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Tattoostudio
25.1.13
/ Berichte darüber, dass bei einem Tattoo-Studio die Scheiben eingeschlagen
wurden, während kleine Kinder im Laden waren, haben weithin zu Recht Entsetzen
hervorgerufen; so etwas ist unverantwortlich. Dieses Entsetzen darf allerdings
nicht dazu führen, dass die Verbindungen von Tattooläden, Rockern und
Nazis völlig aus dem Blick geraten. Zunächst
gab es am 19.1.13 die selbstbewußt formulierte Meldung von "einigen antifas":
"Keine
Rote Straße für Nazis. Wir haben die Provokation, in der Roten Straße
in Göttingen ein rechtsoffenes Tattoo-Studio zu eröffnen, angemessen
beantwortet. (...) Wir sind zu dem Laden gezogen und haben unsere Empörung
zur Schau gestellt. Im Zuge der Eskalation ging das Schaufenster und Inventar
zu Bruch. Antifaschistischen Selbstschutz organisieren - Nazis die Räume
nehmen!" und weiter heisst es, die drei dort gesichteten Nazis hätten
"sich nicht bemüht, sich unauffällig zu kleiden. Ganz selbstverständlich
bewegten sie sich in dem Raum, den Feiernden war bewusst, dass sie sich mit Nazis
abgeben."
 | Das
Schaufenster ein paar Tage später, abends. Zerstörte Vitrinen waren
nicht zu sehen, wohl aber die gesplitterte Schaufensterscheibe |
--------- Tattoo-Studios,
beliebtes Geschäftsmodell in der rechtsradikalen Szene
Zahlreiche Tattooläden in Deutschland weisen Verbindungen zu Nazis auf. Einige
Beispiele sind Läden in Landau a.d. Isar, Celle, Nürtingen , Trier,
Schwerfen (Stadt Zülpich), Mömlingen (LK Miltenberg / nahe bei Höchst),
Burgdorf, Amberg, Hildesheim usw. , so auch im Harz. 2008 gab es eine große
>Antifa-Demo in Bad Lauterberg. Es ging darum
den Aufbau von Nazistrukturen u.a. mit Geschäften wie dem Tattooladen "Zettel
am Zeh" aufzudecken. Die Aktivitäten rund um diese Demonstration sowie die
gerichtlichen Folgen haben die Göttinger Antifa intensiv beschäftigt.
Die Eröffnung eines Tattoo-Laden in Göttingen dürfte die Erinnerung
daran wachgerufen haben. Darüber
hinaus befindet sich das neueröffnete Tattoo-Studio in der Roten Straße
nur wenige Schritte entfernt von einem Studierendenwohnheim, aus dessen Fenstern
Antifa-Transparente heraushängen. "Einige Antifas" werteten offensichtlich
als "Provokation", dass ein Tattooladen direkt vor der Nase eines linken Wohnprojektes
eröffnet wird. Als bei der Eröffnungsfeier des Tattoostudios dann auch
noch 3 bekannte Nazis gesichtet wurden, war das Studio für "einige Antifas"
eindeutig ein Naziladen, gegen den sofort vorgegangen werden muß. Skepsis
bei spektakulären Gewaltaktionen vor Wahlen Die
spektakuläre Aktion gegen den Laden erfolgte am 19.1., einen Tag vor der
Landtagswahl in Niedersachsen und wenige Tage vor den Studierendenwahlen an der
Uni. Dies wäre zu berücksichtigen, wenn man in Erwägung zieht,
die ganze Aktion könne von interessierter Seite angeregt worden sein, um
durch Berichte von linken Schlägertrupps bürgerliche Wählerstimmen
bei den Landtagswahlen und den Uniwahlen zu mobilisieren. Ebenso zu berücksichtigen
wäre bei einem solchen Denkansatz dann auch, dass die ganze Aktion das Ziel
hatte durch eine unverantwortliche Vorgehensweisezu die massive Diskreditierung
der gesamten und nicht nur einigen Antifa zu ermöglichen. Mediale
Folge: Diskreditierung der Antifa insgesamt und Reparaturmaßnahmen Angesichts
der Meldung, dass sich mehrere kleine Kinder im Inneren des Ladens aufhielten
als die Schaufensterscheibe eingeschlagen wurde, reicht die Empörung bis
ins linke Lager. (Wir fragen uns ebenfalls: Haben die die Kinder nicht gesehen
oder war ihnen das etwa egal in der Art dass sie es als "Kollateralschaden"
betrachteten? Der Behauptung, dass da Kinder waren wurde jedenfalls bislang nicht
öffentlich wiedersprochen). Am
20.1.13 hatte im Anschluß an die Aktion noch eine demonstrative Antifa-Kundgebung
mit zahlreichen TeilnehmerInnen (Nach Veranstalterangaben 270) am Gänseliesel
stattgefunden. In einem Bericht darüber hieß es dann "Man muss über
die Vorgehensweise streiten und es ist besondere Aufgabe antifaschistischer Politik
Mittel und Zweck stets in einem Verhältnis zueinander zu setzen, so ein Redebeitrag
auf der Kundgebung." Schließlich wurde am 23.1.13 die folgende Stellungnahme
einer "autonomen und antifaschistischen Vollversammlung" veröffentlicht:
Stellungnahme zu den
Vorfällen am 19.01.2013 in Göttingen.
