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Treffen der Selbsthilfegruppe Winkelfehlsichtigkeit in Gö
Ausnahmsweise veröffentlichen wir hier einen sehr umfangreichen Text von einer bundesweiten Selbsthilfegruppe - die sich kürzlich in Göttingen traf und uns diesen Bericht zusandte, denn er zeigt einige grundsätzlichen Probleme des Medizinischen Systems auf. Zunächst eine lexikalische Erklärung worum es geht.

Kontakt zur (nicht mehr ganz) virtuellen Selbsthilfegruppe: Bei Bedarf auch ganz reell in Göttingen  mail_an@habmalnefrage.de    Tel 0160-91819386 

Winkelfehlsichtigkeit – was ist das
Wer kennt nicht den berüchtigten "Knick in der Optik", der als Erklärung herhalten muss, wenn jemand mal wieder den Ball nicht getroffen oder den Kaffee daneben geschüttet hat. Auch wenn man ihn gar nicht sieht - es gibt ihn tatsächlich. Er entsteht, wenn die Augenmuskeln an einer Seite zu kurz oder zu lang sind. Würde dieses Ungleichgewicht der Muskeln beim Fixieren eines Gegenstandes beibehalten, träfe das fixierte Bild nicht in beiden Augen auf der Netzhautmitte auf. Ohne die gleiche Bildlage auf beiden Netzhäuten kann das Gehirn jedoch die beiden Seheindrücke nicht zu einem einzigen Bild mit räumlicher Wahrnehmung verschmelzen.
Bei einem solchen Bildlagefehler würde man deshalb entweder doppelt sehen, das Gehirn den Seheindruck eines Auges unterdrücken oder das Sehzentrum auf der Netzhaut sich so verschieben, dass die Augen die Dinge "gerade" wahrnehmen, obwohl sie einen Schielwinkel aufweisen. In allen diesen Fällen spricht man von manifestem Schielen.
Vielen Menschen gelingt es jedoch, ihren "optischen Knick" zu kompensieren, indem sie die Augen durch verstärkte Muskelanstrengung in eine annähernd parallele Stellung zueinander bringen und das Gehirn verbleibende kleine Restfehler "wegrechnet". Diese Menschen haben eine Winkelfehlsichtigkeit (Wfs).
Allerdings müssen sie für diese permanenten Ausgleichsbemühungen viel Energie aufbringen. Diese ständige Anspannung zu erheblichen Befindlichkeitsstörungen (sog. asthenopischen Beschwerden) führen, wie z.B.

  • Kopfschmerzen bis hin zu Migräneanfällen
  • Schwindel, Übelkeit
  • unscharfes Sehen besonders nach Blickwechseln
  • Verrutschen der Buchstaben oder Zeilen beim Lesen und Schreiben
  • Nackenschmerzen
  • Schnelle Ermüdung der Augen bei anspruchsvollen Sehtätigkeiten und Augenbrennen
  • Konzentrationsstörungen
  • Doppeltsehen (besonders nach Alkoholgenuss)
  • Lichtempfindlichkeit (auch Blendempfindlichkeit bei Nacht)
  • vermindertes räumliches Sehen und entsprechende Bewegungsunsicherheiten

Ob diese Beschwerden auftreten, hängt weniger von der Größe des Winkels ab. Entscheidender sind die individuelle Verfassung, die Belastung der Augen, das Lebensalter oder auch die sonstigen Fehlsichtigkeiten.
Winkelfehlsichtigkeit ist keine Krankheit, sondern eine körperliche Unvollkommenheit wie eine krumme Wirbelsäule oder ein Senkfuß. Ca. 80% aller Menschen sind mehr oder weniger stark winkelfehlsichtig. Mind. 25% von ihnen leiden unter den oben genannten Befindlichkeitsstörungen.
Das muss jedoch nicht sein: Große Winkelfehlsichtigkeiten können durch eine Operation behoben werden. Bei kleineren helfen spezielle Brillengläser mit prismatischer Wirkung, die den Lichtstrahl so umlenken, dass der Bildlagefehler ausgeglichen wird.
Beide Ansätze erbringen hohe Erfolgsquoten von ca. 60-80%. So berichteten die beim Treffen anwesenden Optiker wie auch die Leiterin der bundesweiten Selbsthilfegruppe Wfs, dass viele Menschen nach der Korrektion "wie ausgewechselt" seien. Kinder fangen zum ersten Mal freiwillig an zu lesen, andere schaffen unerwartet den Sprung auf das Gymnasium. Zwar haben Schulprobleme häufig mehr als eine Ursache und Legasthenie oder Aufmerksamkeitsdefizitprobleme lassen sich nicht durch eine Korrektion der Winkelfehlsichtigkeit heilen. Wenn diese Korrektion jedoch die Augen von der übermäßigen Anstrengung entlastet, werden Energien frei, die der Körper an anderer Stelle sinnvoller einsetzen kann. Auch unter den erwachsenden Forumsteilnehmenden möchte niemand mehr auf die prismatischen Gläser verzichten. Einer hat damit auch zum ersten Mal erfahren, was räumliches Sehen bedeutet – und das als Architekt.

