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Helmhard Ungerer

Helmhard Ungerer wird 2008 im Mai 65 Jahre alt. Seit ca. 35 Jahren ist er in verschiedenen Funktionen seelsorgerisch, sozial und politisch in Göttingen aktiv. Ein Grund, ihn in der goest-Reihe: Menschen in Göttingen einmal zu würdigen.

Sozialarbeitender Theologe
Helmhard hat Theologie u.a. in Göttingen studiert und begann 1976 im Bereich der Thomaskirchengemeinde als Pastor wo eher sozialarbeiterische Aufgaben vor allem im Jugendbereich zu bewältigen waren. Die Stadtchronik verzeichnet: "27. Mai 1976 Helmhard Ungerer (33 J.) als Pastor auf dem Leineberg (Thomas-Kirche) von Superintendent Klatt in sein Amt eingeführt." Später arbeitete er in der "Jugendanstalt Leineberg" und im Landeskrankenhaus Moringen und wechselte schließlich 1998 zum LKH Göttingen. Soweit sein rein beruflicher Weg. "Nebenher" gründete er 1987 die "neue Chance", ein Wohnprojekt für Strafentlassene, war Mitbegründer der Telefonseelsorge und jahrzehntelang Mitglied im Verein zur Selbsthilfe Körperbehinderter SHK.


Bei der Gründung der WASG März 2005


Bei der Preisverleihung an Jugendliche 2003

AGIL / GAL /
Kommunalpolitisch war er bereits bei der Gründung der AGIL (der Alternativ Grünen Iniativen-Liste) beteiligt. Nach der Spaltung in AGIL (basisorientier) und GAL (stärker parlamentarisch orientiert) war Ungerer für die GAL/DieGrünen ab 1996 als Ratsherr im Rat. Beispielhaft kann in der Göttinger Drucksache vom September 1999 nachgelesen werden, wie Helmhard z.B. im Rat zum Thema "Spurdendokumentationssystem" der Polizei Stellung nahm und die Ehre der dort miterfassten Ehrenbürgerin Else Bräutigam verteidigte.
Aus GoeDru 17.9.99: "Beim Vortragen des Antrags seiner Fraktion holte Helmhard Ungerer von GAL/Die Grünen etwas länger aus. Er schilderte den (bekannten) Sachverhalt bezüglich des Anschlags auf das Göttinger Arbeitsamt 1997 und der sich anschließenden Ermittlungen der SoKo 413 des Landeskriminalamtes (LKA) und landete schließlich bei den Listen von 59 aktuellen und 105 der in Vergangenheit ,,der autonomen Szene zuzuordnenden Aktivisten" und Aktivistinnen. Obwohl das LKA dementiert hatte, weder die Spudok-Kartei Nr.74 noch deren alte Ausdrucke benutzt zu haben, seien ,,auffällige Parallelen" zu eben dieser als ,,Handkartei" bezeichneten Liste der seit Anfang der 80er Jahre Göttinger Dauerverdächtigen festzustellen, so Ungerer. Sie aber sei inzwischen ,,ein Spiegelbild der damaligen studentischen Linken auf dem Marsch durch die Institutionen", so Ungerer und als dieses veraltet und zu vernichten. Schließlich stünden auf dieser Liste auch honorige Persönlichkeiten wie ÄrztInnen, Journalisten, Rechtsanwälte uva. Ebenfalls auf dieser Liste befindet sich die Göttinger Ehrenbürgerin Else Bräutigam, anfang der 80iger Ratsfrau für die Alternativ-Grüne-Initiativen-Liste (AGIL), seit ihrem dritten Lebensjahr behindert und an den Rollstuhl gefesselt. Gerade ihre Rehabilitierung liege Bräutigam und seiner Fraktion ,,sehr am Herzen", so Ungerer, der forderte, die Liste endgültig zu schließen und zu vernichten."

