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DNA - Genetischer Fingerabdruck

 

DNA-Probeentnahme am 28.1.11 erfolgt

Mitteilung der Antifaschistische Linke International A.L.I 28.1.11
Heute morgen um 10 Uhr wurden dem als "Martin R." bekanntem jungen Antifaschisten gegen seinen Willen DNA entnommen. In Begleitung von seinem Rechtsanwalt, Sven Adam, sowie Gabriela Andretta, Patrick Humke, Norbert Hasselmann und anderen traf er heute Vormittag in der Polizeiwache Jehringstraße ein. Die Polizei hat ihn vor drei Wochen zur Fahndung ausgeschrieben. Seit der Antirepressionsdemonstration letzten Samstag befand sich der Antifaschist wieder in Göttingen und nahm nach der Teilnahme an der Demonstration seinen Lebensalltag wieder auf.
"Die Entnahme meiner DNA ließ sich nicht endlos verhindern, ich wollte den Termin aber zumindest selbst bestimmen." erklärte der junge Antifaschist. Und weiter: "Dies sehe ich als Signal dafür, dass auch Entscheidungen bei denen der Rechtsstaat versagt nicht unwidersprochen bleiben dürfen."
Ein unbewiesenen Böllerwurf wurde durch den Oberstaatsanwalt Hans Hugo Heimgärtner als ‚erhebliche Straftat‘ eingestuft. "Gleichzeitig kann die Polizei bei einer angemeldeten Demonstration willkürlich über 30 Menschen verletzten ohne dafür rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen.", stelle eine Sprecherin der Antifaschistlschen Linken fest. Und weiter: "Ihren Mangel an Glaubwürdigkeit stellen Polizei und Staatsanwaltschaft damit öffentlich zu Beweis."
Für den Tag der DNA-Entnahme wurden im Internet und auf der Demonstration am 22. Januar Proteste in Unterstützung mit dem Verfolgten angekündigt. Als "Tag-X" bekannt, wird es daher heute ab 18 Uhr zu einer Kundgebung auf dem Marktplatz in Göttingen kommen.


Demo am 28.1.11 aus Anlass der DNA-Probe-Entnahme wegen
angeblichen Böllerwurfes
/ Während der Demo wurden viele "Böller" gezündet.

Hierzu schreibt ein/e Leser/in 29.1.11
"es gab zwar auch das eine oder andere Feuerwerk, der Großteil der "Knaller" waren aber Butterbrot-Papiertüten, die seit der Demo am 22. sehr angesagt sind. Einige Leute schienen sie taschenweise dabeizuhaben ;) "

Andererseits die Mitteilung der ALI 29.1.11
"In einer wütenden Demo zog die Menge unangemeldet durch die Stadt, zahlreiche Feuerwerkskörper wurden gezündet, Baustellenabsperrungen und Müllcontainer auf die Straßen gezerrt. Zu Konfrontationen mit der Polizei kam es auf dem Uni-Campus, als Einsatzkräfte dem wohlgemeinten Ratschlag der Demonstrierenden, nicht mit auf das Areal der Universität zu folgen, ignorierten. Es kam in Höhe der Uni-Bibliothek zu tumultartigen Szenen, in deren Verlauf die Demo die Polizei schließlich erfolgreich vom Campus jagte. Die Demo endete ohne Festnahmen zurück auf dem Markt. "

 

Erklärung des von der zwangsweisen DNA-Entnahme Betroffenen, 28.01.2011
"Liebe Freundinnen und Freunde und alle, die an meinem Fall bisher Anteil genommen haben. Seit 3 Wochen soll ich eine DNA-Probe bei der Polizei abgeben, habe mich dem aber bis heute entzogen. Seit der Demonstration am vergangenen Samstag bewege ich mich wieder in Göttingen und versuche, meinen Alltag wieder aufzunehmen. Obwohl sich die Entnahme meiner DNA zwar über kurz oder lang nicht verhindern lässt, wollte ich den Termin aber zumindest selbst bestimmen. Dies sehe ich u.a. als Signal dafür, dass auch Entscheidungen, bei denen der Rechtsstaat versagt nicht unwidersprochen bleiben sollten und Raum bleibt, hiergegen seinen eigenen Protest zu vermitteln. In den letzten Wochen habe ich eine Menge Unterstützung und Solidarität erfahren, die mir viel Kraft gegeben hat.ö Ich möchte mich auch hiermit bei all denjenigen bedanken, die das alles möglich gemacht haben. ....."

