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Gesundheitskarte / Krankheitskarte

CDU & SPD lehnen Gesundheitskarte für Flüchtlinge* ab 2022

Initiative "Stoppt die E-Card" 2014

Gesundheitskarte, Datenschutz, informationelle Selbstbestimmung (Feb 2015)
Krankheitsdaten-Bereitstellungs-Karte - Boykott? (9/14)
Grundinformationen über die "E-Card"
Podiumsdiskussion 2009

> Überblickseite Datenschutz
> Studentische Chipkarten

 

CDU & SPD lehnen Gesundheitskarte für Flüchtlinge* ab
*bzw. Bezieher*innen von Leistungen nach dem Asylbewerberleitsungsgesetz
.

Januar 2022

Vor einigen Jahren (2015) versuchte eine Göttinger Datenschutzinitiative eine Kampagne gegen die digitale Krankenkarte ins Leben zu rufen. Diese Karte wurde als Einstieg in ein digitales health-System gesehen, bei dem die Speicherung und Weitergabe von persönlichen medizinischen Daten datenschutzmäßig kaum noch kontrollierbar sind. (siehe dazu >weiter unten).

Ungefähr zur gleichen Zeit (2014) beantragten die Grünen im Rat eine "Krankenversichertenkarte nach dem Bremer Modell für Göttingen" . Dies stand aber nur scheinbar im Widerspruch zum Datenschutzgedanken der Initiative. Es war vor allem darauf gerichtet, dass wie in Bremen und Hamburg den Asylbewerber*innen der Besuch einer Arztpraxis erleichtert werden sollte. In Göttingen verlangt die Stadt nämlich immer noch, dass Asylbewerber*innen jedesmal extra einen Antrag auf einen Krankenschein stellen.

Im Januar 2022 beschreibt die GöLinke noch einmal das Problem: "Wir alle wissen, wie zermürbend solch ein bürokratischer Aufwand ist. Auch die fehlenden Sprachkenntnisse scheinen für mich ein großes Problem darzustellen. Mit sozialer Integration hat das wenig zu tun, und es kann oftmals davon ausgegangen werden, dass aufgrund dieser Hindernisse auf ein Konzil beim Arzt verzichtet wird. Außerdem erscheint es mir auch sehr erniedrigend, mit so einem Schreiben beim Arzt aufzutauchen. Vergleichbar wäre beispielsweise der Einkauf mit Lebensmittelkarten. Obendrein setzt es die Mitmenschen noch stärker in eine Außenseiter-Position", erklärt Göttinger Linke Ratsfrau Marcinkiewicz" (pm GöLinke 19.1.22)

2016 hatte es einen erneuten Anlauf gegeben, mit einem Ratsantrag so eine Karte einzuführen. Der wurde in den Sozialausschuss zur weiteren Behandlung bzw zur Stadtverwaltung zur Prüfung überwiesen und blieb dort liegen.

Die Verwaltung hat 6 Jahre gebraucht, um diesen Vorschlag zu prüfen! Jetzt, im Januar 2022 teilte die Verwaltung im Sozialausschuss mit, die Einführung würde 90.000 € kosten und da der Krankenschein aus Papier die gleiche Funktion erfülle sei die Einführung der Karte abzulehnen. Bei den weiter aufgeführten Schwierigkeiten hatte man es nicht für nötig gefunden, sich Rat in Bremen oder Hamburg zu holen, wo das ja anscheinend einführt wurde. Mit knapper Mehrheit folgte der Ausschuss der Ablehnung durch die Verwaltung. Linke und Grüne haben zusammen 4 Stimmen gegenüber CDU und SPD mit 5 Stimmen. (es gibt noch 7 weitere Mitglieder aber die sind nur beratend anwesend)

Eins ist dabei klar: die Ablehnung erfolgte NICHT wegen Bedenken bezüglich des Datenschutzes!

Da inzwischen die Chipkarte der Krankenkassen massenhaft verbreitet ist, inkl. Passfoto lässt sich damit auch kaum noch jemand aufregen. Dennoch sollte beachtet werden, dass es problematisch ist, wenn medizinische Daten demnächst in einer digitalen Krankenakte zusammengefasst werden. Dazu die Artikel weiter unten.

