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Bombenalarm und Bahnhofssperrung

Diese Seite beschäftigt sich mit den Kofferbomben-Alarmen 2006 - Zum Bombenalarm wegen einer Fliegerbombe auf dem Schützenplatz in Göttingen 2010 siehe die Seite > bombe_weststadt

Alles nur Übung?
Kofferfund, Göttinger Bahnhof 1. September
Fotos vom Polizeieinsatz

Die Sache mit der Kamera
Plötzlich überall herrenlose Koffer und Großeinsätze
Infos zur Bundespolizei
Das fiel uns auf ;-)

Alles nur Übung?
Am 1.9.2006 wurde der Göttinger Bahnhof geräumt und stundenlang gesperrt wegen eines herumstehenden Koffers, der als Bombengefahr bezeichnet wurde. Nach einer Durchsicht der bundesweiten Berichterstattung drängt sich der Eindruck auf: alles wirkt wie eine riesige Sicherheitsübung, ohne dass jemand wenigstens im Nachhinein darüber aufklärt, dass es sich um eine Übung gehandelt hat.

Letzte Überarbeitung 6.9.06 / Angesichts der Tatsache, dass der alte Bundesgrenzschutz erst seit Juli 2005 in die neue Bundespolizei umgewandelt wurde wäre es denkbar, dass wegen der Übernahme von bahnpolizeilichen Aufgaben Übungsbedarf besteht. Da die Gefahr von Anschlägen durch die internationalen Einsätze der Bundeswehr (Kosovo, Afghanistan, Libanon, Kongo) zunimmt, wird es Überlegungen gegeben haben, wie die Einsatzkräfte auf Anschläge vorbereitet werden sollen. Sowohl dafür aber auch zur Legitimation der Bundeswehreinsätze "gegen die Terroristen" in der Welt wird der Bevölkerung die Bedrohung ins Bewußtsein gerückt, wenn Bombenalarme und Großeinsätze stattfinden. Ein Bombenalarm vor der eigenen Haustür, am eigenen Bahnhof mitten im Alltag macht die Gefahr spürbarer und vergrößert die Bereichtschaft dem "Kampf gegen den Terror" zuzustimmen. Man mag sich gedacht haben: "Es bleiben so viele herrenlose Koffer stehen auf Bahnhöfen - da kann sich niemand beschweren, wenn wir in der jetzigen Bedrohungssituation einen Bombenalarm draus machen."
Also: angenommen es handelt sich bei den Bombenalarmen wegen "herrenloser Koffer" und den Räumungen von Bahnhöfen wirklich nur um Übungen - welcher Reisende würde es akzeptieren, wenn Bahn, Polizei und Feuerwehr Bombenalarme üben und sich dabei Reiseverzögerungen um mehrere Stunden ergäben? Also schreckt man vielleicht deshalb davor zurück die Wahrheit zu sagen? Oder ist das Verschweigen des Übungscharakters sogar günstiger, weil die Terrorangst gleichzeitig zur Legitimation des Libanoneinsatzes "gegen Terroristen" und "Mehr Videoüberwachung" dient? Auf einmal gibt es im ganzen Lande Warnungen vor Koffern: Kassel, Friedrichshafen, Überlingen, Stade, Ingolstadt, Elmshorn, Halle und auch Göttingen ... kurz bevor die Anti-Terror-Datei durchgesetzt werden soll.

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Kofferfund, Göttinger Bahnhof 1. September
In Göttingen wird am Freitag den 1. September 06 der gesamte Bahnhof geräumt und gesperrt, weil auf Gleis 9 bei einem der kleinen Warteräume morgens um 6 Uhr ein herren- oder damenloser Koffer gefunden wurde. Damit die richtigen Konsequenzen gezogen werden, wird in allen Meldungen darauf hingewiesen, der Koffer sei durch Sicherheitspersonal auf dem Monitor einer Überwachungskamera entdeckt worden. Wenn man den Göttinger Bahnhof kennt muß man das als Blödsinn ansehen, denn die Bahnsteige lassen sich mit einem Blick durchs Fenster überwachen.
Der Bahnhof wurde vollkommen geräumt und bis Mittag gesperrt. Ein Bombenräumkommando der Bundespolizei rückte an, der Koffer wurde geröngt und als harmloses Reisegepäckstück erkannt. Schließlich wurde auch noch alles mit Hunden auf Sprengstoff abgesucht. Göttinger Reisende in Richtung Hannover/Hamburg mußten in einen von 60 eingesetzten Bussen umsteigen, bis nach Northeim fahren und dort in die Züge steigen. Andere Busse fuhren nach Adelebsen und Neu-Eichenberg. Viele Züge wurden umgeleitet. Es handelte sich nur um ein harmloses Reisegepäckstück. Nach 4 Stunden, wurde die Strecke mittags wieder freigegeben.
Mehrfach findet die "Bundespolizei" Erwähnung, vielleicht findet sich deshalb keine Presserklärung auf den Seiten der Göttinger Polizei aber auf den Seiten der Bundespolizei findet sich auch keine Presseerklärung dazu - merkwürdig oder charakteristisch für Übungen? Seitdem werden Reisende mit Terrorwarnungen berieselt. Die "Göttinger Linke" richtete sich in einer Presserklärung gegen allzuhäufige Durchsagen auf dem Bahnhof und in den Zügen.

