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Drogenrazzien

Polizeiaktion gegen Technoparty von Radio E-Volution

Berichte von Betroffenen und über Betroffene

14.11.07 / Wenn man die vielen Berichte im Gästebuch von Radio Evolution durchliest, dann tauchen immer wieder dieselben Verletzungen körperlicher Unversehrtheit und menschlicher Würde auf: Einkesselung und Festhalten in der Kälte ohne Erlaubnis warme Jacken anzuziehen, bekamen aber auch keine Decken, sie durften nicht auf die Toilette oder mußten vor den Augen der Polizisten urinieren. Sie wurde bis zu 6 Stunden festgehalten und bekamen nichts zu trinken. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass alle Gästebucheintragungen frei erfunden sind.

Im Folgenden stichwortartige Auflistung von Vorwürfen im Gästebuch Radio E-Volution

  • mich hat man 6 stunden und 20 minuten festgehalten. kein Handy, kein geld, keine Jacke.
  • einem verweigert wurde seine Jacke zu holen! ... stundenlanges warten in der kälte!!
  • die hätten zumindest für decken sorgen müssen
  • ich hatte meine jacke erst um ca. 6:30
  • Ich stand über drei Stunden in der scheiss Kälte und durfte dort nicht weg um meine Jacke zu holen, obwohl mein Auto direkt auf dem Parkplatz stand!
  • Da bist du grad mal 5 Minuten auf dem Parkplatz, stehst 3 std. in der Kälte, ...
  • ich hatte meine jacke im auto u durfte sie nich holen...ich war schon blau weil ich so gefrohren hab!!
  • Ja was da gelaufen ist mit dem in der kälte stehen lassen war wiklich ne sauererei. Die hätten wenigsten nen paar decken von Anfang an rausrücken können...
  • vor allem, dass mir der morgendliche Toilettengang untersagt wurde
  • ich komm auf diese ganze aktion immer noch nicht klar! 5 Stunden stand ich auf einen Fleck und konnte mich kaum bewegen! außerdem bin ich fast verdurstet!!
  • Wie ein Tier gefangen in seinem Käfig, allerdings ohne Wasser, Brot und ner Decke... knapp 7 Stunden frieren, ausziehen, und und und, so etwas möchte ich nie wieder erleben.
  • die ewige Warterei in der Kälte ohne decken ,..Ich als Frau stand da also von 2 - 8 Uhr morgens in der Kälte, vollig übermüdet und durchgefroren
  • die lange Wartezeit in der Kälte war echt sehr lang von 2-8 Uhr fand ich echt heftig.
  • als Frau sich in nen Bereich, der von Scheinwerfern ausgeleuchtet wird hinhocken zu müssen vor nen Polizisten / wild fremden Mensch ist echt schon mal sehr peinlich,
  • entblößter Po vor einem Beamten im WC der unbedingt wollte das ich die Tür offen lasse
  • im Zelt mit Foto und ausziehen dass setzt mir im Moment so zu......Werd da wohl noch n Weilchen dran knabbern, das war echt ein wahrgewordener Albtraum
  • durfte heute um 7.45 das party-gelände verlassen bin ich jetzt krank......ich empfinde es als nötigung, wenn mir bxxxxxxx beim pinkeln zuschauen.

13.11.07 / Es wurden auch Fälle berichtet, in denen jemand die Untersuchung verweigerte und verlangte, dass man ihm zunächst erkläre, was gegen ihn vorliegt. Da in dem berichteten Fall nichts vorlag, wurde angeblich auf die Leibesvisitation verzichtet. Alle Gäste mußten sich aber fotografieren und Fingerabrücke abnehmen lassen.
Immer noch unklar ist, wieso a) Leute teilweise nur im T-Shirt bekleidet in der Kälte warten mußten und b) die letzte untersuchte Person angeblich erst um 9 Uhr am anderen Morgen den Veranstaltungsort verlassen konnte. Die Zahl der eingeleiteten Strafverfahren ist dem Vernehmen nach auf über 130 angewachsen.

Ablauf der Razzia

12.11.07 / 300 Polizistinnen und Polizisten haben in der Nacht vom 10. auf 11. November die Techno-Party Heaven & Hell im Hagenweg um 2 Uhr beendet.

Die Musik der Party war vorher auch zeitweise im Stadtradio unter dem Titel "Radio E-Volution" live übertragen worden. Das Stadtradio war aber NICHT Veranstalter, wie dies von interessierter Seite gerne in die Darstellung eingebaut wird.> Radio e-volution "ist vor allem eine Bürgerfunksendung im StadtRadio, die jeden Freitag ab 21 Uhr auf der 107,1 läuft. Die e-volution-Leute organisieren auch die Heaven & Hell-Partys, die sie diesmal, sozusagen als Special ihrer Sendung auch live übertragen haben." (Zitat eines Radio Insiders)

