Vertreterin
des Göttinger Nicaragua-Vereins als Beobachterin der Wahlen in Venezuela
2006
Beobachtung
der Präsidentschaftswahlen in Venezuela
Von Marieta Kaufmann
Als
eine von 415 offiziellen Wahlbeobachterinnen und Wahlbeobachtern wurde
ich als Vertreterin des Nicaragua-Vereins "Amistad con Nicaragua"
e.V. in der Woche vom 29.11. bis 6.12.2006 nach Venezuela eingeladen.
Der Verein arbeitet seit 20 Jahren in den Bereichen Bildung und Gesundheit
und nahm seinen Anfang nach einem einjährigen Arbeitsaufenthalt vor
Ort während des Bürgerkriegs. Heute schaut der Verein auf das
Ergebnis sozialer Projekte im Ort der Städtepartnerschaft mit Göttingen,
La Paz Centro zurück. Es werden Ärztinnen für die Landgemeinden
mit Labor und Sozialapotheke finanziert, Ausbildungskurse für arbeitslose
Jugendliche, Workshops in präventiver Medizin, sowie Stipendien für
Schüler und Studenten organisiert.
Hintergrund
der internationalen Wahlbeobachtung ist der Druck ausländischer Staaten,
sowie der inländischen Opposition, die unter dem Vorwand des vermeintlichen
Wahlbetrugs die Politik der bolivarischen Regierung mit ihrem Präsidenten
Hugo Chávez Frías angreifen wollen.
Dass die Wahlen aktuellen demokratischen Standards bei weitem genügen,
davon konnte ich mich insbesondere am Wahltag, dem 3. Dezember 2006 überzeugen.
Mit einer Wahlbeobachtergruppe von 9 Personen (Equador, Kolumbien, Argentinien,
Spanien, Österreich und Deutschland) waren wir vom 2. – 4. Dezember
in dem südwestlichen Bundesstaat Bolívar.
Am Wahltag selbst wurde unsere Gruppe in drei Teile à 3 Personen
aufgeteilt und unsere Kleingruppe beobachtete in der Gemeinde Caroni der
Stadt Guayana 9 Wahlzentren mit insgesamt 74 Wahltischen und einer potentiellen
Wählerschaft von 38.831 Menschen.
Vor den Wahlzentren standen Menschenmassen, die teilweise im Chor sangen,
dass sie wählen wollen. Das Bedürfnis, an der Demokratie teilzuhaben,
war überwältigend und aus deutscher Sicht derzeit unvorstellbar.

"Erich beobachtet Plan B"
Für
das neue automatisierte Wahlverfahren wurde sich viel Zeit genommen, damit
jede/r WählerIn die Durchführung der Wahl korrekt vornehmen
konnte. Viele ältere Menschen partizipierten, zum Teil begleitet
von Kindern oder Enkeln.
Auch von der Auszählung der Wahl war ich positiv überrascht,
auch wenn das politische Klima hier weitaus gereizter war als während
des Tages. Viele Wahlzeugen verschiedener politischer Parteien überprüften
die Übereinstimmung von Wahl und Auszählung und vor den Zentren
wurden politische Parolen – von der einen wie der anderen Seite – gerufen.
Tagsüber versuchten private Medien wiederholt, vorab Stellungnahmen
von uns zu bekommen, wohlwissend, dass wir dies nicht durften und sicherlich
bei Vornahme ein Eklat hätte auslösen können (da der Vorwurf,
die internationalen Wahlbeobachter sein nicht neutral, wiederholt geäußert
wurde). Auch am Abend hatte ich einen kleinen Zwischenfall mit einem Vertreter
der Opposition, der fast handgreiflich wurde, so dass die Polizei einschreiten
musste.
Insgesamt lässt sich jedoch konstatieren, dass die Wahl ruhig ablief
und insbesondere nach der doch für Teile überraschenden Anerkennung
des deutlichen Wahlergebnisses
(62,87% für Chávez und 36,88% für Rosales - korrigiert
/ 21.12.06) bei 75% Wahlbeteiligung durch den Oppositionskandidaten
Rosales jegliche aktuellen Putschvermutungen und –ankündigung zum
Glück nicht in die Realität umgesetzt wurden.
Venezuela ist damit heute das Land, was seine Regierung seit 1998 zum
11. Mal demokratisch legitimiert hat. Ein Beispiel, was seinesgleichen
sucht.
Marieta Kaufmann
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Observador Electoral
Internacional
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Marieta Kaufmann berichtet
am 9. Januar im Berliner Hof in Göttingen über dieses Thema
Marieta Kaufmann,
Jahrgang 1977, wuchs in Göttingen auf und studierte Jura in Berlin. Sie
beschäftigt sich mit lateinamerikanischer Politik und bereiste Brasilien,
Mexiko und Venezuela. Während des Studiums lebte sie ein Jahr in Paris.
Heute ist sie Rechtsreferendarin in Berlin und dort im Personalrat. Sie
lebt in Kreuzberg und arbeitet in sozialen Bewegungen, u.a. in Projekten
deutsch-türkisch-kurdischer Zusammenarbeit. Marieta Kaufmann war auf Vorschlag
des Nicaragua - Vereins aus Göttingen Teil der offiziellen Beobacherdelegation
aus der BRD. Vom 29.11. bis zum 6.12. hielt sie sich in Venezuela an verschiedenen
Orten und in verschiedenen Wahllokalen auf.
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