Mitteilung des Anwalts von Martin R.: Antrag auf zusätzlichen DNA-Vergleich 28.01.2011
Der Rechtsanwalt Sven Adam teilte am 28.1.11 mit, dass die Fahnung "nach der Entnahme der DNA aufgehoben" worden sei. Im unmittelbaren Anschluss wurde seitens seines Anwalts bei der Staatsanwaltschaft Göttingen der Vergleich der heute entnommenen DNA mit den in dem so genannten Kreishausverfahren gefundenen Spuren beantragt. Der junge Mann war seinerzeit einzig aufgrund des dunklen Teints seiner Hautfarbe in das Visier der Ermittler geraten. Entsprechende Vermerke in der Ermittlungsakte lassen den Schluss zu, dass die DNA hier nicht wegen eines angeblichen Böllerwurfes auf einer Demonstration entnommen sondern zum Abgleich mit den gefundenen Spuren im Kreishaus genutzt werden sollte. „Mit dem recht ungewöhnlichen Antrag wollen wir sicherstellen, dass die Öffentlichkeit davon erfährt, dass der junge Mann hinsichtlich des Kreishausverfahrens jeden Verdachts erhaben ist. Die Ermittlungen in Richtung seiner Person waren und sind völlig haltlos und stellen eine rechtsstaatlich nicht mehr zu rechtfertigende Befugnisüberschreitung der Ermittlungsbehörden dar.“

 

Göttingen als Versuchslabor für die Ausweitung polizeilicher Maßnahmen?

10.1.11 / "Die Abnahme eines genetischen Fingerabdrucks kann nur bei schweren Straftaten durch richterlichen Beschluss erlaubt werden (§ 81g Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 81f Abs. 1 S. 1 Strafprozessordnung". Die Länder Hessen, Bayern, Hamburg, Saarland, Thüringen hatten unter der Federführung von Roland Koch im Februar 2005 einen Gesetzesentwurf zur "Neuregelung der DNA-Analyse zu Zwecken des Strafverfahrens" beim Bundesrat eingereicht um die Anwendungsbereiche zu erweitern und die Anwendung zu erleichtern. Was bislang nicht Gesetz wurde, soll nun in Göttingen per Praxis erzwungen werden.

Worum es wirklich geht zeigt folgender Vorstoß einer Gesetzesvorlage:
"Das geltende Recht sieht die Erhebung des genetischen Fingerabdrucks zu Zwecken künftiger Strafverfahren nur in engen Grenzen vor. Voraussetzung ist der Verdacht einer Straftat von erheblicher Bedeutung oder eines Deliktes gegen die sexuelle Selbstbestimmung sowie die Prognose, dass gegen den Betroffenen künftig Strafverfahren wegen Straftaten von erheblicher Bedeutung zu führen sind. (...) Der Entwurf schlägt vor, den Anwendungsbereich der DNA-Analyse für die Zwecke künftiger Strafverfahren zu erweitern und den im geltenden Recht für die Durchführung sonstiger erkennungsdienstlicher Maßnahmen vorgesehenen materiellen Voraussetzungen anzugleichen. Damit entfallen die im geltenden Recht vorgegebenen besonderen Verhältnismäßigkeitsabwägungen durch Bewertung von Anlassverdacht und prognostiziertem künftigen Verfahren nach dem Kriterium der Straftat von erheblicher Bedeutung. (...) Auch der Richtervorbehalt hinsichtlich der Erhebung des DNA Identifizierungsmusters wird damit entbehrlich und ermöglicht eine Vereinfachung." (Quelle Gesetzesantragstext Bundesrat 2005)

 

Pressemitteilungen zu der polizeilichen Maßnahme, einem Jugendlichen wegen eines vermuteten Böllerwurfes zu einer DNA-Analyse zu zwingen

Offener Brief anlässlich der geplanten DNA-Entnahme bei linkem Jugendlichem (Unterstützt von einer Vielzahl von Organisationen)

Pressemitteilung (Auszug) Partei DieLinke und GöLinke 11.1.11

Presseinformation "Antifaschistische Linke International" 8.1.11 / Nach Teilnahme an Demonstration wird junger Antifaschist bundesweit zur Fahndung ausgeschrieben. Linker Aktivist in Göttingen weiter Kriminalisierungsversuchen ausgesetzt.

