Informationsdienst Computer&Medien

Archiv   Nr.3 / 1990

Um zu dem gewünschten Artikel zu gelangen, bitte das Sternchen hinter dem Titel anklicken

TERMINE, VERANSTALTUNGEN, TAGUNGEN *

Spende für den Infodienst! *
AKTION: KARTEN-TELEFON? NEIN DANKE! *
Sozialversicherungsausweis 1991 *
alternative Medien, "andere" ARCHIVE *
Kommunale Rechenzentren kontrollieren! *
SIEMENS LIEFERT ISDN AN DEN IRAK *
ISDN: Klimaanlage und zweitrechner NÖTIG *
RUNDFUNKGEBÜHREN WEITERGELEITET AN KOMMERZSENDER *
Rundfunkrat MIT der KONKURRENZ im geschäft *
VIDEO MIT Ceausescus Erschiessung gefälscht? *
Europäische Polizeidatenbank *
SCHNÜFFEL-SENSOREN MACHEN HUNDEN KONKURRENZ *
gesetze: fernmeldegeheimnis wird abgebaut *
isdn: ANTRÄGE UND gerichtsverfahren gegen die post *
TV: KONSUM- UND PSYCHOLOGIEDATEN *
UMFRAGE ZUR PC-NUTZUNG DER GRÜNEN VERBÄNDE *
MAILBOXEN IM ZERBERUSNETZ *
GRÜNE BRETTER IM MAILBOX-NETZ *
CHIP-ENTWICKLUNG: "JESSI" *
Printmedien: "Wechselwirkung" neu *
Dokumentation der FIFF-Tagung 1989 *
TELEFON: ANRUFER-IDENTIFIKATION *
BSI: "Bundes-Spitzel-Institut" *
Satelliten-trauer, Video-Andacht, Telefon-Segen *
TELEFON: "UNNÖTIGE BEANSPRUCHUNG" *
SCHOCK DURCH "Fernseh-Realität" *
LINDENSTRASSE GEGEN MINISTER TÖPFER *

 

TERMINE, VERANSTALTUNGEN, TAGUNGEN

RedaktionsschluSS für die Dezember-Nummer des Infodienstes 1990 (falls bis dahin genügend Spenden für die Finanzierung dieser Nummer eingehen): 10. Dezember 1990

SEPTEMBER-SITZUNG DER BAG COMPUTER & MEDIEN

Treffen der Bundesarbeitsgemeinschaft Computer & Medien: Vom 7.9.90, 18.30 Uhr bis 9.9.90, 13.00 Uhr in Haus Wittgenstein, Roisdorf/Bornheim bei Bonn. Schwerpunktthema mit Referaten: Verschlüsselungssoftware und BSI ("Bundesbehörde für Sicherheit in der Informationstechnik")

Haus Wittgenstein: "Im Hauptgebäude befinden sich nur zwei Räume, die ohne bauliche Veränderungen für eine Belegung mit zwei bis vier Betten geeignet sind. Die wesentliche Kapazität besteht aus größeren Räumen, die die gewünschte Intimität beim Übernachten nicht zulassen." (Aus einem Finanz-Prüfbericht zu Haus Wittgenstein). Da soll noch mal jemand sagen, Finanz-Fachleute hätten kein Herz !

FIFF-Mitgliederversammlung und öffentliche Tagung: 5.10. - 7.10.90 in Stuttgart, DGB-Haus, Willi-Bleicher-Str. 20 . Anmeldungen, Informationen: Josef Helf, Köllestr. 33, 74 Tübingen, 07071/49177

Internationale Fachtagung der GMK (Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur) zum Thema "Das Medien-Europa der Zukunft" Vom 2.11.-4.11.90, in Bonn. Informationen, Anmeldung: GMK-Geschäftsstelle, im Murnau-Haus, Körnerstr.3, 48 Bielefeld 1, 0521/67788

Sitzung der BAG Forschung und Technologie: 28.9 - 30.9.90, 13 in Haus Wittgenstein/Bonn-Roisdorf. Anmeldung, Informationen: Peter Döge, Die GRÜNEN, Bundeshaus Bonn, 53 Bonn 1, 0228/165529

IKÖ-Mitgliederversammlung und öffentliche Tagung: 16.11. - 17.11.90 in Frankfurt/M, Haus der Jugend, Deutschherrenufer 12. Anmeldungen, Informationen: IKÖ, Balkenstr. 17-19, 46 Dortmund, 0231/5779046

Veranstaltung der IKÖ-Fachgruppe Medien (Bayern) zusammen mit der IGMedien "5 Jahre Wa(h)re Rundfunkfreiheit", Kontrastveranstaltung zu den Münchner Medientagen: 9.10.90, 10.00 Uhr, voraussichtlich im Großen Sitzungssaal des Bayrischen Rundfunks/München)

IKÖ-Symposium "Kommunikationsökologie" 21.-22.9.90, im Gustav-Stresemann-Institut, Bonn. TeilnehmerInnenzahl beschränkt ("Aus kommunikationsökologischen Gründen") auf ca. 30. Anmeldungen, Informationen: Thomas Herrmann, Universität Dortmund, Universitätsstr. 12, 0231/7552796 und Barbara Mettler-Meibom, Universität Essen, Postfach 500 500, 0201/1833475

Konferenz der KomTech GmbH "Telekommunikation im gemeinsamen europäischen Haus" am 17.12.-21.12.90 in Moskau (Konferenzgebühr 600 DM, Unterbringung im Hotel Mir 500 DM). Anmeldung, Information: KomTech (GmbH), Arnsburger Str. 70, 6 Frankfurt/M, 069/4020144

Vorankündigung: IKÖ/Internationale Arbeitstagung 14.2.-15.2.91 zum Thema "Daten- und VerbraucherInnenschutz bei Telekom.dienstleistungen in der EG", (TeilnehmerInnenzahl beschränkt auf 40 ExpertInnen und 10-15 weitere Personen).

 

 

Spende für den Infodienst!

Der Infodienst COMPUTER & MEDIEN wird bislang kostenlos verschickt. Die Zahl der InteressentInnen und damit auch Druck- und Versandkosten haben merklich zugenommen. Allein die Sachkosten überschreiten bereits mit der vorliegenden Nummer das Budget, das uns im gemeinsamen Haushalt von 25 Bundesarbeitsgemeinschaften der GRÜNEN zur Verfügung gestellt wird. Innerhalb der GRÜNEN gibt es Bestrebungen, die Bundesarbeitsgemeinschaften finanziell zu kürzen, d.h. für den Infodienst steht zukünftig wahrscheinlich noch weniger Geld zur Verfügung.

Wir sind daher dringend auf Spenden angewiesen, sonst können wir nicht mehr alle InteressentInnen wie bisher beliefern. Entsprechend dem Ergebnis des Spendenaufrufs wird die Verteilerliste mehr oder weniger gekürzt - Wer spendet bleibt selbstverständlich drin. Diejenigen, die es erübrigen können, sollten jährlich 20 DM oder mehr aufs Spendenkonto überweisen - ein Überweisungsformular für Spenden liegt bei.

 

AKTION: KARTEN-TELEFON? NEIN DANKE!

Gegen die Einführung von Karten-Telefonen, insbesondere gegen die Verwendung von on-line-Buchungskarten läuft eine bundesweite Aufklärungsaktion mit Flugblättern in und an Telefonzellen, groß überschrieben mit "Kartentelefon ? Nein Danke!". Außerdem sind gelbe Aufkleber zu finden, die darauf hinweisen, daß im Vermittlungscomputer der Post die Gesprächsdaten registriert und gespeichert werden. Ein anderer gelber Aufkleber fordert schlicht dazu auf "Bitte Münzfernsprecher benutzen!".

