2010:
Krasse Behörden-Fehlentscheidung: Schauspielerische Sitzblockaden verboten Zu
der Sammlung von weiteren Schikanen durch Justiz und Behörden in Göttingen
siehe die Seite >Justiz.htm Juli
2010 / Die Darstellung einer
Sitzblockade als Rollenspiel wurde verboten. Thema der Veranstaltung war die Verhinderung
eines Naziaufmarsches. Die zuständige Göttinger Behörde argumentiert
, daß all das, was ihrer Meinung nach verboten ist, auch nicht zum Gegenstand
eines Rollenspiels gemacht werden darf. Darf es demnächst auch nicht mehr
zum Gegenstand von Gesprächen gemacht werden? Sind demnächst auch schon
Hinweise auf Gedanken über Blockaden verboten? Die
Begründung spricht von einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit.
Das dies Unsinn war, davon konnte sich jede/r überzeugen, der/die am Samstag
der Veranstaltung beigewohnt hat. Auch ein Rollenspiel mit Sitzblockade hätte
kein anderes Bild abgegeben.  Ein
Hauch von Protest gegen die Behördenauflagen: Sitzen ohne Sitzblockadesimulation Man
stelle sich vor, dass die VersammlungsteilnehmerInnen sich aus Protest gegen das
Verbot von Blockadesimulationen zu einer realen Blockade der Weender Straße
entschlossen hätten. Wenn die Polizei nun die Menschen auseinanderzerrt und
wegtrgetragen hätte, dann hätte sie selbst ein realistisches Blockadetraining
durchgeführt. Hätte somit das durchgesetzt, was sie verhindern sollte.
Es geht um
Vorbereitungen gegen den Naziaufmarsch in Bad Nenndorf >>
http://www.bad-nenndorf-ist-bunt.com/
(Webseite des Bündnis gegen Rechts) >>
http://www.mut-gegen-rechte-gewalt.de/
(zur Geschichte der Demos in Bad Nenndorf) Am
21.7.10 schrieb der zuständige Sachbearbeiter des Fachbereichs Ordnung Herr
Arend an den Veranstaltungsanmelder Moritz Keppler, die "Infoveranstaltung zum
rechten Aufmarsch in Bad Nenndorf" sei von 14 bis 16.30 Uhr genehmigt mit einigen
wenigen Auflagen, u.a.: "Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit
und Ordnung ergeht gemäß § 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz (VersG) vom
15.11.1978 BGBl. i S. 1790 in der z.Zt. gültigen Fassung folgender Auflagenbescheid:
1. Die Kundgebung im Rahmen der von ihnen angezeigten Veranstaltung findet auf
dem Platz vor dem Portal der St. Jacobikirche statt. Während der Kundebung
ist darauf zu achten, dass potenziell Interessierte nicht am Eintritt in die Jacobikirche
behindert werden.Auch muss ein problemloses Passieren des Jacobivorplatzes durch
Passanten jederzeit gewährleistet sein. ..." Am
23.7.2010 , also einen Tag vor der Veranstaltung - schickt Herr Arend einen "ergänzenden
Auflagenbescheid" in dem es heißt: "Probeblockaden
jedweder Art und Rollenspiele, deren Inhalt das probeweise Wegtragen von Versammlungsteilnehmern
ist, die zu Übungszwecken eine Blockadeaktion simulieren sowie sonstige schauspielerische
Aktionen, die Blockadeaktionen darstellen, sind im Verlauf der Versammlung untersagt."
Begründung:
"Das Grundrecht aus Art. 8 GG beinhaltet eine Gestaltungsfreiheit (vgl. BverfGE
69, 315 (343), dh. also grundsätzlich auch die Entscheidungsfreiheit, mit
welchen Ausdrucksmitteln das Versammlungsthema dargestellt werden soll. Selbstverständlich
sind hiervon auch Aktionen mit interaktiven Bestandteilen (etwa Straßentheater)
umfasst (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, Demonstrations- und Versammlungsfreiheit,
14. Aufl. § 1 , Rz. 55) Bei erforderlichen Eingriffen in die Versammlungsfreiheit
nach Art. 8 GG haben die staatlichen Organe die grundrechtsbeschränkenden
Gesetze stets im Lichte der grundlegenden Bedeutung dieses Grundrechts im freiheitlich
demokratischen Staat auszulegen und sich bei ihren Maßnahmen auf das zu
beschränken, was zum Schutz gleichwertiger Rechtsgüter notwendig ist.