Pressemitteilung des SPD-Stadtverbands 7.1.11 / SPD-Stadtverband bedauert Entscheidung des Verfassungsgerichts?DNA-Entnahme mit bedenklichem Signalcharakter

Pressemitteilung Kreisverband DIE GRÜNEN 7. 1.11 /Unverständnis über BVG Nicht-Entscheidung zu DNA Entnahme / Demonstration gegen Repression am 22. Januar.

Pressemitteilung von DIE GRÜNEN im Niedersächsischen Landtag, 6.1.11 / GRÜNE zu DNA-Analyse nach Böllerwurf in Göttingen: Verhältnismäßigkeit wahren - Nicht leichtfertig Grundrechtseingriffe anordnen.

DNA Entnahme - Pressemitteilungen Rote Strasse 3 / 7.1.11 und 5.1.11

 

Offener Brief anlässlich der geplanten DNA-Entnahme bei linkem Jugendlichem

Am 27. Januar 2010 durchsuchte die Polizei rechtswidrig ein linkes Wohnprojekt in der Roten Straße, nachdem es in einer Teeküche des Landkreisamtes zu einer "Verpuffung" kam. Die Auswahl des Durchsuchungsobjektes folgte politischen Motiven: Polizeihundeführer kritisierten die Göttinger Polizei für ihr Vorgehen, auch im Stadtrat wurden die Kriminalisierungsversuche thematisiert (...). Bei der auf die Durchsuchung folgenden "Solidaritätsdemonstration gegen staatliche Repression" am 30. Januar 2010 wurde ein Jugendlicher wegen des Verdachts, innerhalb der Demonstration Böller geworfen zu haben, festgenommen. Noch gibt es in diesem Prozess kein Urteil, doch die Staatsanwaltschaft ist wie immer schneller - der junge Mann soll eine DNA-Probe abgeben. Sollte er zu dem angegebenen Termin nicht erscheinen, werden ihm "Zwangsmaßnahmen" angedroht. Es stellt sich die Frage, was ein angeblicher Böllerwurf auf einer Demo mit einer DNA-Entnahme zu tun hat. Der Verdacht liegt nahe, dass das Fachkommissariat 4 - zuständig für politisch motivierte Straftaten - nach der skandalösen Ermittlungspleite in dem angeblichen "Sprengstoffattentat in der Teeküche" mit der jetzigen DNA-Entnahme ganz andere Pläne verfolgt. Nachdem die Durchsuchung des Wohnprojektes rechtswidrig war und alle Verfahren eingestellt wurden, wird nun versucht, das Gesicht zu wahren, indem flugs ein neuer Linker als Täter auserkoren wird. Eine Zeugin soll nämlich im Kreishaus einen Mann mit "dunklem Teint" gesehen haben. Linke "mit dunklem Teint" kennt das Fachkommissariat 4 genau. Zügig suchen sich die Beamten also eine Person aus und besorgen sich vom Einwohnermeldeamt Bilder für eine Lichtbildvorlage. Die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme wird noch vom Amtsgericht geprüft. Die Zeugin erkennt niemanden sicher, das hindert das Fachkommissariat jedoch nicht, einen Antrag auf Observation zu stellen - dieser wird abgelehnt, es gäbe keinen "hinreichenden Anfangsverdacht". Den gab es zunächst auch für die DNA-Entnahme nicht, aber die Staatsanwaltschaft klagte weiter, bis sie schließlich vor dem Landgericht Erfolg hatte und die Abnahme genehmigt bekam. Ausgerechnet dieser junge Mann "mit dunklem Teint" hat nun angeblich durch das Werfen eines Böllers innerhalb einer Demonstration eine "gefährliche Körperverletzung" an einem Polizisten begangen. Zusammen mit einer versammlungsrechtlichen Vorstrafe als 15-jähriger und eingestellter Verfahren wird nun ein besonderes "Gefahrenpotential" konstruiert, welches die DNA-Abnahme rechtfertigen soll. Auch in Zukunft seien dem Jugendlichen "weitere Straftaten von erheblicher Bedeutung" zuzutrauen. Dass hier die Einstellung von Verfahren genutzt wird, um polizeiliche Maßnahmen zu rechtfertigen, zeigt anschaulich, wie politisch motivierte Kriminalisierung vonstatten geht: es ist egal, ob jemand unschuldig ist, wenn er schon mal verdächtigt wurde, muss er auch in Zukunft kriminell sein. Also ein weiteres Beispiel dafür, dass Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte das tun, was sie anscheinend als ihre Aufgabe sehen: linkes Engagement kriminalisieren. Immer zielgerichteter wird dabei versucht, Jugendliche, die politisches Engagement zeigen, einzuschüchtern, sei es durch Besuche bei den Eltern oder in der Schule. Ein neuer Höhepunkt dieser Kriminalisierungsversuche ist jetzt durch die DNA-Abnahme erreicht. Wir fragen die Verantwortlichen bei der Polizei, besonders die Staatsschutzabteilung, was sie mit derartigen Maßnahmen erreichen wollen? Wir vermuten, dass es hierbei weniger um aufzuklärende Straftaten, sondern - zum wiederholten Male - um Repression gegen unliebsame Politikansätze geht. Die Teilnahme an unliebsamen Demonstrationen ist in Göttingen häufig schon ausreichend um ungewollt in einen Konflikt mit Polizei und Staatsanwaltschaft zu geraten. Wir fragen die Verantwortlichen bei der Polizei: Welchen sachlichen Zusammenhang gibt es überhaupt zwischen der angenommen Straftat "gefährliche Körperverletzung durch einen Böllerwurf innerhalb einer Demo" und der zwangsweisen Abnahme von DNA? Wir sehen hier einen erneuten Ausdruck der ausufernden staatlichen Datensammlungswut gegenüber politischer Opposition und mittlerweile allen BürgerInnen.

