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Flüchtlingsunterkunft Wollershausen

2.3.17 Protestkundgebung vor dem Landkreisgebäude

Dez.2016 Die Betreibergesellschaft GAB und Wollershausen
15.12.16 Kritischer Kommentar zu den Angaben der GAB
Dez.2016 goest: Warum wurde das marode Schloss mitgekauft ?

4.11.16 Protest von Flüchtlingen in Wollershausen
16.12.16 Demo zur Unterstützung der Flüchtlinge in Wollershausen
10.1.17 Hilferuf von Bewohner*innen in Wollershausen wegen Krätze

 

Wir dokumentieren einen offenen Brief, den eine Reihe von engagierten Personen aus Göttingen verfasst und unterzeichnet haben, in dem sie ihr Entsetzen und ihre Empörung über die erbarmungslose Abschiebung zum Ausdruck bringen:

Offener Brief 6.3. 2017

Dieser Offene Brief wurde an folgende Institutionen und Personen gesendet: Landrat Reuter, Oberbürgermeister Köhler, Kreisrätin Wemheuer, Fachbereich Soziales /Ausländerbehörde, GAB Südniedersachsen mbH, Fraktionen der Stadt und des Landkreises, sowie GT und HNA, Stadtradio, goest-göttinger stadtinfo

Am 3.3.2017 wurde eine palästinensische Familie erbarmungslos vom Landkreis Göttingen abgeschoben.(...)

An die Verantwortlichen für die Abschiebung der Familie aus Wollershausen nach Kopenhagen im konkreten Fall und stellvertretend für alle Abschiebungen

Sie, die Verantwortlichen für die Abschiebungsmaßnahme, reißen fünf junge Kinder mit ihren Eltern, die hier Schutz vor Krieg und Verfolgung gesucht haben, tief nächtlich aus dem Schlaf, um sie nach Hannover zu schaffen, in ein Flugzeug zu setzen und abzuschieben.

Für solch ein Handeln gibt es nicht einen einzigen Grund! Diese von Ihnen ausgeführte Abschiebepraxis traumatisiert zum wiederholten Mal die Kinder und ihre Eltern. Diese Handlung ist menschenverachtend, verstößt gegen das Grundgesetz und die allgemeinen Menschenrechte.

Wissen Sie, welche Retraumatisierung für die Kinder und Erwachsenen Ihre Aktion, mitten in der Nacht, aus dem Tiefschlaf gerissen zu werden, bedeutet? Sie müssen es wissen, wenn Sie einmal nachdenken und noch ein Fünkchen Empathie besitzen!

Mit solch einem Handeln verbreiten Sie Angst, Schrecken und Willkür! Diese drei Begriffe definieren - unter anderen - den Begriff Terror.

Wenn man sich bewusst macht, wie diese Abschiebung vollzogen wurde, kommt sofort der Gedanke, dass dieses eine Bestrafungs- und Abschreckungsaktion darstellen soll. Bestrafung für Teilnahme der Familie an einer Kundgebung tags zuvor, um auf verschiedene Missstände in der Unterbringung und Leitung des Flüchtlingsheims in Wollershausen aufmerksam zu machen.

Auch das ist menschenverachtend und widerspricht dem Grundrecht auf Demonstrations- und Meinungsfreiheit! Eine Gesellschaft, die für sich in Anspruch nimmt, demokratisch zu sein, muss in jedem Fall die demokratischen Grundlagen achten. Das sind das Grundgesetz und die allgemeinen Menschenrechte der Vereinten Nationen. Und wenn staatliche Organe so eklatant wie oben dargestellt, gegen diese verstoßen, sind Sie als Verantwortliche, Vertreter und Handelnde dieser Organe in der Pflicht, diese Praxis zu ändern.

Als Bürger*innen dieser Stadt und des Kreises fordern wir die Einhaltung der demokratischen Grundrechte für alle Menschen, die bei uns Schutz und Asyl suchen, ein. Das bedeutet im konkreten Fall der palästinensischen Familie eine sofortige Rückholung nach Göttingen.