Inzwischen gibt es bereits ca. 10.000 öffentliche Karten-Telefone in der BRD. Nach unüberprüften Angaben der Post besitzen ungefähr 250.000 Personen auch schon eine Telefonkarte mit Nutzeridentifikation und online-Buchung der Gebühren auf das persönliche Fernmeldekonto. Den meisten Leuten ist bislang nur die Chipkarte bekannt, die abtelefoniert und dann weggeworfen wird. Während die Chipkarte anonym funktioniert, werden bei der Telefonkarte alle personenbezogenen Gesprächsdatensätze 80 Tage lang von der Post gespeichert.

Chipkarten (offizieller Name: "Telekarten") sind eindeutig als Zwischenschritt zur Einführung der "Telefon(buchungs)karte" zu sehen. Zwecks Akzeptanzförderung bei umweltbewußten Menschen wird die Abschaffung der PVC-Chipkarte von der Post als Umweltschutzmaßnahme dargestellt: PVC-Karten seien nicht wiederverwendbar und nicht recyclefähig, die Telefon-Buchungskarte hingegen sei ein Beitrag zur Abfallvermeidungein; eine Marketing- und Akzeptanzstrategie, zugeschnitten auf Zielgruppen die auf "Umweltschutz" anspringen. Durch den Verzicht auf Kartentelefone allerdings würde das "Umweltproblem" gar nicht entstehen, als dessen Lösung jetzt die Telefon-Buchungskarte dargestellt wird.

Erste Überlegungen zum Thema "Kartentelefone" führten zu der Forderung, daß jedes Kartentelefon die gleichzeitige Nutzung als Münzfernsprecher ermöglichen solle, dann könnte der Übergang zur Buchungskarte von der Telekom/Bundespost nicht mehr durch die Abschaffung der Chipkarten erzwungen werden. Mit welchen Zwangsmaßnahmen die Post arbeitet zeigt sich an der Tatsache, daß nicht nur die Zahl der Münzfernsprecher reduziert wird, sondern auch einzeln stehende Telefon-Zellen mit Kartentelefonen umgerüstet werden. Das ist der Zwang zur "freiwilligen" Benutzung von Kartentelefonen.

 

Sozialversicherungsausweis 1991

ArbeitgeberInnen müssen "geringfügig Beschäftigte" (weniger als 15 Stunden pro Woche und höchsten 470 DM im Monat) per ausgefülltem Meldeformular an die Krankenkasse melden. Von dort aus gehts weiter an die "Zentrale Datei für geringfügig Beschäftigte" bei der Rentenversicherung und weiter ans Arbeitsamt, wo ein Datenabgleich mit der "Arbeitserlaubnisdatei" und der "Arbeitslosengeld/-hilfedatei" (Leistungsdatei) erfolgt. Jene JobberInnen aber, die von den ArbeitgeberInnen nicht gemeldet werden, bleiben zunächst unerreichbar für diese Kontrolle. Daher wird ab 1. Juli 1991 eine maschinenlesbare Identitätskarte, der sogenannte "Sozialversicherungsausweis" (SVA) eingeführt. Wer Sozialhilfe, Arbeitslosengeld, -hilfe, (Bafög?) oder Rente bekommt, der/die muß seinen SVA bei den zahlenden Stellen abgeben oder er/sie. kriegt kein Geld bzw. nur das Minimum der Sozialhilfe. Bei jedem Job-Antritt muß der SVA vorgelegt werden, nebenher Taxifahren z.B. wird schwierig. Die AufpasserInnen von Arbeitsamt, Krankenkasse und Rentenversicherung könnten u.a. beim Bau vorfahren, den SVA verlangen und mit einem mobilen Terminal einlesen. Damit werden all jene ermittelt, die entweder unversteuerten ("Schwarzarbeit")Lohn beziehen oder ihr Zusatzeinkommen vorm Sozial- bzw. Arbeitsamt verheimlichen.

Zu befürchten ist, daß zukünftig z.B. auch VermieterInnen das Vorzeigen des SVAs verlangen. Wer keinen SVA vorweisen kann, ist wahrscheinlich arbeitslos oder SozialhilfeempfängerIn. Damit würde der SVA auch ein Mittel zur Ghettoisierung der Armut in der "Zwei-Drittel-Gesellschaft".

Material: a) Wilmerstadt/Schattschneider, "Ratgeber Personalpraxis, Sozialversicherungsausweis und Meldepflichten", (193 Seiten),1990 Datakontext-Verlag/Köln (arbeitgeber-orientiert)

b) IKÖ-Broschüre "Überwachung mit dem Sozialversicherungsausweis", IKÖ, Balkenstr.17-19, 46 Dortmund 1, 0231/5779046 oder AG der Sozialhilfe-Initiativen Moselstr. 25, 6 Frankfurt/M. 4,40 DM

 

alternative Medien, "andere" ARCHIVE

1973-1981 erschien die Wochenzeitung "ID - Informationsdienst zur Verbreitung unterbliebener Nachrichten" in Frankfurt/Main. Nachdem der ID sein Erscheinen eingestellt hatte, gründeten sich aus seinem AktivistInnenkreis neue Medienprojekte. Die Frankfurter Adresse "Hamburger Allee 45" ist seit 17 Jahre die gleiche geblieben. Dort fanden auch mit die ersten Diskussionen um die Gründung einer alternativen Tageszeitung statt aus denen später die "taz" hervorging. Heute befinden sich in Frankfurt die Projekte "Alltag" (Presseagentur für Meldungen von unten), der "Solidaritätsfond gegen Repression in den Medien" und ein Recherchehilfe-Projekt. Ebenso befand sich dort zunächst das Projekt "Gedächtnis", das ein Archiv für alternative Printmedien und graue Literatur aufbaute. Archivmaterial und Personen dieses Projektes wurden 1988 von Frankfurt nach Amsterdam ins Internationale Institut für Sozialgeschichte (IISG) verlagert und residieren dort seither unter dem Namen "ID-Archiv im IISG". Z.Zt. werden dort ca. 800 Zeitschriften aus der BRD, DDR, Österreich und der Schweiz regelmäßig bezogen. Außerdem werden Plakate, Flugblätter, Videos und Radiokassetten "politischer und kultureller Gruppen" gesammelt.

Das ID-Archiv Amsterdam hat nun zwei Nachschlagwerke als Beitrag zum Projekt "Gedächtnis" veröffentlicht: Einmal das "Verzeichnis der lieferbaren Broschüren", das einen Überblick über die politische "graue Literatur" und die Vielfalt von Klein- und Kleinstverlagen gibt. Desweiteren ein Verzeichnis der politischen, alternativen Archive, d.h. vorwiegend Archive von Bewegungen, Initiativen, politischen Gruppen und Einzelpersonen. Es dokumentiert die ungeheure Informations- und Dokumentationsarbeit innerhalb alternativer, politisch linker Bewegungen und Initiativen.

In einem Textbeitrag weist Rudolf de Jong auf die Gefahr personenbezogener Informationen in politischen Archiven hin. Während des Bürgerkriegs in Spanien z.B. wurden die verstreuten Kleinarchive des antifaschistischen Widerstandes nach deren Erbeutung durch die Faschisten dazu benutzt, umfangreiche Personenkarteien anzulegen, die der Verfolgung von Francos GegnerInnen dienten. Auf Namen kann aus Sicherheitsgründen notfalls verzichtet werden, die Formulierung politischer Inhalte, die Dokumentation praktischer Erfahrungen und unterdrückter theoretischer Arbeit hingegen gehören zum "Gedächtnis" der Bewegung, das die Verwirklichung von Ideen als historischen Prozeß begreifbar macht, aus Irrtümern zu lernen hilft und die Geschichte der Hoffnungen wachhält.

Allerdings scheinen die einzelnen "Gehirnregionen" des "Gedächtnisses" noch voneinander isoliert zu arbeiten. Vielleicht können die beiden Bücher des ID-Archivs dazu beitragen, daß sie sich in der Diskussion sozial(!) miteinander vernetzen.