Medinetz Göttingen kritisiert die Verweigerung der Gesundheitskarte

30.1.22
"Wir als Medinetz Göttingen können die vor kurzem getroffene Entscheidung des Stadtrates Göttingen über die Nicht-Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte für Geflüchtete nicht unkommentiert lassen und bitten um weiteres Teilen! Vor einiger Zeit wurde mit den Stimmen der CDU und SPD des Göttinger Stadtrates die Einführung einer elektronische Gesundheitskarte für Geflüchtete und Asylsuchende abgelehnt. Geflüchtete müssen somit weiterhin vor jedem Arztbesuch einen Schein beim Sozialamt abholen, um die notwendige medizinische Versorgung zu erhalten. Während deutsche Staatsbürger*innen einfach ihre elektronische Gesundheitskarte bei der Arztpraxis vorlegen können. Dies schürt weiter die rassistische Zwei-Klassen-Medizin und die Stigmatisierung, der Asylsuchenden sowieso schon ausgesetzt sind. Medizinische Versorgung gehört zwar zu den Grundrechten eines jeden Menschen, wird aber in der Realität (wie sich auch durch dieses Beispiel zeigt) für viele extrem erschwert. Die Einschränkung der Grundrechte von Geflüchteten ist Teil einer immer restriktiveren Migrationspolitik. Sie sind Ausdruck eines staatlichen, aber auch gesellschaftlichen Rassismus. Wir als Medinetz fordern weiterhin die Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte für alle Menschen unabhängig vom Aufenthaltsstatus!"

https://medinetz-goettingen.de
c/o Migrationszentrum Göttingen Neustadt 18, 37073 Göttingen Offene Beratungzeiten: Montags von 17- 18.30 Uhr. Telefon –
0551/557 66 (während Beratungszeit) Im Notfall +491639499879

siehe auch in goest: fluechtlinge.htm#medinet

 

Grundinformationen über die "Elektronischen Gesundheitskarte"

Die "Elektronische Gesundheitskarte" ist bereits gesetzlich beschlossen. Sie ist eine Karte mit einem Prozessor, der 64 Kbyte oder mehr hat. Diese Karte enthält ein Passfoto, medizinische Daten, ermöglicht Verschlüsselung und ist signaturfähig. Sie soll die bisherige Chipkarte der Krankenkassen ablösen, die als schlichteSpeicherkarte nur 256 Byte speichert und zur Identifizierung dient.

Durch die Elektronische Gesundheitskarte erfolgt der Einstieg in ein vernetztes System das 80 Mio. Versicherte, 123 000 niedergelassene Ärzte, 65 000 Zahnärzte, 2 200 Krankenhäuser, 21 000 Apotheken, Weitere Leistungserbringer in Heil und Pflegeberufen sowie gesetzliche und private Krankenkassen umfasst. Krankenkassen, Krankenhäuser, Arztpraxen und Patienten-PC sollen "durch die Telematik-Infrastruktur" über das Internet miteinander vernetzt werden.

Gespeicherte Daten

Schrittweise sollen mehr Daten auf der Karte gespeichert werden und schließlich soll die Karte ein Mittel zum Erschließen einer elektronischen Patientenakte innerhalb einer vernetzten "Telematik-Struktur" werden.

Begonnen wird mit einem "Notfalldatensatz". Er enthält ärztliche Diagnosen, Arzneimitteleinnahmen, Unverträglichkeiten, Kontaktdaten zu Verwandten und Freunden, Erklärung zur postmortalen Organ- und Gewebespende, Hinweis auf Patientenverfügung und deren Aufbewahrungsort

Desweiteren wird das elektronische Rezept eingeführt. Der Arzt trägt die Daten auf der Karte ein, der Apotheker kann die Rezeptdaten auf der Karte lesen, löschen und die Arzneimitteldokumentation auf der Karte ergänzen indem er die gekauften Arzneimittel einträgt. Die Arzneimitteldokumentation erfasst und speichert, welche Medikamente verordnet wurden. Damit werden für die Krankenkassen Doppelverordnungen sichtbar. Gespeichert werden "Präparatenamen, Darreichungsformen, Wirkstoffstärken und Dosierungen" Ausserdem sollen dort auch die nichtverschreibungspflichtigen Medikamente eingetragen werden.

