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ALG 2 : Widerspruch gegen Bescheid

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Widersprüche und
Klagen
Politisch formulierter Widerspruch

Da eine Vielzahl der Bescheide Fehler enthalten ist es nichts besonders aufregendes für die Behörden, wenn jemand Widerspruch einlegt. Niemand sollte auf das ihm zustehende Recht und Geld verzichten nur weil er/sie befürchtet, vielleicht Schwierigkeiten zu bekommen. Mit Hilfe der angegebenen Materialien kann man sich selbst schlau machen, wer sich dabei alleine vorkommt, kann sich an Beratungsstellen wenden.

 

Widersprüche und Klagen
gegen das Amt für Arbeit und Soziales im Landkreis Göttingen

25.2.10 / Im Sozial und Gesundheitsausschuß des Landkreises wurde am 16.2.10 u.a. die Widerspruchs- und Klagestatistik des Amtes für Arbeit und Qualifizierung für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2009 vorgestellt. Außerordentlich hoch ist die Zahl der offen gebliebenen Widersprüche und Klagen. Binnen eines Jahres ist diese Zahl bei den Widersprüchen sogar um mehr als 50 % angestiegen. Da wäre schon wünschenswert, genauer zu erfahren um welche Probleme es sich bei den Widersprüchen handelt. Eine entsprechende Frage nach Häufungen besonderer Ursachen wurde mit der Antwort beschieden, dass sich angeblich keine besondere Häufung einer besonderen Art von Problemen habe feststellen lassen. Und bei nochmaliger Nachfrage meinte der zuständige Dezernent Wucherpfennig: Das würde ja bedeuten, dass ein systematischer Fehler in der Arbeit vorläge. Da die Klagestatistik nicht nach dem Streitgegenstand bzw. der Streitfrag ausdifferenziert ist, kann diese Behauptung leider nicht überprüft werden.

Welche Fälle beispielsweise auf den Klageweg gebracht wurden ist auf einer gesonderten goest-Seite zusammengetragen und zeigt welch existentielle Not hinter den Zahlen der Tabelle steht

> Abzüge bei TagessatzverkäuferInnen vom ALG 2
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Kinderbetreuungszuschlag Landkreis unterliegt vor Gericht endgültig
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Wohngemeinschaft zählt nicht als "Familie" !
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Krankenhausverpflegung ist keine "Einkommen"
> Zuckerkranken die Hilfe verweigern, dann weitersehen ...?
> Kleinliche Regelung: Eine Geburt unter ALG II - Bedingungen

Widersprüche

aus den Vorjahren (bis 31.12.2008 nicht erledigt)

417

im Jahr 2009 hinzugekommene Widersprüche

1.684

im Jahr 2009 zu bearbeitenden Widersprüche

2.101

Zurückweisungen

- 822

Teilabhilfen (Hier hat das Amt etwas korrigieren müssen)

- 266

Abhilfen (Hier hat das Amt etwas korrigieren müssen)

- 297

Rücknahmen

- 45

sonstwie erledigte

- 6

Entschiedene / Erledigte Widersprüche im Jahr 2009

- 1.436

Offen gebliebene Widersprüche am 31.12.2009

665

Klagen

Klagen aus den Vorjahren (bis 31.12.2008 nicht erledigt)

657

zuzüglich der im Jahr 2009 eingelegten Klagen

286

im Jahr 2009 zu bearbeitenden Klagen

943

Rücknahmen durch Kläger

-70

durch Abhilfe beendete (das Amt hat etwas korrigieren müssen)

-40

gewonnene

-36

teilweise gewonnene / teilweise verlorene

-28

verlorene

-13

Vergleiche

-0

sonst wie erledigte

-1

Entschiedene / Erledigte Klagen im Jahr 2009

-188

Unerledigte Klagen aus 2009 am 31.12.2009

755

Quelle: das technisch ausgezeichnete digitale Archiv des Landkreises (von dem sich die Stadt eine Scheibe abschneiden könnte) darin als pdf-Datei die Ausschußvorlage in openplenum.de aber leider eben nicht die gewünschte Ausdifferenzierung nach Art der Widersprüch

 

Materialien für Widersprüche gegen ALG II-Bescheide

Externe Links:

Politisch formulierter Widerspruch

Dieser Widerspruch wurde am 14.2.05 auf der Montagsdemo am Marktplatz vorgestellt und vorgelesen

Widerspruch gegen ALG 2 Bescheid ( Muster / Vorlage / Vorschlag)

Name : Göttingen, den....................
Anschrift:............................................

