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Karstadt

 

Karstadtwerbung 2010 in der Prinzenstrasse Göttingen

 

 

 

Mai 2010 Verzicht auf Millionen zum Vorteil von Karstadt ohne Gegenleistung?

US-Bank , Manager und Insolvenzverwalter verdienen Millionen an der Arcandor-Insolvenz. Die Stadt Göttingen hat aktuell 97 Millionen Schulden aber verzichtet auf die Möglichkeit Gewerbesteuer einzunehmen, falls Karstadt wieder auf die Beine kommt. Man behauptet, damit Karstadt zu retten. Es fehlt aber eine Garantie dafür, dass Karstadt - auch wenn es wieder auf die Beine kommt - anschließend NICHT doch zerlegt oder abgewickelt wird und der "fiktive Verzicht auf Gewerbesteuer" zur real mehr Abkassieren durch die Aufkäufer führt.

Aktuelle Kaufinteressenten 26.5.10: Nicolas Berggruen mit Unterstützung der Textil-Handelsgruppe BCBG Max Azria, der deutsch-schwedische Finanzinvestor Triton, das Vermieter-Konsortium "Highstreet" (Goldman Sachs). "Highstreet gehören 86 der 120 von Karstadt genutzten Immobilien. Das Unternehmen wolle vermeiden, dass die Gebäude bei einer Zerschlagung leer stünden" (focus)

Ansicht Karstadt von der Johannisstrasse aus gesehen

20.5.10 / Karstadt (zur insolventen Arcandor AG gehörend) hat 120 Geschäfte (700 Filialen) mit ca. 25.000 Beschäftigten; in Göttingen sind es zwischen 350 und 400 Beschäftigte. Zur Zeit entscheidet der Arcandor-Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg über den Verkauf an einen Investor und evtl. auch über Zerschlagung oder Abwicklung. Eigentlich war anfangs so gut wie alles verpfändet und der Insolvenzverwalter hätte daher kein großes Honorar kassieren können, weil mangels Masse gar kein Insolvenzverfahren eröffnet worden wäre.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales überwies dann aber für drei Monate Insolvenzgeld und plötzlich waren 150 Mio. Euro da. Hinzu kamen dann noch 50 Millionen aus einem sogenannten staatlichen "Massekredit". Danach stoppte der Insolvenzverwalter die Überweisung von eingenommer Umsatzsteuern ans Finanzamt, was ca. 335 Mio ausmachte. Nun konnte also über "Sanierung" verhandelt werden - das war dann auch die Voraussetzung dafür, dass Honorar für die Insolvenzverwaltung kassiert werden konnte. "Insolvenzverwalter Görg darf sich, so jedenfalls glauben Branchenkollegen wie Christian Heintze von der Chemnitzer Kanzlei Brockdorff, auf einen siebenstelligen Betrag freuen. Andere Schätzungen gehen sogar von einer Vergütung in zweistelliger Millionenhöhe aus." >>
Handelsblatt 21.10.09

Haus Nr. 2,
Sport-Karstadt
am Marktplatz

 

Der Hauptkaufinteressent will die ArbeitnehmerInneninteressen runterdrücken
Wenn es ganz unglücklich für die KollegInnen bei Karstadt läuft würde Karstadt dicht gemacht und alle Lohnabhängigen würden entlassen. Deshalb hat sich auch die Gewerkschaft ver.di in überregionalen Verhandlungen mit dem Haupt-Kaufinteressenten Triton zu einem Verzicht auf 500 Millionen Euro Mitarbeitergelder hinreissen lassen. Aber Triton will nun auch noch, dass Urlaubs- und Weihnachtsgeld länger als schon vereinbart gestrichen werden und die Mitspracherechte der ArbeitnehmerInnenvertreter eingeschränkt werden. Nun wird es aber ver.di langsam zu viel und die Gewerkschaft bezeichnet das Verhalten Tritons als Erpressungsversuche, die man nicht hinnehmen will.

