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PEGIDA und NSU

 

Kundgebungen gegen Rassismus in Göttingen und Northeim


Kundgebung am 19.1.15 am Gänseliesel

20.1.15 / Auf beiden Veranstaltungen sprachen VertreterInnen migrantischer Vereine und stellten ihre Sicht auf ihr Leben in Deutschland, Rassismus und die Diskussionen um Islamismus dar. In Göttingen drückten zahlreiche Menschen ihr Entsetzen und ihre Trauer über den Mord an Khaled Idris Bahray aus. Der 20-jährige Geflüchtete aus Eritrea war am 13.1.2015 in Dresden ermordet worden. Trotz Messerstichen in Hals und Brust konnte die Polizei „keine Fremdeinwirkung“ erkennen.

Am Gänseliesel wurden bei der Gedenkveranstaltung Bilder und Kerzen aufgestellt sowie Blumen niedergelegt.


Text ALI: Brisant war die Northeimer Kundgebung, weil eine Facebook-Gruppe des lokalen Pegida-Ablegers dazu aufgerufen hatte, die Gedenkkundgebung für die NSU-Opfer mit Deutschlandfahnen zu stören. Die Polizeisprecher aus Northeim, Osterode, Duderstadt und dem Eichsfeldt hatten dann nach Presseanfragen (Göttinger Tageblatt vom 16.1.2015) verbreitet, dass in der gesamten Region bezgl. Pegida „keine Aktivitäten bekannt seien“ und es demnach „keinen Grund zur Sorge“ gäbe. Die A.L.I. geht hingegen davon aus, dass hinter der Facebook Gruppe „Nogida“ Neonazis der „Kameradschaft Northeim“ und der „AG Ruhmetal“ stecken. Diese haben bereits in den letzten Wochen an rechten Aufmärschen von „Hogesa“ in Hannover sowie von „Kagida“ in Kassel teilgenommen. Tatsächlich hielten sich bis zu 20 Neonazis aus dem Umfeld der „AG-Ruhmetal“ am Rande der Gedenkkundgebung auf. Unter ihnen waren beispielsweise (hier wurden Namen genannt ) „Damit ist offensichtlich geworden, wer sich hinter dem Pegida-Ableger in Northeim versteckt“, bewertete die A.L.I. die Anwesenheit der bekannten Northeimer Neonazis am Rande der Kundgebung und weiter: „Es bleibt ein Rätsel der besonderen Northeimer Verhältnisse, warum sich diese Gestalten feixend und bedrohlich am Rande einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des NSU-Terrors aufhalten können“.

Bei der Kundgebung am 19.1.15 in Göttingen nahmen ca. 250 Personen teil

Nein zu Pegida und NSU -
Gewerkschaften und Bündnis gegen Rechts gedenken Opfern rechten Terrors und Rassismus Kundgebung und Gedenkfeier
19.1.2015, 17:00 Uhr , Marktplatz Altes Rathaus, Göttingen

Der Deutsche Gewerkschaftsbund Region Südniedersachsen-Harz ruft gemeinsam mit dem Göttinger Bündnis gegen Rechts und vielen Unterstützenden aus religiösen Gemeinschaften, Politik und zivilgesellschaftlichen Initiativen dazu auf, am Montag, 19. Januar 2015, um 17.00 Uhr am Gänseliesel in Göttingen gemeinsam den Opfern der NSU-Mordserie zu gedenken. Wir wollen ein Zeichen gegen Rassismus, Nationalismus, Antisemitismus und Islamophobie setzen. Anlass sind die bundesweiten montäglichen PEGIDA-Demonstrationen, aber auch ein Aktionstag von Betroffenen des NSU-Terrors. Wir solidarisieren uns mit der Initiative "Keupstraße ist überall", die sich im Zusammenhang des Nagelbombenanschlages 2006 in der Kölner Keupstraße gründete. "Kein Terror darf unsere Gesellschaft spalten. Wir wollen eine Gesellschaft, die von Vielfalt und gegenseitigem Respekt geprägt ist. PEGIDA bereitet einen viel zu nahrhaften Boden für rechte Gewalt.