Weitere medizinische Daten ergeben sich mit der Speicherung der gesundheitliche Vorgeschichte und aktueller medizinische Befunde, Diagnosen, Therapieempfehlungen Impfungen sowie Behandlungsberichten in elektronischer Form für eine einrichtungsübergreifende, fallbezogene (elektronischer Arztbrief), Dokumentation über den Patienten (elektronische Patientenakte). So wird die Gesundheitskarte ein Mittel zur "kontrollierten Ablage" und Erschliessung der persönlichen Gesundheitsdaten in den verteilten Stellen des Gesundheitssystems. "Die vernetzte Zusammenarbeit im deutschen Gesundheitssystem wird damit insgesamt gefördert und erleichtert werden."

Daten über in Anspruch genommene Leistungen und deren vorläufige Kosten für die Versicherten "Unnötige" Untersuchungen, Mehrfachuntersuchungen sollen verhindert werden um die "Ressourcen des Gesundheitssystems zu schonen".

Zugriff auf die Daten

Zugriffe auf die Daten sind durch einen "Heilberufsausweis" kombiniert mit der Eingabe einer PIN durch den Patienten möglich. Zugriffsbereichtigung erhalten Ärzte,Zahnärzte, Apotheker, Apothekerassistenten, Pharmazieingenieure, Apothekenassistenten, Personen, die als berufsmäßige Gehilfen oder zur Vorbereitung auf den Beruf tätig sind und der Zugriff unter Aufsicht erfolgt, sonstige Erbringer ärztlich verordneter Leistungen, Psychotherapeuten, Rettungsdienst (Quelle - Gesetzestext) Notfalldaten dürften wohl auch ohne PIN abfragbar sein, denn wie soll ein bewußtloser Patient seine PIN eingeben?

Angeblich soll der Patient den Zugriff Ärztespezifisch beschränken können: also der Zahnarzt kann dann nicht auf die Orthopädiedaten zugreifen. Wie dies erfolgen soll ist unklar. Sitzt dann der Patient zusammen mit dem Arzt am Bildschirm und gibt nur für den Zugriff auf bestimmte Bereiche, die ihm der Arzt als gewünscht angibt seine PIN ein?

Die Zugriffe werden protokolliert, die letzten 50 werden gespeichert: es ist also auch bekann zu welchem Zeitpunkt der Arzt besucht wurde und wann ein Medikament abgeholt wurde oder eine Therapiemaßnahme durchgeführt wurde.

Augenwischerei: Zugriff durch Patienten auf ihre eigenen Daten,

da heisst es zwar "Die Versicherten können alle über sie gespeicherten Daten einsehen und Ausdrucke hiervon erhalten." Der Patient ist damit allerdings abhängig vom Arzt, der ihm zeigen soll, was auf der Karte eingetragen wurde. Das Lesen ist nur mit dem "elektronischen Heilberufsausweis" des Arztes oder anderer Stelle und der Eingabe der PIN des Versicherten (durch diesen selbst - ohne dass der Arzt darauf Einblick hat?) möglich. da der Versicherte keinen solchen Ausweis besitzt kann er auch nicht selbständig die Daten in Ruhe überprüfen. Hier wäre zumindest notwendig, dass der Patient durch Eingabe eines Zugriffscodes seine eigenen Daten auch selbständig überprüfen kann. Dies würde allerdings wiederum der Nötigung einen Weg öffnen, sich bereitzuerklären, anderen Stellen unter Preisgabe dieser Identifikationsnummer Zugriff auf Gesundheitsdaten zu gewähren. Außerdem ist das Gesetz so zu verstehen, dass der Patient nicht auf alle Daten Einblick nehmen kann und wenn man die Verteilung der Daten in der "telematischen Infrastruktur" bedenkt, dann ist klar, dass angesichts der Komplexität nicht nur Patienten sondern auch Datenschützer jeglichen Überblick verlieren.