Material: A) Verzeichnis der lieferbaren Broschüren 1990, Edition ID-Archiv im IISG/Amsterdam, 112 Seiten, 12 DM

B) Reader der "anderen" Archive, Edition ID-Archiv im IISG/Amsterdam 1990, 279 detaillierte Beschreibungen einzelner Archive auf 340 Seiten, 38 DM

Kontakte: ID-Archiv im IISG, Cruquiusweg 31, NL-1019 AT Amsterdam, Tel.: 0031-20-6685866

ID-Zentrum für alternative Medien, Hamburger Allee 45, 6000 Frankfurt/M, Tel.: 069/709935

Edition ID-Archiv: Knobelsdorffstr. 8, 1 Berlin 19, 030/3227117

 

Kommunale Rechenzentren kontrollieren!

Beim Initiativentreffen der TelekomunikAKTION am 29.6.-1.7.90 in Heidelberg stellte u.a. die Gruppe "Heideldata" ihren längerfristig angelegten Arbeitsschwerpunkt "Kommunales Gebiets-Rechenzentrum" (KGRZ) vor. KGRZs sind Computerzentralen, die für mehrere Kommunen tätig sind und wahre Super-Speicher an personenbezogenen Daten darstellen. Da lagern Meldedaten, Sozialamtsdaten, Schulverwaltungsdaten, Kreiskrankenhaus-Daten, Wohnungsamtsdaten, KfZ-Daten und viele andere Daten, die in Kommunalverwaltungen anfallen.

KGRZs sind als eigenständige BGB-Gesellschaften konstruiert und lassen sich kommunalpolitisch schwer kontrollieren. Zur Vermeidung von Sicherheitsproblemen versuchen die Rechenzentren, möglichst im Verborgenen vor sich hin zu arbeiten und kein öffentliches Aufsehen zu erregen. Kein Wunder, daß "Heideldata" auf große Schwierigkeiten traf, als sie die Aktivitäten des Rechenzentrums erkunden wollte. Allein die Lektüre des Rechenschaftsberichtes vom Regionalen Rechenzentrum Heidelberg aber sorgte schon für Aha-Erlebnisse, denn da war u.a. das LKA als "Endabnehmer" aufgeführt, ebenso das Mannheimer Polizeipräsidium mit einem online-Anschluß zum Melderegister, den es 1988 mit 7000 Abrufen pro Monat nutzte.

Die Aktivitäten der KGRZs müssen endlich einer kommunalpolitischen Kontrolle zugänglich gemacht und öffentlich diskutiert werden. Heideldata hat sich als Anlaufstelle für Initiativen mit gleichem Interesse angeboten.

Kontakt: HEIDELDATA c/o Volker Erhard, Dossenheimer Landstr. 89, 6900 Heidelberg, 06221/473917

 

SIEMENS LIEFERT ISDN AN DEN IRAK

Anfang 1990 wurde bekannt, daß Siemens mit dem Industrieministerium in Bagdad ein Lizenzabkommen zur "Modernisierung des irakischen Telefonnetzes" abgeschlossen hat. Die Laufzeit des Abkommens beträgt 12 Jahre. Zunächst sollen 300.000 digitale Telefonanschlüsse bis Ende 1991 im Irak erstellt werden.

Das digitalisierte Telefonnetz ISDN kann als technische Infrastruktur für Kommando-, Kontroll- und Kommunikationssysteme dienen, die inzwischen ein wesentliches Moment militärischer Macht darstellen. ISDN stand deshalb auch auf der COCOM-Liste, weil es militärische Bedeutung hat und im Regierungsbericht "Zukunft der IuK-Technik" wird "Kommunikation unter Nutzung moderner Techniken wie ISDN und dem OSI-Modell" als "wichtiges Teilgebiet militärischer Aufgaben" definiert. Die militärische Nutzbarkeit von ISDN verbietet eigentlich dessen Lieferung in Spannungsgebiete. (Aber wen wunderts, wenn von bundesdeutschen Firmen sogar Giftgasfabriken an den Irak geliefert wurden). Neben dem militärischen Aspekt werden im Irak zweifellos auch die Überwachungspotentiale des ISDN durch die Geheimdienste genutzt.

Mit dem militärischen Aspekt des ISDN hat die Firma Siemens bereits Erfahrung. Sie bekam 1980 vom US-Verteidigungsministerium den Auftrag, bis 1990 ein neues digitales Sonder-Telephonnetz mit 80.000 Anschlüssen für die US-Army in der Bundesrepublik aufzubauen.

Die Empörung über bundesdeutsche Waffenlieferungen an den Irak sollte in Zukunft die ISDN-Lieferung von Siemens mit berücksichtigen.

 

ISDN: Klimaanlage und zweitrechner NÖTIG

Als ein Vorteil der Computervermittlungstellen im Telefonnetz wird von der Post immer wieder angeführt, daß diese weniger Platz beanspruchen als elektromechanische Drehwählereinrichtungen. Unerwähnt bleibt dabei: Die Computer-Schaltelemente erzeugen Wärme, deshalb können die ISDN-Schaltschränke nicht so dicht aufgestellt werden und die Schaltschrankreihen müssen auch kürzer sein als bisher. Kühlluft mit 17°C wird auf Bodenhöhe in die ISDN-Schaltschränke eingeführt und verläßt den Schrank am Deckel wieder mit 45°C. Daher ist eine aufwendige platzraubende Klimatechnik notwendig. Auf die Stellfläche der reinen Vermittlungstechnik müssen 50% als Platzbedarf für die Klimatechnik draufgeschlagen werden. Und nun kommt ein Treppenwitz der Fernmeldetechnik: Wegen der Ausfallgefahr von Vermittlungscomputern wird eine zweite (Fern-)Vermittlungsanlage benötigt, die bei Störungen/Ausfällen der ersten Anlage sofort deren Funktion übernehmen kann. Die Angaben der Post zum Platzbedarf müssen also um 50% erhöht und dann verdoppelt werden.

Lediglich der Platzbedarf für Arbeitsplätze wird sinken. Mit der Umstellung einer Ortsvermittlungsstellen auf ISDN wurden dem Personal Arbeitsplatzeinsparungen von mehr als 60% angekündigt. Bei denen findet sich nun plötzlich auch schon mal die Auffassung, daß die Drehwähler so schlecht nicht waren. Im Rahmen der Anti-ISDN-Kampagne könnten Informationsstände vor den Toren der Vermittlungsstellen evtl. auf offene Ohren stoßen.

 

RUNDFUNKGEBÜHREN WEITERGELEITET AN KOMMERZSENDER

Rundfunk- und Fernsehgebühren sollen zur wirtschaftlichen Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Anstalten beitragen. Ein Teil dieser Gelder fließt aber in die Taschen der privat-unternehmerischen Hörfunk- und FernsehmacherInnen. In einem Staatsvertrag vom 3.4.87 wurde festgelegt, daß zwischen 1988 und 1991 zwei Prozent der Rundfunkgebühren an die Aufsichtgremien der Privaten weitergegeben werden sollen. Allein 1990 werden ca. 100 Millionen DM an die "Landesanstalt für Rundfunk" (NRW), "Hamburgische Anstalt für Neue Medien", "Bayrische Landesanstalt für Neue Medien" usw. gezahlt. Von diesen Gremien wird ein Teil des Geldes weitergeleitet in die Taschen der Privatunternehmen zur Finanzierung der Sendetechnik und der Postgebühren. Außerdem finanzieren die Landesanstalten den Privatunternehmen Akzeptanzuntersuchungen für ca. 3,7 Mio. DM und akzeptanzfördernde "Offene Kanäle" mit 30 Mio DM. (Quelle: Media Perspektiven). Da wäre es doch nur gerecht, wenn die Konzern-Sender kostenlose Werbesendungen für Gebührenerhöhungen bei ARD und ZDF anbieten würden.