Dazu fordern wir eine öffentliche Untersuchung, wer für diese brutale nächtliche Abschiebung konkret verantwortlich war.

Für Bleiberecht!
Für das Recht zu kommen, zu gehen und zu bleiben!
Gleiche soziale Rechte für alle!

Annette Bachmann, Jupp Weßling, Almut Schilling, Thomas Bertram, Stefanie Schiemann, Udo Trost, Stefan Klingbeil, Outi Arajärvi, Wilhelm Pflüger, Peter Gertz, Peter Lehmann, Karin Weland, Marina Timofeeva, George Torosyan, Gerd Nier, Ratsfraktion Göttinger Linke, Sandra Tabakovic, Flüchtlingshilfe Weende, Ulla Strüber, Reinhard Zietlow, Edgar Schu, Dr. Muriel Lize, Katja Körner, Ulrike Schrader, Björn Hillebrecht, Jens Greiner, Annette Ramaswamy, Dr. Mohan Ramaswamy, Konrad Kelm, Peter Birke, ak asyl, antiraplenum

6 Polizisten durchsuchen Zimmer

7.3.17 / In einer Aktion haben 6 Polizisten das Zimmer eines Ehepaares (Geflüchtete aus Iran) in Wollershausen durchsucht. Die beiden Menschen sind richtig geschockt gewesen und bekamen Angst. Es war zu erfahren, dass die GAB eine Anzeige gegen beiden eingeleitet habe und sie verächtigten einen Generalschlussel von GAB geklaut zu haben.
Die Tatsache, dass gleich 6 Polizisten/innen aufgefahren wurden drückt möglicherweise aus, dass die Flüchtlinge prinzipiell als bedrohliche Personen empfunden werden.

 

Arbeitskreis Asyl / Bündnis gegen Abschiebung 4.3.17
Erbarmungslose Abschiebung einer Familie

"Gestern hatte eine palästinensische Familie, ein Ehepaar mit ihren 5 Kindern, zusammen mit vielen weiteren Geflüchteten aus der Unterkunft Wollershausen vor dem Landkreis für ein selbstbestimmtes und menschenwürdiges Leben demonstriert. Diese Wünsche und Forderungen werden seit Wochen von den Zuständigen Behörden ignoriert. Letzte Nacht um 2.30 Uhr klopften nun 20 Polizist_innen an die Zimmertür der Familie. Als niemand der Familie die Tür öffnete wurde die Polizei ungeduldig und machte sich daran mit der herbeigeholten Security der Unterkunft die Tür zu öffnen. Aus Angst öffnete dann die Mutter selbst. Die Polizist_innen drängten sich in ihre Zimmer. Die Kinder wurden aus den Betten gerissen und die Familie bekam eine Stunde Zeit die Koffer zu packen. Diese überfallartige Aktion war ein Schock für die Familie, die Kinder waren psychisch am Ende. Sie wurden in 3 vor der Unterkunft geparkte Busse gedrängt und zum Flughafen in Hannover gefahren. Sie wurden in ein Flugzeug einer privaten Airline gesetzt und direkt nach Dänemark/Kopenhagen abgeschoben. In Kopenhagen angekommen wurden sie wieder in ein Flüchtlingslager gebracht. Diese brutale Abschiebemaßnahme hat viele Einwohner_innen der Unterkunft Wollershausen schockiert und sie haben Angst vor der eigenen Abschiebung. Wir vom Bündnis gegen Abschiebung empfinden tiefes Mitleid und Solidarität für die abgeschobene Familie und fordern ihre sofortige Rückkehr nach Deutschland! Wir verurteilen diese rassistische und menschenverachtende Abschiebepraxis. Wir verurteilen den Heimbetreiber GAB, der Teil der Abschiebemaschinerie ist, in dem er der Polizei half in die Zimmer der Familie einzudringen. Wir werden das so nicht stehen lassen, wir werden nicht akzeptieren, daß solche Abschiebungen weiter stattfinden und im Stillen geschehen.
(...)"