Nicht jedes beliebige Interesse rechtfertigt eine Einschränkung
dieses Freiheitsrechtes. Beschränkungen der Versammlungsfreiheit bedürfen
darüber hinaus einer sorgfältigen Gefahrenprognose, wobei zwischen
der Gefährung der öffentlichen Sicherheit und der Durchführung
der Versammlung ein hinreichend bestimmter Kausalzusammenhang bestehen muss. Ferner
müssen zum Zeitpunkt des Erlasses, der Verfügung
erkennbare Umstände dafür vorliegen, dass eine Gefährdung deröffentlichen
Sicherheit mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, was nachweisbare Tatsachen
als Grundlage der Gefahrenprognose voraussetzt; bloße Vermutungen wären
hingegen nicht aureichend (vgl. BverfG, NVwZ 1998, 834 [835]) Diese
Grundsätze hat Herr Arend angeblich, u.E. aber nicht wirklich berücksichtigt
bei der Erstellung der Auflagen, weil von der Grünen Jugend zum "Durchspielen
von Blockadesituationen" und zu einem "öffentlichen Blockadetraining" aufgerufen
worden war. Denn so Arend weiter: "Damit ist für mich offenkundig, das Sie
nicht nur über Formen der Verhinderung rechtsextremer Aufmärsche diskutieren
und / oder aufklären wollen, sondern sich aktiv an der Einübung von
Praktiken beteiligen wollen, die zu rechtswidrigen Situationen und Taten führen
werden und diese billigend in Kauf nehmen wollen."(...) "Die Verhinderung
einer Demonstration durch Sitzblockaden würde darauf hinauslaufen, dass diese
Blockaden nicht nur kurzfristiger Natur sind. Sitzblockaden sind bei passiver
Haltung der Teilnehmer nicht als unfriedlich anzusehen und für sie entfällt
der Schutz von Art. 8 GG nicht von vornherein. Allerdings überschreiten sie
den Bereich der geistigen Auseinandersetzung, wenn sie sich nicht als demonstrative
Sitzblockaden auf die Kundgabe einer Meinung und die Erregung öffentlicher
Aufmerksamkeit für ein kommunikatives Anliegen beschränken, sondern
auf die Beeinträchtigung der Rechte andere und die Ausübung von Zwang
sowie die Schaffung von Tatasachen gerichtet sind. Art. 8 GG umfasst nicht das
Recht, die öffentliche Aufmerksamkeit für das Demonstrationsanliegen
durch Gezielte und absichtliche Behinderung der Rechte Dritter zu steigern. Blockaden,
die nicht nur kurzfristig und symbolisch Protest ausdrücken sollen, sondern
auf die Verhinderung dessen gerichtet sind, was politisch missbilligt wird, sind
somit von der Versammlungsfreiheit nicht gedeckt (vgl. OVG Lüneburg, Urteil
v. 29.05.2008, Az. 11 LC 138/06, S. 14 m.w.N.). Um solche Blockaden würde
es sich bei den für den 24. Juli geplanten handeln." Damit
zeigt Herr Arend, dass er reale Blockaden und gespielte Blockaden nicht mehr auseinanderhält,
sondern so tut als fänden schon Blockaden vor der Jacobikirche statt, die
nicht mehr vom Demonstrationsrecht geschützt seien. Damit ist er aber nicht
allein: "Das Verbot der Versammlungsbehörden dieser Blockadetrainings sind
von den Verwaltungsgerichten Hannover (Az.: 10 B 3436/09) und Dresden (Az. 6 L
32/10) bestätigt worden. Das OVG Dresden hat diese Entscheidung unter dem
Az. 3 B 37/10 bestätigt" und das macht offensichtlich den Gang durch höhere
juristische Instanzen notwendig.