Redebeiträge des Göttinger Integrationsrates, der "Initiative 6.April" Kassel, des Anatolischen Kulturzentrums, der DITIB Gemeinde Göttingen, des AK Asyl, des Festkomitees "Günterser Frühlingsfest", des Deutschen Gewerkschaftsbundes.

Auf das Mitbringen von Fahnen bitten wir zu verzichten. Als Ausdruck des Protestes und der Anteilnahme können symbolisch Aktenorder hochgehalten werden. Diese stehen für die unaufgeklärten Zusammenhänge und das durch Ermittlungsbehörden vernichtete Aktenmaterial.

Unterzeichnende: Göttinger Bündnis gegen Rechts + DGB-Region Südniedersachsen-Harz + DGB-Jugend Region Süd-niedersachsen-Harz + DGB-Kreisverband Göttingen + IGM Südniedersachsen-Harz + ver.di Göttingen + ver.di-Jugend Göttingen + Kreis- und Stadtvorstand Bündnis 90/ Die Grünen + Grüne Jugend + Kreisverband DIE LINKE + Lokaler Aktionsplan Landkreis Northeim + Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) Kreisvereinigung Göttingen + Gedenkstätte KZ Moringen + Integrationsrat Göttingen + NaturFreunde + Motoradclub Kuhle Wampe + Attac Göttingen + Antifaschistische Linke international >A.L.I.< + AK Asyl + amnesty international Göttinger Gruppe 1117 + AKM Anatolisches Kulturzentrum Göttingen + Selbsthilfe Körperbehinderter Göttingen e.V. + Rote Hilfe + Jugendzentrum Innenstadt + Frauen-Notruf e.V. + Friedrich Selter, Superintendent, Göttingen + Sabine Lösing (MdEP) + Dr. M. K. Ramaswamy Piratenpartei Niedersachsen / KV Göttingen

 

Weitere Texte zur Ankündigung der Kundgebung durch die Veranstalter_innen

Aufruf zur Göttinger Kundgebung für die Aufklärung des NSU-Komplexes, gegen Nationalismus und Rassismus und für ein solidarisches Zusammenleben

Am 19. Januar 2015 jährt sich zum vierzehnten Mal der erste Bombenanschlag des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Köln. Genau wie beim späteren Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße war dabei nur durch ein Wunder niemand ums Leben gekommen. Mindestens zehn Menschen wurden jedoch durch den NSU mit Hilfe seines Netzwerkes ermordet. So wurde am 6.April 2006 Halit Yozgat in
Wenn am 20. Januar 2015 im Münchener NSU-Prozess der Nagelbombenanschlag der Keupstraße verhandelt wird, zeigen wir Solidarität mit den mehr als 30 Nebenkläger_innen und Angehörigen der Opfer. Am Vorabend des Prozesstages gedenken wir der Opfer. Vor allem protestieren wir gegen jahrelange rassistische Ausgrenzung und Diskriminierung der Betroffenen von NSU-Morden und fordern eine schonungslose Aufklärung: Wer gehört(e) alles zum NSU? Wie groß ist die gesellschaftliche Dimension des NSU-Komplexes? Welche Rolle spielen Politik, Polizei und Geheimdienste? Wir wissen, dass es die Unterstützung aller gesellschaftlichen Gruppen braucht, denen bewusst ist, dass der Gerichtsprozess alleine nicht ausreichen wird, um die Geschichte der Mord- und Anschlagserie aufzuklären und die Ursachen des rassistischen Terrors zu beheben. Wenn bei den gegenwärtigen bundesweiten Montagskundgebungen wie Pegida in Dresden oder Kagida in Kassel erneut nationalistische, gekoppelt mit rassistischen Parolen skandiert werden und soziale Verteilungsfragen auf dem Rücken von Flüchtlingen ausgetragen werden, sagen wir: Jetzt ist der Moment gekommen, geschlossen und unmissverständlich auch in Göttingen unserer Empörung, unserem Entsetzen, unserem Widerstand Ausdruck zu verleihen.
Zu lange haben zivilgesellschaftliche Kräfte die Taten des NSU unterschätzt. Der NSU darf seine Ziele nicht erreichen: Wir werden nicht zulassen, dass in dieser Gesellschaft Menschen und Gemeinschaften durch rassistischen Populismus, oder gar durch Bomben- und Mordanschläge bedroht, an den Rand gedrängt oder ausgelöscht werden können. Wir wollen eine Gesellschaft, in der Menschen ohne Angst verschieden sein können. Wir lassen uns weder durch ungleiche Teilhabe noch durch Terror spalten. Als Antwort auf den in Teilen unserer Gesellschaft herrschenden Rassismus tragen wir unser Gedenken an die Opfer der NSU-Morde in die Öffentlichkeit. Unsere Antwort heißt, über nationalstaatliche Grenzen hinweg wirkende Solidarität mit den Angehörigen rassistischer Morde, aber auch Solidarität mit Migrant_innen im gegenseitigen Respekt füreinander.