Wir erwarten von der Polizei und der Staatsanwaltschaft:
-Die Einstellung des Ermittlungsverfahrens und die erklärte Rücknahme der Aufforderung zur Entnahme von DNA gegen den Demonstranten.
- Ein Ende gängelnder und anti-demokratischer Auflagen bei antifaschistischen Demonstrationen.
-Ein Ende der immer durchsichtigeren Kriminalisierungsversuche linken Engagements.
-Eine Stellungnahme der Polizei, in der sie den Sachverhalt aus ihrer Sicht schildert und aus der hervorgeht, wie die Polizei beabsichtigt, künftig in vergleichbaren Fällen vorzugehen. Polizei, Staatsanwaltschaft und einigen Gerichten sollte auch in Göttingen langsam bewusst werden, dass ihre durchsichtigen Kriminalisierungsversuche in der Öffentlichkeit nicht unbeantwortet bleiben.

ErstunterzeichnerInnen (Stand 20. Dezember 2010):

Grüne Jugend Göttingen,
Grüne Hochschulgruppe Göttingen,
ver.di-Jugend Göttingen,
Buchladen Rote Straße,
Jusos Göttingen,
Patrick Humke-Focks (Partei DieLinke, MdL)
GöLinke Ratsfraktion,
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen u. Antifaschisten
AntiAtomPlenum Göttingen,
Antifaschistische Linke International A.L.I.
Jugend Antifa Göttingen (JAG),
Bündnis gegen Ämterschikane,
Bündnis Montagsdemos,
Attac Göttingen,
Basisgruppe Geschichte,
Basisgruppe Medizin

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Pressemitteilung von der Partei DieLinke und GöLinke 11.1.11