foto: goest, Vor dem Landkreisgebäude, 2.3.17

Protestkundgebung vor dem Landkreisgebäude 2.3.17

Trotz schwieriger Bedingungen sind etliche Flüchtlinge aus Wollershausen nach Göttingen gekommen, um vor dem Landkreisgebäude in der Reinhäuser Landstraße gegen die Bedingungen zu protestieren unter denen man sie in den Gebäudekomplex in Wollershausen gesteckt hat. Sie sind isoliert und fühlen sich von der Leitung der Einrichtung drangsaliert.

Wenn sich Menschen von einer Entscheidung des Landkreises so existenziell betroffen fühlen und den mühevollen Weg bis nach Göttingen auf sich nehmen um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen, dann sollte man erwarten können, dass ein/e offizielle/r Vertreter/in des Landkreises so viel menschlichen Respekt aufbringt und diesen Menschen Beachtung schenkt, zu ihnen kommt, mit ihnen spricht. Aber nichts! Einzig der Kreistagsabgeordnete Konrad Kelm (DieLinke) kam zu der Protestkundgebung.
6 oder 7 Mannschaftswagen der Polizei waren aufgefahren, so als ob die Flüchtlinge eine Gefahr darstellten.

Außer den Flüchtlingen waren eine Reihe von freiwilligen Helfer*innen anwesend, hatten eine mobile Lautsprecherbox besorgt. Durch mehrere Reden in verschiedenen Sprachen, die jeweils übersetzt wurden, bekamen die Flüchtlinge eine Stimme für ihren Protest.


Arabisch: Ich möchte mit meiner Tochter einen Platz haben


Iranisch: Wir wollen Zugang zur Gesellschaft, keine Isolation in der Flüchtlingsunterkunft


"We want be free like every other Refugees"

 


Die Betreibergesellschaft GAB und Wollershausen

Die Gesellschaft für Arbeits- und Berufsförderung Südniedersachsen mbH-gemeinnützig GAB ist eine 100%ige Tochter des Landkreises Göttingen. Mitglieder der Gesellschaftsversammlung sind bzw. waren Anfang Januar 2017 Marcel Riethig, Kreisrat (Vorsitzender), sowie die Kreistagsabgeordneten Gudrun Surup und Hans-Georg Schwedhelm. Die GAB wurde 1999 gegründet. Sie arbeitet an 4 Standorten (HaMü, DUD, Gö und Wollershausen) mit 6 Mio Umsatz und 130 Mitarbeiter*innen in den Bereichen Langzeitarbeitslose, Jugendhilfe und Flüchtlingshilfe.

Geschäftsführerin der GAB ist Magdalene Günther. Die 61-jährige Bovenderin übernahm die Position zum 1.11.16 von Friedrich Bauer (70). Magdalene Günther war zuvor u. a. langjährige alleinige Geschäftsführerin der Arbeiterwohlfahrt Gesundheitsdienste gGmbH.

Magdalena Günther / Foto Landkreis

Die Betreibergesellschaft GAB hat im Sozialausschuss des Landkreises eine Präsentation zur Flüchtlingsunterkunft Wollershausen erstellt, die im Internet abzurufen ist (5 MB) Wollershausen-Präsentation / Die Informationen der Präsentation sind in die folgende Abhandlung mit eingeflossen:
In Wollershausen (ca 480 Einwohner*innen) betreibt die GAB eine Wohnanlage für Asylbewerber*innen. Auf 3,8 ha befindet sich ein altes marodes Schloß von Wasser umgeben, ein Wohngebäude, ein Wirtschaftsgebäude sowie eine Turnhalle und Garagen. Die Liegenschaft wurde 2016 von der Jugendhilfe am Rohns erworben. Die Jugendhilfe Rohns ist eine Einrichtung des Dortmunder Sozialdienst katholischer Frauen SKF e.V. (Cariats) mit dem im Februar 2016 der Grundstückskaufvertrag abgeschlossen wurde. Der Kaufpreis der Liegenschaft einschließlich des Grundstücks betrug insgesamt 350.000 Euro zzgl. der Grunderwerbsnebenkosten.

