lektüre der Zeitung gefordert , dass man mit dem Redakteur frühstückt oder dass man die Fernsehreporter abends beim Bier trifft und die Hörfunkjournalisten persönlich kennt. Beim Informationsmedium ist das nicht erforderlich. Bei der Verwendung als Organisationsintrument ist das etwas anderes.
Geert Lovink hatte darüberhinausgehend davon gesprochen, dass es auch neue politische Bewegungen geben werde, die ausschließlich im Netz entstünden und nicht nur eine virtuelle Repräsentanz einer real existierenden Gruppe im Netz darstellen.
Asco aus Kassel stellte als ein Beispiel des basisorientierten Einstiegs in den Internetzugang das Projekt "Mediencafe" im Gebäude "Dock4" vor. Er selbst hat lange eine Mailbox betrieben und war durch die documenta X zu Sponsormitteln für ein Internetcafe gekommen. Er betonte den Versuch, durch das Cafe auch gleichzeitig einen sozialen Zusammenhang für die Leute zu schaffen, die die Interneterminals nutzen.
Nach dem Stand der Dinge in Göttingen befragt schilderte der Vertreter der Göttinger Mailbox "Link-Goe", dass ein StadtNetz-Verein in Gründung befinde, der mit seinem Netzangebot über die Mailboxtechnik hinaus in Richtung Internet gehe.

Argumente gegen die lokale Beschränkung
Als allerdings der lokale Bezug zu stark betont wurde, schaltete sich Geert Lovink erregt ein und widersprach heftigst, er sehe da eine zu starke Beschränkung aufs Lokale und das sei Provinzialismus. Er und Pit Schulz sind rund um die Uhr damit beschäftigt, darauf hinzuweisen, dass das Netz zwar zur Zeit noch offen ist, dass es aber Bestrebungen großer ökonomischer Kräfte gibt, die Netze nach außen dicht zu machen, die die Freiheit der Beteiligung einschränken und alles in geordnete Konsumbahnen lenken wollen. Lokal beschränkte Projekte würden dieser Entwicklung nicht genug Power entgegen setzen, sie müßten auch auf der überregionalen, internationalen Bühne mitspielen. Unsere Inhalte und Strukturen sollen das Netz zum Kulturprodukt des Volkes und nicht zum Datenmüllplatz der Konzerne werden lassen. Eine lokale Beschränkung, antwortete die LINK-GOE sei allerdings gar nicht beabsichtigt, sondern es sei eine Sache des schrittweisen Aufbaus, der Finanzierung - später solle die Öffnung des StadtNetzes ins Internet stattfinden.

Bei der Veranstaltung wurde kein einziger vorgefertigter Vortrag gehalten, sondern es wurde von Anfang an diskutiert, mehr als zwei Stunden lang. Dadurch kam ein Überblick über die unterschiedlichsten Positionen zustande. Auch wenn die eingeladenen Gäste vielleicht nicht besonders herausgehoben wurden, so hat sich auch in ihren kurzen Beiträgen an den entscheidenden Stellen der Diskussion erwiesen, wie wichtig ihre Gegenwart war - und das haben die meisten auch registriert.
(...**)
Für die Zukunft der Diskussion bleibt zu wünschen, dass sich eine gemeinsame Basis der radikalen KritikerInnen der Computeranwendung mit denjenigen ergibt, die sich kritisch mit dem Medium auseinandersetzen und es in der politischen Arbeit verwenden wollen.


** Nicht mehr aktueller Teil, der an der mit (...) markierten Stelle herausgenommen wurde:
Es war alles in allem ein Neuanfang für die politische Diskussion der Informations- und Kommunikationstechnik nach längerem Stillstand. Wer sich weiter darin vertiefen will, kann zum einen das von Lovink/Schultz herausgegebene Buch Netzkritik lesen, oder kann z.B. Mittwochs , jeweils ab 19.00 Uhr zum offenen Treffen der Link Goe im Apex (Galerie/Kneipe, Burgstraße) kommen. Das Veranstalter-Team vom Buchladen hat mit der Vorbereitung eines Lektürekreises begonnen, in dem sich Leute über die Bücher zum Thema austauschen können. Als erste Bücher stehen auf der Diskussionsliste: Kroker: Datenmüll, Mitchel: City of Bits, Saskia Sassen: Metropolen des Weltmarkts (Global Cities).

 

"Politische Verortung des Internet " / Zweiter Bericht zur gleichen Veranstaltung

Dokumentation einer Diskussion, die am 1996 im Theaterkeller in Göttingen stattgefunden hat (Der Text wurde 1996 geschrieben und nur in sehr geringem Maß überarbeitet)

Als Gäste waren eingeladen  Geert Lovink, Pit Schulz, Herbert Meyer. Geert Lovink ist überall dort zu finden, wo sich in Sachen Netze und Computer politisch etwas tut: sei es in Amsterdam, wo er die Digitale Stadt mitbegründet hat, sei es in Tokio auf einem Kongress oder in Kassel auf der Documenta X auf einem von ihm mitorganisierten Workshop. Zusammen mit Pit Schultz (vom Internetprojekt "Internationale Stadt Berlin", der virtuellen Gemeinschaft Berlins) hat er als ein Forum für die Diskussion über das Internet die Mailingliste "Nettime" aufgebaut, und beide zusammen haben dazu das Buch "Netzkritik" herausgegeben. Herbert Meyer gehört zu den Experten der Diskussion um "Die Digitale Städte" und ist in Kassel tätig, wo sich die drei während der Documenta X treffen.