Aus dem Polizeibericht: "Insgesamt überprüften die Ermittler dabei 334 Männer und 119 Frauen. Unter den Besuchern waren auch drei Jugendliche im Alter von 17 Jahren. Rund zwei Drittel von ihnen standen nach derzeitigen Erkenntnissen entweder aufgrund eigener Angaben oder aufgrund bestimmter auffälliger Verhaltensweisen im Verdacht, bei der Veranstaltung Drogen konsumiert zu haben. Die Personalienfeststellungen und Durchsuchungen der Angetroffenen und ihrer Fahrzeuge dauerten bis in den frühen Morgen. (...) insgesamt leiteten die Beamten 100 Strafverfahren wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz ein. Allein 68 Mal wurden die Partydroge "Speed", zehn Mal die Droge "XTC", 19 Mal Cannabisprodukte sowie weitere Rauschgifte von der Polizei aufgefunden und beschlagnahmt." >> Polizeibericht
Die ganze Sache verlief also recht unangenehm für die meisten BesucherInnen der Party. Auch wer nix mit Drogen zu tun hatte mußte im Freien in Gruppen vor den beiden Untersuchungszelten warten, durfte nichts trinken oder auf die Toilette gehen und stand in der Kälte. Die Untersuchung selbst war dem Vernehmen nach recht intensiv und unangenehm. Der umsonst gezahlte Eintrittspreis war von alledem noch das geringere Problem.
Für die Veranstalter bedeutet die Razzia vermutlich ein finanzielles Debakel - immerhin hatte man sogar zwei DJs aus Amerika eingeflogen. Für das Haus in dem die Party veranstaltet wurde bedeutet die Razzia hingegen einen erheblichen Image-Schaden, zu dem die örtliche Presse kräftig beigetragen hat. Während die Polizei in ihrem Bericht dezent nur die Strasse nannte, in der das Haus liegt, machte eine Zeitung das betreffende Haus deutlich kenntlich. Bei einer Beschwerde des Vermieters gegenüber dem Blatt wurde ihm entgegengehalten, man nenne auch die konkreten Orte im Zusammenhang mit Nazis - ein Argument das dem Anrufer den Atem verschlug und das Gespräch beenden ließ.
Interessant wäre zu erfahren, warum die Razzia durchgeführt wurde als Radio E-Volution in ausgerechnet dieser Loacation stattfand. Ähnlichen Veranstaltungen wie z.B. im September 2007 in einer großen Diskothek der Region keine Razzia blieben unbehelligt.
Die Technoparty fand in einem Saal statt, den die Träger des Hauses für Veranstaltungen vermieten. Die undifferenzierte Darstellung ist insofern bedauerlich, da hier auch Stadtteilarbeit, MigrantInnenarbeit in den übrigen Räumen des Hauses stattfindet die nun unter dem entsprechenden Image-Schaden zu leiden hat.

Stellungnahme der Veranstalter
12.11.07 / In einer >> Stellungnahme zu den Ereignissen auf der Heaven&Hell VIII am 10./11. 11.2007 schreiben die Veranstalter " Die Massivität dieses Einsatzes macht uns sprachlos; ob das Ausmaß der Maßnahme verhältnismäßig war stellen wir in Frage. Bei allen Gästen, die sich an diesem Abend OHNE SCHULD den Kontrollmaßnahmen unterziehen mussten entschuldigen wir uns ausdrücklich und aufrichtig. Bei der Planung unserer Events sind uns Vorkehrungen zur allgemeinen Sicherheit der Gäste und zur Drogenprävention ein Kernanliegen; wir sind überzeugt unser Mögliches geleistet zu haben." Darüber hinaus möchten die Veranstalter die vielen Betroffenen "animieren, das Erlebte über die Adresse: info@radio-e-volution.de (..) zu berichten."

Kommentar
Wie die Polizei auch Waffen bei den Besuchern gefunden haben will ist unverständlich. Beim Informations-Besuch einer früheren Veranstaltung dieser Art war festzustellen, dass die Security am Eingang jede/n abtastete und untersuchte. Ob die Leute Pillen dabeihaben oder vorher genommen haben ist jedoch nicht so einfach feststellbar und kaum zu verhindern. Da müßte permanent ein ambulanter medizinischer Dienst während der Party diejenigen Leute herausgreifen die auffällig werden und sie untersuchen.
Andererseits wundert es aber auch niemanden, dass bei Technoparties Extacy-Pillen und Speed eingenommen werden. Und um die Relationen richtigzurücken muß der Vergleich zum Alkoholkonsum gezogen werden, der weitgehend gesellschaftlich akzeptiert ist aber gesundheitlich sicherlich größere Folgeschäden hervorruft. (Nur mal spielerisch gedacht: Kneipen werden umstellt und 2/3 der Kneipenbesucher wird Drogenkonsum (Alkohol) nachgewiesen. - Aufschrei? )
Präventiv wirkte die Razzia indem sie in dieser Nacht verhinderte, dass Leuten unter Drogeneinfluss Auto fahren - danke. Ein wenig blauäugig hingegen ist die Hoffnung, durch diese Razzia Prävention im Drogenbreich zu betreiben. Es war eindeutig eine demonstrative Aktion gegen die Symptome auf der Ebene der EndverbraucherInnen. Interessant wären doch eher die zentralen Verteilerstellen für das Deckszeug, das die Hirne vernebelt.