Kurzer Selbsttest
Ein Auge mit einem hellen Blatt Papier vollständig bedecken, mit dem anderen einen Gegenstand fixieren, dann das Blatt schnell wegziehen. Bewegt sich das Bild danach scheinbar oder rutschen zwei Bilder zu einem zusammen ist dies ein erster Hinweis auf eine mögliche Wfs.

Von der Fehlsichtigkeit des Gesundheitssystems und den notwendigen Sehhilfen: Treffen des Internetforums "Winkelfehlsichtigkeit" in Göttingen
"Mehr Eigenverantwortung" welche GesundheitspolitikerIn schlägt nicht täglich mit diesem Wort um sich, in der heimlichen Hoffnung, damit eine weitere abgedroschene Forderung endlich in die Tat umsetzen können, nämlich die nach mehr "Effizienzsteigerung".
Als ob die Defizite im Gesundheitssystem nicht seit Jahrzehnten ein umfassendes Angebot an Selbsthilfegruppen nach sich gezogen hätten. Mehr noch: diese Gruppen gehen mit der Zeit, denn sie gehen ins Netz. Zu fast jedem gesundheitlichen Problem findet sich inzwischen ein online- Diskussionsforum, in dem Betroffene und Fachleute einen regen Erfahrungsaustausch pflegen.
Gegenüber den real existierenden Selbsthilfegruppen bieten die virtuellen so manche Vorteile: In der Anonymität des Internets sinken die Hemmschwellen zur Kontaktaufnahme. Wer nur ab und zu eine kleine Frage stellen möchte, muss nicht gleich regelmäßig an Gruppentreffen teilnehmen. Verlockend ist darüber hinaus der höhere Anteil an ExpertInnen: Kommt der Austausch unter KollegInnen im "richtigen Leben" oft wegen beruflicher Konkurrenzen nicht zustande, so können sie im als pseudonyme TeilnehmerInnen im Netz auch einmal zugeben, nicht alles zu wissen. Am Ende sind es dann oft weniger die mitschreibenden Fachleute, von denen sie etwas lernen, sondern die ExpertInnen in eigener Sache: die Betroffenen.
Derart interaktiv fanden auch die TeilnehmerInnen des deutschsprachigen Internetforums "Winkelfehlsichtigkeit" der Webseite www.optometrie-online.de zusammen, und das nicht nur virtuell: Bei mehr als 20 Forumsgästen entstand bereits zum dritten Mal der Wunsch nach einem persönlichen Treffen. Dass es diesmal in Göttingen stattfand, lag nicht nur an der Einladung einer Göttinger Teilnehmerin, sondern auch an der günstigen Lage im optischen Mittelpunkt des Landes und dem vorauseilenden Ruf einer ansehnlichen historischen Unistadt.
Sollte das Treffen ursprünglich eher dem Kennenlernen und Erfahrungsaustausch dienen, so entwickelte sich trotz der mittelalterlichen Atmosphäre im gemütlichen Kellergewölbe des "Kreuzgang" sehr schnell eine rege Diskussion um aktuelle gesundheitspolitische "Effizienzsteigerungen". Heraus kam ein Paradebeispiel dafür, wie eigenverantwortliche PatientInnen gleichzeitig effizienzfördernde PatientInnen sein könnten – wenn da nicht noch so manche Fehlsichtigkeiten des Gesundheitssystems wären. Aber der Reihe nach:

Das Gesundheitssystem: heilt, was hilft
So weit, so erfolgsversprechend. Wie kommt es aber, dass viele Betroffene auch nach endloser Odyssee durch verschiedene Arztpraxen keine Hilfe erhalten?
Da wären zunächst die Auseinandersetzungen um die richtigen Messmethoden, deren wissenschaftliche Ergründung noch in den Kinderschuhen steckt. Viele AugenärztInnen sind daher skeptisch und in der Problematik der Wfs nur unzureichend ausgebildet. So glauben z.B. immer noch manche, mit prismatischen Korrektionen zwangsläufig einen so großen latenten Schielwinkel hervorzubringen, dass er operiert werden muss. Tatsächlich ist aber nur in ca. 5% der Fälle eine Operation angeraten, die zudem als risikoarm gilt. Eine Zunahme der Werte nach dem Tragen einer Prismenkorrektion hat außerdem andere Ursachen: manchmal sind die Augenmuskeln zu Anfang noch so verspannt, dass der gesamte Schielwinkel sich erst offenbart, wenn die Muskeln durch das Prismentragen nach und nach gelockert wurden. Unabhängig davon setzt eine wirksame Prismenverordnung eine aufwändige Messung voraus, die von den Krankenkassen kaum vergütet wird.
Die derzeit differenzierteste Messmethode für Wfs, die Mess- und Korrektionsmethodik nach Haase (MKH), wurde in den letzten 40 Jahren von einem selbst Betroffenen aus der Praxis heraus entwickelt: Hans-Joachim Haase, Augenoptikermeister und Dozent an der Berliner Fachhochschule für Augenoptik. Sie erbringt Erfolgsquoten von ca. 60-80% und ist deshalb seit einigen Jahren Bestandteil der Meisterausbildung in der Augenoptik.
Nichtsdestoweniger wird der Augenoptik von Seiten der Medizin die Kompetenz streitig gemacht. Sie verweist nicht nur auf die wissenschaftlichen Erkenntnislücken, sondern befürchtet auch, dass AugenoptikerInnen mögliche pathologische Ursachen der Beschwerden oder ein echtes Schielen übersehen, die allesamt einer ärztlichen Behandlung bedürften.
In der Tat gibt es unter den AugenoptikerInnen solche schwarze Schafe. Auch neigen einige AnhängerInnen der MKH dazu, sich jeder Kritik an der eigenen Messmethode zu verschließen. Außer Acht bleibt jedoch, dass Prismen für OptikerInnen einige Kosten in Form von Zusatzgeräten und mehrstündige Messungen und Beratungen verursachen, die von den Kassen nicht vergütet werden. Zudem schicken die meisten den einhelligen Erfahrungen der ForumsteilnehmerInnen zufolge ihre KundInnen bei Sehstörungen mit unklarer Ursache immer zur medizinischen Abklärung . Abgesehen davon haben fast alle Winkfehlsichtigen bereits von sich aus mehrere ÄrztInnen konsultiert, wenn sie sich schließlich in die Hände der Augenoptik begeben.
Warum also diese Auseinandersetzungen? Wer genauer hinguckt, wird dahinter einige berufspolitische Interessen entdecken. In deren Mittelpunkt steht die Frage, ob Prismen als "Heilmittel" oder als "Hilfsmittel" aufzufassen sind, d.h. ob sie eine medizinische Wirkung haben, oder ob sie als Hilfsmittel zu sehen sind, das wie jede andere Sehhilfe auch eine rein mechanische Wirkung entfaltet, die nur anhält, solange die Brille getragen wird.
Ein bedeutsamer Unterschied, denn nach dieser Einstufung richtet sich, welche Berufsgruppe zuständig ist: Das Heilen von Krankheiten und die Verordnung der dazu notwendigen Heilmittel fallen in den Kompetenzbereich der medizinischen Heilberufe. Für Hilfsmittel in Form von Sehhilfen sind dagegen nach geltender höchstrichterlicher Rechtssprechung allein die AugenoptikmeisterInnen zuständig, welche im Gegensatz zu den AugenärztInnen eine langjährige Ausbildung im Messen und Korrigieren von Fehlsichtigkeiten durch Sehhilfen absolviert haben.
Kein Wunder, dass die Ärzteschaft seit Jahren versucht, Wfs als Krankheit und Prismen als Heilmittel zu definieren, während die Augenoptik darauf hinwirkt, den Status des Hilfsmittels beizubehalten.
Ermöglicht werden diese im Zuge der Gesundheitsreform erneut virulent gewordenen Zuständigkeitsdebatten durch einen Widerspruch in der derzeitigen Praxis: Nach bisheriger Rechtsprechung gelten prismatische Korrektionen als Hilfsmittel, die AugenoptikerInnen in eigener Verantwortung zu Lasten der Krankenkassen verordnen dürfen. Demgegenüber werden sie in den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien der Krankenkassen (Punkt 58.10) auf Betreiben der ärztlichen Vereinigungen seit einigen Jahren als Heilmittel gegen "krankhafte Störungen" eingestuft. seitdem zahlen viele Kassen nur noch dann Prismenzuschüsse, wenn eine ärztliche Verordnung vorliegt.