Hauptfrage der Veranstaltung sollte sein: Welches politische Potential haben Kommunikationsgesetze wie Mailboxen und das Internet für politische Bewegungen? Es geht um eine politische Verortung der Netze.

Als konkrete Beispiele für die Diskussion konnten damals Mailboxen wie z.B. die LINK-Goe, (virtuelle) Gemeinschaften wie die Digitale Stadt Amsterdam, die Internationale Stadt Berlin oder das Internet allgemein dienen.

Zur These von Geert Lovink (und vielen anderen), dass die Einmischung der Linken und kritischen Öffentlichkeit im Internet unumgänglich sei, ergeben sich einige Fragen, die möglichst konkret diskutiert werden sollten. Die politisch beabsichtigte Vernetzung soll zu bestehenden sozialen, politischen Bewegungen und Kämpfen in Bezug gesetzt werden. So könnte man z.B. fragen, was die Netze bei der massenhaften Bewegung der Sans Papiers in Frankreich für eine Rolle gespielt haben. Konkret für Göttingen könnte im kleineren Rahmen auch über Erfahrungen beim Bündnis gegen Sozialabbau berichtet werden.

Soziale Bewegung im Netz?
Die Überlegungen damals waren: "Welches Verhältnis haben die "Technikleute", die "High-tech-Handwerker" zu den Teilnehmern an sozialen Bewegungen? Wer aus der Armut in den sozialen Protest kommt, bringt meist keine Computerkenntnisse, keine Netzerfahrung und erst recht keinen Internetanschluß mit, kann über das Internet also weder sich noch andere organisieren und auch keine Informationen verbreiten."
Sind High-Tech-Handwerker eine neue Avantgarde (die Intellektuellen der 90er), haben sie überhaupt Interesse an sozialen Bewegungen? (In ihrem Aufsatz "Die kalifornische Ideologie", veröffentlicht in: "Netzkritik", meinen R. Barbrook und A. Cameron, dass es so ein Interesse nicht gibt). Gibt es bald den Kampf der High-tech-Klasse gegen die Armen - denn die High-Techs argumentieren, dass man die wirtschaftlichen und sozialen Probleme mit massiven Subventionen und Investitionen im High-Tech-Bereich lösen könnte; diese Gelder stehen aber nicht bereit, wenn Sozialprogramme zu hohe Kosten verursachen.

Nur noch im Netz aktiv?
Die Autorengruppe vom Critical Art Ensemble behauptet in ihrem Aufsatz "Elektronischer ziviler Ungehorsam" (in: "Netzkritik"), dass der zukünftige Ort für politische Aktionen das Netz und es nicht mehr sinnvoll sei, eine Straße, einen Ort oder ein Gebäude in der Realität zu besetzen, denn entscheidend seien inzwischen die Informationswege im virtuellen Raum.
Aber haben (virtuelle) Gemeinschaften, die nur übers Netz kommunizieren, überhaupt politische Macht, oder muß politische Organisierung nicht doch in der alltäglichen sozialen Realität stattfinden? Können die Netze dazu beitragen, diese soziale Vernetzung zu stärken?
Welche Funktion kann das Netz für politische Bewegungen angesichts der Möglichkeiten von Zensur und Überwachung der Kommunikation haben, welche Gefahren ergeben sich aus der Nutzung von Netzen - Schmalspurdenken? Hierarchien? ökonomischer Einfluß von Firmen und Multinationalen durch Werbung und Projektfinanzierung?

Information verbreiten - das Wichtigste
Liegt die politische Bedeutung der Netze nicht doch allein in ihrer Funktion als MEDIUM, also darin, Informationen zu verbreiten und (freie) Kommunikation zu ermöglichen? Der Kampf gegen die Monopolisierung und Regulierung eines vorerst freien Mediums, das eine Beteiligung aller angeschlossenen Menschen erlaubt, wäre also wichtig.
Geert Lovink und Pit Schultz (bzw. die Agentur Bilwet) haben mit dem Begriff der autonomen Medien und mit Diskussionstexten über die Veränderung des Diskursiven im Zeitalter des Internet ja eigentlich den gedruckten Text ein wenig in Frage gestellt - und doch erscheinen gerade eine Menge Bücher übers Internet, auch und gerade eine Menge kritischer, und sie selbst beteiligen sich daran. Welchen Sinn hat traditionelles Schreiben, traditionelle Öffentlichkeitsarbeit heute noch? Läuft nicht die öffentliche Meinung noch über traditionelle Printmedien, oder findet gerade der Übergang zu anderen Formen der Öffentlichkeit(sarbeit) statt, den die linke und kritische Öffentlichkeit weder theoretisch noch praktisch nicht so recht zur Kenntnis nimmt?

(Im übrigen wird es im Buchladen Rote Strasse rechtzeitig eine - kurz kommentierte - Literaturliste zu "Netz- und Medienkritik" geben: für jene, die vor oder nach der Veranstaltung auch ein wenig dazu lesen wollen).