 

Rundfunkrat MIT der KONKURRENZ im geschäft

Der Rundfunksratsitz der GRÜNEN im NDR wird trotz Rücktrittsforderungen weiterhin von Michael Schmelich besetzt gehalten. (Vgl. auch Infodienst 2/90). Schmelich betreibt einen Verlag gleichen Namens in Kassel, fungiert als Herausgeber des City-Programm-Magazins "Hier und Jetzt" für den Raum Kassel/ Göttingen und ist Mitinhaber der Veranstaltungsagentur "traum-team". Diese Agentur hat im Juni 1990 ein Rock-Großkonzert im Göttinger Sportstadion veranstaltet. Das Programmheft in 50.000er Auflage verteilt, entstammte dem Verlag von Michael Schmelich der im Kleingedruckten des Heftes auch als Organisator genannt wird. Auf der Titelseite aber stand ganz oben drüber: "radio ffn präsentiert:...". Auch im Vorwort des Programmheftes heißt es dann noch ausdrücklich: "Unser besonderer Dank gilt Radio ffn....", unterzeichnet von Schmelich.

"FFN" (Funk und Fernsehen Nordwestdeutschland GmbH) gehört 56 Niedersächsischen Zeitungsverlegern, die sich Niedersachsen bereits in kaum überschneidende Lokalzeitungsmonopole aufgeteilt haben und nun auch landesweiten Hörfunk machen. FFN finanziert sich ausschließlich über Werbung und ist Konkurrent des NDR. Da sitzt also einer im NDR-Rundfunkrat für die GRÜNEN, der mit der Kommerzfunk-Konkurrenz des NDR Geschäftsverbindungen hat.

Wenn Schmelich schon nicht freiwillig zurücktritt,ist es nun die Aufgabe des Landesverbandes DIE GRÜNEN Niedersachsen, den Rundfunkratssitz nach Ablauf dessen offizieller Amtszeit neu zu besetzen.

 

VIDEO MIT Ceausescus Erschiessung gefälscht?

Der Videofilm über die Erschießung des Ehepaares Ceausescus Weihnachten 1989, der von der französischen Fernsehanstalt TDF 1 für die ungewöhnlich niedrige Summe von 50000 Francs beschafft worden war, ist angeblich eine Fälschung. Nachdem der Film am 22.4.90 in Frankreich ausgestrahlt worden war, behauptete der Kriminalist Loic le Ribault aus Bordeaux, es habe sich um gestellte Aufnahmen gehandelt. Aus der Steifheit der Körper, sichtbaren Hämatomen und der Nichtübereinstimmung von Einschußhöhe an der Wand und Verletzungen der Körper ergebe sich der Schluß, daß es sich um eine, extra für diesen Videofilm geschaffene Inszenierung gehandelt habe. Bereits im Januar 1990 hatte es Mutmaßungen gegeben, daß Ceausescu schon vor der "Erschießung" tot gewesen sei, weil die ersten Photos keinerlei Schußverletzungen, sondern nur Schlagverletzungen am Kopf erkennen ließen. Gelu Voican, stellvertretender rumänischer Ministerpräsident hat bis zum Schluß versucht, die Ausstrahlung des Films in Frankreich zu verhindern und als dies nicht gelang, ihn zur gleichzeitigen Ausstrahlung auch in Rumänien freigegeben.

Irgendwie paßt das alles zum Ende eines Diktators, unter dessen Terrorherrschaft angeblich sogar die Wetterkarte im rumänischen Fernsehen gefälscht worden ist.

 

Europäische Polizei-datenbank

Die Regierungen von Belgien, BRD, Frankreich, Luxemburg und Niederlande haben am 19.6.90 ein Abkommen unterzeichnet, das als Vorstufe für den Aufbau einer zentralen europäischen Polizeibehörde gelten kann. Nach dem luxemburgischen Dorf Schengen in dem die Unterzeichnung erfolgte, wird es "Schengener Abkommen" genannt. Es tritt voraussichtlich Ende 1991 nach Ratifizierung durch die Parlamente inkraft. Die DDR wird vertragsgemäß durch die BRD/DDR-Vereinigung automatisch mit einbezogen.

"Schengen" wird als Abschaffung der Grenzkontrollen dargestellt. Tatsache dagegen ist, daß die Außengrenzen dichter werden. Transportunternehmen wird z.B. verboten, Personen aus visumpflichtigen Ländern ohne Visum zu befördern, damit sie garnicht erst politisches Asyl beantragen können. Ebenso wird mit dem Schengener Abkommen ein "free flow of information" für die Polizei verwirklicht; z.B. durch den Aufbau einer Datenbank in Straßburg (SIS - Schengen Informations System) für Fahndungsdaten, Festnahmedaten, Einreisekontrollen aber auch Daten aus verdeckt vorgenommenen Überwachungen und beobachtender Fahndung. Datensammlungen aus Staaten ohne Datenschutzgesetze können Grundlage für Festnahmen in der BRD sein.

Ergänzend ist das europäische Polizei-Projekt "TREVI" zu erwähnen, mit dem schon seit geraumer Zeit die polizeiliche, geheimdienstliche Zusammenarbeit auf den Gebieten Terrorismus, Drogen und Datenverarbeitung/Datenaustausch in der EG vorangetrieben wird.

Die IKÖ-Fachgruppe Verdatung hat eine Kritik am Schengen-Abkommen formuliert, die z.B. von DVD, FIFF, BBU, Humanistische Union und CILIP unterstützt wird. German Meneses MdB (DIE GRÜNEN), Mitglied im Innenausschuß, erklärte am 15.6.90, daß es das Ziel sei, eine Ratifizierung des Abkommens im Parlament zu verhindern. Die SPD-Fraktion hingegen hat bereits signalisiert, sie werde dem Abkommen zustimmen.

Kontakt: Thilo Weichert, Barbarastr. 8, 7800 Freiburg, 0761/272309

 

SCHNÜFFEL-SENSOREN MACHEN HUNDEN KONKURRENZ

Spezielle mikroelektronische Bauelemente können Geruch in elektrische Ströme umwandeln. Wird eine Menge von hundert Milliarden Siliziumatomen durch ein einziges fremdes Gas-Atom verunreinigt, reicht diese "Dotierung" aus, um den elektrischen Widerstand des Siliziums deutlich zu verändern. Auf dieser technischen Grundlage basiert die Entwicklung "künstlicher Nasen". Eine Forschungsgruppe an der Universität Manchester hat angeblich einen Vergleichstest mit einem auf Trüffelsuche spezialisierten Hund durchgeführt und dabei die Überlegenheit der künstlichen Nase gezeigt. 1986 gab es bereits Berichte über ähnliche Forschungen am Lehrstuhl für Technische Elektronik in München (Projektleiter Eckard Lange) und 1987 stellte der VDI im Technologiezentrum Berlin eine Kunstnase namens "MOS Feldeffektentransistor" (MOSFET) interessierten Industrievertretern vor.

Zwar ist über polizeiliche oder geheimdienstliche Anwendungsabsichten bisher nichts bekannt geworden aber die Realität übersteigt ja meist jede paranoide Phantasie. So hatte die DDR-Stasi doch tatsächlich mit sterilen Tüchern Geruchspropen z.B. von Autositzflächen überwachter Personen genommen, diese Tücher in luftdichten Gläsern gelagert, um sie später für Geruchsvergleiche bei der Erschnüffelung von FlugblattverteilerInnen durch speziell trainierte Hunde zu benutzen. Erhebt sich die Frage, ob zukünftig auch künstliche Nasen für solche Zwecke eingesetzt werden können.