Es steht ein Bus für die Fahrt nach München für Göttingen und Kassel zur Verfügung. Start ist am 20.01.15 um 5:00 Uhr in Göttingen am Bahnhof/ZOB (Zoologisches Institut). Busfahrkarten kosten 25 Euro und können beim DGB Göttingen (Weender Landstr. 6, 4. Etage) und im Roten Buchladen (Nikolaikirchhof 7) gekauft werden. Um 20 Uhr werden wir wieder in München aufbrechen. Der DGB stellt ein_e Busbegleiter_in, kann aber keinen Rundumschutz oder Verpflegungsservice bieten.

Aufruf "Für eine Gesellschaft ohne Rassismus – Keupstraße ist überall"
Weitere Informationen >> keupstrasse-ist-ueberall.de

20.1.15, München // 9 Uhr Aktionstag vor dem OLG, 17.30 Uhr Bundesweite Demonstration
Die Keupstraße ist bekannt als florierende Geschäfts- und Wohnstraße der "türkischen Community" in Köln – weit über die Stadtgrenzen hinaus. Am 9. Juni 2004 explodierte dort eine vom "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) gezündete Nagelbombe. Dieser Anschlag sollte in der Straße möglichst viele Menschen töten und verletzen sowie ihre Geschäfte und Häuser zerstören. Nur durch glückliche Zufälle gab es dabei keine Todesopfer.
Das Attentat auf die Keupstraße ist Teil der Mord- und Anschlagserie des NSU und offenbart ihre rassistische Logik. Die vom Bombenanschlag in der Kölner Probsteigasse betroffene deutsch-iranische Familie sowie die Opfer der NSU-Mordserie Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık und Halit Yozgat, haben sich mit ihren Familien ökonomisch gefestigte Existenzen in der Bundesrepublik aufgebaut. Ihre Biografien zeugen von einer gesellschaftlichen Realität, in der migrantisches Leben ein historisch gewachsener, prägender und dauerhafter Bestandteil ist. Gerade für diese Perspektive steht die Keupstraße symbolisch. Und genau dieser Perspektive galt der NSU-Terror.
Lange wurde der rassistische Hintergrund auch von linken und antirassistischen Gruppen nicht zur Kenntnis genommen. Dabei zeigt uns der Bombenanschlag auf die Keupstraße deutlich, wie der tödliche Rassismus von Neonazis im Zusammenspiel mit staatlichen Ermittlungsbehörden, Geheimdiensten, Medien und Öffentlichkeit in der gesamten NSU-Mordserie funktioniert hat. Die rassistischen Morde und Anschläge fanden durch die Verfolgung der Behörden ihre Fortsetzung: Bis zur Selbstenttarnung des NSU im Jahr 2011 ermittelten sie in erster Linie gegen die Opfer sowie deren Angehörige und deren Umfeld. Das Wissen und die Perspektiven der Betroffenen ignorierten sie ebenso wie deutliche Indizien für eine rassistische Tatmotivation. So kann zu Recht behauptet werden: "Staat und Nazis – Hand in Hand". Die Medien und die Öffentlichkeit flankierten dieses Bündnis mit dem Gerede von "kriminellen Ausländermilieus" und "Dönermorden". Diese Opfer-Täter-Umkehrungen sind keine Ausnahmefälle: Betroffene rassistischer Gewalt stehen immer wieder – so haben es auch die Anschläge von Lübeck, Mölln und Hattingen gezeigt – im Fokus der Verdächtigungen. Für Gerechtigkeit und Aufklärung müssen sie gegen politischen, juristischen und gesellschaftlichen Widerstand kämpfen.