Hannover 2009: Ermittlungsverfahren gegen real durchgeführte Sitzblockaden
eingestellt Göttingen 2010: Herr Arend will allein schon die Simulation
von Blockaden verbieten! "
Die 167 Ermittlungsverfahren wegen der Sitzblockade am 11. April 2009 sind jetzt
eingestellt worden. Mittlerweile haben die ersten der Betroffenen entsprechende
Mitteilungen von der Staatsanwaltschaft bekommen. Die Ermittlungsverfahren wurden
gemäß § 153 der Strafprozessordnung eingestellt. Das heißt, die Staatsanwaltschaft
geht von einer "geringen Schuld" der Betroffenen und einem "geringen öffentlichen
Interesse" aus. (...) das ermutigt zu weiteren Blockaden von Naziaufmärschen!
>>Zitatquelle
Antifaschistischen Aktion Lüneburg Allerdings wird bei Blockaden
schnell mal "Beamtenbeleidigung" und "Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte" konstruiert.
Deshalb sind eigene (!) Videodokumentationen zur Entlastung von Angeklagten von
Vorteil. Das
"Mutlangenurteil" und die Rechtsprechung aus Sachsen weisen in eine
ganz andere Richtung Veranstaltungs-Anmelder Moritz Keppler teilte am
27.7.10 in einer Presseerklärung u.a. mit: "Wir teilen weiterhin nicht
die Rechtsauffassung des Ordungsamtes. Moritz Keppler erklärt dazu: „Sowohl Herr
Arend als auch Herr Johannson wissen sehr gut, dass die Urteile auf die sie sich
berufen aus Eilverfahren stammen. Eine Grundsätzliche Entscheidung der Gerichte
dazu steht aus und die Verfahren dazu sind noch anhängig. Sowohl das klassische
Urteil zu Mutlangen, als auch die Rechtsprechung aus Sachsen weisen in eine ganz
andere Richtung. Deswegen werde ich auch die unmöglich kurzfristigen Auflagen
von Freitag durch eine Klage nachträglich überprüfen lassen und gehe davon aus,
dass sie vom Gericht für ungültig erklärt werden. Dann haben wir die Rechtssicherheit
in dem Sinne, wie wir es immer gesagt haben: Blockieren ist unser Recht!“
Eine
neue Entwicklung ist auch darin zu sehen, dass die anfänglich vor allem gegen
die Antifa angewandten Schikanen sich nun auch gegen Veranstaltungen der GRÜNEN
richten.  |
Das Behördenvorgehen ist respektlos gegenüber gewählten Abgeordneten
nicht nur der Partei DieLinke (siehe Vorwürfe gegen Patrick Humke-Focks)
sondern nun auch gegenüber den Grünen. Immerhin
wurde die Veranstaltung quasi mitbetreut vom Fraktionsvorsitzenden der Grünen
im Niedersächsischen Landtag Stefan Wenzel. In diesem Zusammenhang dann von
"erkennbaren Umstände
dafür" zu sprechen "dass eine Gefährdung deröffentlichen
Sicherheit mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist." zeugt von der
Unfähigkeit des Ordnungsbeamten, diese Veranstaltung einzuschätzen.
|
 Grüne
Jugend mit widersprüchlichem Transparent-Text "Fuck Nazis, Kein Sex
mit Nazis" bei der anschließenden Demonstration zum Platz der Synagoge.
Pressemitteilung
von Bündnis 90 / Die Grünen KV Göttingen vom 24. Juli 2010 "Naziaufmarsch
verhindern - Blockieren ist unser Recht Grüne
Göttingen verärgert über Umgang des Ordnungsamts Heute,
am Samstag, den 24. Juli 2010, veranstalten Grüne und GRÜNE JUGEND ein
im Vorfeld ordnungsgemäß angemeldetes Blockadetraining vor der Jacobikirche.