Manager und Goldman Sachs haben schon gut abgezockt
Manager Thomas Middelhoff erhielt bei seinem vorzeitigen Abgang im Februar 2009 angeblich vier Mio. Euro. "Nachfolger Eick, gerade einmal 185 Tage im Amt, kassierte 15 Mio. Euro. Und auch Insolvenzverwalter Görg darf sich, so jedenfalls glauben Branchenkollegen wie Christian Heintze von der Chemnitzer Kanzlei Brockdorff, auf einen siebenstelligen Betrag freuen. Andere Schätzungen gehen sogar von einer Vergütung in zweistelliger Millionenhöhe aus." >>
Handelsblatt 21.10.09

Nun tauchen die Abzocker und Verursacher der Pleite wieder auf, um sich als Karstadt-Aufkäufer anzubieten: die US-Bank Goldman Sachs. "Die Bank ist indirekt einer der größten Gläubiger von Karstadt und dem Vermieter Highstreet. Der Goldman-Fonds hatte 2006 die Karstadt-Immobilien gekauft und zurückvermietet. Die Highstreet-Anteile wurden inzwischen an andere Investoren weiterverkauft, die Anleger haben wegen der Insolvenz aber keine Mieteinnahmen. Diese könnten mit einer Übernahme durch Goldman sichergestellt werden, so der Bericht. Dabei wolle die Bank die Warenhauskette zunächst komplett erhalten, später unrentable Häuser schließen und anderweitig verwenden. Am Ende stehe der Verkauf oder ein Börsengang." >>Textilwirtschaft, 22.4.2010

Der neueste Gag 2010 die Forderung an die Kommunen, auf Gewerbesteuer zu verzichten,

Karstadt-Eingang Groner Strasse

damit sich endlich ein Investor findet, der Karstadt übernimmt. Auch der Verwaltungsrat der Stadt Göttingen hat nun am 19.5.10 erklärt, auf die Gewerbesteuer von Karstadt zu verzichten. Indem man das tue, so Kämmerer Suermann im Finanzauschuss am 18.5., dann verzichte man sowieso auf etwas, was man nur dann bekäme, wenn Karstadt nicht aufgelöst würde. Karstadt käme aber nur wieder auf die Beine, wenn man auf die Gewerbesteuer verzichte. Den Nachweis, dass Karstadt durch den Verzicht gerettet werden könnte ist er schuldig geblieben.

Die Göttinger Entscheidung verschafft denen Geld, die sich nicht für die Beschäftigten interessieren
Schon vor längerer Zeit hatte der OB mitgeteilt, "es gehe ihm vor allem um den Erhalt der Arbeitsplätze (..) . Daneben sei Karstadt für den Einzelhandelsstandort Göttingen und besonders für die Innenstadt von zentraler Bedeutung. Deshalb erkläre er sich mit der Belegschaft in ihrem Kampf um die Fortsetzung der Karstadt – Tradition in Göttingen solidarisch."
Diese Sichtweise in Ehren, aber es scheint es doch eher so zu sein, als wollten Insolvenzverwaltung und Kaufinteressent mit der Drohung der Abwicklung noch so viel Geld ranschaffen, damit sie sich später mit diesen Geldern eine goldene Nase verdienen können und gleichzeitig Karstadt langsam vor die Hunde gehen lassen. Der Verzicht auf Gewerbesteuer erlaubt diesen Herrschaften dann noch etwas mehr aus dem dahinscheidenden Karstadt herauszusaugen. Es ist unerfindlich, wie notleidende Kommunen mit Millionenschulden auf mögliche Einnahmen verzichten, ohne auch nur eine einzige Garantie für die Folgen ihrer segensreichen Absicht einzufordern.


Eingang Groner Strasse

Etliche Kommunen wittern, dass da was faul ist und weigern sich
Einigen Kommunen wie z.B. Duisburg scheint das inzwischen aufgegangen zu sein und sie verweigern einen Gewerbesteuerverzicht. ("15 von 94 Städten, in denen Karstadt-Warenhäuser stehen, wollen bislang nicht auf die Gewerbesteuer aus Sanierungsgewinnen verzichten. Dazu zählen Köln, Bonn, Hannover, Mainz, Dresden, Leipzig, Kaiserslautern und Duisburg." ad hoc news)
11 Kommunen verlangen, dass beim Verzicht auf Gewerbesteuer von den Karstadt-Aufkäufern eine Garantieerklärung für die Beibehaltung des Standortes und/oder den Erhalt der Arbeitsplätze abgegeben wird.
die Karstadtbeschäftigten sollten vertragliche Garantien für kommunale Unterstützung verlangen. Kein Gewerbesteuerverzicht ohne vertraglich garantierte Gegenleistung!