Die Abteilung Flüchtlingsunterkünfte auf dem Gelände


Wohngebäude Wollershausen, im Vordergrund das Wasser des Schloßgrabens

2016 sind 30 Flüchtlige ins Wirtschaftsgebäude und 90 Flüchtlinge ins Wohngebäude eingezogen, November 2016 waren dort 47 Männer, 28 Frauen, 34 Kinder und Jugendliche, davon 20 schulpflichtig, 14 Kleinkinder

Personal: Betreuung von Liegenschaft und Bewohner*innen
1 Standortleitung Peter Niebuer / 1 Pädagogische Leitung / 3 Sozialbetreuer mit Sprachkompetenz 1 Erzieherin 1 Verwaltungskraft 2 Krankenschwester 1 Hausmeister 1 Gärtner 4 Reinigungskräfte (inkl. Betreuung Waschsalon), davon 1 Minijob 1 Minijob Fahrradwerkstatt

Maßnahmen und Angebote der „Regelförderung“ gem. § 45 SGB III : 7 TN Sprachkurs Uni Göttingen: 2 TN BAMF-Integrationskurse (laufend: 2 TN, ab Januar: 5 TN) Beratung durch die Qualifizierungsmanager für alle Bewohnerinnen und Bewohner

Freizeit Fahrradwerkstatt Strick- und Nähkurs Fußballtraining SV Rothenberg Yoga Hausaufgabenbetreuung Angeleitete Spielzeit für Kinder und Jugendliche Individuelle Patenschaften und Betreuungsangebote durch Ehrenamtliche Individuelle Nutzung der Turnhalle von 8:00 bis 22:00 Uhr

Geplante Maßnahmen für 2017
-- Einrichtung von Gemeinschaftsräumen für Klein- und Kleinstkinder, Kinder und Jugendliche, Erwachsene
--
Ausweitung Transportmöglichkeiten für Bewohner (z.B. Fahrten zu Ausbildungsstätten, Praktikumsplätzen, Kindergärten,) Die eingeschränkte Mobilität wurde bei der Präsentation im Vortrag als "großes Problem" bezeichnet. Im Sozialausschuss gewann man den Eindruck, dass sich einige Mitglieder darum kümmern wollen, dass für Einrichtung ein 9-Sitzer-Bus angeschafft wird.
--
Ausbau Erdgeschoss Wirtschaftsgebäude (Bistro, Werkstätten, Sanitäranlagen)
--
Sanierung Flachdach Turnhalle Nutzbarmachung des Außengeländes für Qualifizierungs- und Freizeitzwecke

 

Kritischer Kommentar zu den Angaben der GAB

Kommentar der Basisdemokratischen Gruppe auf Nachfrage von goest
>>
Wollershausen-
Präsentation