 

gesetze: fernmeldegeheimnis wird abgebaut

Der "Kampf gegen illegalen Rauschgifthandel" soll nun als Rechtfertigung für den Abbau des Fernmeldegeheimnisses herhalten. Ein entsprechender Gesetzesentwurf sieht die Ausweitung des § 12 Fernmeldeanlagengesetz (FAG) vor. Demnach soll nun die Polizei "bei Gefahr im Verzuge" ohne richterliche Anordnung abhören können. Außerdem wird die Überwachungsmöglichkeit auf die gesamte Telekommunikation (z.B. mail-boxen, telefax, etc.) ausgedehnt. Auf diese Planungen hat Ende Juni die IKÖ-Fachgruppe "Kontrolle, Verdatung, Innere Sicherheit" in einer Stellungnahme aufmerksam gemacht. Darin heißt es u.a.: "Die Gefahren, zu deren Abwehr derartige Maßnahmen zulässig sein sollen werden sehr unbestimmt gelassen. Bei sämtlichen Gefahren für 'Leben, Leib und Freiheit' sind sie zulässig. Die Palette der in Betracht kommenden Straftaten reicht von einfacher Körperverletzung über den § 218 bis zum Mord, von einfacher Nötigung bis zur Geiselnahme. Die Abhörmaßnahmen sind nicht auf typische Straftaten der organisierten Kriminalität beschränkt. Z.B. wäre auch bei dem Verdacht eines geplanten Schwangerschaftsabbruches oder einer geplanten Nötigung durch Demonstranten eine solche Maßnahme zulässig."

Offensichtlich scheinen die bisherigen Gesetze zum Schutz des Fernmeldegeheimnisses immer noch Hindernisse darzustellen. Mit der beabsichtigten Gesetzesänderung sollen offensichtlich die komfortablen Überwachungsmöglichkeiten des ISDN erschlossen werden.

Material: Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Formen organisierter Kriminalität", Bundesregierungs/Drucksache 74/1/90

 

isdn: ANTRÄGE UND gerichtsverfahren gegen die post

Die Bundestagsfraktion DIE GRÜNEN hat einen Antrag im Bundesparlament eingebracht, der u.a. folgende Forderungen enthält:

- der Postminister soll dafür sorgen, "daß die Anonymität von Anrufer/innen bei Beratungsstellen gewahrt bleibt, daß niemand von den Anrufen erfährt und auch deren Tatsache geheimbleibt. Es darf zu keiner Verletzung der in § 203 StGB geschützten Berufsgeheimnisse kommen."

- "daß die Deutsche Bundespost TELEKOM sofort auf die Beanstandungen des Bundesbeauftragten für den Datenschutz reagiert und die unzulässige Speicherung der Zielnummer bei ISDN und beim C-Netz sofort einstellt, sowie das Auskunftsrecht gem. § 13 Abs. 1 BDSG i.V.m. § 455 TKO der Teilnehmer/innen gewährleistet"

- Die Bundesregierung soll "noch in dieser Legislaturperiode Rechtsverordnungen gem. § 30 Abs. 2 PostVerf.G und § 14a Abs.2 FAG zum Schutze personenbezogener Daten" erlassen

- und soll die Überwachungsvorschriften des Fernmeldeverkehrs einer kritischen Prüfung unterziehen, "um die Überwachungsmöglichkeiten des Fernmeldeverkehrs nach § 12 FAG deutlich einzuschränken bzw. zu beseitigen."

Das IKÖ teilte kürzlich mit, daß vor zwei Monaten die erste Klage auf Auskunft über die Datenspeicherung im ISDN und auf Löschung der Daten beim Verwaltungsgericht Kassel eingereicht wurde. Darin wird gegen die Deutsche Bundespost Telekom, vertreten durch den Präsidenten der Oberpostdirektion Frankfurt/M geklagt, um ein Auskunftsverlangen gem. § 13 BDSG und die Unterlassung bzw. Löschung gem. § 14. Abs.3 S.2 BDSG durchzusetzen.

Der Kläger will verhindern, daß seine Rufnummer gespeichert wird, wenn er von einem ISDN-Anschluß aus angerufen worden ist. Zu diesem Zweck verlangt er zunächst Auskunft nach Bundesdatenschutzgesetz (§ 13) über die Speicherung solcher Fälle und fordert sodann die Unterlassung bzw. die sofortige Löschung nach Gesprächsende.

Kontakt: IKÖ-Fachgruppe "Kontrolle Verdatung Innere Sicherheit", Joachim Rieß, Universität Bremen, Fachbereich 3, Postfach 330440, 28 Bremen, Tel.: 0421/2182722

 

TV: KONSUM- UND PSYCHOLOGIEDATEN

Nach US-amerikanischem Vorbild will die Werbewirtschaft zukünftig Verbraucherdaten aus den Computerkassen von Supermärkten verwenden. Die Nielsen GmbH Frankfurt, die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) AG und die Centrale für Coorganisation (CCG) Köln wollen hierfür eine entsprechende Datenbank aufbauen. Große Handelsketten wie z.B. Aldi weigern sich eher, ihre Geschäftsdaten weiterzugeben, kleinere Handelsketten hingegen dürften diesen Datenhandel als Zusatzgeschäft willkommen heißen. Dadurch wird es u.a möglich, die Wirkung lokal ausgestrahlter TV- und Hörfunk-Werbung mit hilfe der Scanner-Kassen-Daten zu analysieren.

In diesem Zusammenhang sollte beachtet werden, daß die Erfassung des TV-Einschalt- und Sehverhaltens immer weiter verfeinert wird. Meßgeräte am Fernseher in ausgewählten, repräsentativen Haushalten erfassen alle Formen der Bildschirmnutzung. Die GfK betreibt auch hier das Geschäft mit der kontinuierlichen Erfassung in einer repräsentativen Stichprobe von 6000 Personen. Bei der Stichprobenauswahl wird die Ausstattung mit Zweitgeräten, Videorecordern und Fernbedienungen berücksichtigt, die Videorecorder-Nutzung wird gesondert registriert.

AugenforscherInnen untersuchen die Zusammenhänge zwischen optischen Reizen und geistigen Prozessen. Andere wie z.B. Nikula/Bönke von der Ruhruniversität Bochum machen Persönlichkeitstests vor und nach Filmvorführungen. Messung der Schweißproduktion und Atmung sollen jede Gefühlsregung registrieren. Privatdozent Wolfgang Vehrs von der Universität Bayreuth hatte 1986 eine Art "Gefühlserfoschungscomputer" vorgestellt. An Fingern, Ohren, Brust und Bauch werden Elektroden befestigt, die Pulsschlag, Hautleitfähigkeit und Atemfrequenzen messen. Außerdem muß der untersuchte Mensch noch über eine Hebelbedienung seinem subjektiven Erlebnisverlauf Ausdruck geben. Als Anwendungsgebiete gilt u.a. die Untersuchung der Wirkung von Werbespots. Henner Ertel von der "Gesellschaft für rationelle Psychologie" in München arbeitete mit Messungen des Pupillendurchmessers (der sich bei Erregung vergrößert), Messungen des Blutdruckes und der Muskelspannung. Ertel meinte gegenüber der SZ (13.9.88): "Geben sie mir das richtige Bild oder den passenden Bildausschnitt und Sie können bei fast jeder Testperson eine Erregung feststellen."

 

UMFRAGE ZUR PC-NUTZUNG DER GRÜNEN VERBÄNDE

Im November letztes Jahr waren von der GRÜNEN Bundesgeschäftsstelle insgesamt 1.891 Fragebogen an 345 Kreisverbände (KVs) und 1546 Ortsverbände (OVs) verschickt worden. Darin wurden Möglichkeiten und Wünsche zum Bundestagswahlkampf abgefragt. 378 Fragebögen kamen ausgefüllt zurück und wurden ausgewertet. Dieser Rücklauf teilte sich auf in 154 von den KVs (=44,3%), 225 von den OVs (=14,5 %). Gesamtrücklauf war also 20 %. Wir gehen nur kurz auf ein paar interessante Aspekte ein:

Eine der suggestiven Textvorgaben im Fragebogen war: "Wir verfügen über einen PC oder haben Zugang dazu und setzen diesen auch ein (z.B. für Textverarbeitung oder desk-top-puplishing). Das "Ja" wurde von 109 KVs und 116 OVs angekreuzt.