Nachtrag 2013: Auch heute gibt es Karstadt in Duisburg noch obwohl die Stadt nicht auf die Gewerbesteuer verzichtet hatte.

 

Und jetzt schon wieder ? 2020
Karstadt in der Krise und Forderungen nach kommunaler Unterstützung

In einer Pressemitteilung von ver.di wird kommunales Engagement für den Erhalt der Standorte verlangt. Im ver.di-Bezirk Süd-Ost-Niedersachsen gibt es Karstadt/Kaufhof Standorte in Braunschweig, Göttingen und Goslar mit mehr als 600 Beschäftigten.
"Weitere Verkäufer*innen wären bei Schließungen ebenfalls betroffen: Angestellte von Untermietern und Angestellte der internen Labelshops – auch da geht es um Beschäftigte in einer insgesamt dreistelligen Größenordnung,“ so ver.di Geschäftsführer Sebastian Wertmüller. ver.di weist darauf hin, dass eine Schließung von Häusern nicht nur Auswirkungen auf Beschäftigte und Käufer*innen habe: Ganze Innenstädte seien betroffen. Die Kaufhäuser seien zentrale Ankermieter, die Publikum in die Innenstädte brächten. Wertmüller: „Ohne sie leiden Fußgängerzonen und das ganze Einkaufserlebnis Innenstadt,“ so Wertmüller. ver.di fordere die Oberbürgermeister Oliver Junk in Goslar, Rolf-Georg Köhler in Göttingen und Ulrich Markurth in Braunschweig daher auf, sich beim Konzern für „ihre“ Kaufhäuser einzusetzen und Druck für einen Bestand der Standorte auszuüben. Auch die Räte, der Einzelhandelsverband, örtliche Innenstadthandel und die örtliche Wirtschaft seien gefordert: Wertmüller: „Wir bitten alle, denen an lebendigen Innenstädten und lebendigen Fußgängerzonen in Braunschweig, Göttingen und Goslar gelegen ist, hier aktiv zu werden. Nicht nur die Beschäftigten, auch die Kommunen brauchen das jetzt.“

 

Streikaufruf bei Karstadt - Oktober 2013

24.10.13 // Seit 2009 schon leiden die Menschen, die für Karstadt arbeiten unter der Zitterpartei, die ihr monatliches Einkommen bedroht. Von einigen Zockern, dubiosen Geschäften und Goldmann-Sachs in die Insolvenz getrieben (>Artikel) bekam Karstadt für einen Neuanfang sogar von der Stadt Göttingen die Gewerbesteuer erlassen - ohne Gegenleistung. Jetzt sollen die Vollstrecker des neuen Besitzers, dem Finanzholdingchef Nicolas Berggruen wenigstens eine Beschäftigungsgarantie geben: deshalb Streik! Berggruen hat mit der Zerschlagung schon begonnen und die Sporthäuser von Karstadt verkauft. Die Einnahmen aus dem Verkauf will er nach längerer Untätigkeit jetzt angeblich in die Sanierung stecken verlangt aber dafür, dass die MitarbeiterInnen auf Gehalt verzichten. Damit das plausiblier wird hat

24.10.13 / Text: PM Verd.di //
Karstadt Göttingen beteiligt sich am bundesweiten Karstadt-Streik für Standort- und Beschäftigungssicherung sowie Tarifbindung. ver.di ruft ab Freitag, den 25. Oktober, bundesweit die Beschäftigten von Karstadt zu Streiks und Aktionen auf, um vor der nächsten Verhandlungsrunde mit der Karstadt-Geschäftsführung Mitte November ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.
Auch die KollegInnen von Karstadt Göttingen mit seinen über 200 Beschäftigten in Haupthaus, Sporthaus und K-Town beteiligen sich am bundesweiten Karstadt Streik-und Aktionstag. „Göttingen ist von der Trennung des Unternehmens in Warenhaus, Sport und Premium direkt betroffen und die MitarbeiterInnen befürchten eine Verschlechterung ihrer Mitbestimmung“, so die regionale ver.di-Fachsekretärin Monika Neuner.