Die Sache mit der Kamera
Angeblich wurde der Koffer ja durch eine Überwachungskamera entdeckt; diese Geschichte ist recht unglaubwürdig, wenn man sich die Sache vor Ort mal anschaut. Wir haben es mit ein paar Fotos dokumentiert:


1 / Kamera über der Uhr


2 / Kamera Nahaufnahme


3 / Wartekabine, Koffer-Fundort war angeblich vor der Tür
Geht man den Rampenaufgang zum Gleis 9 hoch, sieht man über der Uhr eine Kamera installiert (1) , Diese Kamera (2) soll angeblich den "herrenlosen Koffer" vor der Tür der Wartekabine (3) entdeckt haben. Allerdings gibt es keinen Sichtkontakt zwischen Kamera und angeblichem Kofferstandort. In Bild 4 ist der Blick vom Kofferstandort in Richtung Kamera fotografiert: Die Kamera ist von einem Schild verdeckt ! Man sähe die Kamera erst, wenn man sich weiter runterbeugte als in Bild 4 und durch die Mauer schauen könnte.

4 / Vom Kofferstandort keine Sichtkontakt zur Kamera

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Fotos vom Einsatz der Polizei

Fotos von >> K. Jodies (Göttinger Blog "Keine heisse Asche einfüllen") für Goest


Bild links: Sprengstoff-Spürhund auf dem Bahnsteig, rechts: Absperrung Bahnhof Westseite


Bild links: Einsatzleitung der Berufsfeuerwehr mit Dr. Martin Schäfer (Fachbereichsleiter Feuerwehr der Stadt Göttingen), rechts: Bombenräumspezialist vermutlich mit mobilem Röntgengerät.