Suggestive Textvorgabe: "Wir würden es begrüßen, wenn die Bundesgeschäftsstelle wichtige Texte (z.B. Wahlprogramm, Wahlaussage und andere grundsätzliche längere Positionspapiere) auch auf Diskette anbieten würde, um diese dann bei uns weiterverarbeiten zu können. Das "Ja" wurde von 78 KVs und 60 OVs, das "Nein" von 25 KVs und 48 OVs angekreuzt. Viele KVs und OVs mit PC-Zugang also "begrüßen nicht" die Verschickung von Disketten. "Ablehnen" konnte nicht angekreuzt werden, weil es nicht im Fragebogen vorgesehen war.

In einem Artikel des Grünen Basisdienstes (6/90) wird das Umfrageergebnis durch ein Spiel mit Prozentzahlen völlig anders dargestellt: "In den Verbänden wird zunehmend mit PC gearbeitet (71,9% der KVs, 52% der OVs); von denen, die über einen PC verfügen, würden es 74,5% befürworten, wenn die Bundesgeschäftsstelle wichtige programmatische Texte auf Diskette anbieten würde. An der Erstellung dieser Disketten wird in der Geschäftsstelle gearbeitet."

Wenn dabei von "52 % der OVs" gesprochen wird, die sich Disketten aus der Bundesgeschäftsstelle wünschen, muß mensch wissen, daß sich dahinter konkret nur 60 von 1546 Ortsvereinen also lediglich 3,9 % aller Ortsverbände verbergen! Die restlichen 96,1 % sollten bei Gelegenheit auch noch mal befragt werden.

 

MAILBOXEN IM ZERBERUSNETZ

"Zerberus" ist der Name einer Mailbox-Software, die Mitte der 80er Jahre in der BRD entwickelt wurde. Auf der Grundlage dieser Mailbox-software schlossen sich 1987 einige SystembetreiberInnen zum LINKSYS- und etwas spätere andere zum COMPOST-Netz zusammen (insgesamt z.Zt. 45 Boxen). Seitdem hat sich im Zerberus-Netz ein beachtliches Maß an politischer Aktivität entwickelt, wozu ich im folgenden einen kurzen (unvollständigen) Überblick geben will:

- Antifa-Gruppen: Zusätzlich zur Veröffentlichung von Flugblättern werden zur Organisierung von Aktionen verschlüsselte (!) Informationen verschickt.

- Radio "Z" in Nürnberg holt sich von LINK-N täglich aktuelle Informationen für die Nachrichten. Umgekehrt spielt Radio Z Texte in die Mailbox ein.

- In Bielefeld wird mit BIONIC der Aufbau einer Mailbox als "soziales Projekt" in der Art eines Mediencafes versucht. Beteiligte u.a.: Datenschutzgruppe Fachschaft Jura, StadtBlatt, Umweltzentrum (mit einer eigenen Box am Netz)

- Informationsaustausch von Geschichtswerkstätten

- Graswurzelrevolution, FöGA und FAU

- Greenpeace: internationaler Informationsaustausch

- Im ÖKO-Institut Freiburg betreibt Gotelind Alber die Mailbox (OEKOMAIL). Vor allem Infos zur Energie-Diskussion. Das Projekt "Umwelt-Informations- und Datenaustausch mit der UdSSR" sieht Mailbox-Nutzung vor.

- Der FB Sozpäd der FH Hildesheim bietet mit "DISA" ein "Daten- und Informationssystem für die soziale Arbeit" an.

- "Global Challenges Network" (Hans-Peter Dürr) in München betreibt u.a. ein "messNetz Radioaktivität" über Mailbox

- "NATBOX": Bund für Vogelschutz (DBV), Thema: Vogel- u. Umweltschutz

- "UMWELT"-Mailbox: Mensch-Umwelt-Technik (MUT) e.V. mit drei im Hamburger Raum verfügbare Bretter: a) Textbeiträge b) Politische Gruppen c) Veranstaltungen

- Internationale Themen bieten "PHOENIX" in Österreich und "ST-BOX" in der Schweiz, in der BRD Gruppen wie z.B. Radio Venceremos, Freunde BRD-Kuba, Global Network/Coyote. Amnesty international veröffentlicht die urgent agencies über die LINK-N.

- DDR: Zuwachs an Zerberusboxen in Ostberlin stark, die erste war "LIGA" (Grüne Liga)

- Die Bundesgeschäftsstelle der GRÜNEN unterhält in Bonn die Mailbox GRUEN-BV mit politischen Brettern von LINKS, COMPOST und einige wenige aus dem Z-Netz. (Schwerpunkt Umwelt). Die Box wird auch zur Nachrichtenübermittlung zwischen Geschäftsstelle und einigen Kreisverbänden genutzt. Mit Umweltgruppen der DDR (Grüne-Liga) und demnächst mit der Grünen Partei findet ebenfalls Infoaustausch über die Box statt.

- Seit kurzem hat auch der B.U.N.D. (BUNDBONN) eine Box, plant aber ein eigenes Netzwerk mit über 60 Brettern, die sich mit den bereits öffentlich angebotenen überschneiden.

Seit Anfang 1990 besteht eine Verbindung zwischen Zerberus und den großen internationalen Netzen wie Greennet, Peacenet und Econet, die unter dem Dachverband APC (Assoziation for Progressive Communications) zusammengefaßt sind. Udo Schacht-Wiegand (OLN) tauscht zwischen Zerberus (Hannover) und Greennet (London) Informationen aus. APC vernetzt ca. 1000 "Non Government Organizations" und Umweltgruppen international miteinander.

(Dietrich Löbner, Sysop der LINK-HH, GAL-Hamburg)

 

Anmerkung der Redaktion: "Zerberus, griech. Kerberos, lat. Cerberus, griechische Mythologie: der Höllenhund, der den Eingang zur Unterwelt bewachte,.... Er wedelte jeden in die Unterwelt eintretenden freundlich an, ließ aber niemanden mehr herausgelangen. Er wurde meist dreiköpfig und mit Schlangenschweif dargestellt." (Zitat dtv-Lexikon)

 

GRÜNE BRETTER IM MAILBOX-NETZ

Die Mailbox GRUENE-BV, die in der Bundesgeschäftsstelle betrieben wird, hält den Zugriff auf 164 verschiedene Bretter von LINKSYS, GREENPEACE, BUND und COMPOST bereit. Von den GRÜNEN werden 9 Bretter angeboten: Allgemeines, GRUENE IM BUNDESTAG, Mitteilungen der Bundesgeschaeftsstelle, DISKUSSION, EUROPA, Protokolle und anderes Internes, KOMMUNALPOLITIK, Mitteilungen der GRUENEN NRW, TERMINE/Veranstaltungen. Zur Veranschaulichung wird im folgenden aufgelistet, wer, wann das Brett DISKUSSION für welche Mitteilung genutzt hat (Stand 2.6.90):

