Staatsschutz
Aktueller Skandal
2017: Überwachung
von AKW-Gegner*innen Staatsschutz
gegen goest 2009 > Offener
Brief zu den Praktiken des Staatschutzes in Göttingen 2009
siehe auch >> Spurendokumentationssystem "Spudok" (Rolf Gössner 1999) Politisch motivierte
Kriminalität (PMK) bei der Göttinger Polizei |
Auszüge aus dem anonymisierten Schreiben, das irrtümlich an die Anwaltskanzlei Sven Adam adressiert, verschickt wurde
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Illegale Datensammlung über Linke bei der Göttinger PolizeiDas 4. Fachkommissariat des Zentralen Kriminaldienstes der Polizeiinspektion Göttingen (Leiter:) ist zuständig für Betrugs- und Wirtschaftskriminalität, Korruptions- und Falschgelddelikte, unerlaubtes Glücksspiel, Schleusung, Verstöße gegen das AusLG, Staatsschutzdelikte und politisch motivierte Straftaten. Dessen Leiter ist EKHK Thomßen (EKHK = Erster Kriminalhauptkommissar, der höchste Dienstgrad für Beamte im gehobenen Dienst.) . In dieser Abteilung, landläufig als "Staatsschutz" bezeichnet, wird nach Mitteilung des Hamburger Rechtsanwalt Christian Woldmann und der Göttinger Anwaltskanzlei Sven Adam offenbar eine Datensammlung über hunderte Linke in Göttingen geführt. Dagegen haben 8 Betroffene Verwaltungsklage erhoben. Das Vorgehen des Göttinger
Staatsschutzes mußte auch die goest-Redaktion 2009 am eigenen Leibe
erfahren als in einem goest-Artikel darauf hingewiesen wordenn war, dass
eine Einwohnerin im Blümchenviertel einen rassistischen Brief geschrieben
habe. Deswegen ermittelte dann der Staatsschutz absurderweise wegen Beleidigung
(= "politisch motivierte Straftat") obwohl niemand mit Namen
genannt worden war. Unserer Einschätzung nach erfolgte das völlig
haltlose Vorgehen einzig und allein zum Zwecke willkürlicher Ermittlungen
gegen goest mit dem Ziel Informationen zu sammeln. (mehr dazu siehe weiter
unten). * * * Die Basisdemokratische Linke Göttingen (BL) erklärte, dass auch Mitglieder ihrer Gruppe zu den Betroffenen gehören und fordert "die Auflösung" des 4. Fachkommissariats; "Zudem sollen alle Daten an die Betroffenen herausgegeben und anschließend aus sämtlichen Archiven gelöscht werden!“ Es sei „schockierend, dass über Jahre hinweg mehrere hundert Linke (...) bis tief ins Privatleben ausspioniert werden. (...) Ins Fadenkreuz des Staatsschutzes fiel demnach jede Person, die sich an öffentlichen Protesten – wie beispielsweise gegen den extrem rechten „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“ – beteiligte. Die BL sieht darin einen weiteren Beleg dafür, "Dass die Polizei auch in Göttingen kein neutraler Akteur ist, sondern politische Ziele verfolgt" * * * Von der Überwachung betroffen ist auch ein Mitglied der Grünen Jugend (GJ), gleichzeitig Mitglied des Kreisvorstandes von Bündnis 90/DieGrünen Göttingen. Der Betroffene hat Klage gegen seine Überwachung erhoben. In einer Erklärung der GJ heisst es "Ein großes Foto des GJ-Mitgliedes habe mit "Namen und Adresse an einer Pinnwand bei der Göttinger Polizei" gehangen. Der Betroffene wird zitiert mit "Mir ist schleierhaft aus welchem Grund die Polizei mich in meinem Privatleben und auch auf Facebook verfolgt. Ich engagiere mich ehrenamtlich in der psychologischen Beratung für Geflüchtete, setze mich gegen Rassismus ein und nehme an politischen Versammlungen in Göttingen teil". Polizeipräsident Lührig habe 2014/15 zu einem "vertrauensvollen und offenen Dialogprozess" eingeladen an dem auch die GJ teilgenommen habe. Das Vertrauen, so die Stellungnahme der GJ sei nunmehr erschüttert. * * * Die Antifaschistische
Linke International ALI schreibt, das Ordnersystem "LIMO" sei "durch
einen ehemaligen Polizeibeamten, den die Göttinger Polizei im Gegenzug
mit einer Hausdurchsuchung und einer Klage wegen angeblicher Erpressung
überzogen hat." |
IIllegale
Datensammlungen haben Tradition bei der Göttinger Polizei
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foto: goest |
Else Bräutigam ist 2001 gestorben und liegt neben Werner Heisenberg und Otto Hahn als Ehrenbürgerin begraben auf dem Bereich EhrenbürgerInnen des Friedhofes in der Kasseler Landstr./Göttingen |
Polizeiliche Spitzel in der Anti-AKW-Bewegung13.2.14
/(...)
