Erinnerung
an das Schicksal der Zwangsarbeiter/innen in der Göttinger Klinik 6.5.08
/ Zur Einweihung einer Gedenktafel am Donnerstag 8.5.08, 14 Uhr, Humboldtallee
19 zur Erinnerung und Ehrung der Zwangsarbeitenden am Göttinger Klinikum
sind uns "von studentischer Seite" einige kritische Bemerkungen in Form von Fragen
zugestellt worden. 
Die
Kritik geht davon aus, dass keine ehemaligen Zwangsarbeiter/innen zur Gedenkfeier
eingeladen sind und fragt: Warum ist kein Betroffener zur Gedenkfeier eingeladen?
Bei der Untersuchung kamen wohl etliche Studierende zum vermutlich "ehrenamtlichen"
Einsatz. Nun fragt man warum die Studierenden, die bei der Aktenbearbeitung des
Zwangsarbeitereinsatzes beschäftigt waren nicht zur Gedenkfeier eingeladen
sind. Es wird kritisiert, dass die Gedenkfeier "eigentlich öffentlich historische
Verantwortung zeigen soll", offensichtlich aber nur für einen kleinen internen
Kreis stattfinden soll und weiter wird gefragt: "Warum sind eigentlich die seinerzeit
aktiv Arbeitenden nicht zur Gedenkfeier eingeladen?" Die Gedenkfeier steht
im Zusammenhang mit einer Untersuchung "Zur Rolle der Zwangsarbeiter am Universitätsklinikum
Göttingen. "Der Vorstand des Bereichs Humanmedizin stellte im Jahr 2000 der
Abteilung Ethik
und Geschichte der Medizin (Leitung: Prof. Dr. Claudia Wiesemann) finanzielle
Mittel zur Verfügung, um eine Arbeitsgruppe zur Erforschung der Geschichte
der NS-Zwangsarbeiter am Universitätsklinikum Göttingen einzurichten,
die unter der Leitung des Medizinhistorikers Professor Dr. Volker Zimmermann die
Untersuchung durchführte, der anschließend auch als Herausgeber eines
Buches
zum Thema fungierte.
Wiesemann und Zimmermann werden "von studentischer Seite" gezielt kritische Fragen
gestellt. So gehen die Fragenden davon aus, dass Zimmermann das Thema Universitätsmedizin
"marginal behandelt" "Warum waren Zimmermann und Wiesemann bei keinem einzigen
Arbeitstreffen der engagierten? Warum hielt Frau Wiesemann reine Wissenschaft
für wichtiger als Entschädigung für die Betroffenen? Haben die
Beteiligten am Institut für Ethik und Geschichte der Medizin in den letzten
Jahren Korrespondenz mit den Opfern zur Entschädigung versucht?" Schließlich
wird gefragt ob " eigentlich "eine ehrliche Aufarbeitung der Ereignisse" interessiere.
Warum, so wird weiter gefragt "bekommen Göttinger Medizinstudierende für
Seminare Skripten, in dem die Göttinger Zwangsarbeitenden am Klinikum absichtlich
ausgeblendet werden?" 
Gedenkstein auf dem ehemaligen
Kliniksgelände wo heute Uni-Institute untergebracht sind
Einige
Hinweise auf die Schrecken der Zwangsarbeit in der Klinik Im
Dezember 2002 veröffentlichte
das Klinikum eine Meldung über die Fertigstellung der Untersuchung in
der u.a. zu lesen stand: "125 ausländische Arbeitskräfte im
Zeitraum von 1940 bis 1945 in unterschiedlichen Klinikeinrichtungen in Göttingen
beschäftigt waren. Die meisten von ihnen wurden 1942/43 eingestellt und blieben
bis zum Ende des Krieges in Göttingen. (...) 60 Prozent der Arbeitskräfte
in den Kliniken Aufgaben als "Haus- und Stationsmädchen" oder Pflegende verrichtet.
Knapp 30 Prozent davon waren in der Chirurgie eingesetzt. Im Versorgungsbereich
waren fast alle Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in Küche und Wäscherei
beschäftigt. 75 Prozent der Zwangsarbeitenden waren Frauen. Die meisten waren
sehr jung und kamen aus Russland sowie der Ukraine. Über 60 Prozent aller
ausländischen Arbeitskräfte waren unter 22 Jahre alt." und an
anderer Stelle heißt es ebenfalls zu diesem Bericht: "Wie Unterlagen
des Oberpräsidenten der Provinz Hannover belegen, benutzte die Universitätsfrauenklinik
schwangere Zwangsarbeiterinnen für Lehrzwecke. Im April 1944 hatte Heinrich
Martius, Göttinger Ordinarius für Gynäkologie und Geburtsmedizin,
beim Amt für Volkswohlfahrt um die Zuweisung von Schwangeren als Lehrmaterial
ersucht. Martius wollte Frauen aus dem Heim der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt
(NSV) in Göttingen rekrutieren. (...) Man wies die Schwangeren in ein "Gemeinschaftslager"
der Göttinger Gewerbe- und Industriebetriebe ein und brachte sie zu Lehrzwecken
in die Universitätsklinik. (...). Klar ist jedoch, dass gezielt herbeigeführte
Mängelzustände für die Frauen und die Säuglinge bestanden,
von denen viele zwischen dem erste und dritten Lebensmonat starben." 
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