Arno Peukes (2009 im Haus der Kulturen)

Arno Peukes,ver.di-Verhandlungsführer der Karstadt-Bundestarifkommission:

„Die Eigentümer Nicolas Berggruen und René Benko müssen endlich deutlich machen, wohin die Reise gehen soll. Die Verunsicherung der Beschäftigten, noch angeheizt durch die Berichterstattung über eine angebliche Schließung des Stuttgarter Hauses, muss ein Ende haben – die Menschen brauchen endlich Klarheit darüber, dass Karstadt nicht nur als Markenname, sondern auch als zuverlässiger Arbeitgeber erhalten bleibt. Wer nach der Tarifflucht von Karstadt im Mai jetzt auch noch das Unternehmen und die bisher erfolgreiche Mitbestimmung zerschlägt, spielt unverantwortlich mit den Ängsten der Beschäftigten"

„Nach langen Jahren der Unsicherheit brauchen die Karstädterinnen und Karstädter eine planbare und verlässliche Zukunftsperspektive – die gibt es nur mit einem Tarifvertrag über eine Standort- und Beschäftigungssicherung und die Rückkehr in die Tarifbindung“, betonte Rüdiger Wolff, ebenfalls ver.di-Verhandlungsführer. Nach Sammlung der Göttinger Streikenden am Karstadt-Haupthaus von 8:30 bis 10:00 Uhr, fahren die KollegInnen nach Hannover, um in einer gemeinsamen Demonstration und Kundgebung mit Streikenden aus weiteren niedersächsischen Karstadt-Häusern ihrem Anliegen Ausdruck zu verleihen.

 

Nach dem Verkauf 2010, die befürchteten Folgen beginnen:
Karstadt-Gastronomie soll ausgelagert werden

17.4.12 // Am 26.5.2010 schrieben wir: "Es fehlt aber eine Garantie dafür, dass Karstadt - auch wenn es wieder auf die Beine kommt - anschließend NICHT doch zerlegt oder abgewickelt wird und der "fiktive Verzicht auf Gewerbesteuer" zur real mehr Abkassieren durch die Aufkäufer führt." Nun, 2012 soll die Gastronomie ausgelagert werden und verdi veröffentlichte folgende Meldung: Göttingen. Am heutigen Dienstag, den 17. April gingen über 100 Beschäftigte der Göttinger Karstadt Filialen symbolisch mit bunten Luftballons "in die Luft". Im Rahmen einer Betriebsversammlung, die zeitglich in über 70% aller bundesweiten Karstadt Filialen stattfand forderte die Gewerkschaft ver.di den sofortigen Stopp der Ausgründung der Karstadt Gastronomie in das genannte Unternehmen "le Buffet". "Diese Ausgründung führt zu jährlichen Einkommensverlusten von ca. 2.000 Euro" Die betroffenen Beschäftigten verlassen mit der Ausgründung den Tarifbereich Einzelhandel. Die in der Gewerkschaft ver.di organisierten Beschäftigten befürchten einen Schneeball- Effekt von Ausgründungen. Aber auch die tarifliche Situation im Einzelhandel Niedersachsen trieb die Be-schäftigten auf die Straße. Zwar hat ver.di den niedersächsischen Arbeitgeberverband kürzlich davon überzeugt, dieses Jahr allen Beschäftigten 6 Wochen Urlaub zu gewähren. Erstmals werden alle unter 30jährigen Volljährigen damit vollständig gleichgestellt. Dafür stehen im Monat Mai 2012 Kürzungen beim Urlaubsgeld vor der Tür. "Wir erwarten, dass die niedersächsischen Arbeitgeber das volle Urlaubsgeld gewähren. Alles andere ist zwar legal, aber Diebstahl".


Foto: ver.di