An das Sozialamt Göttingen/Bundesagentur für Arbeit Göttingen

Begründung zum Widerspruch gegen den Bescheid der Bundesagentur für Arbeit/des Sozialamts vom:.................................
BG-Nr.:............................
zugestellt am:................

Ich beantrage die Zahlung einer Arbeitslosenunterstützung in Höhe der realen Lebenshaltungskosten, da die Höhe des derzeitigen Arbeitslosengeldes II (wie auch die Höhe des neuen Rentenversicherungsbeitrags für Arbeitslosengeld-II-Bezieher) nicht ein in Grundgesetz und BSHG garantiertes Leben in Würde er- möglicht und durch das "Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Ar- beitsmarkt" (Hartz-IV-Gesetz) eine Reihe weiterer Rechtsgrundsätze verletzt werden.

Im Detail lege ich Widerspruch ein:

  1. gegen die Höhe der Lebensunterhaltskosten von 345 Euro monatlich, sowie
  2. gegen die Höhe der Mietpauschale von 245 Euro für die "Kaltmiete" plus Betriebskosten, zusätzlich Heizkosten,
  3. gegen die Verpflichtung, jedwede Arbeit, sofern die Bezahlung nicht sittenwidrig ist, annehmen zu müssen, sowie gegen die niedrigen Hinzuverdienstregelungen,
  4. gegen die abgesenkte Rentenversicherung für Arbeitslose in Höhe von 4,26 Euro jährlich,
  5. gegen das finanzielle Fordern, dem kein Fördern gegenüber steht.
  6. Zu 1.
    Laut Erklärung der Bundesregierung soll der Betrag von 345 Euro der durchschnitt- lichen Sozialhilfe entsprechen. In ihrer Anlage zur Musterrede "Agenda 2010" vom 7.4.2003 hat die SPD-Fraktion jedoch festgestellt, dass die durchschnittliche Sozial- hilfe in Deutschland 379 Euro beträgt. Seither sind zwei Jahre vergangen, in denen es eine Inflationsrate von etwa 3% gegeben hat, davon allein 2004 1,6%. Der Betrag von seinerzeit 379 Euro hätte also selbst auf der Basis der Berechnungen der SPD-Fraktion auf mindestens 390 Euro erhöht werden müssen. Die Wohlfahrtsverbände sind in einer Analyse der Lebenshaltungskosten in Deutschland zu dem Schluss gekommen, dass die Bemessung der Regelsätze nach Hartz IV in einem "nicht nach- vollziehbaren Verfahren" erfolgt ist, d.h. dass eine "Regelsatzbemessung nach Kassenlage" erfolgt ist und dass das Existenzminimum realiter bei 412 Euro ange- siedelt werden muss. Auch die Bundesregierung hat zwischenzeitlich eingeräumt, dass die Berechnung des 345-Euro Betrags auf den Zahlen der letzten Einwohner- und Verbrauchsstichprobe von 1998 beruht, mithin auf Daten, die die Inflationsrate von 6 Jahren nicht berücksichtigen.
    Die Pauschalierung des Lebensunterhaltsbetrags/Regelsatzes für Arbeitslosen- geld-II-Bezieher ist nach allem dafür verwandt worden, den Unterstützungsanspruch von Langzeitarbeitslosen unter das Existenzminimum zu kürzen. Dies ist m.E. rechtswidrig, entspricht nicht dem Solidargedanken des deutschen Grundgesetzes und verletzt das Diskriminierungsverbot (Art. 1, 3, 20). Das Gleiche gilt im übrigen für den - ökonomisch nicht begründbar - noch niedriger angesetzten Lebensunter- haltssatz für Ostdeutsche in Höhe von 331 Euro.
    Darüber hinaus ist zu klären, ob es rechtlich überhaupt zulässig war, den Regelsatz im Rahmen einer Rechtsverordnung (und nicht per Gesetz) festzulegen.