Die Leidtragenden: wieder einmal die Betroffene
Was bedeutet dies alles für die Winkelfehlsichtigen? Den zum 1.1.2004 geänderten Heil- und Hilfsmittelrichtlinien zufolge werden Krankenkassenzuschüsse zu Sehhilfen aller Art nach dem 18. Lebensjahr nur noch bei hochgradiger Sehbeeinträchtigung gezahlt, zu denen die Wfs nicht gezählt wird. Als Heilmittel werden Prismen weiterhin von den Kassen bezuschusst, sofern eine ärztliche Verordnung vorliegt.
Gerade diese Verordnung ist angesichts der skeptischen Einstellung der Schulmedizin jedoch nicht ohne weiteres zu erhalten. Infolgedessen dauert es oft sogar Jahre, bis die Wfs überhaupt erkannt wird. In der Zwischenzeit werden viele Kinder in ihrem schulischen Werdegang stark beeinträchtigt, als minderbegabt, psychisch krank oder aufmerksamkeitsgestört abgestempelt. Nicht wenige von ihnen erhalten dauerhaft Kopfschmerzmittel oder Psychopharmaka.
Während die Krankenkassen die immensen Kosten dieser fragwürdigen Therapien kritiklos übernehmen, müssen die Winkelfehlsichtigen die weitaus wirksamere prismatische Korrektion (ca 100€ Mehrkosten für die Prismen pro Glaspaar bei oft mehrmaligen Gläserwechseln innerhalb weniger Monate sowie c. 20-80€ für die Messung der Wfs) und ggf. eine Operation (ca. 750€) aus eigener Tasche bezahlen, wenn sie keine ärztliche Verordnung dafür bekommen können. Bei einer Verordnung fallen für die Kasse nach den derzeitigen Kostensätzen Prismenzuschüsse von ca. 50€ pro Glaspaar an – also nur ein winziger Bruchteil dessen, was sie für andere Therapieversuche ausgeben. Leidtragende sind also nicht nur die Leidtragenden, sondern auch die übrigen Versicherten, aus deren Beiträgen die falschen Therapien finanziert werden.
Damit nicht genug: Anstatt auf die sich ergänzende Zusammenarbeit zwischen AugenärztInnen und OptikerInnen vertrauen zu können, werden viele Betroffenen von einem Lager gegen das andere aufgebracht. Unter Umständen sind sie dadurch so verunsichert, dass sie sich ganz gegen eine Korrektion ihrer Wfs entscheiden. Den übrigen fehlt häufig die notwendige Unterstützung, um den zuweilen langwierigen Prismenaufbau durchzuhalten.