2001 war das AntiAtomPlenum in Göttingen selbst von einer Spitzelüberwachung
betroffen. Die Staatsmacht wollte mit allen Mitteln wissen, was die Antiatomszene
so trieb. Der verdeckte Ermittler Axel
Brinker (alias "Axel John Phillips") war ein gutes Jahr bei Treffen
und Aktionen aktiv dabei, bis er enttarnt wurde. (...)
" wird berichtet, er habe dem Antiatomplenum seinen Wagen und seine
Kamera zur Verfügung gestellt. *** In der >>Dokumentation über den Fall Axel Brinker (alias "Axel John Phillips") heisst es u.a. "In Göttingen ist Mitte der 90er Jahre ebenfalls eine Sonderkommission des LKA zum Bereich Anti-Atom eingesetzt worden, und es kann davon ausgegangen werden, dass die Arbeit kontinuierlich fortgesetzt wird." "Ende
2013 wurde in Braunschweig der Spitzel >>Ralf
Gross enttarnt,
der seit eineinhalb Jahren lokale linke Strukturen, vor allem aus der
Tierbefreiungsbewegung, ausforschte. Neben dem teilweise militanten Widerstand
gegen Schlachtfabriken war er auch an Antiatom-, Antifa- und Antirepressionsstrukturen
interessiert. Inzwischen scheint sicher zu sein, dass das LKA Niedersachsen
ihn als inoffizieller Mitarbeiter
beauftragt
hatte. 2006:
Verfassungsschutz sucht Spitzel für Göttinger Anti-Atom-Szene
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"Verfassungsschutz sucht Mitarbeiter in Göttinger Anti-Atom-Szene Zum wiederholten
Mal ist die Göttinger Anti-Atom-Bewegung Ziel äußerst
fragwürdiger staatlicher Überwachungsmaßnahmen.
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28.9.07 / Die Klage eines Göttinger Atomkraftgegners gegen eine Polizeiobservation wird erstmalig am 2. Oktober um 9:30 Uhr vor dem Verwaltungsgericht Göttingen verhandelt.
LKA-Beamte hatten
den Göttinger Physikstudenten Daniel H. (27) im Vorfeld des Castortransports
2004 zwei Wochen lang auf Schritt und Tritt verfolgt, dabei auch Informationen
über die mit ihm in Kontakt stehenden Personen gesammelt, Videoaufnahmen
gemacht und am Auto eines Bekannten einen Peilsender angebracht.
Schon 2005 hatte der betroffene Student mit Erfolg gegen das polizeiliche
Abhören seines Telefons geklagt – das Bundesverfassungsgericht hatte den
zugrunde liegenden Paragrafen des niedersächsischen Polizeigesetzes für
rechtswidrig erklärt. (§33a Nds. SOG, Az. 1 BvR 668/04) Die nun zu verhandelnde
Klage betrifft zwei weitere Stellen des Gesetzes, das die vorbeugende
längerfristige Observation regelt. (§§34 und 35 Nds. SOG) In diesem Fall
wurde die verdeckte Observation damit begründet, dass sie die einzige
Möglichkeit wäre, angeblich geplanten militanten Castor-Blockaden auf
die Schliche zu kommen. Weder Observation noch Telefonüberwachung erbrachten
allerdings Erkenntnisse in dieser Richtung. Bei der Klage geht es nicht
nur um die unangemessene Anwendung des Polizeigesetzes, vielmehr wird
das umstrittene Gesetz selbst zum Gegenstand der Verhandlung.
