Carl Zeiss Microscopy in Göttingen
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Die Carl Zeiss Microscopy GmbH in der Königsallee 9-21 ist einer
von mehreren Standorten (Jena [Hauptsitz], München, Oberkochen, Cambridge
und Peabody). "Für den Schwerpunkt BioSciences entwickelt und
vermarktet die Carl Zeiss Microscopy in Göttingen aufrechte und inverse
Mikroskope, Stereomikroskope und darauf basierende Systeme für Industrie,
Wissenschaft und Forschung."
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31.10.2015 Demonstration
ab dem Schützenplatz um 10:30 Uhr. 650 Teilnehmer_innen
zogen in einem Demonstrationszug über die Godehard Straße, Berliner Straße
und Weender Straße zur Kundgebung um 11 Uhr an der Johanniskirche . Mögen
sich die Manager der Unternehmensleitung von Zeiss mal vorstellen, dass
diese Masse von Leuten, wie sie auf dem Demobild oben zu sehen sind, sich
den Spruch "...wandle Frust in Widerstand" zu eigen machen könnte
und sofort "die Brocken hinschmeissen".
(Vor einer Entwicklung wie beim >>Streik
bei Air France brauchen die Zeiss-Manager aber sicher keine Angst
zu haben)
In den Reden bei der Kundgebung war zwar immer wieder die Hauptorientierung auf ein Gespräch mit der Unternehmensleitung gelegt und dabei Hoffnungen auf die Beteiligung von Politiker_innen genährt worden. Wie man die Geschäftsleitung tatsächlich zu Verhandlungen und einer Rücknahme der Standort-Reduzierung bewegen will blieb unbeantwortet. Dass dies nur mit einer spürbaren Erhöhung des Drucks zu verwirklichen sein wird, das ist wohl die Meinung jener Demonstrationsteilnehmer_innen, die mit ihren Schildern einen etwas schärfern Ton anschlugen. Von der zaghaften Erinnerung an das Recht auf Warnstreik bis zur Faust und Widerstand war schon einiges auf der Demo zu merken. Von der Lust darauf, die Brocken jetzt hinzuschmeissen ist schon länger die Rede. Bei offiziellen Reden aber wird überwiegend auf Abwarten hin orientiert, während die Unternehmensleitung mit Hochdruck an der Abwicklung arbeitet. Demnächst wird es wohl zu spät sein für jede Verhandlung. An der Spitze des Zuges, passend zu Halloween, marschierte der symbolische Bezug zur Beerdigung des Zeiss-Standorts Göttingen. Die oft bemühte Symbolik mit Sensemännern und Sarg stellten keine Entschlossenheit zum Widerstand dar sondern illustrierten die Trauer darüber worüber man sich insgeheim schon abgefunden haben könnte, signalisierte also eher Resignation. Zweifel über die Sarg- und Sensemannsymbolik beschlichen wohl auch Betriebsratsvorsitzenden Dreyer, der mit Zylinder und Rassel vorneweg zog, denn er meinte später in seiner Rede auf der Kundgebung, halb entschuldigend, es sei wohl etwas makaber, was sie da gemacht hätten.
Redeliste auf der
Kundgebung
Am 31.10.15 wurde bei der Kundgebung mitgeteilt, dass die anvisierten 10.000 Unterschriften die regelmäßig auf dem Marktplatz gesammelt wurden bereits um 1000 übertroffen wurden. In einem Aufruf
der IGM zur Unterstützung Unterschriftenlisten heisst es:
Resolution
im Stadtrat Kein Abbau von Arbeitsplätzen
bei Zeiss Microscopy GmbH - Standort Göttingen langfristig sichern Begründung: Der Rat der Stadt Göttingen sieht mit großer Sorge die vom Vorstand der Carl Zeiss AG getroffene Entscheidung über 400 Arbeitsplätze am S tandort Göttingen bei der Zeiss- Tochter Microscopy GmbH abzubauen. Eine funktionierende Einheit wird zerstört. Hunderte von Arbeitsplätzen gehen durch die Entscheidungen des Zeiss Vorstandes in Göttingen ve rloren. Aus Göttingen verschwinden werden alle Werksbereiche - inklusive Forschung und Entwicklung - außer der Fertigung. Im Göttinger Werk gibt es jedoch eine starke Anbind ung von Industrie und Wissenschaft, somit von Forschung und Entwicklung. Beides ist nicht nur für die Produktentwicklung, sondern auch für die Gewinnung hochqualifizierter Fachkräfte unabdingbar. Durch die Verlagerung der Arbeitsplätze wird der ohnehin strukturschwache Raum Süd- niedersachsen ein weiteres Mal schwer belastet. Kaufkraft, aber auch Knowhow gehen der Region verloren und Familien werden getrennt.