 

Initiative "Stoppt die e-Card"
Wir dokumentieren den Text eines Flyers der Initiative

Veranstaltung zur elektronischen Gesundheitskarte (eCard)

Mittwoch, dem 8.7.2015., 19 Uhr , Saal in der Geschäftsstelle ver.di , Groner-Tor-Straße 32. Einleitende Vorträge eines Arztes und eines IT-Spezialist anschliessend Diskussion.

Die gläserne Patientin
Die Digitalisierung des Gesundheitswesens durch die elektronische Gesundheitskarte und das geplante E-Health-Gesetz

Seit 2006 versuchen Regierung, Krankenkassen und Gesundheitsindustrie, die Elektronische Gesundheitskarte (e-Card) verpflichtend einzuführen. Bis heute ist die vollständige Umsetzung des milliardenschweren e-Card-Projekts immer wieder an technischen und datenschutzrechtlichen Problemen und am Widerstand von PatientInnen, ÄrztInnen und JuristInnen gescheitert: Es gibt noch mehr als 1 Million gesetzlich Versicherte ohne e-Card.
Die privaten Krankenkassen sind aus dem Projekt 2010 ausgestiegen, was nicht heißt, dass privat Versicherte nicht auch bald die e-Card vorgeschrieben bekommen.
Im Folgenden werden einige Aspekte der e-Card-Einführung und des geplanten E-Health-Gesetzes (des "Gesetzes für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen") kritisch gewürdigt.

Längst widerlegte Versprechen

Die Befürworter der e-Card - d.h. die, die sich einen Profit von ihr versprechen - wiederholen gebetsmühlenartig diese Versprechen:

"Durch das Foto wird ein Missbrauch der Karte durch Dritte verhindert." Dies ist schon auf den ersten Blick falsch:
Die eingesandten Fotos werden von den Krankenkassen nicht überprüft.
ÄrztInnen haben keine Befugnis, die Identität von PatientInnen zu überprüfen, indem sie etwa einen Personalausweis verlangen.
"In Notfällen kann die e-Card Leben retten." Auch dies ist falsch:
NotärztInnen und SanitäterInnen haben im Notfall-Einsatz keine Zeit, die e-Card zu suchen und zu lesen. Sie werden weiterhin die PatientInnen sofort behandeln.
Der Notfalldatensatz ist nur in Deutschland nutzbar.
Persönliche Daten können sich verändern, Fehler sind nicht auszuschließen. Eine gespeicherte Fehlinformation - wie z.B. eine falsche Blutgruppe - kann tödlich sein.
"Die Karte wird vernetzen. Dadurch werden Krankheitsrisiken erkannt, die Krankenkassen können Milliarden sparen."
Eine Nebenwirkung der e-Card wird sein, dass das Einholen einer unabhängigen Zweitmeinung nicht mehr möglich sein wird.
Auch eine digitale Patientenakte muss gepflegt werden. Zeit, die ÄrztInnen an anderer Stelle fehlen wird.
"Die Daten sind sicher." Es gibt keine Datensicherheit, wie die folgenden Beispiele zeigen:
Der kürzlich erfolgte Hackerangriff auf die Server des Bundestags spricht dieser Behauptung Hohn.
In den USA sind einer Krankenkasse sämtliche Daten "gehackt" worden, trotz vermeintlich bester Sicherheitsmaßnahmen.
Geheimdiensten ist es gelungen, den Generalschlüssel von SIM-Karten abzugreifen und damit alle Handy-Telefonate weltweit zu identifizieren und mitzulesen.
Missbrauch hochsensibler Daten
Gesundheitsdaten sind die persönlichsten und sensibelsten Daten überhaupt: Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch, Vergewaltigung, psychische Krankheiten, Geschlechtskrankheiten, AIDS - und Laborwerte, die für die Spende von Organen von Belang sind (siehe Göttinger Organspendeskandal).