Anwalt Johannes Hentschel
attestiert dem Gesetzestext Beliebigkeit, Unverhältnismäßigkeit sowie
mangelnde Normenklarheit und -bestimmtheit. Darüber hinaus überschreite
das Gesetz die Kompetenz des Landes und sei somit rechtswidrig. Der sehr
vage formulierte Paragraf 34 Nds. SOG ermöglicht die Vorfeldüberwachung
von Personen, bei denen „Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie
Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden“, also noch kein konkreter
Verdacht besteht. In seiner Unbestimmtheit ermöglicht das Gesetz im Grunde
die Überwachung jedes Menschen.
(...) Die Überwachung von Verdächtigen und deren Kontaktpersonen berührt
den Kernbereich privater Lebensgestaltung und beeinträchtigt die unbefangene
Meinungsäußerung und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die
vage „Annahme, jemand könne in Zukunft eine Schienen-Blockade beabsichtigen“,
rechtfertigt den Einsatz einer langfristigen Observation nicht! (...)
Die Polizeidirektion Göttingen gibt als Begründung der Observation an,
der Verdächtige habe als Mitglied des Göttinger AntiAtomPlenums zu militanten
Castor-Blockaden aufgerufen. Außerdem wird er – entgegen anders lautendem
Gerichtsentscheid – bezichtigt, 2003 Urheber einer Castor-Schienenblockade
aus Regenschirmen gewesen zu sein. (Das „Regenschirm-Verfahren“ wurde
auf Betreiben von Staatsanwaltschaft und Gericht nach §153 StPO eingestellt,
da er mit der Barrikade nicht in Verbindung gebracht werden konnte.) (...)
Der Erörterungstermin am 2. Oktober um 9:30 Uhr im Verwaltungsgericht
könnte der Auftakt zu einem langwierigen Prozess werden und mit einem
Verfassungsgerichtsurteil enden. Deutliche Tendenzen können jedoch schon
am diesem 1. Verhandlungstag sichtbar werden.
Presserklärung AntiAtomPlenum
6.10.05
Rechtswidrige Überwachungsmaßnahmen wurden fortgesetzt
Ungeachtet des Skandals um die Observation des Physikstudenten Daniel
H. setzt die Göttinger Polizei ihre Überwachungsmaßnahmen gegen die lokale
Anti-Atom-Szene fort. Wie eine Anfrage bei der Datenschutzstelle der Polizeidirektion
Göttingen ergab, war der im November 2004 betroffene Daniel H. auch noch
Monate nach der inzwischen als rechtswidrig eingestuften Maßnahme im Visier
verdeckter Ermittler. So sind seine Daten z.B. bei drei nicht näher genannten
Versammlungen im Januar, April und Mai 2005 gespeichert worden, ohne dass
er dies mitbekommen hatte. Am 2.Mai war er zudem als Besucher einer "Veranstaltung"
registriert worden. Auch das Göttinger Anti-Atom-Plenum (AAP)ist wieder
von Bespitzelung betroffen. Teilnehmer der wöchentlichen Sitzungen des
AAP identifizierten am 28.Sept. mindestens zwei zivile Polizeibeamte,
die aus 50 bzw. 100 Meter Entfernung den Eingang zum Versammlungsort eine
halbe Stunde lang beobachteten. Schon im Zusammenhang mit der Observation
2004 war das öffentliche Treffen regelmäßig unter Beobachtung. über jeden
mutmaßlichen Teilnehmer wurde in der Polizeiakte eine Personenbeschreibung
erstellt. Das AAP wurde damals von Polizei und Amtsgericht als militant
eingestuft wegen eines Party-Plakates, auf dem Autoreifen und Regenschirme
abgebildet waren und wegen der Ankündigung, der Castor möge "im Göttinger
Widerstandsdschungel gnadenlos stecken bleiben". Das Anti-Atom-Plenum
fühlt sich von der penetranten Bespitzelung langsam genervt und belästigt.
"Die Göttinger Polizei sollte sich daran gewöhnen, dass sich im Anti-Atom-Plenum
seit zehn Jahren ganz legal und öffentlich AtomkraftgegnerInnen treffen
und dass Protest gegen die Nutzung der Atomenergie legitim und notwendig
ist. Wir fordern eine Offenlegung, in welchem Umfang und auf welcher Grundlage
gegen das Anti-Atom-Plenum Ermittlungen laufen!