Was hilft, hilft: Seh- und andere Hilfen aus dem Internetforum Winkelfehlsichtigkeit
Wie gut, dass ein Augenoptiker 1999 auf die Idee kam, das deutschsprachige Internetforum "Winkelfehlsichtigkeit" einzurichten. Durch die gegensätzlichen Ansätze verunsichert und bisher auf berufspolitisch gefärbte Berichte aus zweiter Hand angewiesen, finden die Ratsuchenden dort erstmals einen unmittelbaren Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen. Dazu können sie ihre Problematik gleich mit mehreren Fachleuten verschiedener Richtungen umfassend diskutieren.
Auch wenn alle fachlichen Fragen geklärt sind, nimmt eine ganze Reihe weiterhin am Austausch teil. Die einen in dem Bestreben, ihre Erfahrungen weiterzugeben, die anderen auf der Suche nach seelischer Unterstützung, wenn auch das Durchhaltevermögen mal einen Knick bekommt oder das Umfeld mit Unverständnis auf Leistungseinschränkungen während der Umgewöhnungsphasen reagiert.
Nichtsdestoweniger hält das Forum kaum jemand davon ab, weiterhin fachlichen Rat vor Ort einzuholen. Dies nun aber im wahrsten Sinne des Wortes als mündige PatientInnen, nämlich kritisch nachfragend und vor allem einem trauend: ihren eigenen Augen.
Bestes Beispiel dafür ist eine Besucherin des Treffens: Kerstin H., Mutter zweier betroffener Kinder. Nach vielen vergeblichen Therapien bei ihrem Sohn rieten die ÄrztInnen ihr, zu akzeptieren, dass die Folgen einer Frühgeburt nicht immer durch die Schulmedizin zu behandeln seien. Nach ersten prismatischen Korrektionen sind zwar nicht alle Probleme ihres kleinen Mannes verschwunden. Jedoch erhärteten die sichtbaren Besserungen ihre Vermutung, dass das Kind nicht einfach dumm oder psychisch gestört ist. Durch die ausführlichen Erörterungen des komplexen Einzelfalles im Forum gelang es ihr sogar, andere Beschwerdeursachen mit Wfs-ähnlichen Symptomen, wie z.B. eine Halswirbelsäulen-Problematik (KISS), genauer einzugrenzen. Ganz nebenbei stellte sich bei all dem heraus, dass auch ihre eigenen Migräneanfälle von einer Winkelfehlsichtigkeit herrühren.
Was nun die zahlreichen Fachleute dazu, in ihrer Freizeit kostenlose Ratschläge zu erteilen? Nach neuesten Erkenntnissen des Göttinger Treffens möchten sie nicht nur ihre Erfahrungen aus der eigenen Praxis weitergeben, sondern auch voneinander lernen. Dabei liegt der besondere Reiz bei optometrie-online in der Begegnung verschiedener Berufsgruppen wie AugenoptikerInnen, OrthoptistInnen aus augenärztlichen Sehschulen und ErgotherapeutInnen. So sehr die Ansichten dieser verschiedenen Berufsgruppen zuweilen aufeinanderprallen, so wenig wäre ein solcher fachübergreifender Austausch außerhalb des Internets überhaupt denkbar.

Letzte Einblicke: das Treffen
Diese offene virtuelle Diskussionsatmosphäre wurde auch in Göttingen Realität. Obwohl die angereisten Augenoptiker sich so manchen kritischen Fragen der inzwischen höchst sachverständigen "Gewinkelten" stellen mussten, war von der Polemik und den Ideologisierungen der öffentlichen Grabenkämpfe nichts zu spüren. Lag dies vielleicht auch an der ruhigen und unvernebelten Atmosphäre des abgeschlossenen Seminarraums im Apex?
Fast könnte man sogar annehmen, von der Uni seien über alle Kirchtürme hinweg letzte Reste eines wissenschaftlichen Geistes herübergeweht, der Heilsversprechen nicht nur glauben, sondern sie verstehen will. Fast noch wichtiger für den optimalen Durchblick als die richtige Brille erschien beim Treffen nämlich der gesunde Menschenverstand. Gerade dann, wenn man diffusen asthenopischen Beschwerden auf die Spur kommen möchte, die auf eine Wfs, aber auch viele andere Ursachen zurückgehen können. Wieder einmal wurde deshalb deutlich, dass man weder auf medizinische noch auf augenoptische Kompetenzen verzichten kann – und auch nicht will.
Was die Betroffenen forderten, war vielmehr eine ausreichende Aufklärung von beiden Seiten, um anschließend in eigener Verantwortung zu entscheiden, auf welche Weise sie ihren Beschwerden Abhilfe verschaffen möchten. Umso ermutigender, dass einige TeilnehmerInnen von Fällen vertrauensvoller Zusammenarbeit zwischen AugenärztInnen und OptikerInnen vor Ort berichten konnten. Manche sogar von örtliche Kassenkassen, die bereits in unbürokratischen Einzelfallentscheidungen Prismenzuschüsse gewähren. Anzeichen dafür sollen auch in Göttingen gesichtet worden sein.

