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Göttinger Bronzeadler als Ersatz für Legion-Condor-Symbol

Die fürchterliche, faschistische und verbrecherische Legion Condor, die tausende Zivilist*innen in Spanien umbrachte, um dem Faschisten Franco an die Macht zu verhelfen, war Teil der Luftwaffe, die in der "General Wever Kaserne" in Potsdam-Eiche eine Funkstelle und Nachrichtenabteilung untergebracht hatte. "Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges nutzte die „Luftnachrichtenabteilung Oberbefehlshaber der Luftwaffe“ das Areal als Kommunikations- und Nachrichtenzentrale", "Namensgeber des Komplexes wurde Generalleutnant Walther Wever, Amtschef im Reichsluftfahrtministerium".(Quelle) Ihr Symbol war ein großer Bronzeadler, der allerdings nach dem Nazi-Desaster 1945 verschwand. Die DDR hatte die Nazisymbole abmontiert. Die Bundeswehr zog nach 1990 in die Kaserne ein und .... schwupps stand da plötzlich wieder ein riesiger Adler vorm Tor. Es war nicht der Original Nazi-Adler aber einer, der dem sehr ähnlich sah. Und woher war der? Er kam aus Göttingen! Dort war er von einem Kriegerdenkmal entfernt worden, das vor der Alten Anatomie stand. Man fragt sich, wie die in Potsdam mitbekommen konnten, dass in Göttingen ein Adler übrig war. Hat vielleicht ein Göttinger Luftwaffenangehöriger im Bundeswehr-Netzwerk einen Tipp gegeben?

In Potsdam bemüht sich eine Initiative, dass dieses Ding dort wieder wegkommt. Am einfachsten wäre es, wenn die Stadt Göttingen die Leihgabe zurückverlangen würde und den Adler mit einer Erklärung über seine Wanderwege und die geschichtlichen Bezüge ins Museum brächte - oder einschmölze. Allerdings weigert sich die Vertretung der Stadt Göttingen selbiges zu tun mit der Begründung "Der Adler ist Teil der Göttinger Stadtgeschichte. Die Stadt Göttingen steht zu diesem historischen Erbe und beabsichtigt derzeit nicht, an den jetzigen Verhältnissen etwas zu ändern." Warum aber ein Adler, der zur Göttinger Stadtgeschichte gehört, unbedingt in Potsdam vor der ehemaligen Kaserne der Legion Condor stehen soll, bleibt bislang eine unbeantwortete Frage, die an OB Köhler und Stadtarchivar Dr. Böhme zu stellen wäre.

Es geht um zwei Bronzeadler

A) General-Wever-Adler,

Der Nazi-Adler stand auf dem Tor der General-Wever-Kaserne in Potsdam-Eiche vor 1945. Ein Bild-Dokument findet sich auf einer >>Potsdamer Webseite.


Detail-Ausschnitt aus einer Postkarte

Heute fehlt der Mauerteil mit der Aufschrift und der Adler. Die Kaserne heisst jetzt "Havelland-Kaserne". Dieser Adler schmückte die Kaserne in der die Lufwaffe der Nazis einen Standort hatte, deren Legion Condor dem Faschisten Franco in Spanien an die Macht verhalf.

Exkurs über militärische Raubtier-Symbole
Die Identifiktion mit einem respekteinflössenden aggressiven Tier motiviert zu aggressiven Handlungen und legt die Überlegung nahe, dass das Töten und Getötetwerden eben zur Natur gehört, mithin etwas ganz natürliches sei. Legitimierungsversuch von todbringenden Militäreinsätzen als "natürlicher Überlebenskampf" wo sich im Sinne sozialdarwinistischer Ideologie "der Stärkere durchsetzt" (wohlwissend, dass "survival of the fittest" für Darwin etwas anderes bedeutete). Hinzu kommt die Identifikation mit dem Adler als Herrscher der Lüfte was zur Eigensicht der Nazi als Angehörige der "Herrenrasse" passte. (Die Namensgebungen in der heutigen Bundeswehr sind allerdings nicht weit davon entfernt: Panzer Leopard, Panzerwagen Marder, Abwehrrakete Milan usw.)