Am 11.1.11 nahmen der Göttinger Kreisverband als auch die Kreistagsfraktion der Partei DieLinke sowie die Ratsfraktion der WählerInnengemeinschaft GöLinke zum aktuellen Fall der DNA-Entnahme Stellung. Darin wird die DNA-Entnahme als unrechtmäßiger Eingriff in die Privatsphäre des 20 jährigen Verfolgten gewerten. Um sich davor zu schützen müsse er nun untertauchen, "Somit sei seine Ausbildung gefährdet und seine kompletten Lebensumstände hätten sich in einem unerträglichen Maße verschlechtert. Einzige Möglichkeit dies zu verhindern ist die ungerechtfertigte Ausschreibung zur Fahndung aufzuheben und ihm so die Rückkehr in die Legalität und ein normales Leben zu ermöglichen. (...) Auf Grund einer versammlungsrechtlichen Vorstrafe als 15-jähriger und dem angeblichen Böllerwurf würde dem jungen Mann ein erhebliches ‚Gefahrenpotential’ unterstellt und rechtfertige somit die Entnahme und dauerhafte Speicherung seiner DNA. (...) Die Teilnahme des 20-jährigen Antifaschisten an der Demo, als angeblich eine schwere Körperverletzung begangen wurde, war eine Reaktion auf die unrechtmäßige Hausdurchsuchung, nach dem Vorfall im Kreishaus. Unfassbar bleibt die Tatsache, dass die Beschwerde ohne Begründung abgelehnt wurde, obwohl für die DNA-Entnahme jegliche rechtliche Grundlage fehlt.“ (Gesamttext siehe unter > news)

Presseinformation "Antifaschistische Linke International" 8.1.11

Nach Teilnahme an Demonstration wird junger Antifaschist bundesweit zur Fahndung ausgeschrieben. Linker Aktivist in Göttingen weiter Kriminalisierungsversuchen ausgesetzt.

"nachdem gestern der 20jährige Antifaschist aus Göttingen bundesweit zur Fahndung ausgeschrieben wurde, wird die polizeiliche Willkürmaßnahme inzwischen überregional kritisiert. Neben der individuellen Situation des Betroffenen, die für ihn Trennung von Familie und Freunden bedeutet und seine Ausbildung gefährdet, hat die angeordnete DNA-Entnahme auch für die Möglichkeit politischer Meinungsäußerung insgesamt potentiell weitreichende Folgen. Nur auf den bloßen Vedacht hin, auf einer Demonstration gegen eine - für illegal erklärte - Hausdurchsuchung im Januar 2010 einen Silvesterknaller fallen gelassen zu haben, soll nun eine DNA-Abnahme und Speicherung der Daten erfolgen. Die DNA-Entnahme ist eigentlich für "Strafttaten von erheblicher Bedeutung" vorbehalten. Sollte diese Maßnahme - wie angekündigt mit Zwangsmaßnahmen - polizeilich und politisch durchgesetzt werden, hätte das weitreichende Folgen für die Zukunft. Im Zweifelsfall reicht dann ein Verdacht auf einen mögliches Vergehen und die Teilnahme an einer Meinungsäußerung unter freiem Himmel bereits aus, um in die Verbrecherkarteien der Polizei zu geraten. Hiermit sollen also Demonstrationen unterbunden und die politische Opposition eingeschüchtert werden. Eine Sprecherin der Antifaschistischen Linken International A.L.I. rief zur Solidarität mit dem Betroffenen auf: "Allen denen es am Herzen liegt, dass junge Menschen sich politisch einmischen, alle, die auch zukünftig antifaschistischen Widerstand gegen Neonaziumtriebe begrüßen, müssen sich jetzt zu Wort melden!" Wir weisen auf die für Samstag, den 22. Januar 2011, geplante Demonstration in diesem Zusammenhang hin: "Knapp ein Jahr nach den Hausdurchsuchungen durch die Polizei in der Roten Straße, rufen wir wieder dazu auf, auf die Straße zu gehen, um die anhaltenden Angriffe gegen unsere Häuser, Strukturen und AktivistInnen abzuwehren!"