    Zu 2.
    Die Mietpauschale von 245 Euro für eine Person soll vorgeblich ein angemessenes Mietpreisniveau für den Raum Göttingen widerspiegeln. Realiter stellt dieser Betrag jedoch kein durchschnittliches und entsprechend angemessenes Niveau dar, sondern das niedrigste Mietpreisniveau für eine Wohnung bis 50m2. Warum aber sollte die billigste Wohnung für Arbeitslose die angemessene Wohnung sein?
    Darüber hinaus entnehme ich dem Hartz-IV-Gesetz (§22), dass der kommunale Träger (Sozialamt) einem ev. Umzug von Arbeitslosengeld-II-Beziehern zustimmen muss, und zwar dann, wenn er erforderlich ist. Wann dies der Fall ist, soll offenbar das Sozialamt bestimmen dürfen. Diese Regelung ist m.E. entmündigend und inso- fern undemokratisch und stellt zudem neben einer Verletzung der Artikel 1 und 3 Grundgesetz (Diskriminierungsverbot) eine Verletzung des Artikels 11 dar, nach dem Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet garantiert ist. Ich bin, wie die große Mehrzahl der Arbeitslosen, gebildet und eigenständig und kann bei Vorhandensein von Arbeitsplätzen meinen Lebensunterhalt selbst verdienen. D.h. ich bin kein Untertan eines Sozial- oder Arbeitsamtes, sondern entscheide selbst, ob ein Umzug (aus welchen Gründen auch immer) erforderlich ist, zumal wenn ich die Kosten selbst zu tragen habe und die Miete nur bis zur Höhe der "angemessenen" Pauschale übernommen wird.
    Auch bei der Mietpauschale ist meines Erachtens die Pauschalierung wiederum dafür verwandt worden, den ökonomisch erforderlichen Betrag für Unterkunfts- kosten unter das reale Mietpreisniveau zu drücken. Dies mag für die Bundesagentur für Arbeit bzw. das Sozialamt zweckmäßig sein, wird hierdurch doch eine Menge Geld eingespart. Ich lebe jedoch in einem Rechtsstaat, in dem Rechtmäßigkeit vor Zweckmäßigkeit rangiert.

    Zu 3.
    Nach dem Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (Hartz-IV-Gesetz, § 10) sind Langzeitarbeitslose verpflichtet, jedwede Arbeit anzunehmen, auch unterbezahlte, nicht sozialversicherungspflichtige Arbeit, Minijobs, 1-Euro-Jobs sowie Arbeit, die mit der Berufsausbildungs absolut nichts mehr zu tun hat. Dies ist für die Bundesagentur für Arbeit/das Sozialamt zunächst einmal finanziell günstig, sofern ein solcher Arbeitsplatz überhaupt zur Verfügung steht, denn durch Hartz-IV werden keine neuen Arbeitsplätze geschaffen. Sinn der Vermittlungsbe- mühungen von Arbeitsagentur und Sozialamt ist es jedoch, mich für den normalen, d.h. ersten Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Ich bin freilich der Meinung, dass ich durch die zuvor genannten Arbeitsverhältnisse dequalifiziert werde, dass meine Chancen auf eine Stelle im normalen Arbeitsmarkt sinken und dass das Sozialver- sicherungssystem durch die Akzeptanz dieser Arbeitsverhältnisse und ihre Aus- weitung ausgehöhlt, d.h. finanziell beschädigt wird.
    Die Hinzuverdienstmöglichkeiten sind zudem, zumindest was 400-Euro-Jobs anbelangt, so restriktiv geregelt, dass das Erreichen eines Einkommens auf Höhe des Existenzminimums nicht möglich ist. Dies kann nicht Sinn einer Sozialgesetz- gebung (und Verwaltungspraxis) sein, die sich am Anspruch der Menschenwürde, am Solidargedanken des deutschen Grundgesetzes, am Recht auf Berufsfreiheit und am Verbot der Zwangsarbeit zu orientieren hat (Artikel 12 Grundgesetz).