Mit GPS-Sendern und Lauschangriff gegen Castor-Gegner
14.7.05
/ "Bei der Informationsveranstaltung am 14.7.05 im DGB-Haus Göttingen
schilderte ein Atomkraftgegner, wie er 2 Wochen lang vom LKA observiert
und abgehört wurde. Teilgenommen hatten außerdem sein Anwalt Johannes
Hentschel, ein Sprecher des AntiAtomPlenums Göttingen, eine Vertreterin
der Roten Hilfe sowie des Komitees für Grundrechte und Demokratie (Köln).
Der Physikstudent wurde laut Observationsakte verfolgt, sein Telefon wurde
abgehört und am Auto eines Bekannten wurde ein GPS-Sender angebracht.
Da wird mit den fadenscheinigsten Begründungen eine Erlaubnis zum Abhören
erreicht Auch recht weit hergeholt sei die Begründung für die Überwachung
gewesen. So habe im Wesentlichen ein einhellig eingestelltes
Ermittlungsverfahren, die vermutete Mitgliedschaft im AntiAtomPlenum und
ein ihm zugeschriebenes Party-Plakat für diesen schweren Eingriff in die
Privatsphäre gereicht. Der Rechtsanwalt des Betroffenen zeigte
sich zuversichtlich, dass das am Landgericht Göttingen eingereichte Beschwerdeverfahren
gegen die Telekommunikationsüberwachung Erfolg haben werde. Außerdem sei
bereits eine von diesem Fall unabhängige Klage gegen den hier angewandten
Paragrafen §33a Nds. SOG am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anhängig,
die vermutlich auch gewonnen werde. Dieser Paragraf erlaube es, präventiv
und ohne konkreten Verdacht Personen auszuforschen und in ihren privaten
Lebensbereich einzudringen. Die Vertreterin des Komitees für Grundrechte
und Demokratie verwies auf die seit dem 11.9.2001 fortschreitende Verlagerung
der Polizeikompetenzen weg von Strafverfolgungen hin zu präventiven Maßnahmen.
Die dadurch immer weiter anschwellenden Datensammlungen beruhten meist
nur auf einer "falschen" Gesinnung oder Gruppenzugehörigkeit. Die ehemals
rechtsstaatliche Unschuldsvermutung werde umgekehrt - jeder ist solange
verdächtig bis seine Unschuld bewiesen ist. Die Rote Hilfe wertete das
2003 in Niedersachsen geänderte neue Polizeigesetz vor allem als willkürliches
Ordnungsmittel gegen unliebsame Personen und linkspolitische Gruppen."
(Quelle:
http://www.graswurzel.net/news/atom-goe.shtml)
Staatsschutz gegen goest
Das absurde Verfahren wurde eingestellt .....aber .... es diente auch nur zum Sammeln von Informationen 9.11.2009 / Das Ermittlungsverfahren gegen GOEST, so wurde vom zuständigen Staatsanwalt Heimgärtner ohne weitere Erklärung mitgeteilt, sei eingestellt worden. Jede andere Entscheidung wäre aber auch ein weiterer Skandal gewesen. Der erste Skandal war, dass die Schreiberin eines rassistisch aufgeladenen Briefes nicht wegen übler Nachrede angezeigt wurde, obwohl der Brief einem Kriminaloberkommissar (KOK) Frey, Staatsanwalt Heimgärtner, den Bundestagsabgeordneten Hartwig Fischer, Thomas Oppermann und Jürgen Trittin sowie Oberbürgermeister Meyer bekannt gemacht worden war. Stattdessen wurde von KOK Frey gegen den Verantwortlichen von GOEST, G. Schäfer ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Als Grund dafür wurde genannt: GOEST habe darauf hingewiesen, dass ein Brief mit rassistisch aufgeladenem Inhalt den Konflikt im Blümchenviertel anheizen könnte. Der Name der Briefeschreiberin war von goest nicht erwähnt worden - wer also sollte beleidigt worden sein? Nun ist also das Verfahren gegen GOEST nach § 170 Abs. 2 STPO eingestellt worden. Aber das Hauptproblem, das an diesem ganzen Fall wieder einmal sichtbar wird, bleibt weiterhin bestehen: es ist die Existenz einer Polizeiabteilung, die speziell für das systematische Sammeln von Daten "politisch Verdächtiger" zuständig ist. 1981 wurde in Göttingen die Existenz des Spurendokumentationssystems SPUDOK bekannt. Ein Dateinesystem in dem