Entschädigung von ZwangsarbeiterInnen
2001 organisierte Ungerer mit ca 10 Leuten zusammen eine Initiative, die eine Entschädigung von ehemaligen ZwangsarbeiterInnen durch eine "Direkthilfe", also direkte Zahlungen anstelle bürokratisch umständlicher Wege - anstrebte. Ungerer wickelte dabei die Zahlungen ab und stellte die Kontakte zu den ehemaligen ZwangsarbeiterInnen her. Durch sein Engagement u.a. ist es auch zur Setzung eines Denkmals für ZwangsarbeiterInnen an der Lokhalle gekommen.

Gegen Abschiebungen und gegen Krieg
2002 unterstützte er die Aktionen gegen Abschiebung mit der Solidaritätserklärung "keine Abschiebung der libanesischen Bürgerkriegsflüchtlinge in die Türkei"
2003 Bei den Protestdemonstrationen gegen den Krieg, z.B. beim Krieg gegen den Irak am 1.2.03 trat er als Pastor zusammen mit dem DGB auf.

Gegen Sozialabbau und gegen Agenda 2010
Bei der GAL/Die Grünen bzw deren Nachfolger Bündnis90/Die Grünen war Helmhard Ungerer sozialpolitischer Sprecher. Ungerer war engagiert im Bündnis gegen Sozialabbau und bei den Aktionen gegen Kahlschlag sowie gegen die Agenda 2010. Mit folgender Stellungnahme unterstützte er 2004 die Demonstration gegen Sozialabbau: "Die Agenda 2010 hat einen Stein ins Rollen gebracht, der unseren Sozialstaat in eine gefährliche Schieflage bringt. Dadurch sind nicht nur Kürzungen bei Arbeitslosen hoffähig geworden, auch in der Landespolitik werden neuerdings Kürzungen in den Bereichen Soziales, Schule und Kultur als unvermeidlich angesehen. (...) Die Kürzungen bei den Arbeitslosen, bei Kultur und Bildung sind kein Schicksalsschlag, sondern beruhen auf politischen Entscheidungen, die die Schwachen belastet und die Starken verschont", so Ungerer. Hiergegen gelte es aufzustehen.

2004 trat Ungerer aus der Partei Bündnis 90 / Die Grünen aus, die Politik der Rot-Grünen Bundesregierung mit der Agenda 2010 waren mit dem sozialpolitischen Engagement wohl nicht mehr vereinbar. Eine Weile arbeitete er als fraktionsloser Ratsherr noch mit, bevor er dieses Mandat 2005 niederlegte. Er trat daraufhin der Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit WASG bei. In der GöLinken, eine offene linke Liste zur Kommunalwahl, stellte sich Ungerer dann 2006 erneut für ein Ratsmandat zur Wahl. Im Wahlbereich Geismar / Süd erhielt er mit 333 Stimmen 4,99 % und damit ein Mandat für den Rat sowie für den Ortsrat Geismar.

Schließlich hat er auch die Initiative "Göttinger Wochenzeitung" und "Neue Göttinger Wochenzeitung" unterstützt. Manchmal macht Helmhard aber auch was anderes, nämlich Radfahren, jedenfalls sind wir ihm einmal beim Ausflug auf dem Werra-Radwanderweg mit seiner Frau Angelika begegnet .

Helmhard Ungerer gab nun bekannt, dass er aus gesundheitlichen Gründen sein Ratsmandat am 8.2.08 im Rahmen der Ratssitzung niederlegen wird. Wir wünschen ihm alles Gute.

 

Leserzuschrift 1.2.08

"habe gerade den Artikel in goest zu Helmhard Ungerer gelesen; fand ihn gut. Es ist m.E. wichtig, dass - auch in Göttingen - die emanzipatorische Rolle einer befreienden Theologie im Bewußtsein der Leute bleibt und bleiben kann. Ungerer hat ja tatsächlich eine Menge Sozialarbeit, aber eben auch praktischer "Befreiungstheologie," geleistet. Ich habe ihn 2006 im JT bei der Erringung seines Ratsmandats gesehen und seinen "spirit" als sehr mitreißend erlebt. Schade, dass er aus gesundheitlichen Gründen zurücktritt. XXXX - jemand, der aus der Ferne Helmhard Ungerer wahrgenommen hat."