Datum / Absender / Betreff

31.05 E.WALDE Christen und der Primat der Oekologie

30.05 GRUENE-BV Kalter Krieg fuer NATO nicht vorbei!

15.05 W.HEMMERLE Landtagswahl '90

20.04 T.GERDEL@BIONIC.ZE Kindesmissbrauch das ko-Thema

06.04 GRUENE-BV Offener Brief an DIE GRUENEN

03.04 SYSOP Midlife Crisis der 68er Generation

19.03 K.ONASCH PDS - Bundesweit? (2)

19.03 K.ONASCH PDS Bundesweit?

12.03 SYSOP@LINK-H.ZER Lesbarkeit

11.03 W.FREMUTH Aufruf Gentechnikaktionstage 15.-17.3

10.03 GRUENE-ISERNHAGEN@ Gruen-Rote Umweltpolitik

07.03 SYSOP@OLN.ZER Re: Mailbox-Kritik

06.03 GRUENE-BV AL-Berlin zur Deutschlandpolitik

06.03 GRUENE-BV GRUENE, LINKE u. Realer Sozialismus

06.03 SYSOP@OLN.ZER Re: Mailbox-Diskussion (T.VOGLER)

06.03 T*VOGLER@INFOXX.ZE re: BAG Mailbox-Kritik

05.03 J.MAIER Neue Verfassung -Lieber nicht !

05.03 GRUENE-BV ROT-GRUEN out/Grosse Koalition in?

07.02 GRUENE-BV Freiwillige Deutsche Teilung

07.02 GRUENE-BV gruene ENERGIEPOLITIK

27.01 GRUENE-BV Aufruf zur Einmischung

25.01 K.ONASCH Koeln:Gruene und CDU ?

09.01 GRUENE-BV Diskussion um REPs in Freiburg

Die Mailbox-Beiträge beziehen sich übrigens auf die kritische Stellungnahme der BAG COMPUTER & MEDIEN zu Mailboxen, die am 3.5.90 im Brett "GRUENE/ALLGEMEIN" zum Abruf gespeichert wurde. Auf Papier kann sie im Infodienst 1/90 nachgelesen werden.

 

CHIP-ENTWICKLUNG: "JESSI"

Die Koalitionsvereinbarungen zwischen GRÜNEN und SPD in Niedersachsen

vom 12.6.90 enthalten folgenden Passus zum EUREKA-Projekt JESSI: "Die Koalitionsparteien vereinbaren, angesichts der veränderten Ausgangslage für das Jessi-Projekt durch die Kooperation der Firmen Siemens und IBM zu prüfen, welche konzeptionellen Änderungen notwendig sind, um eine Kooperation von Wirtschaft und Staat zur Förderung der Mikroelektronik und der Silicium-Technologie im Interesse der in Niedersachsen ansässigen Betriebe und Unternehmen erfolgreich zu gestalten."

JESSI ("Joint European Submicron Silicon") fördert europäische Firmen bei der Entwicklung von Super-Mikro-Chips. Niedersachsen allein soll 700 Millionen dafür . Im niedersächsischen Haushalt 1990 sind bereits 125 Mio. DM für das Ungeheuer aus dem Finanzloch JESSI festgelegt worden. Die GRÜNEN im Landtag haben damals noch eindeutig gegen diesen CDU/FDP-Haushaltsposten gestimmt.

Für Herrn Riesenhuber ist JESSI "Ein Projekt, das den europäischen Selbstbehauptungswillen in der Mikroelektronik geradezu symbolisiert." Ähnlich Herr Necker, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (1989): "Jessi ist in den letzten Monaten zu einem Symbol geworden, daß die europäische Industrie die Herausforderungen aus den USA und Fernost im Bereich der Mikroelektronik wahrgenommen hat...". Hintergrund solcher Äußerungen ist folgendes Problem: Was heute noch von Chips-Anwendern auf Leiterplatten realisiert wird, das kann auf einem einzigen Super-Chip in Silicium "gegossen" werden. D.h. aber, daß das gesamte System-know-how des Anwenders an den Chip-Hersteller weitergegeben werden muß. Um europäisches Anwender-know-how zu schützen, soll JESSI dazu beitragen, daß die Chipsherstellung bzw. der rechnergestützten Chip-Entwurf in europäischen Händen bleibt.

JESSI soll also mit Millarden-Förderung dafür sorgen, daß "Europa gegen USA und Japan" konkurrenzfähig bleibt. Aber anfang 1990 hieß es plötzlich, SIEMENS und die US-Firma IBM wollen gemeinsam den 64-Megabit-Chip entwickeln. Kommentar des IBM-Vertreters Herr Dorn: "Man kann uns nicht absprechen, daß wir ein Teil von Europa sind. IBM beschäftigt etwa 110 000 Mitarbeiter auf dem alten Kontinent."

Der GRÜNE MdB Dietrich Wetzel forderte noch zur Europawahl im März 1989: "die Einstellung aller indirekten Fördermaßnahmen (z.B. EUREKA), die eine Gießkannen-Subventionierung für die Großindustrie darstellen." (Jessi ist ein EUREKA-Projekt!). Im Januar 1990 kritisierte der GRÜNE MdL Niedersachsen, Horst Schörshusen JESSI als ein Beispiel für den Unsinn der Technologiepolitik in Niedersachsen. Die eingangs zitierte Koalitionsvereinbarung ist jedoch nach allen Seiten offengeblieben. (Achtung Ironie:) Mal sehen, wieviel Geld an die US-Firma IBM gezahlt wird damit Europa Großmacht werden kann.

 

Printmedien: "Wechselwirkung" neu

Reinhard Behnisch, bisheriger Geschäftsführer der Verlags-GmbH WECHSELWIRKUNG hatte im AGÖF-Rundbrief die Einstellung der Zeitschrift "Wechselwirkung" (WW) angekündigt. Als Interessent an der Übernahme meldete sich u.a. auch der Bund Demokratischer WissenschaftlerInnen (BDWI), der die WW in sein "Forum Wissenschaft" integrieren wollte. Den Zuschlag erhielt letztlich eine Gruppe aus dem Umfeld der RWTH Aachen. Die ca. 17 Leute (3 davon fest in der Redaktion) des örtlichen UnterstützerInnenkreises bringen neben optimistischem Schwung naturwissenschaftliche Erfahrungen aus folgenden Bereichen mit: Meßtechnik, Blockheizkraftwerke, Ökologisches Bauen, Solarenergie, Informatik, Elektrotechnik und Mathematik mit. Der AutorInnenkreis wie die AbonnentInnenen werden von der alten WW übernommen. Die erste WW-Nummer der neuen Redaktion ist für November geplant.

Neue Adresse der WW-Redaktion: Mariabrunnstr. 48, 5100 Aachen, Tel.: 0241/40 32 49

 

Dokumentation der FIFF-Tagung 1989

Der kürzlich erschienene Tagungsband enthält Themen, die in verschiedenen Arbeitsgruppen der FIFF-Jahrestagung 1989 behandelt wurden. Er bietet einen Überblick über die FIFF-Arbeitsbereiche und Diskussionbeiträge zum Nachschlagen. Den breitesten Raum nimmt das Thema Computerisierung in der Arbeitswelt ein, es finden sich aber aber auch folgende Themen: "POS-Banking", ISDN-Nebenstellenanlagen, Selbstverständnis kritischer InformatikerInnen, "Anarchie und Informatik" sowie übergreifende Ansätze für Theorie und Ethik in der Informatik.

Das Ursprungsthema "Informatik und Rüstung" des, aus der Friedensbewegung kommenden FIFF war angesichts des Ost-West-Friedens fast in den Hintergrund gedrängt worden (nur ca. 40 von 300 Seiten beschäftigen sich damit). Die gesellschaftliche Verantwortung von InformatikerInnen wird nun aber wieder überdeutlich angesichts computergesteuerter Logistik-, Aufklärungs-, Kommando- und Waffensysteme im Golfkonflikt. Deshalb wird das Thema "Informatik und Rüstung" zukünftig leider wieder stärkere Beachtung finden müssen.

FIFF/Jutta Schaaf (Hrsg): Die Würde des Menschen ist unverNETZbar, Bonn 1990, 300 Seiten, 12,80 DM

Kontakt: Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIFF) Reuterstr. 44, 53 Bonn

 

TELEFON: ANRUFER-IDENTIFIKATION

Im ISDN wird u.a. die gebührenpflichte Leistung "Anrufer-Identifikation" angeboten. Auf einem Display des angerufenen Telefons erscheint dann die Nummer des Anrufenden. Sofern die Nummer eines unerwünschten Anrufers erscheint, läßt man das Telefon weiterklingeln und hebt nicht ab. Bei telefonischen Anfragen auf der Wohnungssuche empfiehlt es sich daher, von einem Apparat aus zu telefonieren, der möglichst in einem teuren Villenviertel steht - sonst heben VermieterInnen womöglich garnicht ab. Auch andere telefonische Geschäftskontakte werden erschwert, wenn erkennbar ist, daß der Anruf aus einer "unsoliden" Gegend kommt.

