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Protest der Heilberufe 16.10.99

 

Protest der KrankengymnastInnen, LogopädInnen, PhysiotherapeutInnen MasseurInnen gegen die Gesundheitsreform und Budgetierung, gegen die Strangulierung der Gesundheitsberufe im Widerstreit von Krankenkassen, Ärzten und Regierung

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J. Cremers (IG Heilmittelerbringer Südniedersachsen) Protestrede-Text

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Dieses Transparent drückt die Lage am besten aus: stranguliert von Kassen, Ärzten und Regierung

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Die Haltung zum Problem wird mit Körpereinsatz deutlich gemacht, hautnah wie die Probleme gehen und wie es in diesen Berufen üblich ist

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Ohne das Engagement von Menschen wie dem Leiter des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Manfred Grönig wäre die Interessensartikulation für den sozialen Bereich in Göttingen um einiges ärmer.

Redebeitrag für die Kundgebung am 16.10.1999 :
"Unser Gesundheitssystem bröckelt !"

Sehr verehrte Damen und Herren, diese Veranstaltung heute soll sie auf die Situation der Heilmittelerbringer in Göttingen und Umgebung aufmerksam machen. (...)
Zu den Heilmitteln gehören: die Krankengymnastik, die Massage, die Ergotherapie und, die Logopädie. Diese Therapien helfen: Gesundheitsschäden vorzubeugen, sie verkürzen Krankenhausaufenthalte, sie reduzieren Medikamenteneinnahmen und sie beugen Entwicklungsachäden bei Kindern vor. Außerdem sind diese Therapien absolut nebenwirkungsfrei und sie sind sehr preisgünstig (...)
Wenn sie heute aber wegen einer Erkrankung zu Ihrer Ärztin oder zu Ihrem Arzt gehen, kann es Ihnen passieren, dass sie die Therapie nicht verordnet bekommen. Warum? Dazu müssen zwei Punkte unterschieden werden. Die momentane Situation, die auf die sogenannte Richtgrößenvereinbarung (..) zurückzuführen ist und die zukünftige Situation, die die Gesundheitsreform 2000, die zum 1. Januar nächsten Jahres in Kraft treten soll mit sich bringen wird.
Zur Zeit haben ,wir mit dem Vorschaltgesetz zur Gesundheitsrefonn 2000 unsere Probleme. Dieses Gesetz sieht unter anderem vor, dass es ein Budget gibt, welches die Ausgaben für Heilmittel von vorneherein begrenzt. Das bedeutet, nicht die medizinische Notwendigkeit entscheidet ob sie ein Rezept von ihrem Arzt bekommen, sondern die Höhe des Budgets. Das Budget wiederum, wird in den einzelnen Bundesländern durch die Richtgrößenvereinbarung. die zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassen ausgehandelt wurde, überwacht. Diese Richtgrößen geben der Arztpraxis einen bestimmten Betrag vor, den sie bei der Verordnung der Heilmittel nicht überschreiten darf. Wir Niedersachsen haben die drittschlechtesten Richtgrößen im gesamten Bundesgebiet, und zwar aufgrund der sozial ungerechten und medizinisch unhaltbaren Berufspolitik des Vorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen Dr. Strahl. Die Richtgrößen sind derart niedrig, dass unsere Patienten von ihrem Arzt sehr oft den Satz hören: ,,Ich kann ihnen das nicht verordnen, mein Budget ist voll.
Nun passiert folgendes: Die Suppe, die sich die Ärzte durch ihre Vertretung in Niedersachsen mit der Richtgrößenvereinbarung eingebrockt haben, wollen sie nicht selbst auslöffein. Neinl Die Ärzte benutzen die Patienten und uns Heilmittelerbringer als Spielball ihrer Politik. Sie benutzen ihre Patientinnen und Patienten und uns Therapeuten um Ihre Position gegenüber dem Gesetzgeber durchzusetzen.
Dieses Verhalten ist höchst undemokratisch und sozial ungerecht, außerdem unrechtmäßig, da der Gesetzgeber ausdrücklich verlangt, dass medizinisch notwendige Therapien verschrieben werden müssen, auch ,wenn dabei Richtgrößen überschritten werden sollten
Die Folgen sind: dass notwendige Behandlungen nicht mehr durchgeführt werden und Folgeschäden entstehen können, dass Schwerstkranke und -behinderte nur noch unzureichend oder gar nicht mehr behandelt werden, dass Patienten ins Krankenhaus eingewiesen werden, möglicherweise sogar operiert werden, obwohl eine ambulante und nichtoperative Behandlung die bessere Alternative gewesen wäre. Und das, weil Krankenhauseinweisungen und Operationen nicht unter die Richtgrößenregelung fallen und die Ärzte dadurch einen möglichen Regress vermeiden können.