    Zu 4.
    Seit 2005 werden Arbeitslosengeld-II-Bezieher nurmehr mit einem Beitrag von 4,26 Euro jährlich rentenversichert. Dieser geringe Beitrag wäre kein Problem, wenn es Arbeitsplätze zu Hauf gäbe und Arbeitslose bei Eintreten von Erwerbslosigkeit un- verzüglich einen neuen Arbeitsplatz annehmen könnten. In Deutschland fehlen je- doch nachweislich 7,5 Millionen Arbeitsplätze, so dass Millionen Menschen (sofern sie nicht verbeamtet sind) mit längeren Phasen von Arbeitslosigkeit rechnen müssen. Die ab 2005 abgesenkte Beitragszahlung ist insofern völlig realitätsfern und unzureichend. Sie bedeutet, dass ein Arbeitsloser, der das Pech hat, keinen Arbeits- platz, sondern lediglich 1-Euro-Jobs zu finden, für eine Rente von 800 Euro zukünf- tig 2oo Jahre erwerbstätig sein muss.

    Zu 5.
    Nach dem Hartz-IV-Gesetz sollen Arbeitslose ab 2005 gefördert und gefordert wer- den (§§ 1, 14). Ich stelle jedoch fest, dass alles läuft wie bisher: Ich bewerbe mich mit großem Engagement, halte mich trotz der immensen finanziellen Einschrän- kungen fachlich auf dem Laufenden, bemühe mich, meine Berufsfähigkeit belegbar zu machen, das Sozialamt aber hat den Anspruch des "Forderns" (Hartz-IV-Gesetz) verwirklicht, d.h. mein Einkommen unter das Existenzniveau gesenkt, die "Förde- rung" dagegen ist ausgeblieben. Dies entspricht nicht dem Willen des Gesetzgebers. Wenn überhaupt, so wäre die umgekehrte Reihenfolge angemessen: Arbeitslose sind zunächst einmal zu fördern, d.h. in einen sozialversicherungspflichtigen, gesell- schaftlich sinnvollen Arbeitsplatz, der ihren Fähigkeiten und Neigungen entspricht, zu vermitteln. Sofern ein Arbeitsloser dies ablehnt, ist u.U. eine Forderung ange- bracht.

    Ich möchte in diesem Zusammenhang einmal grundsätzlich feststellen:
    Ich bin nicht freiwillig arbeitslos, sondern werde als Folge einer unzulänglichen Arbeitsmarkt- , Wirtschafts-, Sozial- und Steuerpolitik zur Untätigkeit gezwungen.
    Ein solcher Sachverhalt sollte m. E. eher Veranlassung geben, mir Schadensersatz und Schmerzensgeld zuzuerkennen, als an mir diejenigen Gelder einzusparen, die der Staat, obgleich dazu verpflichtet (Der Staat hat nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, Steuern zur Finanzierung der Gemeinwohlaufgaben zu erheben.), bei Unter- nehmern, Aktionären, Vermögenden, Erben und Spitzenverdienern nicht einzu- ziehen wagt (Steuerermäßigung für Spitzenverdiener 2005: 6 Mrd. Euro entspre- chend den Einsparungen bei Arbeitslosen im Jahr 2005 in Höhe von ebenfalls 6 Mrd. Euro).
    Ich beantrage deshalb, den Lebensunterhaltsbetrag (Regelsatz), die Hinzuverdienst- grenzen wie auch die Mietpauschale auf eine Höhe anzuheben, die den realen Kosten in Deutschland und Göttingen entspricht, die Zumutbarkeitsregelung in einer Weise zu verändern, die die Reintegration in den ersten Arbeitsmarkt ermöglicht (und nicht lediglich die Ausweitung von Niedriglohnjobs in einem Hochpreisland fördert und die Statistik "verbessert"), die Rentenbeitragszahlung für Arbeitslose zumindest auf dem bis Ende 2004 geltendem Niveau zu belassen, besser: um mindestens 20% anzuheben, sowie zunächst zu fördern, und erst bei Ausbleiben der Bereitschaft, einen sozialversicherungspflichtigen Normalarbeitsplatz anzunehmen, zu fordern.

    (Unterschrift)

 

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