Vor diesem Hintergrund hat sich in Köln die Initiative "Keupstraße ist überall" gegründet, um in Vorbereitung auf die Verhandlungstage im NSU-Prozess in München aktiv zu werden. In vielen weiteren Städten haben sich ebenfalls Gruppen und Initiativen zusammengefunden, um den NSU-Komplex aufzuklären, seine gesellschaftliche Dimension sichtbar zu machen und die Betroffenen des rassistischen Terrors solidarisch zu begleiten. Gemeinsam mobilisieren wir nun nach München, um Solidarität mit den mehr als 30 Nebenkläger_innen und Angehörigen der Opfer zu demonstrieren. Wir protestieren gegen ihre jahrelange rassistische Ausgrenzung und Diskriminierung und fordern eine schonungslose Aufklärung: Wer gehört(e) alles zum NSU? Wie viel Staat steckt in ihm und welche Rolle spielen Politik, Polizei und Geheimdienste?
Deshalb brauchen wir die Unterstützung von allen gesellschaftlichen Gruppen, denen bewusst ist, dass der Gerichtsprozess alleine nicht ausreichen wird, um die Geschichte der Mord- und Anschlagserie und die jahrelangen Drangsalierungen der Betroffenen und Angehörigen aufzuklären und die Ursachen des rassistischen Terrors zu beseitigen. Mit einem Aktionstag (am Tag X) sowie einer dauerhaften Anwesenheit während der gesamten Verhandlung der Keupstraße wollen wir mit Vielen vor und im Gericht ein sichtbares Zeichen setzen! Jahrelang wurden die Betroffenen aus der Keupstraße und die Opferangehörigen in ganz Deutschland terrorisiert. Jetzt ist der Moment gekommen, geschlossen und unmissverständlich in München unserer Wut und Empörung Ausdruck zu verleihen.
Der NSU hat sein Ziel nicht erreicht: Migrantisches Leben ist eine Realität in Deutschland, die weder durch rassistischen Populismus, noch durch Bomben- und Mordanschläge ausgelöscht werden kann. Sie ist integraler Bestandteil einer Gesellschaft, die sich nicht durch Terror spalten lässt. Die Keupstraße geht in die Offensive: Sie ist heute ein Ort, an dem rassistischer Terror angeklagt wird und solidarische Bündnisse geschmiedet werden. In diesem Sinne: Keupstraße ist überall.
Am Ende des ersten Verhandlungstages zu dem Attentat in der Keupstraße, am 20.1.2015, werden wir gemeinsam in München demonstrieren. Vor dem Gerichtsgebäude wird ab 9 Uhr eine Dauerkundgebung stattfinden. Ab 17.30 Uhr demonstrieren wir vom Gerichtsgebäude in der Nymphenburgerstraße bis zum Karlsplatz/Stachus. Nach der Demonstration ist ein Treffen aller Beteiligten in den Räumen von Werkmünchen an der Dachauerstraße 114 (Trambahn-Haltestelle Leonrodplatz) geplant.