Widerlegung der Behauptung: "Die Daten sind sicher." (Fortsetzung)

Die Daten werden lebenslang gespeichert und können nie mehr gelöscht werden! Auch Fehlinformationen sind nicht mehr zu entfernen.
Millionen Menschen arbeiten im Gesundheitsbereich – sie alle können unsere Krankengeschichten lesen. Und nicht nur sie, sondern auch die Betreiber der e-Card und vermutlich bald auch die Pharmaindustrie, Versicherungen und Behörden.
Bis vor wenigen Jahren wurden die Gesundheitsdaten sogar vor den gesetzlichen Krankenkassen geschützt, da die Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen, die zwischen ÄrztInnen und Kassen zwischengeschaltet sind, keine Daten weitergeben durften. Inzwischen ist der Datenschutz an dieser Stelle aufgeweicht worden, was z.B. dazu führte, dass eine Krankenkasse Daten sammelte und anschließend teure und kranke Versicherte hinausdrängte. Auch andere Kassen werden immer wieder für Verstöße gegen den Datenschutz vom Bundesversicherungsamt angeprangert.
Gesundheitsdaten sind schon heute eine begehrte Ware der Industrie. Die Staatsanwaltschaft Halle ermittelt zum Beispiel gegen MitarbeiterInnen eines großen Pharmakonzerns. Der Verdacht: Illegaler Datenankauf bei ÄrztInnen.
Mit der e-Card und erst recht mit dem geplanten E-Health-Gesetz wäre es mit dem verbliebenen Datenschutz endgültig vorbei.
Mit der Vorlage des neuen E-Health-Gesetzesentwurfs durch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe wurde nämlich inzwischen öffentlich, dass die Bundesregierung plant, der Privatwirtschaft Zugang zu PatientInnendaten zu ermöglichen. Künftig könnten private Firmen wie z.B. Apple ganz legal PatientInnendaten nutzen, um damit Profite zu machen.
Dabei gehen der Biotechnologie-Industrie Gröhes Absichten noch nicht weit genug: Industrie-VertreterInnen ließen Mitte April vor der Eröffnung der Medizin-IT-Messe conhIT in Berlin die Katze aus dem Sack, indem sie von Gröhe "Anpassungen des Entwurfs zum E-Health-Gesetz" forderten.
Gleichzeitig soll mit dem geplanten Gesetz der Zugriff auf medizinische Daten auch ohne die Anwesenheit der PatientInnen und ohne ihre Einwilligung möglich sein. Damit ginge die Kontrolle der PatientInnen über ihre Krankheitsdaten völlig verloren, was dem anfänglichen Konzept der e-Card widerspricht, und es ist zu befürchten, dass das Bekanntwerden von Krankengeschichten zur Diskriminierung vieler PatientInnen führen wird.

"Die e-Card ist der Schlüssel für die digitale Speicherung aller Patientendaten außerhalb der jetzigen Speicherorte in Kliniken und Praxen. Es geht darum, die Verfügung über alle Daten hier faktisch in die Hände von Krankenkassen und Gesundheitsindustrie zu legen." Ausführende Organe sind private Providerfirmen - niemand kann diese Daten auf Dauer schützen. "Die ärztliche Schweigepflicht wäre dann Geschichte."

Kontakt : ecard_boykott_goettingen@lists.riseup.net

 

Gesundheitskarte, Datenschutz, informationelle Selbstbestimmung

Veranstaltung Dienstag, 17.2.2015 um 19:30 Uhr
In den Räumen von Arbeit und Leben in der Langen Geismarstr. 72/74

In Göttingen hat sich im Herbst 2014 eine Initiative von Menschen gebildet, die die elektronische Gesundheitskarte (eGK) ablehnen. Diese Initiative informiert über die Möglichkeiten Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen zu können ohne zum willfährigen Datenlieferanten mit der neuen elektronischen Krankheitskarte zu werden.

