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Les Murray -
Lesung im Literarischen Zentrum 23.10.03

> Literarisches Zentrum      Homepage des Autors: >> www.lesmurray.org
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Les Murray (Autor, Bunyah / Australien) war am 23.10. im Gespräch mit Verlagslektor, Lyriker und Essayist Henning Ziebritzki (Tübingen)  im Literarischen Zentrum Göttingen

Legèr, locker, humorvoll
Les Murray trat im Literarischen Zentrum sehr legèr auf, er kam herein mit einer Plastiktüte in der Hand, weiß mit Palmenmuster, darin seine Werke, aus denen er lesen wollte, bekleidet mit Baseball-cap, ausgleiertem Wollstrickpullover und Arbeitshose. Hauke Hückstädt führte bedachtsam in den Abend ein, machte etwas neugierig auf Murray. Henning Ziebritzki als Gesprächs- und Interviewpartner Murrays wirkte etwas trocken, ein Theologe, nicht schlecht aber etwas lockerer wäre besser gewesen, dann hätte man Murray mehr aus der Reserve locken können. Das Publikum war eher jünger, eher studentisch.
Gedichte zum Weinen
Les Murray ist ein lustiger, humorvoller Mensch, der andererseits Gedichte vorliest, bei denen einem zum Weinen zumute wird. Im Gedicht "Ein ganz gewöhnlicher Regenbogen" , auch Titel eines seiner Gedichtbände, geht es um einen Mann, der weint : "..nicht wie ein Kind, nicht wie der Sturm, er weint wie ein Mann...".
Zu der Biografie befragt, die über ihn geschrieben worden ist, meinte er, das sei schon Klasse gewesen, er habe dabei Sachen erfahren , die er selber nicht gewußt habe. Auf die spätere Frage einer jungen Studentin aus dem Publikum, ob er schon als Kind geschrieben habe, antwortete er, nein als Kind habe er gespielt und geträumt.  Allerdings habe er mit vier Jahren schon lesen gelernt und anschließend alles gelesen, was ihm in die Hände fiel, z.B. den Gartensamenkatalog, den Briefmarkenkatalog und die Bibel.
Religiös durchwoben
Ziebritzki fragte, wieso kaum biblische Themen bei ihm vorkämen, daraufhin antwortete er: Was? alle beklagen doch, dass ich zu religiös schreibe. Die Gedichte seien aber vielleicht nicht so offensichtlich religiös, sondern eher durchwoben von der Religiosität. Er war als junger Mann vom Calvinismus zum Katholizismus übergegangen. Der Katholizismus meint Murray sei irgendwie so mysteriös, so unbegreiflich - und er glaube eben nur an Dinge die so großartig seien, dass er sie nicht verstehe.
Lesung, Sprache wie Musik
Die Gedichte wurden in der Übersetzung von Margitt Lehbert und von der Übersetzerin selbst vorgetragen. Die nachfolgende Lesung der englischen Version durch den Autor Murray brachte die Gedichte jeweils noch einmal durch seinen spezifischen Sprachrythmus zum Klingen, wie Musik zur vorherigen deutschen Version. (Man kann sich mit ihm übrigens aber auch locker in deutscher Sprache unterhalten.)
Alle Menschen poetische Wesen
Er gilt als ein sehr bedeutender Schriftsteller Australiens, sein eigentliches Werk meint er selbst, das sei Lyrik, Poesie und  danach befragt, was er damit meint, dass alle Menschen poetische Wesen wären, antwortet er, der Mensch sei Poesie; Poesie komme aus einer Verbindung von Körperlichkeit (body-mind), dream mind und wake-mind, das alles fließe zusammen und jeder Mensch denke in diesem Strom.

(nach dem Bericht einer Besucherin 23.10., und korr. 24.10.)

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Aus dem Ankündigungstext des Literarischen Zentrums:
Murrays Gedichte haben Titel wie Folklore oder Der Traum, für immer Shorts zu tragen. Sie sprechen von Hochzeitsnächten, Stromschlägen, Dichtung und Religion oder dem Glück in Bermudass-Shorts. Sie erzählen dabei immer seine Herkunft mit: Auf einer Milchfarm drei Autostunden nördlich von Sydney aufgewachsen und heute dort wieder lebend, bezeichnet sich Murray als »Kopfbauer«. Als vor drei Jahren die Biografie A Life in Progress erschien, waren in den ersten drei Tagen knapp viertausend Exemplare verkauft. Er gilt seit Jahrzehnten als der bedeutendste Autor Australiens. Und nicht wenige halten ihn nach Derek Walcott und Seamus Heaney für einen der kommenden Nobelpreisträger.

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