Am Samstag, den19. Januar, wurde in Göttingen eine Ladeneröffnungsfeier,
bei der sich dreiüberregional bekannte Neo-Nazis befanden, von "einige[n]
antifas" (Eigenname im Bekenner_innenschreiben) angegriffen. Bei dieser Aktion
gingen Scheiben und Inventar des Ladens zu Bruch. Menschen wurden dabei nicht
verletzt; allerdings wurden andere Besucher_innen, darunter auch Kinder, gefährdet.
Wir als autonome Vollversammlung halten die gelaufene Aktion für falsch und
unverantwortlich: Die Besitzerin und ihre Gäste hätten über die
Anwesenheit der identifizierten und namentlich bekannten Neo-Nazis informiertwerden
müssen, um ihnen eigene Handlungsoptionen gegenüber den Neo-Nazis zuermöglichen.
Die Aktion hätte darüber hinaus schon deshalb nicht stattfinden dürfen,
da Unbeteiligte, vor allem Kinder, gefährdet waren. Das Ziel, Neo-Nazis entschlossen
entgegen zutreten, wurde durch diese Aktion nicht erreicht. Darüber hinaus
wurde dem Laden fälschlicherweise unterstellt, rechtsoffen zu sein. Von antifaschistischer
Aktion erwarten wir, dass auch bei akutem Handlungsbedarf unter Berücksichtigung
der Begleitumstände besonnen und umsichtig gehandeltwird. In Anbetracht der
Tatsache, dass andere Handlungsoptionen gegen die anwesenden Neo-Nazis offen waren,
können wir diese Aktion nur als Beispiel dafür betrachten, wie antifaschistische
Praxis eben nicht aussehen sollte. Wir bedauern die Gefährdung Unbeteiligter
und den Schaden, den die Ladenbetreiberinund die Besucher_innen erfahren haben.
autonome und antifaschistische Vollversammlung Göttingen Die
merkwürdige Sache mit den Rockern und der Polizei In
mehreren Medien wurde darüber berichtet, dass es Verbindungen zwischen dem
Tatoo-Studio und der Rockerszene gäbe. Da die Angreifergruppe angeblich Richtung
Wohnheim gelaufen sei, wurde ausgehend von diesen Meldung dann über einen
möglichen "Racheakt" seitens der Rocker gegen das Studentenwohnheim spekuliert.
Verbindungen zwischen
Tattoo-Studios und Rockern sind offensichtlich. Rocker sind häufig tätowiert,
ihr Bekenntnis zu einer lebenslangen Zugehörigkeit lassen sie sich gerne
mit Zahlen und Symbolen in die Haut ritzen. Wenn einer dann seinen "Brüdern"
untreu wird, wird sein Rocker-Symbol auch schon mal zwangsweise und schmerzhaft
schwarz übertätowiert (so in Trier geschehen). Beziehungen zur Rockerszene
sind bei dem starken Tätowierungsbedarf für ein Tattoo-Studio schlicht
geschäftsfördernd und daher nicht nur punktuell.. Gibt
es überhaupt Rocker in Göttingen? Durchaus: Im >Moonlight
Hannoversche Straße hatte sich 2008 ein Treff der Red Devils entwickelt,
die mit den Hells Angels zusammenarbeiten - sie hatten den Laden aber nie offiziell
als Club-Home übernommen. Auf der
Homepage der Red Devils sind noch Fotos von Clubabenden im Moonlight zu sehen.