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Pressemitteilung des SPD-Stadtverbands 7.1.11

SPD-Stadtverband bedauert Entscheidung des Verfassungsgerichts? DNA-Entnahme mit bedenklichem Signalcharakter

Als bedauerlich bezeichnet der SPD-Stadtverband die Entscheidung des Verfassungsgerichts, die Verfassungsbeschwerde zur DNA-Entnahme bei einem Demonstranten nicht anzunehmen. Diese Entscheidung lasse nicht erkennen, ob die strittige Maßnahme verfassungskonform sei oder nicht. Sie bedeute Wasser auf die Mühlen derer bei Polizei und Staatsanwaltschaft, die an einer Deeskalation nicht interessiert seien und offenbar der von Innenminister Schünemann vorgegebenen harten Linie folgen, und der jetzt erlassene Haftbefehl lasse endgültig jegliches Augenmaß vermissen. "Wenn der junge Mann, dem vorgeworfen wird, vor etwa einem Jahr einen Silvesterknaller auf einen Polizeibeamten geworfen zu haben, eindeutig durch Zeugen identifiziert ist, ist eine DNA-Entnahme völlig unnötig." erklärt der SPD-Vorsitzende Horst Reinert. Das Vorgehen trotz ausbleibender Anklage lasse eher vermuten, dass hier in unzulässiger Weise versucht werden soll, eine Verbindung zum Brand im Kreishaus herzustellen und sich dabei zuerst die üblichen Verdächtigen ("dunkler Teint") herauszugreifen. Die derzeit angestrebte DNA-Entnahme habe vielmehr bedenklichen Signalcharakter: "Wenn bei der Teilnahme an Demonstrationen künftig Verdachtsbekundungen ausreichen sollen, um dauerhaft beim Bundeskriminalamt mitsamt dem eigenen DNA-Profil gespeichert zu werden, dann siegt bei vielen die bloße Angst vor der Willkürbehandlung gegenüber dem Recht auf Versammlungsfreiheit. Solche Einschüchterungen sind nicht hinnehmbar." Der SPD-Stadtverband appelliert erneut an Polizei und Staatsanwaltschaft, ihre ablehnende Haltung zum vom Stadtrat beschlossenen "Runden Tisch friedliches und demokratisches Göttingen" aufzugeben und sich auf Augenhöhe mit den gewählten VertreterInnen der Stadt Göttingen und deren Bürgerinnen und Bürgern auseinanderzusetzen. "Die Verantwortlichen bei Polizei und Staatsanwaltschaft verlassen im Augenblick auf fahrlässige Weise den in den vergangen Jahren erfolgreich eingeschrittenen Weg der Deeskalation", sagt Reinert und erinnert an die Hausbesetzungen der frühen 80er Jahre, als die Polizei mit Sticheleien und Provokationen zur Aufheizung des Klimas beigetragen hatte: "Solche Situationen wünschen sich die Göttinger Bürgerinnen und Bürger nicht zurück."

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Pressemitteilung Bündnis90/DieGrünen 7. 1.11

Unverständnis über BVG Nicht-Entscheidung zu DNA Entnahme / Demonstration gegen Repression am 22. Januar.

Der Göttinger Kreisverband von Bündnis90/DieGrünen hat mit Unverständnis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe reagiert, die Beschwerde über eine bevorstehende DNA Entnahme bei einem Göttinger Linken nicht zur Entscheidung anzunehmen. Wir betrachten die zwangsweise Entnahme von DNA und die Speicherung in den Verbrecherkarteien weiterhin als einen schwerwiegenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen. Für den nicht mal erhärteten Verdacht, dieser hätte einen Böller geworfen, sehen wir in dieser Maßnahme keinerlei Verhältnismäßigkeit und kritisieren den fahlen Beigeschmack, der durch die Tatsache entsteht, dass die Göttinger Polizei gegen den 20 Jährigen auch schon im Fall des Brandes in der Teeküche des Kreishauses ermittelt hat. Wir fordern von Polizei und Staatsanwaltschaft, ihre Ermittlungen in den unterschiedlichen Fällen voneinander zu trennen und keine Querermittlungen anzustellen!
Julia Willie Hamburg, Sprecherin des Grünen Kreisverbandes erklärt: "Wir sind erschrocken, dass alle Rechtsmittel bis zur höchsten Instanz einem 20 Jährigen keinen Schutz vor diesem extremen Eingriff in seine sensiblen Persönlichkeitsrechte bieten. Wegen eines Böllers sitzen ihm seit einem Jahr die Ermittlungen im Nacken und haben ihn jetzt anscheinend sogar dazu getrieben, unterzutauchen. Wenn die Staatsanwaltschaft jetzt davon spricht, dass sie auf Zwangsmaßnahmen möglichst verzichten möchte, dann sollte sie auch berücksichtigen, welchen psychischen Druck sie bereits durch die Anordnung solcher Maßnahmen auf einen Heranwachsenden ausübt. Und das, wenn wir ehrlich sind, wegen einer echten Lappalie! Die Ermittlungsbehörden müssen bei ihrem Vorgehen aufpassen, dass sie nicht ihr menschliches Antlitz verlieren. Das Recht sollte diese Menschlichkeit schützen, nicht bedrohen!" (...)