Die Einführung der eGK ist der erste Schritt zur Umsetzung einer teuren, überflüssigen und datenschutzgefährdenden Horrorvision im Gesundheitswesen. Die Politik will diesen ersten Schritt zurzeit gegen den Wunsch vieler Versicherter und gegen die ablehnenden Stellungnahmen von ärztlichen Standesorganisationen durchsetzen. Indem die alten Versichertenkarten ab dem 1.1.2015 für ungültig erklärt werden und das Bundessozialgericht einen Anspruch auf eine herkömmliche Plastikkarte zum Nachweis des Krankenversicherungsschutzes verneint hat, sollen die Patientinnen und Patienten zum Benutzen der eGK gezwungen werden. Das muss so aber nicht sein! Auch nach dem 1.1.2015 können Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung auch ohne eGK zum Arzt oder zur Ärztin gehen. Der Anspruch auf die Leistungen der Krankenkassen gelten auch für Menschen, die keine eGK haben, weil sie z.B. kein Lichtbild eingereicht haben. Die Krankenversicherungen müssen in solchen Fällen Ersatzbescheinigungen (sog. "papiergebundener Anspruchsnachweis") ausstellen, die für die Ärztinnen und Ärzte als Versicherungsnachweis ausreichend sind, so dass sie wiederum ihre Leistungen mit der Krankenversicherung abrechnen können. Dies gilt auch für Versicherte, die bereits die eGK haben. Weitere Informationen dazu gibt es auf der Internetseite www.stoppt-die-e-card.de. Wir fordern alle Versicherten auf, die eGK zu boykottieren und damit ein Zeichen gegen die zunehmende Bürokratisierung und für den Schutz unserer Gesundheitsdaten zu setzen. Wir fordern alle Ärztinnen und Ärzte auf, Menschen ohne eGK die gleiche medizinische Hilfe zukommen zu lassen wie anderen Patientinnen und Patienten auch. Wir fordern alle Krankenversicherungen auf, ihren Mitgliedern unbürokratisch Versicherungsnachweise auszustellen und ohne Schikanen alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen. Alle Menschen, die sich gegen die eGK und für ein umfangreiches Recht auf informationelle Selbstbestimmung engagieren wollen, also auch die Versicherten, die bereits im Besitz einer eGK sind und die sich aber zunehmend Gedanken über die Sicherheit ihrer Gesundheitsdaten machen, sind zum nächsten Treffen eingeladen: Dienstag, 17.2.

 

Zwang zur Krankheitsdaten-Bereitstellungs-Karte ab 1.1.2015 - Chancen für einen Boykott?

23.9.14 / Auch in den Zeiten der freiwilligen Bereitstellung persönlicher Daten in "Lebensdatenerfassungssystemen" google, facebook, von Unternehmen und Behörden gibt es noch Menschen, die sich gegen die völlige Kapitulation des Datenschutzes wehren. Gegen die "elektronische Gesundheitskarte" die eher "Krankheitsdaten-Bereitstellungskarte" heissen müßte, regt sich Protest. Da ab 1.1.2015 nur noch diese neue Karte gültig sein wird, entsteht ein Zwang zur Einwilligung, dem sich einige Menschen aber nicht ohne weiteres beugen möchten. Mit ihrer kritischen Haltung stehen sie nicht alleine. Selbst der Beauftragter für den Datenschutz des Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands rief schon 2009 auf einer Tagung in Göttingen tatsächlich aus: "Diese Karte ist des Teufels!". Allerdings ist die Welt mit so vielen anderen Katastrophen beschäftigt, dass eine Wiederauflage einer Art "Volkszählungsboykott" sehr unwahrscheinlich ist und die Folgen von Datenmißbrauchskatastrophen erst Jahre später die Gemüter erhitzt. Dennoch: Information jetzt ist wichtig.

Unter dem Titel "Die elektronische Gesundheitskarte Fluch oder Segen?" fand eine Einladung zum Informations-und Austauschtreffen am 18.9.14 im ver.di-Bildungswerk statt. Eine Gruppe boykottierender Versicherter wollte zum Gedankenaustausch anregen und richtete sich dabei sowohl an Versicherte, ÄrztInnen, NotfallmedizinerInnen, PsychotherapeutInnen und ApothekerInnen.