Dieses Training soll die Bürger_Innen Göttingens im Vorfeld der geplanten
Blockade gegen den Naziaufmarsch in Bad Nenndorf über Risiken und Vorgehensweisen
einer solchen Blockade aufklären und somit zu einer Entscheidungsfindung
über eine Teilnahme an dieser Blockade führen. Das Ordnungsamt Göttingen
hatte das Blockadetraining am Mittwoch, den 21. Juli, zunächst lediglich
unter der Auflage, keine Besucher_innen der Jacobikirche aufzuhalten, genehmigt.
Am Freitag Nachmittag erreichte uns dann jedoch ein weiterer Bescheid mit Auflagen,
der uns jegliche "Probeblockaden" untersagte. Das kommt bei einer Veranstaltung
zur Auseinandersetzung mit dem Thema Blockaden einem kompletten Verbot gleich.
Durch das ad-hoc Handeln am Freitag Nachmittag hat das Ordnungsamt den kurzfristigen
Rechtsweg für uns unmöglich gemacht und damit politische Aufklärung
unterbunden. "Wir wollten nie jemanden gefährden oder gar beim Kirchbesuch
stören. Unser Anliegen war, dass sich Bürger_Innen authentisch mit einer
Situation auseinandersetzen können, die ihnen wohl eher fremd ist. Sie sollten
eine mündige Entscheidung treffen können, wie sie persönlich mit
einem Aufmarsch von menschenverachtenden und gewalttätigen Nazis in Bad Nenndorf
umgehen wollen." sagt dazu Moritz Keppler, Veranstalter des öffentlichen
Blockadetrainings und Mitglied des Göttinger Kreisvorstandes. "Wir rufen
nicht zu Straftaten auf!" Nach unserer Rechtsauffassung handelt es sich
bei Blockaden nicht um Straftaten, sondern um Ordnungswidrigkeiten. Die Rechtssprechung
dazu ist widersprüchlich und wird im Moment in verfahren geklärt. Gegen
den späten Auflagenbescheid des Ordnungsamtes werden wir den langfristigen
Rechtsschutz anstreben. Statt des geplanten Blockadetrainings demonstrierten
Jan F. Wienken (Sprecher der GEÜNEN JUGEND Niedersachsen) und Julia W. Hamburg
(Sprecherin von Bündnis 90 / Die Grünen KV Göttingen) mit Zeichnungen
die theoretisch auftretenden Blockadesituationen auf Demonstrationen unter ständiger
Beobachtung der Polizei. Anschließend sprach Hamburg mit Stefan Wenzel (Fraktionsvorsitzender
der Grünen im nds. Landtag) über zivilen Ungehorsam und über das
Verbot des Göttinger Ordnungsamts. Im Anschluss liefen viele der Teilnehmer_Innen
noch in einer spontanen Demonstration erst zum Platz der Synagoge und dann zum
Denkmal für die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, um unter dem Motto
"Wehret den Anfängen" den zu geringen Widerstand gegen den Nationalsozialismus
an zu mahnen. Weitere
Zitate: "Wir lassen uns unsere politische Bildungs- und Informationsarbeit
nicht verbieten. Es ist unser Recht, die Bewohner_innen unserer Stadt über
geplante Aktions- und Demonstrationsformen zu informieren" "Wir sehen
keine Veranlassung des Ordnungsamtes sich auf diese Art zu verhalten. Wir wollten
eine friedliche Informationsveranstaltung durchführen und werden gebremst.
Diese Form der Kriminalisierung lehnen wir ab. Das Problem in Bad Nenndorf werden
nicht die Gegendemonstrant_Innen sein. Das Problem sind und bleiben die Nazis
mit ihrer menschenverachtenden Propaganda. Zivilgesellschaftliches Engagement
und Courage gegen Naziaufmärsche derart zu unterbinden und somit im Keim
zu ersticken sehen wir als Signal in eine falsche Richtung." "Wir
müssen uns schon über das Verhalten der Verwaltung in Bezug auf das
Thema Blockaden hier in Göttingen wundern, wenn man daran denkt, dass in
Köln sogar der Bürgermeister die Blockaden gegen Pro Köln unterstützt
hat und in Berlin sogar der Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse auf
der Straße saß. In Göttingen bekommt man einen Tag vorher noch
das Verbot ins Haus." |