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Fussball EM 2008
Bilder
Türkinnen und Türken feiern mit Autokorso am Gänseliesel
Deutschlandfähnchenreport
Globalisiertes
Durcheinander führt "Nationalmannschaft" ad absurdum
Bilder Türkinnen und Türken feiern mit Autokorso am Gänseliesel
11.6.08 , nach dem Spiel Schweiz gegen Türkei machten Fussballfans einen Autokorso durch die Fußgängerzone. Die Türkei spielt ebenso wie Russland bei der EM mit, auch wenn sie nicht zur EU gehören. Der Fußballverband entscheidet bei der EM wie weit Europa geht.
Ein Auto im Korso hatte zwar die türkische Flagge am Fenster geklemmt, aber aus dem Beifahrerfenster hielt jemand die portugiesische Flagge und schrie "Por-tu-gal".
Erstaunlich, dass in der Fahrverbotzone jedenfalls in der ersten Stunde keine Polizei einschritt. Die verlegte sich aufs vorsichtige Beobachten.
Ca 10 Minuten nach Ende des Spiels, das die Mannschaft, die für die Türkei spielte gewonnen hatte, fuhren die Fans vors Gänseliesel. Anschließend fuhren sie hupend und fahnenschwenkend den Ring, Berliner Str. hin und her. Zu diesem späteren Zeitpunkt waren schätzungsweise 40 bis 60 Wagen am Herumfahren und Fahnenschwenken beteiligt.
Deutschlandfähnchen .. Report
Prolog: Wer in einem Zimmer sitzt in dem die Luft langsam schlechter wird, merkt das nicht so gut wie jemand, der von draußen ins Zimmer reinkommt. Ebenso bleibt ein Frosch in einem Topf mit Wasser sitzen, wenn es langsam zum Kochen gebracht wird. So geht er dann elend zugrunde. Ist das Wasser aber schon heiss wenn man ihn in den Topf setzt, dann springt er sofort wieder raus (letzteres haben die von der Band Tres Sapos Cocinados geschrieben).
12.6.08 / Bei der Fußballweltmeisterschaft 2002 waren erst wenige Fahnen und Fähnchen zu sehen. Im Jahr 2005 kam dann diese Kampagne "Du bist Deutschland" auf die wir nur eine satirische Antwort hatten. Mit der Weltmeisterschaft 2006 kam die Wimpel-Welle und damit Deutschlandfahnen massenhaft zum Einsatz. Auch damals regte sich satirische Kritik
 Foto: kpw / 2006 Nachtrag 17.7.06 Angebot eines "Verkaufsstandes" Samstags vor dem Endspiel: zwei Demonstranten auf der Weender Straße mit diesem Schild. |
Alternative
Fahnen Hübsch wäre auch ein typisches Symbol in Gelb wie z.B. Fussball, Rippchen mit Sauerkraut, ein Bierglas, Lederhosen oder ein röhrender Hirsch. |
Inzwischen
sind fast überall Deutschlandfähnchen zu sehen und viele haben zwei
am Auto, eins links, eins rechts. Manchmal auch Autos mit türkischer Flagge
auf der Fahrerseite und deutscher auf der anderen Seite.
Obwohl die Fähnchen
inzwischen schon sehr verbreitet sind, gibt es noch Orte die bisher wimpelfrei
waren und wo das Auftauchen von Deutschlandfähnchen überrascht, z.B.
im Nörgelbuff ...
 | Nörgelbuff: Als 1970 z.B. die Fundamentalbarden Hannes Wader, Roski, etc. im Nörgelbuff auftraten - und auch noch 10 Jahre lang danach - wäre das nebenstehende Bild im Eingang vom Nörgelbuff nur als Persiflage denkbar gewesen: Deutschlandflagge im Schaukasten vom Nörgelbuff. Schade .. der Text des Liedes "Vaters Land" von Wader ist im Netz nicht zu finden ... "Das Vaterland, das Vaterland, das ist mir gänzlich unbekannt..." |
Weniger überraschend aber dann doch etwas heftig : Café P - (Nikolaikirchhof, neben Buchladen Rote Straße) setzt noch eine Nummer drauf: Vor dem Fernsehgerät hängen über den Bänken Girlanden mit schwarz-rot-gelbe Werbefähnchen. Die sind Werbemittel einer Schnapsmarke und tragen die Aufschrift "Mach ihn rein" . Da haben wir denn gleich mehrere Beklopptheiten zusammen.