Im Einladungsflyer heisst es:
" Seit dem 1.1.2013 gilt in allen Arztpraxen bundesweit die elektronische Gesundheitskarte (eGK). Mithilfe dieser Karte sollen sämtliche PatientInnendaten über Diagnosen, Behandlungen, Medikationen etc. im virtuellen Raum gespeichert werden. Datensicherheit kann es bei diesem Mammutprojekt nicht geben. So steht zu befürchten, dass nicht nur - wie behauptet - medizinisches Fachpersonal und Apotheken Zugriff auf die Daten haben werden. Neben den Herstellern und Betreibern dieses Kartensystems und deren Dienstleistern werden früher oder später auch Pharmaunternehmen, Versicherungen und viele andere auf die Daten zugreifen können. Die Versicherten selbst hingegen sollen keinen Einblick in die über sie gespeicherten Daten erhalten. Weitere Nachteile der eGK sind z.B. die klammheimliche Aufhebung der ärztlichen Schweigepflicht die Abschaffung des Rechts auf infoormationelle Selbstbestimmung die Unmöglichkeit der Einholung einer unabhängigen ärztlichen Zweitmeinung und einer unvoreingenommenen Behandlung. Zudem kann niemand heute schon sagen, welche weiteren Funktionen die Karte morgen haben wird. Was können wir tun? Seit Einführung der eGk regt sich Widerstand. Viele Versicherte haben die Einsendung eines Fotos und damit ihre Mitwirkung an der Erstellung derKarte verweigert. Die Krankenkassen und die ÄrztInnen gehen mit diesem Widerstand sehr unterschiedlich um. Was passiert, wenn ab dem 1.1.2015 nur noch die neue eGK gültig sein wird? Welche Möglichkeiten haben wir, die neue Karte zu boykottieren?" Und hinzugefügt wurde: "Auch diejenigen, die schon eine eGK haben, können sich dem Boykott anschließen."

Kritische Organisationen:
Chaos-Computer-Club schreibt z.B.: "Von der Öffentlichkeit fast unbemerkt wird zeitgleich mit der Gesundheitskarte jedem Bürger eine eindeutige Nummer (Patienten-ID) zugewiesen. Damit kann jeder Mensch und seine Krankengeschichte auch nach Jahren noch zurückverfolgt werden. Die Stammdaten aller Versicherten werden zentral und unverschlüsselt gespeichert sowie zur Authentifizierung genutzt." (Quelle)
Kölner Komitteee für Grundrechte und Demokratie ,
Initiative "Stoppt die e-card"

Unkritische Propaganda
Bundesministeriums für Gesundheit:

 

Podiumsdiskussion 2009

Am Freitag, den 6.2.2009 fand in der Paulinerkirche, Papendiek 14, von 13 bis 19 Uhr eine Veranstaltung zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte statt.

Eigentlich schien es kaum Sinn zu machen, grundsätzliche Fragen bei dieser Veranstaltung zu äußern. Zu hermetisch abgeschlossen fuhren die Referate gemeinsam im Zug "elektronische Gesundheitskarte" wobei es nicht mehr um dass"Ob" sondern nur noch um das "Wie" ging; bis am Schluß der Veranstaltung mit Dr. Enno Gienke, noch ein vehementer Kritiker der Ärzteschaft ans Mikro ging und ein paar Minuten zur Verteufelung des ganzen Projektes zugestanden bekam.

Dr. Enno Giencke ist Sprecher und Beauftragter für den Datenschutz des NAV-Virchow-Bund, Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands, der die Interessen der niedergelassenen und ambulant tätigen "Ärztinnen und Ärzte aller Fachgebiete gegenüber Regierung, Parlament, der inner- und außerärztlichen Öffentlichkeit, der ärztlichen Selbstverwaltung und sonstigen am Gesundheitswesen Beteiligten auf Bundes- und Landesebene vertritt."

Dr. Enno Gierke wetterte drauf los und rief wortwörtlich "diese Karte ist des Teufels". Er sieht in der Gesundheitskarte einen Angriff auf die Grundrechte von Patienten und Ärzten.

In einem Text auf der Homepage seiner Organisation heisst es: "Krankenkassen bringen eigenwillig ihre Karten heraus. Völlig unverständlich ist das Vorgehen der Betreibergesellschaft gematik. Sie duldet entgegen eines Bundestagsbeschlusses nur ein Modell, eben das vom BMG vorgelegte sehr teure und langsame, bereits veraltete und umständliche. Das benötigt einen Server, eine Art Speicher, der als riesige Gefahr für die Datensicherheit angesehen wird. Der Zugriff von Krankenkassen und Staat mag anfänglich eingeschränkt werden. Was aber passiert mit den unheimlich großen Datensammlungen in 5 oder 10 Jahren unter anderen finanziellen oder politischen Bedingungen, nach rasant wachsenden Erkenntnissen der Genforschung zu Erbanlagen? Datenschützer warnen: "Gespeichert bleibt gespeichert." (Quelle:Homepage der Organisation der niedergelassenen Ärzte http://www.aekn.de ) Allerdings blieb seine Kritik einfach im Raum stehen, die Karawane zog einfach weiter. Zur Diskussion kam es eh nicht - wie immer bei hermetischen Veranstaltungen fehlte dann plötzlich die Zeit. Immerhin hatten Göttinger UnterstützerInnen von Datenschutzinitiative Stoppt die e-card Infomaterial ausgelegt.