alle möglichen zufällig und zielgerichtetet erhobenen Daten zum Zwecke der Durchleuchtung der politischen Szene und einzelner Personen gespeichert wurden. Dazu meinte Prof. Benda, der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichtes: SPUDOK, als eine "Sammlung von Daten auf Vorrat, nur in der Hoffnung, man könne sie möglicherweise in Zukunft irgendwie einmal für nützliche Zwecke verwenden" ist unzulässig (> Quelle: Bundestag). Der Polizeiliche Staatsschutz in Göttingen darf also (eigentlich) nicht wahllos Daten über Personen sammeln. Nur fragt sich, wie das kontrolliert werden kann. Hier müßten im Niedersächsischen Polizeigesetz Schranken und Kontrollen vorgeschrieben werden, worauf man aber kaum hoffen sollte, man braucht sich nur das z.Zt. gültige >>Landespolizeigesetz anzuschauen. Als einzige Maßnahme bleibt jeweils eine Verfassungsklage, um die aus der Spur gelaufene Polizei zurückzupfeifen. Wegen des Verbots von Vorratsdatensammlungen ist dem polizeilichen Staatsschutz eine Anzeige stets willkommen, weil dann Daten im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gesammelt werden können. Deshalb sind selbst die absurdesten Anzeigen für die Staatsschutz-Abteilung hilfreich. Denn wenn sie auch keinerlei Aussicht auf die Eröffnung eines Verfahrens oder eine Verurteilung haben, so können sie doch als Rechtfertigung für ein Ermittlungsverfahren dienen, in dessen Rahmen dann Daten gesammelt werden. Dieses Hintertürchen zur Legitimation der Vorratsdatensammlung muß geschlossen werden. Es darf nicht sein, dass innerhalb der Polizei Instanzen entstehen, die ganz nach Belieben geringste, meist unhaltbare Anlässe benutzen, um politisch unliebsame Personen auszuspähen, abzuhören, auszuforschen und über lange Zeit hinweg Daten über diese Personen zu sammeln. (Einige Fälle der jüngsten Vergangenheit sind z.B. die Observation eines Atomkraftgegners oder die >Hausdurchsuchungen in der Geismar Landstr.) Wenn eine absurde Beleidigungsanzeige gegen GOEST zum Anlass für ein Ermittlungsverfahren genommen wurde, war möglicherweise die Gelegenheit gerne wahrgenommen worden, im Bereich eines unbequemen Internetmagazins Hintergründe auszuforschen. Ob es dabei zu einem Strafverfahren käme oder nicht mag für die Ermittler nur zweitrangig gewesen sein, denn während der Ermittlung fallen auf jeden Fall Daten an, die ja vielleicht irgendwann mal interessant sein könnten. Nach der Einstellung des Verfahrens gibt es offensichtlich keine reale Chance, die Polizei zur Offenlegung ihrer Ermittlungsmethoden und Ergebnisse, sowie zur Löschung der erhobenen Daten zu zwingen. Ja es gibt nicht einmal die Gewissheit, dass die Polizei die Ermittlungen einstellt, nachdem das Verfahren seitens der Staatsanwaltschaft eingestellt worden ist. (Siehe dazu den Artikel über die Weiterermittlung gegen einen Atomkraftgegner nach Einstellung des Verfahrens) Mit geheimen polizeilichen Instanzen, die Datensammlungen über politische Dissidenten anhäufen sind in der Deutschen Geschichte üble Erfahrungen gemacht worden. Ein Staatsschutz, der seine Aktivitäten beliebig in einem kaum kontrollierten Bereich ausweiten kann, ist wohl eher selbst eine Gefahr. Man müßte Meinungs- und Pressefreiheit vor diesem "Staatsschutz" schützen. |