(15.12.16) "Die dort beschriebenen Maßnahmen sind aus unserer Sicht nicht geeignet, die von den Geflüchteten benannten Missstände zu beheben. Eine Ausweitung der Fahrdienste ist zwar besser als nichts, aber bei weitem nicht ausreichend um eine angemessene Mobilität der Bewohner_innen der Unterkunft zu gewährleisten. Dazu müsste es die Möglichkeit geben, auch den öffentlichen Nahverkehr zu Preisen zu nutzen, die für die Geflüchteten bezahlbar sind.
Weitaus problematischer sind jedoch die anderen Bereiche, insbesondere das Projekt "Blogger at work". Dieses genügt in keiner Weise den von den Geflüchteten artikulierten Forderungen. Die Bewohner_innen fordern "gut strukturierte Deutschkurse für die unterschiedlichen Niveaus". Stattdessen gibt es pro Tag nur einen anderthalbstündigen Deutschkurs, der für einen adäquaten Spracherwerb offensichtlich nicht hinreichend ist. Sprachzertifikate müssen nach Auskunft der Geflüchteten zudem auf eigene Kosten außerhalb Wollershausens (in der Regel in Göttingen) erworben werden. Die zwei Personen, die in der Statistik als diejenigen aufgeführt werden, die einen Sprachkurs an der Uni in Gö machen, haben sich ewig mit der GAB auseinandergesetzt (die wollte sie davon abhalten), machen das derzeit auf eigene Kosten (170 Euro für das Monatsticket) und lassen dafür Mahlzeiten aus, weil ihr Geld hinten und vorne nicht reicht.
Ansonsten handelt es sich bei "Modellprojekt Blogger at work" um eine Maßnahme, die mit dem propagierten Ziel der "Ausbildungsreife" pauschal fast alle Bewohner_innen der Unterkunft erfasst, ohne auf individuelle Bedürfnisse, Interessen, Vorerfahrungen oder Qualifikationen einzugehen. So wie dieses Projekt strukturiert ist, deutet Vieles darauf hin, dass es vor allem um eine relativ schnelle Einmündung in den Niedriglohnsektor geht. Die Situation in Wollershausen ist zudem so, dass Geflüchtete nicht den Eindruck haben, dass es sich um eine wirklich freiwillige Maßnahme handelt. Seitens der Bewohner_innen, zu denen wir Kontakt haben, wurde formuliert, dass sie negative Konsequenzen befürchten, wenn sie an den Kursen nicht teilnehmen.
"

 

goest: Warum wurde das marode Schloss mitgekauft ?

Dez 2017 / Für den Ausbau und die Einrichtung von zwei Gebäudekomplexen, nämlich Wohnheim und Wirtschaftsgebäude, werden vom Landkreis maximal 1.200.000 Euro bereitgestellt.

Unklar bleibt, welche Rolle das sicherlich denkmalgeschützte unbewohnte >>Wasserschloss spielt in dem auch keine Flüchtlinge untergebracht werden sollen. Es stand seit 10 Jahren zum Verkauf und dürfte einen erheblichen "Renovierungsstau" aufweisen. Zu Bedenken ist dabei, dass das Schloss in einem sumpfigen Gelände erbaut wurde und zur Stabilisierung des Untergrundes große Holzstämme notwendig waren. (Wikipedia).


Schloß Wollershausen / Foto Holger Bode 2010

Denkbar wäre, dass der Landkreis hier in der Mitte des fusionierten Landkreises Göttingen-Osterode bzw. an der ehemaligen Grenze zwischen beiden Altkreisen, ein repräsentatives Gebäude schaffen will und dabei erhebliche Mittel aus dem Denkmalschutz zu aquirieren hofft. Die Freigabe der Mittel zum Kauf von Schloss und Grundstück waren auch nur im Zusammenhang mit dem Bedarf für Flüchtlinge zu erreichen.

In der Vorlage "DER LANDRAT Drucksachen-Nr.: 0027/2016 Finanzverwaltungsamt Göttingen, den 03.02.2016 Az.: LR/20.1" heißt es:
Die überplanmäßige Bereitstellung von Mitteln war erforderlich. Diese sind jedoch nach § 117 Abs. 1 NKomVG zulässig, "wenn sie zeitlich und sachlich unabweisbar sind und ihre Deckung gewährleistet ist. (...) Vor dem Hintergrund anhaltend hoher Zugangszahlen erwartet der Landkreis Göttingen im Jahr 2016 Zuweisungen des Landes Niedersachsen zur Unterbringung von ca. 1.500 Flüchtlingen. (...) Um auf den weiteren Zustrom an Flüchtlingen vorbereitet zu sein und Unterkünfte zur Verfügung stellen zu können, muss der Erwerb umgehend erfolgen. (...) Da der Eigentümer zudem eine schnellst mögliche Veräußerung anstrebt und unter Umständen der Zuschlag andernfalls einem anderen Interessenten erteilt wird, ist die zeitliche Unabweisbarkeit ebenfalls gegeben." Das erklärt nicht warum das Schloss gekauft werden mußte. Unklar bleibt auch inwieweit der Vorbesitzer seine Pflichten zum Erhalt des Denkmals erfüllt hatte oder ob fehlender Denkmalschutz jetzt dem Landkreis aufgebürdet wird. Um das beurteilen zu können müßte der Kaufvertrag offengelegt werden.