Keine Rezeptausgabe in der Nachtapotheke bei Stromausfall?
Anlässlich eines Stromausfalls in der Göttinger Region im Februar 2009 darf auch gefragt werden, wie allein Rezepte im Notfall des Nachts zB von Apotheken behandelt werden sollen, wenn sie nur noch per Gesundheitskarte abrufbar sind, wegen Stromausfall aber alle Geräte stillstehen. Auf dieses Problem machte uns ein Apotheker bei der Gesundheitsmesse aufmerksam.

Es nahmen auf dem Podium teil: Moderation: Prof. Dr. Gerald Spindler, Zentrum für Medizinrecht der Universität Göttingen:

Oberregierungsrätin Jana Holland,
ist quasi für die Einführung der Karte im Regierungsamt tätig.

Bundesministerium für Gesundheit, Seit 2002 im Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung im Referat "Allgemeines Gesundheitsrecht, Patientenrechte, elektronische Gesundheitskarte" tätig, seit 2003 in der Projektgruppe Telematik-Gesundheitskarte des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung.

Zitat: "Die Gesundheitskarte wird das entscheidende informationstechnische Bindeglied in unserem Gesundheitssystem. Sie wird der Schlüssel sein, der alle Betei- ligten – ca. 80 Mio. Versicherte, 21.000 Apotheken, 123.000 niedergelassene Ärzte, 65.000 Zahnärzte und rd. 340 Kran- kenkassen informationstechnisch verbindet"
>> Aufsatz zur "Implementierung der Gersundheitskarte"

Prof. Dr. Gunnar Duttge (Jurist Strafrechtler), Zentrum für Medizinrecht Uni Göttingen (Ethikkommission, Themen wie Patientenverfügung.

- Prof. Dr. Heinrich Hanika, Wirtschaftshochschule Ludwigshafen: Europarechtliche Determinanten und Entwicklungen zu "eHealth"
- RA Prof. Dr. Christian Dierks, Dierks + Bohle, Rechtsanwälte, Berlin:Rechtliche Rahmenbedingungen und Zweifelsfragen wird von Roche in einem Videobeitrag zu Rate gezogen, wenn sich Ärzte von den Krankenkassen bei der Verschreibung von Arzneimitteln eingeschränkt fühlen. (>> Video auf der Webseite von Roche)
Prof. Dr. Otto Rienhoff, Abteilung Medizinische Informatik. (Arzt, Med. Informatiker) "Fachlichen Koordinator" des Projektbeirates "bIT4health - bessere IT für bessere Gesundheit" (http://www.dimdi.de/de/ehealth/karte/index.htm) des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziales.
Dr. Franz-Joseph Bartmann, Auswirkungen auf das Arzt-Patientenverhältnis - Bartmann ist seit 1988 Mitglied der Kammerversammlung der Ärztekammer Schleswig-Holstein wo die Pilottests zur Gesundheitskarte durchgeführt wurden und ist seit 2007 Vorsitzender des Ausschusses Telematik der Bundesärztekammer (BÄK) In Schleswig Holstein.

Dr. Thilo Weichert, Landesbeauftragter für Datenschutz Schleswig-Holstein, Kiel: war von Anfang an an den Regelungen zur Gesundheitskarte in Schleswig Holstein beteiligt .

Er war uns bislang immer als kritischer Datenschützer bekannt, es ist schwer begreiflich, wieso er die Pläne zum Datenschutz bei der elektronischen Gesundheitskarte gut findet - weil er daran mitgearbeitet hat? Und werden diese Pläne überhaupt umgesetzt?