Erklärung der GOEST-Redaktion 27.9.09 Liebe Leserinnen und Leser ! Vor einer Beleidigungsanzeige ist man in der Medienarbeit nicht gefeit. In den 10 Jahren des Bestehens von GOEST ist es bislang nicht vorgekommen. Nun aber liegt eine Anzeige wegen Beleidigung gegen den presserechtlich Verantwortlichen von GOEST vor. Es geht um den Artikel über Fremdenfeindlichkeit im Blümchenviertel. In diesem Artikel steht u.a. , dass ein Beschwerdebrief "rassistisch aufgeladen" gewesen sei. Wie inzwischen zu erfahren war erfolgte die Anzeige wegen dieses Satzes. Soweit zur Beleidigungsanzeige, die ohne Diskussion juristisch hätte abgewickelt werden können. Anders verhält es sich mit der Tatsache, dass die Ermittlung in dieser Angelegenheit von der >>Abteilung Staatsschutz (!) der Göttinger Kriminalpolizei übernommen wurde. Dadurch wird der Vorgang "Beleidigungsvorwurf" mit dem Etikett "Staatsschutzdelikt" und "politisch motivierte Straftat" versehen. Staatsschutz: "Die Staatsschutzabteilung der Polizei beschäftigt sich mit "politisch motivierten Straftaten" , durch politisch motivierte Straftaten werden nicht nur regelmäßig Rechtsgüter von höchstem Wert verletzt, sondern auch die demokratischen Grundlagen des Gemeinwesens bedroht." und "Höchsten Stellenwert misst die Bundesregierung der Bekämpfung des Extremismus zu. Sie setzt hier einen wesentlichen innenpolitischen Schwerpunkt, weil Intoleranz, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit das innere Gleichgewicht einer demokratischen Gesellschaft stören." (Zitat Bundesinnenministerium) Wir gingen bisher davon aus, dass die grundgesetzlich garantierte Presse- und Meinungsfreiheit ein kritisches Internetmagazin wie GOEST vor der Einordnung unter "politische Straftat" schützt; auch und gerade dann, wenn es kritisch über ein Thema wie "Fremdenfeindlichkeit" berichtet. Anscheinend kann die Polizei hier jedoch willkürlich einordnen. Wir meinen: Der Polizei darf es nicht überlassen werden, in beliebiger Weise "Staatsgegner" zu definieren, um sie dann eventuell als Staatsfeinde zu behandeln. Wenn eine Beleidigungsanzeige ausreicht, damit der Staatsschutz tätig wird, was kann dann noch alles zur Staatsschutzsache erklärt werden? Reicht es aus, wenn der Staatsschutz eine mißliebige politische Einstellung vermutet? Demokratie wäre das nicht mehr! 27.9.09 |
Am 14.10. erhielten wir eine Solidaritätserklärung von >> "Schöner Leben" für die sich die GOEST-Redaktion herzlich bedankt und die wir im folgenden dokumentieren:
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Pressemitteilung
von Gerd Nier "So langsam wird es unerträglich. Wofür soll unsere Justiz denn noch missbraucht werden? Mit Erschrecken musste ich von der Strafanzeige gegen einen Göttinger Journalisten Kenntnis nehmen, der kritisch über eine Veranstaltung im Rosenwinkel mit Asylbewerberfamilien und Anwohner/innenberichtet hat. Mehr noch verwundert und empört mich die Tatsache, dass diese Anzeige anscheinend vom Kommissariat 4 behandelt wird, das allgemein als Kommissariat für Staatsschutzangelegenheiten bekannt ist. Dieser Vorgang sollte m.E. nicht einfach übergangen werden. Man darf sich nicht daran gewöhnen. Auch wenn es schon fast zum Normalzustand geworden ist, dass der Landtagsabgeordnete der LINKEN Patrick Humke-Focks ins Zielfeuer von Polizei und Justizbehörden geraten ist und mit immer neuen Verfahren überhäuft wird, muss man sich die aus meiner Sicht teilweise absurden Vorwürfe und vorgeschobenen Anlässe immer wieder verdeutlichen. Dass sich jetzt aber auch das Fachkommissariat 4 (zuständig für Staatsschutzdelikte und politisch motivierte Straftaten) einer Strafanzeige gegen einen Journalisten wegen angeblicher Beleidigung und übler Nachrede annimmt, macht mehr als bedenklich. Ein Bericht des Online Magazins goest (Göttinger Stadtinfo) über deutlich rassistische Äußerungen während einer Versammlung von Asylbewerberfamilien und Anwohner/innen im Rosenwinkel genügt anscheinend schon, für eine Eingruppierung als mögliches "Staatschutzdelikt". Das kann doch nicht ernsthaft im Interesse unserer freiheitlichen Grundordnung, der Pressefreiheit und selbst den vermeintlichen Anliegen des Staatschutzes liegen." |