 

Hilferuf von Bewohner*innen in Wollershausen wegen Krätze

Offener Brief aus Wollershausen

10.1.2017 Sehr geehrte Damen und Herren von Landkreis, Sehr geeehrter Landrat Reuter,
ich, Masoud Hosieni, und meine Frau Sudabeh Sakeri haben ein Anliegen: Meine schwangere Frau und ich sind am 6.10.2016 von der Aufnahmeeinrichtung Bad Fallingbostel in die Unterkunft Wollershausen, Mühlen Straße 1 verlegt worden und sind seitdem dort untergebracht. Leider hat sich meine Frau damals in Bad Fallingbostel mit Krätze angesteckt. Krätze führt zu starkem Juckreiz. Durch vieles Kratzen kommt es zu offenen Wunden, die sich leicht entzünden können. Vor allem wenn Personen ein geschwächtes Immunsystem haben, wie meine Frau und unser Kind gerade kurz nach der Geburt, sind sie stark gefährdet durch die offenen Wunden mit noch anderen Keimen anzustecken. Wir haben dem zuständigen Heimbetreiber GAB in Wollershausen mehrere Male davon erzählt, aber leider sind unsere Probleme ignoriert worden. Nun bin ich seit Freitag, zusammen mit meiner Frau und unserem zwei Wochen alten Baby, auf einer Quarantäne-Station im Klinikum Göttingen. Bereits jetzt haben sich zwei weitere Personen in der Unterkunft Wollershausen mit Krätze angesteckt. Es ist also zu fürchten, daß sich noch mehr Personen anstecken. Wir wünschen uns ein normales und geregeltes Leben und bitten Sie uns das zu ermöglichen. Wir können nicht mehr in die große Flüchtlingsunterkunft zurückgehen, da unsere Gesundheit, und vor allem die unseres Kindes, gefährdet wäre. Wir möchten gerne in eine normale und dezentrale Wohnung umziehen. Wir freuen uns von Ihnen zu hören! Mit freundlichen Grüßen Masoud Hosieni und Sudabeh Sakeri


Ausschnitt des Originals, das von freiwilligen Helfer*innen übersetzt wurde

Update : Die Familie hatte das Problem schnell gemeldet, Ärzte waren aber unfähig zu erkennen, dass es sich um Krätze handelt und erzählten was von Psychosomatik. Die Familie war daraufhin 2 Monate sich selbst überlassen gewesen bis sie dann endlich in die Klinik kam. Die Familie ist nun in einer Ecke des Wohnheims mit eigener Küche und Waschraum "in Quarantäne", was aber aufgrund der Enge in der die Leute da zusammen leben nicht funktionieren kann. Inzwischen sind auch weitere Fälle von Krätze aufgetreten.


16.12.16 Demo zur Unterstützung der Flüchtlinge in Wollershausen

Aufruf des AK Asyl Göttingen, Basisdemokratische Linke,Anarchosyndikalistische Jugend (ASJ) gegen die Isolation der Flüchtlinge Abfahrt ist am Freitag den 16.12.16 um 11 Uhr am ZOB Göttingen. Die Demonstration in Wollerhausen beginnt um 12 Uhr in der Brauhausgasse.