Das Moonlight seinerseits stand 2008 in der Kritik, weil dort Konzerte mit Bezug
zu Nazis angekündigt waren. Konflikte
Rocker/Rotlicht/Linke? Nach den Protesten der Antifa gegen das Moonlight
kam es zu folgendem Kommentar von jemandem, der sich als Veranstalter bezeichnet
hatte: "glaubt ihr wirklich das leute aus dem rotlichtbereich lange tatenlos
zusehen werden,in anbetracht der finanziellen ausfälle durch eure übertriebene
aktion??? habt ihr die leute im hintergrund mal recharchiert,ich kann euch nur
sagen das dass kein spass mehr ist,dies soll keine drohung sein nur mal zum nachdenken
anregen." >>indymedia.org
. Irgendjemand
hatte wohl kurz darauf Interesse daran, beim Juzi die Scheiben von mehreren dort
abgestellten Autos zu einzuschlagen. In einem Indymediabericht über die Antifa-Kundgebung
wird die Angelegenheit zwar erwähnt aber nur in der Absicht, Gerüchte
zu stoppen: "Um die Gerüchte-Küche zu stoppen: In der Nacht von Freitag
auf Samstag wurden vor dem JUZI in Göttingen bei mehreren Autos die Scheiben
eingeschlagen und die Autoradios geklaut. Es gibt KEINE (!) Hinweise dass der
Vorfall was mit den rechten Umtrieben im Moonlight zu tun hat...". (siehe
goest-Artikel)
Auch jetzt wieder ist das Bestreben zu erkennen, harmlose Verhältnisse
glaubhaft zu machen: "Weder Jenny noch die BewohnerInnen der Rote Straße
verstehen das anscheinende Interesse der Polizei einen Konflikt innerhalb der
Roten Straße herbeizureden und damit Mutmaßungen über angebliche Hintergründe
in der Öffentlichkeit noch weiter anzuheizen." (>>Indymedia
23.1.) Dies ist soweit berechtigt, als verhindert werden muß, dass die
Polizei Rocker gegen Linke ausspielt. Genauso wichtig ist aber auch die Aufklärung
der Hintergründe.
Rocker/Nazis Verbindungen
zwischen Nazis und Rockern sind vielfältig dokumentiert. (z.B. >>Doku-Video)
.Die Hells Angels wollen aus Geschäftsinteresse solche Verbindungen nicht
an die große Glocke hängen und das
BKA warnt davor, dass die Hells Angels sich anbiedern, um in die normale Geschäftswelt
vorzudringen. Um zu beweisen, dass sie nichts mit Rechtsradikalen zu tun haben,
sagt laut >>Handelsblatt
der Hannoveraner Rockerchef Frank Hanebuth "In Hannover lebten acht Nationen
friedlich miteinander, betonte er. 'Wir haben zum Beispiel auch einen israelischen
und einen palästinensischen Bruder.' " An dieser Stelle fällt
eine Parallele zu Äußerungen seitens des Götinger Tattoo-Studios
auf, das die Distanz zu Nazis angeblich
folgendermaßen geschildert haben soll: "Die Tattoo-Studios
"Jenny B." beschäftigen internationale Künstler*innen: In
Göttingen arbeiten unter anderem ein Filipino und eine Polin mit jüdischen
Wurzeln. Ein Künstler aus Neuseeland und einer
aus der Türkei sollten bald dazustoßen." (Zitat
aus einem Artikel des internetmagazins >>monsters
. Befragt nach Maßnahmen,
wie sie Nazis aus ihren Reihen aussondern wollen, antwortet der bereits zitierte
Hanebuth "Wenn wir das Gefühl haben, dass jemand ein Nazi sein könnte,
schicken wir ihm eine fingierte Einladung", sagte Hanebuth der "Bild
am Sonntag". "Wenn er hin will, passt er nicht zu uns." (>>Handelsblatt)
Dies scheint ein untaugliches Mittel zu sein, denn wenn durch die öffentliche
Berichterstattung jeder weiß, dass fingierte Einladungen zu Naziveranstaltungen
verschickt werden, nimmt die sicher niemand an, wenn er nicht auffliegen will.
Es sei denn, der Chef denkt, dass eh keiner von den Rockern Zeitung und nicht
mal Bild am Sonntag liest.