Globalisiertes Durcheinander führt "Nationalmannschaft" ad absurdum
Fußball ist inzwischen ein globalisiertes Durcheinander. Mancheiner, bzw. recht viele meinen, dass die Eigenschaften eines Teams mit ihnen selbst etwas zu tun hätten, weil es ihre "Nationalmannschaft" ist, weil man doch aus dem gleichen Land kommt und deswegen der Glanz eines Sieges auch auf alle Mitglieder des Landes fällt.
Aber was früher schon Quatsch war ist heute noch absurder: die "Nationalität" der "Nationalmannschaft ist längst überholt.. Die Polen Podolski und Miroslav Klose spielten in der Spitze der deutschen Mannschaft gegen die polnische Mannschaft. Wobei es korrekter heissen müsste "Mannschaften, die in Polen und Deutschland zusammengestellt wurden und Spieler der unterschiedlichsten Herkunft umfassen"..
Kevin Dennis Kurányi hat übrigens ganz formell die doppelte Staatsbürgerschaft und könnte auch für Brasilien spielen. Bei Mario Gomez ist es die die deutsche und die spanische Staatsbürgerschaft ( im Alltag spielt er für VFb Stuttgart). Ausgerechnet David Odonkor bei dem jemand vermuten könnte, dass er einen Migrationshintergrund hat , der ist in Bünde/Deutschland geboren, aber der spielt im auch im Alltag für Spanien. Ronaldinho ist eigentlich Brasilianer und spielt in der portugiesischen Mannschaft. In der polnischen Mannschaft spielt ein Brasilianer, der erst vor 3 Monaten die polnische Staatsbürgerschaft angenommen hat , vermutlich ausschließlich wegen der Absicht, ihn in der Nationalmannschaft einzusetzen. Der portugiesische Nationalspieler Petit hätte auch für Frankreich spielen können "entschied sich aber für das Land seiner Vorfahren" (TV-Kommentator) Und für die Österreicher läuft der Kroate Vastic als Mitglied der österreichischen Mannschaft gegen die kroatische Mannschaft aufs Feld. Und wenn der nationalspieler Ümit Korkmaz für Österreich gegen die Türkei spielen sollte, dann spielt er mit einer seiner zwei Staatsbürgerschaften gegen die andere.
Die Differenz zwischen dem Auftreten als "Nationalspieler" und der alltäglichen Zugehörigkeit zu einem Verein in einem anderen Land macht den Nationalismus auch etwas lächerlich, um nur ein Beispiel zu nennen: sämtliche Spieler der tschechischen Nationalmannschaft spielen im Alltag ausserhalb der Tschechei. Noch absurder werden die Gefühle der Lokalpatrioten, die sich mit der Mannschaft einer Stadt identifizieren und von "unserer Mannschaft" sprechen, wenn wie z.B. bei Chealsea z.B. allein schon 3 Spieler aus Portugal sind (demnächst wechselt der portugiesische Trainer auch noch da hin) . Die Chaealtsea-Spieler Ballack und Lehmann sind auch nicht gerade Ureinwohner von Chealsea. Tja und die armen Schweizer-Mannschaft, die gegen die Türkei-Mannschaft 2:1 verloren hat verdankte ihr einziges Tor einem türkischen Spieler in ihren Reihen.
Wer sich klein und schwach und erniedrigt fühlt möchte gerne etwas von dem Glanz einer siegreichen Mannschaft abhaben und ein schlichtes Gemüt lügt sich die Absurdität in die Tasche, dass ihn irgendetwas mit dieser Mannschaft verbindet . Aber genau das ist sowieso Quatsch, denn die Spieler haben mit den Zuschauern und Fans einfach NICHTS zu tun.
Als Reaktion auf Befürchtungen angesichts der neuen Unbefangenheit mit Nationalismus ist oft so etwas zu hören wie: "Ach das ist doch nicht so schlimm, das ist nur wegen des Sports". Unsere Prognose ist, dass sich die "Droge Nationalstolz" auch in in Zeiten außerhalb von EM und WM demnächst für Kicks gesucht wird und vielleicht zu politischer "Beschaffungskriminalität" führt.
>>
Multikulturelle
Zusammensetzung der D-Mannschaft
>> Multikulturelle
Zusammensetzung der Manschaft "Schweiz"
>> Theweleit
Interview zu Multikulti-Mannschaften und Nationalismus