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Plötzlich überall herrenlose Koffer und Großeinsätze
  • 1.9.06 wie in Göttingen wurde am Freitag morgen auch in Kassel-Wilhelmshöhe ein verdächtiger Rollkoffer gefunden. Gleise, Gebäude und der Vorplatz wurden gesperrt. Die Bombenentschärfer von der Bundespolizei hatten deshalb nicht weit von Göttingen zu ihrem nächsten Einsatzort. Dort praktizierten sie wieder Koffer-Röntgen und Kofferöffnen per Hand. Wollte man vielleicht die Landesgrenzen überschreitende Koordination üben? Nachdem mehr als 50 Fernzüge Verspätung hatten und mehrere Nahverkehrszüge ausgefallen waren stellte sich heraus, dass der Koffer Kleidungsstücke und anderen privaten Kram enthielt
  • 3.9.06 Bombenalarm in Friedrichshafen ca. 7 Uhr, herrenloser Koffer und ähnlich wie in der Kombination Göttingen/Kassel auch in der Nachbarstadt Überlingen ...
  • 3.9. Bombenalarm in Überlingen (Nachbarschaft von Friedrichshafen) ein Koffer erweist sich als harmloses Gepäckstück
  • 3.9. Bombenalarm in Ingolstadt herrenloser Koffer - Alarm, Bahnverkehr am Hauptbahnhof in Ingolstadt lahmgelegt. Das Gepäckstück wurde angeblich gesprengt (wurde da Kleidung in die Luft gesprengt?), der Bahnhof für knapp eine Stunde gesperrt. Großeinsatz von Polizei und Feuerwehr , erheblichen Zugverspätungen.
  • 30.8. Ein herrenloser Koffer auf dem Bahnsteig 2 des Elmshorner Bahnhofs sorgte für Aufregung. Gegen 20.30 Uhr wurde das Gepäckstück entdeckt und die Polizei verständigt. Als diese am Bahnhof eintraf, war der Koffer bereits wieder verschwunden.
  • 31.8. Hauptbahnhof Halle , Bombenalarm, Großeinsatz der Polizei, Bahnhof 1 Stunde Totalsperrung Kofferinhalt waren Kleidungsstücke
  • 31.8.06 Bahnhof Stade mehrere Stunden war der Bahnverkehr lahmgelegt weil ein Koffer mit Kleidungsstücken alleine außerhalb des Bahngeländes rumstand und von einem Bahnmitarbeiter entdeckt wurde. Das Landeskriminalamt Hannover untersuchte den Koffer. Der Verkehr in der Gegend brach zeitweise völlig zusammen.
  • 31.8.06 Potsdam : herrenloser Koffer löste in der Potsdamer Innenstadt einen mehrstündigen Polizeieinsatz aus.
  • Bahnhof Itzehoe: Alarm wegen eine "verdächtigen Koffers", Polizei räumte Gebäude und angrenzenden Straßen. Koffer enthielt nur Kleidungsstücke gefunden. Bahnstrecke zwischen Elmshorn und Heide war zwei Stunden lang unterbrochen. 700 Fahrgäste aus einem ICE mußten aus dem Zug und aus dem Bahnhof hinaus.
  • 2.9.06 Alarm wegen herrenlosem Koffer in Schaffhausen, Polizeieinsatz, ein Handwerker hatte den Koffer mit Werkzeug auf dem Parkplatz stehen gelassen.
  • 1.9.06 herrenloser Koffer Hauptahnhof Düsseldorf, Großeinsatz der Polizei, Koffer enthielt Wäschestücke, Bahnhofsvorplatz abgesperrt, Einsatz von Sprengstoff-Experten.
  • Hauptbahnhof Hamburg, Anti-Terror-Einsatz, Bahnhofsgelände stundenlang gesperrt. Erst am Abend gab's Entwarnung. Um ca. 15 Uhr war die Polizei angerufen worden: Im Hauptbahnhof ist eine Bombe versteckt! 160 Polizeibeamte sollen im Einsatz gewesen sein.
  • Kieler Hauptbahnhof stundenlang gesperrt und weiträumig abgeriegelt usw. usw.

Dass Übungen durchaus ohne ausreichende Information durchgeführt werden zeigte eine Panne am 23. Februar in Bern Schweiz. (Quelle). Die Post hatte bei der Planung einer internen Sicherheits-Übung "vergessen" zu informieren. "Die Mitarbeitenden der Post sollten mit der Übung für verdächtige Sendungen sensibilisiert werden, wie Oliver Flüeler, Mediensprecher Post, auf Anfrage sagte." Dummerweise hatte die Polizei daraus eigenständig einen Großeinsatz gemacht, so dass die ganze Geschichte als Übung aufflog weil die Polizei der Post die Einsatzkosten aufbrummen wollte.

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Infos zur Bundespolizei

Aufgrund des Gesetzes zur Umbenennung des Bundesgrenzschutzes vom 30. Juni 2005 heisst er seit dem 1. Juli 2005 Bundespolizei. Die Umbenennung folgte auf eine bereits vorgenommene Veränderung des Aufgabenzuschnittes zu dem u.a. gehört:

  • grenzpolizeilicher Schutz des Bundesgebietes (Grenzschutz),
  • Aufgaben der Bahnpolizei,
  • Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs,
  • Unterstützung des Auswärtigen Amtes zum Schutz deutscher, diplomatischer und konsularischer Vertretungen im Ausland,
  • Unterstützung des Bundeskriminalamtes (Personenschutz),
  • Unterstützung des Bundesamtes Verfassungsschutz bei Funktechnik,
  • Unterstützung der Polizeien der Bundesländer bei Großeinsätzen,
  • Hilfeleistung bei Katastrophen und besonderen Unglücksfällen

Eine Dienststelle der Bundespolizeiinspektion Hannover befindet sich in dem Gebäude neben dem Westeingang des Göttinger Bahnhofest. Dort prangt das gelbe Schild mit Bundesadler neben der Tür.

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Das fiel uns auf

Dieser Mann am Göttinger Bahnhof macht es richtig:

er setzt sich auf seinen Koffer, während er auf den Zug wartet und nutzt die Zeit, sich in seinem Notebook über die Terrorgefahr zu informieren.

 

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