Kommentar
/ 27.1.13 *: Die
Polizei hat offensichtlich eine so starke Verbindung des Tattoolades zu den Hells
Angels gesehen, dass sie eine Racheaktion der H.A. für möglich hielt
. Eine derart befürchtete Racheaktion wurde als als ein Grund dafür
genannt, dass sich die Polizei vor dem Studierendenwohnheim der Roten Straße
in Stellung brachte (ein anderer könnte die in Erwägung gezogene Hausdurchsuchung
gewesen sein).. Eine Verbindung zwischen Tattooladen und Hells Angels wäre
durchaus plausibel, da die Hells Angels (H.A.) ihre Aktivitäten nach Südniedersachsen
verstärken. Darauf deutet die Gründung eines HA-Clubs in Grone (>>GT
13.1.) und die geplante Eröffnung eines Boxstudios der H.A. in Adelebsen
(>>HNA
25.1.) hin. Die Polizei klärte die Adelebser Gemeindeverwaltung frühzeitig
darüber auf und zeigte damit, dass sie über die Aktivitäten der
H.A. informiert ist. Einen
Tag nach der Eröffnung des Tattooladens war eine vorher angekündigte
Kundgebung gegen Nazis wieder abgesagt worden. Als Begründung dafür
wurde bekannt, die Polizei habe mit Hinweis auf die Hells Angels davon abgeraten
(>>MoG).
Diese Behauptung wurde von der Polizei dementiert . Sollte die Polizei dazu "geraten"
haben, weil das die H.A. provozieren könne, dann ist das nicht akzeptabel.
Denn die Hells Angels dürfen nicht dafür ausschlaggebend sein, ob eine
politische Demonstration gegen Nazis stattfindet. Selbstverständlich ist
es aus Sicherheitsgründen sinnvoll, eine/n Veranstalter/in zu informieren,
wenn es zu einem Angriff auf dessen Veranstaltung kommen könnte. Aber es
muß ausgeschlossen werden, dass die Polizei den Hinweis auf eine gewaltsame
Rockerorganisation instrumentalisiert,
um Proteste gegen Nazis einzuschränken. (*
27.Januar 1945: Der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, Befreiung
des KZ Ausschwitz) ) .
Zum
Schluß noch was zaghaft positives aus diesem Bereich:
Es gibt auch einen Rocker-Club, der Antifa-Arbeit macht , Frauen zulässt
und gegen Atomkraft ist: "Kuhle Wampe", Allerdings
wird noch kein regelmäßiges Treffen in Göttingen genannt. Foto:
September 2012 bei der Kundgebung zum "Umfairteilen" vor der Jakobikirche Göttingen | Es
gibt auch gute Rocker  |
Tattoo-Studio
spendet für kranke Kinder 3.2.13
/ Ist ja schön, wenn die Kinderherzklinik und der Elternverein GEKKO eine
Geldspende des Tattoostudios bekommt. Andererseits gibt es wohl gute Kontakte
zu Hells Angels und auf der Eröffnungsfeier waren auch Nazis anwesend. Wenn
jetzt diese Spende erfolgt wirkt es wie eine PR-Maßahme, die von diesen
Tatsachen ablenken soll. Pressemitteiluung
der Uni-Medizin: "Über 70 Gäste feierten Mitte Januar 2013 die Eröffnung
eines neuen Tattoo- und Piercingstudios bei Live-Musik und einer Gewinntombola:
Jennifer Franke, Besitzerin von Jenny B`S Tattoo Göttingen, rührte dabei die Werbetrommel
für einen guten Zweck. Genau 810 Euro brachte die Verlosung für den Elternverein
GEKKO (Göttinger Eltern kardiologischer Kinder Kontaktgruppe) und die Kinderherzklinik
der Universitätsmedizin Göttingen zusammen. "Wir wollten auch etwas Gutes für
Menschen tun, die zurzeit nicht so viele Gründe zum Feiern haben und Unterstützung
brauchen. Im Uniklinikum habe ich mit meiner Tochter zufällig einen Infostand
des Elternvereins GEKKO gesehen und wir haben uns spontan entschlossen, die herzkranken
Kinder zu unterstützen", sagt Jennifer Franke. Mit dem Geld sollen ein Holzkinderwagen
und ein solider hölzerner Tischkicker angeschafft werden. "Die neuen Spielzeuge
helfen den Kindern, sich von ihrer Krankheit und dem Heimweh abzulenken, und schaffen
somit einen Ausgleich zum Klinikalltag. Dies ist wichtig für die Krankheitsverarbeitung
und unterstützt die Kinder dabei, schneller gesund zu werden", so Heike Bauer,
Vorsitzende vom Elternverein GEKKO. ..."  | Spendenuebergabe
Prof. Dr. Thomas
Paul (Direktor Abt. Pädiatrie III), Jennifer Franke (Jenny B`S Tattoo Göttingen)
und Heike Bauer (GEKKO) bei der Spendenübergabe im Uniklinikum. Foto:
hzg (umg) |
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