Aus dem Aufruf: "Am 4.11.2016 haben Geflüchtete, die in dem kleinen Ort Wollershausen im Landkreis Göttingen untergebracht sind, begonnen gegen ihre derzeitigen Lebensbedingungen zu protestieren. (...) Auf die Forderung, diese Missstände zu beheben, sind weder der Landkreis noch die landkreiseigene Betreibergesellschaft GAB Südniedersachsen mbh bis heute eingegangen. Stattdessen reagierten sie mit Einschüchterungsversuchen um den Protest im Keim zu ersticken. (...)
Deshalb dokumentieren wir hier erneut die von den Geflüchteten in Wollershausen formulierten Forderungen und werden sie lautstark auf die Straße tragen. Am Freitag, 16.12.2016, werden wir gemeinsam von Göttingen aus nach Wollershausen fahren, um uns mit den Protestierenden zu solidarisieren. Schließt euch uns an, demonstriert mit uns und erhebt eure Stimme gegen Isolation und Einschüchterung! Wir haben einen Bus organisiert, um trotz der schlechten Anbindung durch öffentliche Verkehrsmittel gemeinsam von Göttingen nach Wollershausen reisen zu können.
Forderungen der Geflüchteten in Wollershausen:
--
Wir wollen richtige Integration statt Isolierung.
--
Wir wollen gut strukturierte Deutschkurse für die unterschiedlichen Niveaus. Das würde uns mehr Motivation und Hoffnung auf eine Zukunft in Deutschland geben.
--
Wir wünschen uns Förderung für Fahrten nach Göttingen für diejenigen, die dort Deutschkurse besuchen oder dies in Zukunft machen wollen.
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Wir fordern Internetzugang, um an Informationen zu kommen und Kommunikationsmöglichkeiten zu haben, sowie Fernsehen mit unterschiedlichen Kanälen zum Zeitvertreib.
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Wir wünschen uns mehr Kontakt zur deutschen Bevölkerung, statt einer Isolierung der Asylbewerber.
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Wir wollen, dass man uns zuhört anstatt uns einzuschüchtern!

 

4.11.16 Protest von Flüchtlingen in Wollershausen

Am Freitag, 4.11.16, protestierten 25 Geflüchtete gegen die Unterbringungsbedingungen und Isolation in der Massenunterkunft in Wollershausen. Angesichts der selbstinitiierten Feierlichkeiten im Namen der Willkommenskultur der Betreibergesellschaft GAB Südniedersachsen mbH zeigten Geflüchtete Transparente und brachten ihre Unzufriedenheit mit der Unterbringung und schikanösen alltäglichen Behandlung von seiten der Zuständigen zum Ausdruck.

Für die knapp 8,5 qm großen Zimmer, auf denen bis zu drei Personen untergebracht werden, berechnet die GAB eine Mietpauschale von mindestens 367 €.

Im Mietvertrag werden anteilig 2 qm wegen Nutzung von Gemeinschaftsflächen dazugezählt.

Sobald die Leistungen nach Asylbewerber-Leistungsgesetz enden sind diese Mietpreise zu zahlen.


Zimmer in der Unterkunft Wollershausen

Insgesamt gibt es zu wenig Duschen und Toiletten. In dem Dorf gibt es weder Einkaufsgelegenheiten noch Möglichkeiten, sich irgendwie zu betätigen oder Freizeitaktivitäten nachzugehen. Lediglich anderthalbstündige Deutsch-Kurse pro Tag werden vor Ort angeboten. Zudem haben die Geflüchteten keinen Internetzugang und in weiten Teilen des Gebäudes keinen Handyempfang was bei den Gleichzeitig sind Bustickets in die nahegelegenen Städte nicht erschwinglich und selbst die Abholung der monatlichen Sozialbezüge in Duderstadt muss auf eigene Kosten erfolgen. Vor diesem Hintergrund fordern die Geflüchteten die Unterbringung in menschenwürdigem Wohnraum und Wohnungen.



Die ständige Lagerunterbringung und Isolation verschärft die Situation immer weiter und führt zu einem gesellschaftlichen Ausschluss. Das Projekt Our House OM10 solidarisiert sich mit den Protestierenden und fordert die Abschaffung der diskriminierenden Lagerunterbringung und dem rentablen Geschäft damit. Notwendig ist ein selbstbestimmtes menschenwürdiges Wohnen für alle!