 

Polizeiaktionen gegen Joints

Polizeiaktion gegen eine Techno-Fete in einem Privathaus

28.10.2002 // Angenommen Du gehst auf eine Fete in einem Privathaus die unter dem Thema Goa-Technomusik steht. Unter den 200 Gästen herrscht eine aggressionsfreie heitere Atmosphäre. Um 2:30 stürmen 160 Polizisten das Haus umstellen die Party sperren den Friedländer Weg. Nun kommst Du unverhofft als harmloser Partybesucher in die Situation, dass Du Dich bis auf die Unterhose ausziehen mußt, erkennungsdienstliche bemißhandelt wirst, fotografiert, in Dateien gespeichert und 3 Stunden Dich richtig Scheiße fühlen kannst, weil du genau so behandelt wirst.

"Der gesamte Raum wurde abgeriegelt - wir durften weder zu unseren Feunden, die sich in anderen Räumen befanden, noch uns etwas zu trinken holen (was ja nun wirklich nicht abwegig ist nach dem tanzen). So wurden wir ca. 20 Minuten ohne jeglichen Kommentar dort gekesselt. Auf Nachfrage gab es nur die Aussage:"Dies ist eine Razzia, sie können sich doch vorstellen warum!". Dann kam eine Ansage dass dies eine Drogenrazzia sei und wir uns gedulden sollen, es würde jetzt jeder kontrolliert. Die ganze Prozedur dauerte ca. 3 Stunden. Jede Person wurde einer 5 minütigen Durchsuchung mit Personalienaufnahme mit Fotosession unterzogen. Wer während dieser Zeit aufs Klo wollte wurde dorthin begleitet und stand die ganze Zeit unter Beobachtung." (Bericht aus indymedia eines Göttingers)

Polizeichef Niehörster der offensichtlich diese Aktion zu verantworten hat, muß sich nach der Verhältnismäßigkeit der Mittel fragen lassen, wenn z.B., wie in der Zeitung zu lesen war, eine Frau sogar gezwungen wurde, mißtrauische Blicke irgendeiner Beamtin zuzulassen während sie ihren Tampon wechselte.

Polizeibericht: Bei der heute durchgeführten Razzia in einem Haus im Friedländer Weg, in dem eine "GOA-Party" stattfand, sind 132 Männer und 68 Frauen im Alter von 15 bis 50 Jahren durchsucht und deren Personalien festgestellt worden. Ebenfalls wurden die Räumlichkeiten sowie 25 von den Besuchern der Party mitgeführte Kraftfahrzeuge durchsucht. Die Ermittler leiteten 62 Verfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz und ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz ein. Sie wurden erkennungsdienstlich behandelt. Von 10 Jugendlichen wurden die Eltern benachrichtigt. Bei den erkennungsdienstlich behandelten Personen sowie in den Räumen und den PKW fanden die Einsatzkräfte u.a. rund 1200 Gramm Marihuana, 40 Gramm Haschisch, zwei Gramm Amphetamine 25 Gramm Rauschpilze (Psilone), 3 XTC-Pillen sowie Ephedrin-Präparate.

Absurd wird es, wenn bei einer Festnahme- und Durchsuchungsaktion beim Mittagstisch der Gemeinde St. Michael in der Mauerstraße, 1 Joint !!!!! beschlagnahmt und das dann auch noch für erwähnenswert gegenüber der Presse gehalten wird.
Man sollte nicht von einem "Kampf gegen Drogen" reden, wenn man bei einger Polizeiaktion einen Joint beschlagnahmt. Joints sind in anderen europäischen Ländern wie z.B. Holland legal. Auch in der Bundesrepublik ist der Besitz von Haschisch bis zu einer bestimmten Menge toleriert. Nix dagegen eher voll dafür, wenn ihr z.B. den kriminellen Heroin-Dealern mächtig auf die Finger kloppt, aber Razzien bei Suchtkranken einerseits und Unschuldigen andererseits, scheinheilige Aktionen gegen Joints, ist ein Armutszeugnis polizeilicher Anti-Drogen-Strategie!

Gewisse Personenkreise und Institutionen scheint man bei Razzien und der Drogendiskussion gerne auszuklammern: Der Gebrauch von Kokain bei Musikern, die Valiumschachteln und Ampheatmine in Leherzimmern, Überdurchschnittlich häufige Alkoholabhängigkeit bei Politikern, Tablettenabhängige Ministerpräsidenten die sich ohne Psychodrogen garnicht mehr vor die Kameras trauten. Die CDU-Fraktion bzw. CDU-Ratsherr Holger Welskop sagte gegen die Kritik des Pfarrers der St- Michael-Gemeinde "Göttingen brauche eine offensive Anti-Drogen-Politik, bei der jeglicher Verstoß geahndet werden sollte." Jeglicher Verstoß...!  Prost !