Der Ausblick: alles rein virtuell
Nach diesen Einsichten mussten die nun Durchblickenden sich fragen: Sind es wirklich Appelle an die Eigenverantwortung, die die PatientInnen nötig haben?
Wozu verhilft den mündigen Winkelfehlsichtigen die aufwändige Suche nach Informationen und Fachleuten, wenn die gesetzliche Krankenversicherung ihnen dennoch die Abhilfe verwehrt oder sie diese selbst finanzieren müssen? Dabei gibt es nicht wenige Betroffene, die sogar bereit wären, ein tatsächlich helfendes Hilfsmittel aus eigener Tasche zu bezahlen. Ist dies aber gerechtfertigt, wenn eine Sehhilfe einen größeren Einfluss auf das gesundheitliche Wohlbefinden haben kann als so manche medizinische "Therapie"?
Wie wäre es damit, so die ausblickenden Fragen der PrismatikerInnen an die gesundheitspolitischen Akteure, endlich die Widersprüche in den Zuständigkeitsfragen zu beseitigen, und zwar zum Wohle der bisher nicht Gefragten: der Betroffenen? Oder damit, interessengeleitete Differenzen zwischen den Berufsgruppen zu überwinden durch gegenseitigen Dialog und verstärkte wissenschaftliche Anstrengungen. Dann klappt es bestimmt auch mit der Effizienz.
Inwieweit die von der Bundesregierung neu ernannte Patientenbeauftrage auf dies alles hinwirken kann, blieb eine offene Frage der ForumsteilnehmerInnen. Umso wichtiger erschien es ihnen, nach der ersten virtuellen Vernetzung dem Beispiel der bundesweiten Selbsthilfegruppe Wfs zu folgen, die sich seit 2001 unermüdlich engagiert - gemäß dem Motto der Selbsthilfebewegung: "PatientInnen aller Bundesländer, verbindet euch!".

Weitere Informationen
Allgemeine Fragen
franziska.kubsch@selbsthilfegruppe-winkelfehlsichtigkeit.de
www.ivbv.org/Fragen_zu_FAQ.htm
www.optometrie-online.de/start4.htm

Weiterführende Literatur
www.optometrie-online.de/artikel/pages/Kinderoptometrie/
www.winkelfehlsichtigkeit.de
www.ivbv.org/Literatur.htm 
www.ivbv.org/PDF-Dateien/Methling_DOZ_06-02.pdf
www.ivbv.org/PDF-Dateien/Gorzny_DOZ_01-02.pdf
www.ivbv.org/PDF-Dateien/ZVA_DOZ_05-98.pdf
www.ivbv.org/PDF-Dateien/Pestalozzi_NOJ_05-95.pdf
www.augeninfo.de/patinfo/schulaug.pdf
www.augeninfo.de/patinfo/strab.htm
www.jura.uni-erlangen.de/Lehrstuehle/Rechtsgeschichte2/Wolfgang_Forster/augopt.htm

Erfahrungsberichte
http://wvao.ecomda.org/mediaarchive/fliegende_baeume.pdf
www.selbsthilfegruppe-winkelfehlsichtigkeit.de/download/erfahrungsberichte.pdf (Zugriff eigeschränkt)
www.schroeder-micheel.de/gaestebuch.html

AugenärztInnen und AugenoptikerInnen mit Kenntnissen in Wfs
www.selbsthilfegruppe-winkelfehlsichtigkeit.de/links.html
http://www.ivbv.org/Anwenderliste/Deutschland.htm
(beide Listen sind nicht vollständig – es gibt auch mehrere Göttinger
AugenoptikerInnen, die MKH anwenden)

Interessenvertretungen
www.selbsthilfegruppe-winkelfehlsichtigkeit.de
www.ivbv.org
www.bdao.de

Internetforen zu anderen Gesundheitsthemen
www.tools4free.de/cgi-bin/board.pl?fnr=75
www.med1.de/Forum/
www.medizin-forum.de/index.php3?menue=Foren
www.netdoktor.de/diskussion/
www.kiss.kinder.de

Weitere Gruppen finden sich im usenet, einem eigenen Netz aus Diskussionforen; Zugang über google, Karteikarte "groups"; vor dem ersten Schreiben sollte man sich unbedingt über die Gepflogenheiten des usenets und die technischen Voraussetzungen informieren: www.usenet-abc.de .