Wie sehr das Adlersymbol mit der Legion Condor verbunden war zeigte u.a. die Zeitschrift >>"Der Adler" die 1939 mit einem Sonderheft und dem Aufruf "Legion Condor an die Front" herauskam.(Bild: Ausschnitt aus dem Titelblatt)

B) Der Breymann-Adler

Der Göttinger Adler wurde vom Bildhauer Adolf Breymann für ein Kriegerdenkmal geschaffen, das den Sieg 1871 im Krieg mit Frankreich erinnern sollte. Dieser Adler stand vor 1945 in Göttingen >>vor der Alten Anatomie Am 7. April 1945 wurde dieses Gebäude bei einem Luftangriff zerstört. Nach Kriegsende verschwand der Adler in der Versenkung, schließlich plante man, ihn in Göttingen zu verschrotten.

wikipedia: AdolfBreymann_Adler_RemeberanceOfGermanFrenchWar1871 Datum 21. September 2006 Quelle Own work, all rights released (public domain) Urheber commonsUser:kilima8

Dieser Breymann-Adler wurde nicht verschrottet, sondern steht jetzt in Potsdam-Eiche, weil er als Dauerleihgabe der Stadt Göttingen an die Bundeswehr ging, nachdem er in Göttingen nicht mehr gewünscht wurde. dabei stellt sich schon einmal die Frage: Wer gab denen damals den Tipp, dass in Göttingen ein Adler übrig ist?

Zur Vergewisserung, dass der Adler tatsächlich immer noch da steht wurde im januar 2018 folgendes Foto von einem Göttinger in Potsdam aufgenommen:

Nun steht der Göttinger Adler vor der Kaserne in Potsdam-Eiche, die ehemalige Nazi-Lufwaffen-Kaserne hat das Legion-Condor-Symbol , den Adler wieder vor ihrem Portal.

Die >>Märkische Allgemeine hat 2016 einen Artikel mit Bild darüber veröffentlicht und bemerkte: "Ein ursprünglich für ein Gefallenendenkmal in Göttingen erschaffener Bronzeadler thront vor der Havellandkaserne in Eiche." ...in der Kaiser-Friedrich-Straße. "es sollte verschrottet werden. Die Soldaten brachten es nach Brandenburg, in Sicherheit."

Vorbermerkung
"Um sich preußisch-militaristischer/faschistischer Traditionen zu entledigen, reicht es, sie an einen anderen Ort zu verlagern?" Dieser Satz wurde Herrn Dr. Paulke aus Potsdam als erläuternden Satz ganz zu Beginn seines Autoren-Artikels vorgeschlagen. Er war damit einverstanden.
Hauptsache, dass der Adler vor der Potsdamer Kaserne bald verschwindet und irgendwo eingemottet oder eingeschmolzen wird. Um diesen notwendigen Prozess in Gang zu setzen, hat Dr. Bernd-Reiner Paulke den Autoren-Artikel geschrieben und ihn uns zur Verfügung gestellt.

Dr.Bernd-R.Paulke / Potsdam-Eiche 2017
Die Havelland - Kaserne in Potsdam - Eiche