Weiterhin sind wir Heilmittelerbringer durch den starken Verordnungsrückgang von Arheitslosigkeit bedroht. Die Kosten, die unserer  Gesellschaft durch fehlende Behandlunge durch unnötige Krankenhauseinweisungen und Operationen und durch Arbeitslosigkeit entstehen werden sind um ein vielfaches höher, als durch das Nichtverordnen von Heilmitteln eingespart wird.Die Dummen, meine Damen und Herren sind   wie so oft, die Patientinnen und Patienten und die nichtärztlichenGesundheitsberufe.
Der zweite Punkt, der uns Sorgen bereitet ist die Gesundheitsreform 2000. Ein Gesetzespaket, dass den Namen Reform eigentlich nicht verdient. Diese Gesundheitsreform wird uns alle krank machen. Sehen wir uns einmal einzelne Punkte der Gesundheitsreform 2000 an:
Erstens das Globalbudget. D. h. sämtliche Ausgaben in der gesetzlichen Krankenversichewng werden zahlenmäßig festgeschrieben. Die medizinischen Leistungen werden nur noch an Zahlen gemessen. Eine Orientierung an der medizinischen Notwendigkeit ist nicht m,ehr gegeben. Es wird zwangsläufig zu Leistungseinschränkungen kommen und dabei werden so wichtige und effiziente Therapieformen wie Krankengymnastik und Ergotherapie, Logopädie und Massage besonders betroffen sein. Warum?
Wir Heilmitteierbringer leisten zwar eine qualitativ hochwertige Therapie mit sehr guten Erfolgen, sind aber gegen die Interessen solch mächtiger Verbände wie z. B. die Pharmaindustrie, die Ärztevertretungen oder die Krankenkassen schier machtlos. Deshalb befürchten wir eine starke Einschränkung der Verordnungen im Heilmittelbereich . Krankengymnastik Medikamente.
Es ist eine Unverschämtheit den Menschen Glauben zu machen unter einem Budget wären alle medizinisch-notwendigen Leistungen machbar.
Zweitens die Krankenkassen. Die Macht, die die Krankenkassen durch die Reform erhalten werden bereitet uns ebenfalls große Sorge. Die Gesundheitsreform 2000 sieht nämlich vor, die bisherige gemeinsame Selbstverwaltung auf eine alleinige Verwaltung der Krankenkassen zu reduzieren. Abgesehen davon, dass die Übertragung der Macht auf die Krankenkassen den medizinischen Versorgungsbedarf allein nach dem Geldbeutel und Wettbewerbsvorteilen bestimmen wird, werden die hinzukommenden Aufgaben, die die Krankenkassen dann übernehmen müssen, zur Folge haben, das die Verwaltungsosten der Kassen in erheblichem Maße steigen. Das alles unter dem Globalbudget, folglich zu Lasten der Patientenversorgung.
Ein weiterer Punkt, der angesprochen werden muss, sind die Arbeitsplätze. Mit ca. 4,2 Millionen Arbeitsplätzen in der Bundesrepublik ist das Gesundheitswesen ein riesiger Arbeitsmarkt. Durch die Gesundheitsreform 2000 sind Tausende und Abertausende Arbeitsplätze gefährdet. Allein durch das Vorschaltgesetz zur Gesundlreitsnsform 2000 haben in den letzten Wochen etliche unserer Kolleginnen und Kollegen In Niedersachsen ihren Arbeitsplatz verioren, allein durch das Vorschaltgesetze, rneine Damen und Herren. Die Kosten, die in Zukunft durch steigenden Arbeitsplatzabbau im Gesundheitswesen entstehen, werden um ein vielfaches höher sein, als die Einsparungen, die diese Gesunheitsreform bringen soll.
Wir fordern deshalb: 1.dass die Ärzte, die Patienten und uns nicht als Spielball ihrer Politik benutzen und medizinisch notwendige Therapien uneingeschränkt verordnen 2. dass die Arznei- und Heilmittelbudgets abschafft werden. 3. dass die Bundesgesundheitsministerin Frau Fischer die Gesundheitsreform 2000 zurücknimmt. Und mit dem Sachverstand aller Beteiligten und Betrolfenen eine neue patientengerechte Gesundheitsreform geschaffen wird. wir sind bereit uns mit an den Verhandlungstisch zu setzen, um gemeinsam für kreative und sozial gerechte Lösungen zu sorgen.
Das Verordnen von Krankengymnastik, von Massage, von Ergotherapie und von Logopädie darf sich nicht an Zahlen, sondern muss sich an der medizinischen Notwendigkeit des Patienten orientieren und an sonst gar nichts.
Meine Damen und Herren, wenn sie jetzt noch Fragen haben, können sie diese gerne stellen. Meine Kolleginnen und Kollegen und ich werden sie, so ,weit uns das möglich ist beantworten.
Ich danke ihnen für ihr Zuhören