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Pressemitteilung von Die Grünen im Niedersächsischen Landtag, 6. Januar 2011

Grüne zu DNA-Analyse nach Böllerwurf in Göttingen: Verhältnismäßigkeit wahren - Nicht leichtfertig Grundrechtseingriffe anordnen.

Die Landtagsgrünen haben die im Zusammenhang mit einem Böllerwurf in Göttingen angeordnete zwangsweise Entnahme einer DNA-Probe beim Beschuldigten als "unverhältnismäßig" kritisiert. Der Tatvorwurf der Körperverletzung in Zusammenhang mit einer Demonstration könne kaum den Verdacht zukünftiger schwerwiegender Straftaten begründen, sagte der rechtspolitische Sprecher Helge Limburg am Donnerstag (heute) in Hannover. "Insofern sind die Entscheidungen der Staatsanwaltschaft und des Landgerichts Göttingen schwer nachvollziehbar." Der Grünen-Politiker wies darauf hin, dass es sich bei der Entnahme und Speicherung einer DNA-Probe um einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung handele. Eine solche Maßnahme dürfe nicht leichtfertig angeordnet werden, zumal die DNA-Probe für das laufende Ermittlungsverfahren keinerlei Bedeutung habe. Limburg: "Es könnte der Eindruck entstehen, dass auf Verdacht und Vorrat DNA-Profile aus der linken Szene Göttingens angelegt werden sollen." Der Göttinger Staatsanwaltschaft sei anzuraten, alles zu tun, um einem solchen Eindruck entgegenzuwirken.

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DNA Entnahme - Pressemitteilung Rote Strasse 3 / 7.1.11

Nach unserer ersten Pressemitteilung Anfang der Woche wenden wir uns wieder an die Öffentlichkeit. Dafür gibt es zwei Gründe: Der Rechtsanwalt Sven Adam teilte uns heute morgen mit, dass unser Mitbewohner von der Polizei wohl heute zur Fahndung ausgeschrieben werde. Im Vorfeld der Ereignisse der letzten Tage, hatte uns unser Mitbewohner folgendes im Voraus mitgeteilt.
"Es ist mir nicht leicht gefallen eine Entscheidung zu treffen, die mich von meinen Freunden und Familie für einen unbestimmten Zeitraum trennen und meine Ausbildung gefährden wird. Trotzdem habe ich keine andere Möglichkeit gesehen, auf diese Situation aufmerksam zu machen. Ich habe volles Vertrauen darauf, dass meine Freunde und Freundinnen, Genossen und Genossinnen mich voll und ganz unterstützen. Was mich vor allem motiviert ist die Einsicht, welche gesellschaftliche Tragweite dieses Verfahren gegen mich hat und die Notwendigkeit, immer weiter und immer wieder öffentlich zu machen, welch einem ungerechtfertigten Druck ich als linker Aktivist ausgesetzt bin."
Nach einem Gespräch mit dem Rechtsanwalt wurde uns in aller Deutlichkeit bewusst, wie skandalös nicht nur das Verfahren um die Abgabe seiner DNA, sondern auch der Versuch, unseren Mitbewohner in den Kreis der Verdächtigen des Kreishaus-Verfahrens zu bringen, ist. Das nur weil er der politischen Polizei von linken Demonstrationen bekannt ist. Auch wir halten daher Proteste gegen die DNA-Entnahme und den Druck auf unseren Mitbewohner für legitim und notwendig. Der Strafverfolgungsbehörde in Göttingen scheint die politische Meinungsäusserung ein Dorn im Auge zu sein. Unser Mitbewohner ging gegen eine illegale Hausdurchsuchung auf die Strasse und wird wahrscheinlich in letzter Konsequenz in einer Verbrecherdatei gespeichert.
Wir fordern nochmal, von der Entnahme seiner DNA abzusehen, auch wenn alle jurisitischen Mittel ausgeschöpft sind. Der Zustand, in den Polizei und Justiz uns versetzen, ist für uns alle untragbar. Schluss mit der Kriminalisierung linken Engagements! Hände weg von unserem Mitbewohner!
Die BewohnerInnen der Roten Straße 3