Für Telefonterror und obszöne Anrufe scheint die Anrufer-Identifikation eine geeignete Abwehrmaßnahme zu sein. Solches kann auch ein sogenannter "Caller-ID" leisten, der in den USA für 60 - 80 Dollar angeboten wird. Vor einiger Zeit wurde damit u.a. der Präsident der Washingtoner Universität als Telefon-Lüstling entlarvt.

Einfacher wäre es, wenn bei Bedarf auf einen Eintrag im Telefonbuch verzichtet werden könnte. Bevor frau sich zu einem ISDN-Anschluß überreden läßt, wäre auch der Anschluß eines Anrufbeantworters zu erwägen, der nur auf ein bestimmtes vereinbartes Signal des/der Anrufenden in Gang gesetzt werden kann. Also viele Alternativen zum ISDN und kein Grund für Frauengruppen, die Einführung von ISDN zu unterstützen.

 

BSI: "Bundes-Spitzel-Institut"

In einer Presseerklräung der BAG Computer & Medien vom Mai 90 wird das geplante "Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik" (BSI) als "Bundes-Spitzel-Institut" bezeichnet und dessen enge Verbindungen mit dem Bundesnachrichtendienst (BND) kritisiert. Desweiteren wird gefordert, daß das gesamte Projekt BSI storniert und die dafür vorgesehenen Millionenbeträge stattdessen in eine bessere Ausstattung der Datenschutzbeauftragten und den VerbraucherInnenschutz gesteckt werden sollten.

Die Fraktion der GRÜNEN hat im Bundestag einen Antrag zum BSI eingebracht. Darin wird die Unabhängigkeit des BSI vom polizeilichen (BKA), nachrichtendienstlichen (BND) und militärischen (MAD) Bereich gefordert. Weiterhin wird kritisiert, daß Aufgaben der Verbrechensverhütung, der Strafverfolgung und des Verfassungsschutzes beim BSI miteinander vermengt werden. Als ein zweites Argument wird die "Verletzlichkeit" komplex vernetzter Computersysteme angeführt. Der dadurch provozierte Sicherungszwang, dessen Ausdruck das BSI ist, führe zu mehr Überwachung und Einschränkung von Grundrechten. (Vgl. die Argumentation zum repressiven Charakter des "Plutoniumstaates").

Material: a) Antrag der GRÜNEN Bundestagsfraktion, Drucksache des Deutschen Bundestags 11/7246 b) Zeitschrift: Datenschutz und Datensicherung, Nr.4/90, S.178-186 Kritik am BSI-Entwurf

Kontakt: a) Die Grünen im Bundestag, Barbara Böttger, Bundeshaus, 5300 Bonn, 0228/169 173 b) Projektgruppe verfassungsverträgliche Technikgestaltung (provet), c/o Fachhochschule Darmstadt, Schöfferstr. 3, 6100 Darmstadt, 06151/316676

 

Satelliten-trauer, Video-Andacht, Telefon-Segen

Um bei repräsentativen Beerdigungen, z.B. von Konzern-Bossen, Reisekosten für die Trauergemeinde zu sparen, bietet die japanische Satellitenfirma Skynet zusammen mit der Begräbnisfirma Maruki die Übertragung der Zeremonie per Satellit an. Einige Leichenbegräbnisse - u.a. das von Firmenboss Matsushita (Haushaltselektronik-Konzern) - wurden bereits auf diese Weise zur gleichen Zeit an verschiedenen Orten betrauert.

Während einer Tagung evangelischer StudentInnen in Westfalen wurde statt eines wirklichen Gottesdienstes die Fernsehaufzeichnung eines solchen zelebriert. Die TeilnehmerInnen sangen und beteten brav nach den Anweisungen vom Bildschirm. Der anschließende Versuch, über dieses merkwürdige Ereignis kritisch zu reflektieren stieß auf unerwarteten Protest. "Meine Andacht bei diesem Gottesdienst war echt" hieß es. Der Vorschlag, zwecks Erkenntisförderung, das Videoband nochmal abzuspielen konnte sich leider nicht durchsetzen.

Der evangelische Pfarrer von Detwang bei Rothenburg ob der Tauber hat in einem anderen Zusammenhang einmal deutlich festgestellt: "Der Segen Gottes läßt sich nicht photographieren". Der gute Mann ist nicht auf dem Laufenden, schließlich sind Papst-Segen und Sündenerlaß sogar für gültig erklärt worden, wenn sie per Fernseher empfangen werden ! (Vgl. Infodienst Nr.1/90, S.16).

Neuester Gag von Papst Johannes Paul II ist ein Telefonanrufbeantworter im Vatikan, der den päpstlichen Segen für den fernmündlichen Abruf speichert. Allerdings nur in Englisch, Spanisch und Italienisch. Mit den eingenommenen Gebühren will der "Heilige Vater" schlicht und einfach Knete machen.

Kontakt zum heiligen Anrufbeantworter (englisch): 00 611 411 611

 

TELEFON: "UNNÖTIGE BEANSPRUCHUNG"

Das Kürzel "u.B." steht in den Ortsvermittlungsstellen für "unnötige Beanspruchung". Wenn jemand z.B. Ruhe vor dem Telefon haben will und einfach den Hörer neben den Apparat legt, kann das auch in einer herkömmlichen Vermittlungsstelle erkannt werden. Sollten zufälligerweise 8 Leute in ein und demselben Wohnblock gleichzeitig auf diese Idee kommen, bliebe für insgesamt 100 Anschlüsse jeglicher Telefonverkehr blockiert, denn es sind nur 8 Drehwähler pro Hundert Hauptanschlüssen vorgesehen. Wenn der Telefonhörer abgehoben wird, wird eines der acht Wähler aktiviert und für andere blockiert.

Eine "u.B." wird in der Vermittlungsstelle angezeigt. Falls es Tag und Nacht dauert, hängen die Postleute einfach den Hauptanschluß ab oder ermitteln Name und Adresse der AnschlußteilnehmerIn (Zeitaufwand im Minutenbereich). Dann fährt jemand von der Post dorthin und klingelt an der Tür, um in "direkter persönlicher Kommunikation" die Betreffende aufzufordern, den Hörer aufzulegen.

 

SCHOCK DURCH "Fernseh-Realität"

Vor kurzem wurde in England ein denkwürdiges Gerichtsurteil gefällt. Es betrifft Familienangehörige, die bei der live-Übertragung der Fußballstadion-Katastrophe (Sheffileld 1989) einen Schock erlitten haben, als sie nahe Verwandte zu Tode kommen sahen. Sie dürfen, so das Gerichtsurteil Schadensersatzansprüche gegen die Fernsehanstalt geltend machen.

 

LINDENSTRASSE GEGEN MINISTER TÖPFER

Vor längerer Zeit wurde in der Fernsehserie "Lindenstraße" als Teil der Spielhandlung eine "Aktion gegen Minister Töpfer" angekündigt. Dann war in der "Lindenstraße" ein Tagesschaubericht eingeblendet worden, der über eine Demonstration vor Töpfers Haus berichtete. Nun kommt der Witz: Vor Töpfers Haus in Mainz fand dann tatsächlich eine Protestaktion vermummter Personen gegen die Gefahr einer atomaren Katastrophe statt, mit Alarmsirenen, Rauch und einem AKW-Modell. Töpfer legte Beschwerde bei WDR-Indendant Novottny ein, worauf dieser angeblich beteuerte, der WDR betreibe keinesfalls die Fortsetzung filmischer Ereignisse im tatsächlichen Leben.