(...) Am 2.Oktober 1990 erreichte ein Vorauskommando der Bundeswehr die heutige Havelland - Kaserne. Nach einer ersten Besichtigung wurden die Mannschaftsunterkünfte als unzumutbar bezeichnet und eine Aufgabe des Standortes empfohlen. Nach einer Analyse der möglichen Perspektiven begann man mit dem Um - und Ausbau der Gebäude. Als Standort - Symbol wählte der erste Kommandeur der Bundeswehr einen 1876 in Göttingen geschaffenen Bronzeadler, der dort bis 1945 an die Gefallenen des Deutsch - Französischen Krieges von 1870 / 71 erinnerte. In Potsdam - Eiche erinnert er fatal an die Attribute der General - Wever - Kaserne, die von 1935 – 45 an derselben Stelle zu Görings Luftwaffe gehörte.
Am 1.April 1991 fand ein Ostermarsch vom Potsdamer ‚Platz der Einheit‘ bis zur heutigen Havelland - Kaserne statt. Daran nahmen ca.150 Menschen teil. Die Bundeswehr in Eiche hatte deswegen ihr Haupttor mit Stacheldraht verbarrikadiert. So etwas hatte ich dort im Kalten Krieg nicht gesehen. Diese Jahre nach der Wende in der DDR waren eine einmalige Zeit, in der man sich ganz neu zum Woher und Wohin orientierte. Zeitzeugen kamen unzensiert zu Wort. Ortschronisten etablierten sich. Im Zusammenhang mit der Havelland - Kaserne kamen die archäologischen Ausgrabungen in ihrer frühen Bauphase wieder ins Gespräch. Damals wurden am Südhang des Ehrenpfortenberges bronzezeitliche Gräber gefunden. Das größte enthielt den ‚Kultwagen von Eiche‘, seit Jahrzehnten eines der bronzezeitlichen Prunkstücke der frühgeschichtlichen Sammlungen Brandenburgs. In der Havelland - Kaserne Potsdam - Eiche realisiert die Bundeswehr Fahrschul - Ausbildung an Straßenfahrzeugen. Ihr Anblick gehört zum Straßenbild im Ort. Nennenswerte Kontakte zur bodenständigen Bevölkerung gibt es m.E. nicht. Erst der erneute Bundeswehr - Skandal zu verfehlter Traditionspflege und zu NS - Devotionalien in verschiedenen Kasernen bot der Öffentlichkeit einen Anlass, erneut auf den Garnisonsstandort zu schauen. Die Herkunft des Standort - Symbols wurde recherchiert, um einen Ursprung in der NS - Zeit auszuschließen. Der Führungsspitze um den Kommandeur wurden Vorschläge für ein zeitgemäßes, authentisches Antlitz des Standortes unterbreitet. Z.B. würde eine stilisierte Wiedergabe des vor Ort gefundenen, bronzezeitlichen Kultwagens unübertrefflich zur FahrschulAusbildung in und um die Havelland - Kaserne passen. Es war befremdlich festzustellen, wie wenig die aktuelle Bundeswehr - Spitze vor Ort offenbar an einem zeitgemäßen authentischen Antlitz interessiert ist. Schließlich muss die Bundeswehr heute für ihren Erhalt für junge Leute attraktiv erscheinen.

Nachwort
Dr. Böhme, Leiter des Städtischen Museums und Stadtarchivs Göttingen - so wurde uns mitgeteilt, soll Herrn Paulke am 16. August folgendes geschrieben haben:
"Sehr geehrter Herr Dr. Paulke, hinsichtlich des Bronzeadlers vor der Havelland-Kaserne in Potsdam-Eiche hat der Herr Oberbürgermeister der Stadt Göttingen entschieden, dass der Adler weiterhin als Leihgabe der Stadt Göttingen an seinem jetzigen Standort verbleiben soll. Der Adler ist Teil der Göttinger Stadtgeschichte. Die Stadt Göttingen steht zu diesem historischen Erbe und beabsichtigt derzeit nicht, an den jetzigen Verhältnissen etwas zu ändern.

Wie bereits eingangs notiert: Wenn der Adler Teil der Göttinger Stadtgeschichte ist, dann gehört er nicht vor die Potsdamer Kaserne, sondern zurück nach Göttingen.
Wenn wir die Potsdamer nicht von Göttingen aus unterstützen, dann gibt es für die Potsdamer also keinen Ansatzpunkt mehr! Göttingen ist zuständig und sowohl Brandenburger Behörden als auch von der Leyens Ministerium reden sich mit "nicht zuständig" raus.