erste Pressemitteilung vom 5.1.11
"Unser Mitbewohner ist heute morgen 10.00 Uhr nicht zur Abgabe seiner DNA bei der Polizei erschienen. Seit Tagen ist er leider nicht mehr bei uns. Angeblicher Grund für die Vorladung ist die Speicherung seiner Daten in einer Verbrecherkartei, da von ihm "weitere schwere Straftaten zu erwarten sind". Vorausgegangen war, dass unser Mitbewohner beschuldigt wurde einen Böller auf einer Demonstration geworfen zu haben. Ein Fall über den die Gerichte noch nicht endgültig entschieden haben. Wir finden diese Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft inakzeptabel: Unser Mitbewohner soll hier für sein Leben lang in einer Kartei zusammen mit Schwerverbrechern gespeichert werden, obwohl er nur verdächtigt wurde eine vergleichsweise Lappalie begangen zu haben. Wir betrachten die Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft nicht als "objektiv", sondern als politisch motiviert und dabei speziell gegen uns als radikale Linke gerichtet. Herrn Heimgärtners Einstellung gegenüber der linken Szene in Göttingen wurde im Fall des sogenannten „Mackenrodeprozesses“ bereits deutlich. Wir sind uns bewusst, dass es nichts Neues ist, dass das Ziel des staatlichen Gewaltapparates ist, antagonistische Bewegungen und Akteure in der Gesellschaft zu bekämpfen. Es bekommt hier aber eine neue Dimension. Die Angriffe auf unseren Mitbewohner reihen sich ein in eine Kriminalisierung linker Politik auf Bundesebene im Zuge der in den letzten Jahren geführten Extremismusdebatte. Bei dieser werden vergleichsweise harmlose Akte gegen den Staat zu Terroranschlägen hochstilisiert und damit dem Widerstand seine berechtigte Grundlage entzogen. Im gleichen Atemzug werden unsere Ziele, nämlich die für eine Gesellschaft ohne Grenzen zu kämpfen mit der menschenverachtenden Ideologie von Neonazis gleichgesetzt. Auf lokaler Ebene beobachten wir eine verstärkte Repression gegen linke Strukturen in Göttingen seit dem Vorfall im Kreishaus. Das Sahnehäubchen stellt dabei die Hausdurchsuchung der Roten Strasse Eins im letzten Jahr dar, bei der trotz mehr als dünner Beweisslage Menschen stundenlang ihrer Freiheit beraubt wurden und ein Eindringen in ihre privaten Räume ertragen mussten. Im Nachhinein wurde dieses Vorgehen sogar als gesetzeswidrig erklärt. In diesem Zusammhang fordern wir, dass die Polizei alle weitere Massnahmen sowohl gegen unseren Mitbewohner, als auch gegen uns unterlässt. Des Weiteren fordern wir die Staatsanwaltschaft auf eine DNA Entnahme unseres Mitbewohners zu verzichten und sich an die von ihnen aufgestellten Gesetzesgrundsätze zu halten! Wir rufen aus gegebenen Anlass auch dazu auf sich an der Demonstration am 22.01.2011 14.00 unter dem Motto "Betroffen ist einer, gemeint sind wir alle, Hände weg von linken Aktivisten, Häusern und Strukturen" auf dem Marktplatz zu beteiligen. "

 

 

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