Politische Stellungnahmen Stellungnahme WählerInneninitiative
GöLinke Stellungnahme Partei
DieLinke
Stellungnahme Landrat
Problemüberblick
30.9.15 / Update 1.10.15 2014 schrieb die IGMetall, dass bei Zeiss in Göttingen 685 Personen beschäftigt sind und 40 sich in Ausbildung befinden. Bei einem Mediengespräch des Betriebsrates am 1.10.15 wurde von 665 Beschäftigten und 29 Azubis gesprochen Die GmbH ist zu 100 % im Besitz der Carl Zeiss AG und somit Teil eines Gesamtkonzerns mit 25.000 Mitarbeiter_innen in rund 30 Produktions- , über 50 Vertriebsstandorten sowie rund 25 Forschungstandorten. Als kleines Rädchen im großen Konzerns ist der Göttinger Standort lediglich Spielball übergreifender Strategien der Standortverlagerung z.B. nach China. Nachdem die Leistungsauspressungs-Spezialist_innen von McKinsey bei Zeiss unterwegs waren hiess es, dass 300 Stellen plattgemacht werden sollen. So fragt sich ob der Auftrag war, vor allem eine Strategie des reibungslosen Stellenabbaus auszuarbeiten. Zeiss entzieht mehreren Hundert Personen die jetzige Existenzgrundlage Die Firma wird vielen Beschäftigten den Arbeitsplatz wegnehmen. Sie begründet dies mit der lapidaren Formel, dass sie "wettbewerbsfähiger" werden müsse, und nennt das dazugehörige Aktionsprogramm "Compete" (Wettbewerb). Was nichts anderes heisst, als dass Löhne und Gehälter für Personal eingespart werden sollen. Die Zahlenangaben für Personalreduzierungen schwanken zwischen 215 bis 400 Stellen. Beim Mediengespräch des Betriebsrates am 1.10.15 wurden die Reduzierung von 694 auf 240 genannt. Wobei bereits ca. 100 Personen sich aufgrund von propagierten Ausstiegsprogrammen bereit erklärt haben "freiwillig" zu gehen. Die verbleibenden Beschäftigten wären dann aber nicht einmal bei Zeiss Göttingen beschäftigt sondern unterstünden als "verlängerte Werkbank" der Verwaltung durch den Hauptsitz in Jena. Nebenbei wurde angemerkt, die Firmenleitung habe darauf gedrungen, dass beim Pressegespräch keine konkreten Zahlen genannt werden, da sie dies als "Betriebsgeheimnis" ansehe.
Große Unruhe in der Belegschaft In den Betriebsversammlungen
(des Betriebsates) wurden immer wieder Fragen über die Pläne
der Firmenleitung aufgeworfen - aber nichts wurde von der Firmenleitung
vernünftig beantwortet. Schließlich hatte die Firmenleitung
selbst am 25.9.15 eine Personalversammlung - als reine Arbeitgeberveranstaltung
- einberufen. Am Eingang erfolgten Taschenkontrollen von Beschfätigten
einer Security-Firma, die auch während der Versammlung im Saal rumstanden.
Die "Mitarbeiter_innen" waren wegen dieses Auftretens der Security-Firma
empört. Dann erfolgte auf der Versammlung die Bekanntgabe der Entlassungspläne
; die Mitarbeiter_innen waren k"erbost, geschockt und aufgebracht".
Unterschriftensammlung als Gegenaktion ...
Die Zeiss-Werbung vor dem Firmengebäude ähnelt der Informationspolitik des Zeiss-Managements |
Sommer
2015
Göttinger Betriebsexpress 196 Printausgabe
/ Artikeldokumentation "
In unserer letzten Ausgabe berichtete der GBE, dass bei Carl Zeiss Microscopy
Göttingen jeder achte Arbeitsplatz (75 von 650) abgebaut werden soll. Die Belegschaft und zumindest die Standort-BetriebsrätInnen machten Gegenvorschläge (z. B. die Wochenarbeitszeit im Rahmen einer schon existierenden Kapazitätsvereinbarung zu reduzieren). Als die Information die Belegschaften erreichte, gab es erzürnte Diskussionen. Vor allem auch deshalb, weil gerade im Unternehmenssektor Microscopy wachsende Umsatz- und Gewinnzahlen vorgelegt wurden. Das ist auch so geblieben. Im ersten Halbjahr 2014/2015 ist der Umsatz nochmals um 9 Prozent gestiegen (Zeiss im Bild = ZiB aktuell vom 7.5.2015). Schon der Headliner der aktuellen ZiB lautet allerdings "Es braucht größere Anstrengungen, damit wir unseren Erfolgskurs beibehalten" (Unterüberschrift: "Stabile Entwicklung der ersten Geschäftsjahreshälfte, aber stark durch günstige Währungseinflüsse geprägt") und signalisiert, dass der Abbauzug weiter rollen soll. Im weiteren Text wird erläutert, dass die Zielsetzungen noch weit höher angesetzt wurden. Die
Situation in Göttingen Gesamtbetriebsrat
stimmt zu Standortsicherung
und "freiwilliges" Ausscheiden Nicht
viel Zeit zum Nachdenken GBR-Politik
Göttinger
Betriebsexpress
/ Onlinefassung
11.3.15 Bei den 650 KollegInnen
der Firma Zeiss in Göttingen wächst die Sorge um die Arbeitsplätze. Umsatz
und Gewinn der Carl Zeiss AG sind zwar insgesamt deutlich gestiegen, allerdings
unterschiedlich hoch in den einzelnen Bereichen. Die Carl Zeiss AG ist
in sechs Bereiche aufgeteilt und vor allem die Bereiche Vision Care (Brillen
und sonstige Augenoptik) und Microscopy (Mikroskopie) erfüllten nicht
die Erwartungen und Planungen der Geschäftsführung und der Aktionäre.
Da hilft auch nicht, dass die Carl Zeiss AG einer Stiftung gehört, in
der oft betont wird, dass die MitarbeiterInnen das höchste Gut sind –
aber man unterliege eben auch dem Wettbewerb... Wir kennen diese Töne.
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